Einführende Bemerkungen

(Das Folgende enthält Auszüge aus Alice A. Baileys Büchern „Vom Intellekt zur Intuition“ und „Der Yoga-Pfad“.)

ACHTUNG: Die Seitenzahlen werden immer gemäss der ursprünglichen englischen Version angegeben. Die deutsche Version „Vom Intellekt zur Intuition“ hat allerdings keine englischen Seitenzahlen.

A. Einführende Bemerkungen

Das gegenwärtig weit verbreitete Interesse am Thema Meditation ist ein Beweis für ein Weltbedürfnis, das ein klares Verständnis erfordert. Wo wir einen populären Trend in irgendeiner Richtung finden, der gezielt und stetig ist, kann man davon ausgehen, dass daraus hervorgehen wird, was die Menschheit auf ihrem Vormarsch braucht.

Dass Meditation von denen, die sie als eine "Art von Gebet" definieren, als solches betrachtet wird, ist leider wahr. Aber es kann gezeigt werden, dass durch das richtige Verständnis des Meditationsprozesses und durch richtige Ausrichtung auf die Bedürfnisse unserer gegenwärtigen Zivilisation die Lösung für die derzeitige erzieherische Krise gefunden werden kann und die Methode entdeckt wird, mit der die Tatsache der Seele festgestellt werden kann - jenes lebendige Wesen, das wir die "Seele" nennen, in Ermangelung eines besseren Begriffs. 

Durch alle Zeiten gab es ein stetiges Fortschreiten des evolvierenden menschlichen Bewusstseins, und ein ständig zunehmendes Wissen um die Natur und die Welt, in der die Menschen leben, sowie ein immer umfangreicheres Erfassen des Ganzen, bis die ganze Welt nunmehr durch Radio, Telegraph und Fernsehen verbunden ist. Der Mensch ist allgegenwärtig, und das Denken ist der Hauptfaktor beim Zustandebringen dieses scheinbaren Wunders.

„Wir haben Einsicht in die Gesetze erlangt, welche die natürliche Welt beherrschen und in einige jener Gesetze, welche die psychische Welt regieren. Die Gesetze des sogenannten spirituellen Reiches bleiben der wissenschaftlichen Entdeckung und Nutzung noch vorbehalten. Einige wenige Menschen haben diese Gesetze erkannt und darüber zur Menschheit gesprochen…… Unter diesen wenigen ragen als ausserordentliche Wissende hervor der Buddha, der Christus, Plato, Aristoteles, Pythagoras, Meister Eckehart, Jakob Böhme, Spinoza - die Liste ist lang“.

„Hier können wir nun die sehr berechtigte Frage aufwerfen: Wäre es nicht möglich, dass viele Hunderte heute den Punkt erreicht haben könnten, wo sie das Gehirn, das Denkvermögen und die Seele in Übereinstimmung bringen und so durch die Pforte mentalen Gewahrwerdens in das Reich des Lichtes, der intuitiven Wahrnehmung und der Welt der Ursachen gelangen können? Die Wissenden sagen, dass wir dies können, und sie zeigen uns den Weg dazu“.

(Vom Intellekt zur Intuition)

B. Einige wichtige Fragen

WAS SIND DIE ZIELE DER MEDITATION?

Das Ziel der Meditation ist der Kontakt mit der Seele und, letzten Endes, die Vereinigung mit der Seele; die ganze Wissenschaft der Meditation dient dazu, den Menschen zu befähigen, in äußerer Manifestation das zu werden, was er der inneren Wirklichkeit nach ist, und ihm zu erlauben, sich mit seinem Seelenaspekt und nicht nur mit den niederen Eigenschaften seiner Persönlichkeit zu identifizieren.

Durch Meditation entfalten sich die Kräfte der Seele. Jede Hülle oder Körper, wodurch sich die Seele äußert (auf der physischen, emotionellen und mentalen Ebene), trägt latent gewisse eigene Wirkungskräfte in sich, die Seele aber, der Quell all dieser Wirkungskräfte, besitzt diese in ihrer reinsten und edelsten Form.

Die Seelenkräfte entfalten sich normal und auf natürlichem Wege. Dies geschieht nicht deshalb, weil Verlangen nach ihnen besteht und sie bewusst entfaltet werden, sondern weil in dem Maße, wie der innere Gott die Kontrolle übernimmt und Seine Körper beherrscht, Seine Kräfte und Fähigkeiten auf der physischen Ebene in Erscheinung treten, und seelische Potenziale sich dann als erkannte Wirklichkeiten erweisen.

…. Der Beweis für die Mystiker und Eingeweihten aller Epochen kann durch die Bekräftigung derselben erbracht werden. Die Tatsache, dass andere Menschen etwas erreicht haben, mag uns ermutigen und interessieren, aber mehr bewirkt dies nicht, es sei denn, dass wir selbst etwas unternehmen; denn dieser Prozess zur Entfaltung des denkenden Bewusstseins muss selbst angewandt und selbst initiiert werden.

Dies beinhaltet die Entwicklung des Denkvermögens als ein synthetisierter oder gesunder Menschenverstand und es regelt seinen Gebrauch in Bezug auf die Welt des irdischen Lebens, der Emotionen und des Denkens. Dazu gehört auch die Fähigkeit, sein Denkvermögen nach Belieben auf die Welt der Seele richten zu können und es als Mittler zwischen Seele und physischem Gehirn fungieren zu lassen.

Der erste Zusammenhang wird durch solide Methoden der exoterischen Erziehung und Ausbildung entwickelt und gefördert, der zweite durch Meditation, eine höhere Form des Bildungsprozesses.

(Vom Intellekt zur Intuition)

Kann jeder, der den Wunsch hat, von der Technik der Meditation profitieren und sie beherrschen?

… Es sollte am Anfang daran erinnert werden, dass gerade der innere Drang dazu als ein Ruf der Seele, den Pfad der Erkenntnis zu beschreiten, angesehen werden kann. Niemand sollte sich abhalten lassen, auch wenn er entdecken sollte, dass ihm in gewissen Hauptpunkten die notwendigen Eigenschaften fehlen. Die meisten von uns sind tüchtiger und weiser, und auch besser ausgerüstet, als wir annehmen. Wenn wir wollten, könnten wir alle sofort mit der Konzentration beginnen. 

Wir besitzen eine Menge Kenntnisse, mentale Kräfte und Fähigkeiten, die wir aus dem Reich des Unterbewussten noch niemals hervorgeholt und nutzbar gemacht haben; jeder, der die Wirkung der Meditation auf den Anfänger beobachtet hat, wird diese Feststellung bestätigen.

Die Ergebnisse des ersten Schrittes in der Meditationsdisziplin, d.h. der Konzentration, sind oft erstaunlich.  Die Menschen «entdecken» sich selbst; sie entdecken in sich verborgene Fähigkeiten und ein Begriffsvermögen, das sie bisher noch niemals benutzt hatten; sie entwickeln ein Wahrnehmungsvermögen sogar für die Erscheinungswelt, was für sie ein Wunder ist; sie stellen plötzlich fest, dass es tatsächlich ein Denkvermögen gibt, das man sich zunutze machen kann, und der Unterschied zwischen dem Erkennenden und dem Werkzeug des Erkennens, wird immer klarer ersichtlich.

Gleichzeitig aber macht sich auch ein Gefühl des Verlustes bemerkbar. Die alten träumerischen Zustände von Gottseligkeit und Friede, die ihnen mystisches Gebet und Meditation beschert hatten, verschwinden; zeitweilig haben sie daher ein Gefühl der Kargheit, des Mangels und der Leere, das oft äußerst bedrückend ist. Es entsteht aus der Tatsache, dass sich das Hauptaugenmerk von den sinnlich erfassbaren Dingen, wie schön sie auch sein mögen, abwendet.

Die Dinge aber, die das Denkvermögen kennt und erfassen kann, werden noch nicht wahrgenommen, und der Empfindungsapparat beeindruckt das Bewusstsein noch nicht in der gewohnten Weise. Es ist eine Übergangsperiode und muss solange ertragen werden, bis die neue Welt auf den Aspiranten Eindruck zu machen beginnt. Das ist einer der Gründe, warum Ausdauer und Beharrlichkeit besonders in den frühen Stadien des Meditationsprozesses so wichtig sind.

Eine der ersten Wirkungen der Meditationsarbeit besteht gewöhnlich in einer höheren Leistungsfähigkeit im täglichen Leben, sei es nun zu Hause, im Beruf oder auf einem anderen Gebiet menschlicher Bestrebungen. Mentale Hingabe an die Pflichten des Lebens ist an sich eine Konzentrationsübung und zeitigt bemerkenswerte Ergebnisse. Ob nun ein Mensch durch Anwendung der Konzentration und Meditation schließlich die Erleuchtung erlangt oder nicht, eines ist gewiss: er wird auf alle Fälle viel gewonnen und sein Leben sehr bereichert haben; seine Nützlichkeit und seine Kräfte werden außerordentlich zunehmen und sein Einflussbereich wird sich erweitern.

Daher kann jeder, der nicht ausgesprochen emotionell veranlagt ist, gute Erziehung besitzt und den Willen zu unermüdlicher Arbeit aufbringt, das Studium der Meditation guten Mutes in Angriff nehmen. Er kann beginnen, sein Leben systematisch zu ordnen, so dass die ersten Schritte auf dem Pfad zur Erleuchtung gemacht werden können; diese Umstellung ist eine der schwierigsten Maßnahmen. Man muss sich dabei natürlich vor Augen halten, dass aller Anfang schwer ist, denn es müssen die Gewohnheiten und Rhythmen vieler Jahre aufgegeben werden. Wenn aber einmal die ersten Schritte unternommen und gemeistert wurden, wird die Arbeit leichter.

Zusammenfassend lautet also ... die Antwort auf unsere Frage wie folgt:

Erstens: Wir anerkennen die Hypothese, dass es eine Seele gibt, und dass diese Seele von dem Menschen, der sein Denkvermögen schulen und beherrschen kann, erkannt werden kann.

Zweitens: Auf Grund dieser Hypothese beginnen wir die drei Aspekte der niederen Natur zu koordinieren, und den mentalen, emotionalen und physischen Körper zu einem planvoll organisierten und umfassenden Ganzen zu vereinen. Dies erreichen wir durch die Praxis der Konzentration.

Drittens: In dem Maße, wie die Konzentration in der Meditation (der verlängerten Konzentration) aufgeht, beginnt der Einfluss des Willens der Seele sich auf das Denkvermögen auszuwirken. Nach und nach werden die Seele, das Denkvermögen und das Gehirn in ein enges Verhältnis zueinander gebracht. Zuerst kontrolliert das Denkvermögen das Gehirn und die emotionale Natur. Dann kontrolliert die Seele das Denkvermögen. Das erste geschieht durch Konzentration. Das zweite durch Meditation.

Aus dieser Reihenfolge von Aktivitäten wird der interessierte Wahrheitssucher zur Überzeugung gelangen, dass hier wirkliche Arbeit geleistet werden muss, und dass die Haupteigenschaft, die er braucht, AUSDAUER ist. Hier könnte noch bemerkt werden, dass bei der Koordinierung zwei Dinge helfen: Erstens, das Bestreben, die Herrschaft über das Denkvermögen zu erlangen, und zwar durch das Bemühen, ein konzentriertes Leben zu führen. Das für den Mystiker so bezeichnende Leben der Heiligung und Hingabe weicht dem Leben der Konzentration und Meditation, das den Wissenden kennzeichnet. Die Organisierung des Gedankenlebens zu jeder Zeit und überall, und zweitens die Ausübung der Konzentration, regelmäßig, täglich und wenn möglich zu einer bestimmten Zeit - tragen zu einer zielbewussten Geisteshaltung oder Denkweise bei, und diese beiden zusammen bedeuten Erfolg.

(Vom Intellekt zur Intuition)

Ist es notwendig, sich in die Einsamkeit zurückzuziehen, um die Seele hervorzurufen?

Die meisten von uns leben inmitten von Bedingungen, in denen völlige Ruhe und Frieden völlig unmöglich sind; und die Lösung in der heutigen Welt liegt in einem richtigen Verständnis unseres Problems und des Privilegs, das wir haben, um einen neueren Aspekt einer alten Wahrheit zu demonstrieren.

Wir im Westen gehören einer jüngeren Rasse an. Im uralten Osten suchten die wenigen unerschrockenen Pioniere die Abgeschlossenheit, ermittelten für uns die günstigen Gelegenheiten und sicherten uns die Regeln. Sie hielten die Methode für uns so lange in sicherem Gewahrsam, bis die Massen bereit sein würden, in großer Anzahl und nicht nur einzeln voranzukommen.

Diese Zeit ist nun gekommen. Im Druck und Tumult des modernen Lebens ……. können die Menschen überall den Ruhepunkt des Friedens in sich selbst finden und den Zustand stiller, positiver Konzentration erlangen, der ihnen die Erreichung des gleichen Zieles und der gleichen Erkenntnis, sowie den Eintritt in dasselbe Licht ermöglicht, von dem die Großen der Menschheit Zeugnis abgelegt haben.

Die Abgeschlossenheit, in die sich der Mensch zurückzieht, findet er in sich selbst; der stille Ort, wo man mit dem Leben der Seele in Berührung kommt, ist jene Stelle im Kopf, wo Körper und Seele zusammentreffen ……. Wer sich selbst in der Konzentration hinreichend schulen kann, vermag auch seine Gedanken jederzeit und an jedem Ort in einem Punkt in seinem Innern zurückzuziehen; und in diesem Zentrum innerhalb des Kopfes wird das große Werk des Einsseins weitergeführt. ( Vom Intellekt zur Intuition)

Wahre Konzentration erwächst aus einem konzentrierten, gedankenbeherrschten Leben, und die erste Maßnahme des Aspiranten besteht darin, sein tägliches Leben planvoll zu ordnen, seine Tätigkeiten zu regulieren und in seiner Lebensweise konzentriert und zielbewusst zu werden. Alles das ist denen möglich, die es mit den notwendigen Anstrengungen ernst nehmen, und die ihre Vorsätze beharrlich verfolgen.

Wenn wir unser Leben ordnen und neugestalten können, das Unwesentliche aus unserem Leben ausschalten, beweisen wir unseren Eifer und die Stärke unseres Verlangens. …demzufolge ist für den zielbewussten Menschen eine Pflichtvernachlässigung nicht möglich. Die Pflichten gegenüber Familie und Freunden, dem geschäftlichen Leben oder dem Beruf, werden vollkommener und wirksamer erfüllt …

( Vom Intellekt zur Intuition)

C. Der Vorgang des Meditationsprozesses

Die Hypothese, worauf die Theorien basiert sind, auf die hier eingegangen wird, können in folgenden Grundformeln oder Leitsätzen ausgedrückt werden:

Erstens: Das Energiezentrum, durch das die Seele wirkt, liegt im oberen Gehirn. Während der wirksamen Meditation strömt von der Seele Energie in das Gehirn und übt eine ganz deutliche Wirkung auf das Nervensystem aus. Wenn jedoch das Denkvermögen nicht kontrolliert ist und die emotionelle Natur vorherrscht (wie im Fall des reinen Mystikers), macht sich die Wirkung hauptsächlich im Empfindungsapparat, in den emotionellen Seinszuständen bemerkbar.

Wenn dagegen das Denkvermögen der dominierende Faktor ist, dann wird der Gedankenapparat (im oberen Gehirn) zu planvoller Tätigkeit veranlasst. Der Mensch erlangt in dem Masse, wie er neue Erkenntnisgebiete entdeckt, eine neue Fähigkeit, nämlich klar, synthetisch und wirkungsvoll zu denken.

Zweitens: In der Gegend des Hirnanhanges (pituitary body) ist der Sitz der niederen Fähigkeiten, wenn diese im höheren Menschen-Typus schon koordiniert sind. Hier werden sie zu harmonischem Zusammenwirken gebracht und zur Einheit verbunden; und hier sind auch - wie uns von angesehenen Psychologen und Endokrinologen versichert wird - die Emotionen und die mehr konkreten Aspekte des Denkvermögens zu finden, die aus rassischen Gewohnheiten und ererbten Instinkten entstehen, und die daher keine schöpferische oder höhere Denktätigkeit erfordern…..

Drittens: Wenn die Persönlichkeit - die Gesamtheit aller physischen, emotionellen und mentalen Zustände - einheitlich und harmonisch ist, dann erhöht sich ständig die Leistung des Hirnanhanges, und die Schwingung dieses Energiezentrums wird in dessen Umgebung sehr stark. Man sollte beachten, dass, wenn die Persönlichkeit von niederer Art ist, die Reaktionen hauptsächlich instinktmässig erfolgen und das Denken praktisch noch nicht funktioniert, nach dieser Theorie das Energiezentrum dann in der Nachbarschaft des Solarplexus liegt, der Mensch also seinem Wesen nach mehr tierisch veranlagt ist.

Viertens: Wenn man die Fähigkeit, sein Bewusstsein im Kopfe zu konzentrieren, entwickelt und übt, wird das Zentrum in der Gegend der Zirbeldrüse sowie das Grosshirn zur Tätigkeit veranlasst.

Die verschiedenen Leitungen der Sinneswahrnehmungen werden stillgelegt. Das Bewusstsein des wirklichen Menschen brandet nicht mehr nach aussen auf den fünf Bahnen physischer Kontaktnahme. Die fünf Sinne werden vom sechsten Sinn, dem Denkvermögen, beherrscht, Bewusstsein und Wahrnehmungsvermögen des Aspiranten vereinen sich im Kopfe, und richten sich nach innen und aufwärts. Die psychische Natur wird dadurch unterworfen, und die Mentalebene wird zum Tätigkeitsgebiet des Menschen. Diese Zurückziehung oder Abstraktion vollzieht sich in zwei Abschnitten:

1. Die Zurückziehung des physischen Bewusstseins oder der Wahrnehmung durch Gehör, Gefühl, Gesicht, Geschmack und Geruch. Diese Art der Wahrnehmung wird vorübergehend eingeschläfert, und das menschliche Wahrnehmungsvermögen wird so rein mental; das Gehirnbewusstsein ist alles, was auf der physischen Ebene tätig ist.
2. Die Zurückziehung des Bewusstseins in die Gegend der Zirbeldrüse, so dass das Erkenntniszentrum des Menschen im Bereich zwischen der Zirbeldrüse und der Stirnmitte liegt.

Fünf:  Wenn der Aspirant das getan und die Fähigkeit erworben hat, sich auf diese Weise im Kopfe zu konzentrieren, besteht das Ergebnis dieses Abstraktionsprozesses in folgendem: Die fünf Sinne werden mittels des sechsten Sinnes, des Denkvermögens, ständig vereint gehalten; dieser ist der koordinierende Faktor. Später wird es klar, dass die Seele eine ähnliche Funktion zu erfüllen hat. Auf diese Weise wird die dreifache Persönlichkeit in direkte Verbindung mit der Seele gebracht…und der Mensch verliert daher mit der Zeit das Gefühl für die Begrenzungen der Körpernatur, und das Gehirn kann durch die Seele über das Denkvermögen direkt beeinflusst werden. Das Gehirnbewusstsein wird in einem positiv wartenden Zustand gehalten, währenddessen es in all seinen Reaktionen der Erscheinungswelt gegenüber vollkommen - wenn auch nur zeitweilig - gehemmt ist.

Sechstens: Die hochgradig intellektuelle Persönlichkeit - mit ihrer im Bereiche des Hirnanhanges konzentrierten Aufmerksamkeit- beginnt mit dem höheren Zentrum in der Region der Zirbeldrüse übereinstimmend zu vibrieren. Dadurch entsteht ein magnetisches Feld zwischen dem positiven Seelen-Aspekt und der wartenden Persönlichkeit, die ja durch die konzentrierte Aufmerksamkeit aufnahmefähig wird. Dann strahlt - wie uns berichtet wird - das Licht auf, und der erleuchtete Mensch sowie das phänomenale Licht im Kopfe treten in Erscheinung.

Dies alles ist die Folge eines disziplinierten Lebens und der Bewusstseinskonzentration im Kopfe. Diese letztere wiederum wird durch unermüdliche Konzentration im täglichen Leben sowie auch durch ausgesprochene Konzentrationsübungen zustande gebracht. Darauf folgt das Bestreben, zu meditieren und später, viel später macht sich die Kraft zur Kontemplation bemerkbar.

Das ist eine kurze Zusammenfassung des prinzipiellen Werdeganges, die notwendigerweise nur knapp und unvollständig ist. Die vorgebrachten Ideen müssen indes versuchsweise angenommen werden, bevor man an die Meditationsarbeit verständnisvoll herangehen kann.

Da wir nun unsere Hypothese aufgestellt und einstweilen angenommen haben, wollen wir die Arbeit so lange fortsetzen, bis sich die Hypothese entweder als falsch erweist, oder bis sie unsere Aufmerksamkeit nicht mehr beschäftigt. Eine Hypothese braucht jedoch nicht notwendigerweise falsch zu sein, weil sie sich in der von uns zugemessenen Zeitspanne nicht beweisen lässt. Die Menschen geben ihr Streben auf diesem Wissensgebiete häufig deshalb auf, weil sie nicht die notwendige Ausdauer haben, oder weil sich ihr Interesse anderen Dingen zuwendet.

Wir jedoch sind entschlossen, unsere Forschung fortzusetzen und den alten Techniken und Formeln Zeit zu geben, sich zu bestätigen. Wir wollen uns daher den ersten Erfordernissen unterwerfen und uns bemühen, im Leben eine stärker konzentrierte Denkweise anzuwenden und die tägliche Meditation und Konzentration zu pflegen.

Wenn wir Anfänger sind oder ein ungeordnetes, flüchtiges, veränderliches und unstetes Denkvermögen haben, beginnen wir, Konzentration zu üben. Wenn wir dagegen geschulte Intellektuelle sind oder jene konzentrierte Aufmerksamkeit besitzen, die ein geschäftliches Training verleiht, brauchen wir das Denkvermögen nur auf ein neues Wahrnehmungsgebiet zu richten und können daher regelrecht zu meditieren anfangen. Interessierten Berufstätigen Meditation zu lehren, ist leicht.

(Vom Intellekt zur Intuition)

D. Einige vorausgehende Vorschläge

ZEIT FINDEN

Es ist ratsam, jeden Tag eine bestimmte Zeit für diese spezielle Arbeit festzulegen. Zu Beginn sind fünfzehn Minuten reichlich Zeit. Lasst uns mit uns selbst ehrlich sein und die Dinge als das erkennen, was sie sind. Die Ausrede "Ich habe keine Zeit" ist völlig sinnlos und deutet auf mangelndes Interesse hin. Kann man nicht wirklich sagen dass, wenn jemand behauptet, nicht fünfzehn Minuten von den tausend vierhundertvierzig Minuten zu finden, die einen Tag bilden, er nicht besonders interessiert ist?

Vor allem wollen wir uns bemühen, für unsere Meditationsarbeit Zeit in den frühen Morgenstunden zu finden. Der Grund dafür ist der, dass sich unser Denken nach all dem Lärm und Trubel des Tages in einem Zustand heftiger Schwingung befindet; dies ist nicht der Fall, wenn die Meditation gleich am Morgen durchgeführt wird. Das Denken ist dann noch relativ ruhig und kann sich schneller auf die höheren Bewusstseinszustände einstellen.

Ausserdem: wenn wir den Tag damit beginnen, unsere Aufmerksamkeit auf geistige Dinge und die Angelegenheiten der Seele zu konzentrieren, dann werden wir den Tag in einer ganz anderen Art und Weise durchleben. Wenn dies zur Gewohnheit wird, werden wir bald feststellen, dass sich unsere Reaktionen auf die Angelegenheiten des täglichen Lebens ändern, und dass wir die Gedanken der Seele zu denken beginnen. Dies wirkt sich dann zu einem gesetzmässigen Vorgang aus, denn „wie der Mensch denkt, so ist er“.

Einen Meditationsplatz finden

Als nächstes müssen wir einen Platz finden, der wirklich ruhig und störungsfrei ist. Ich meine damit nicht ruhig im Sinne von Lärmfreiheit - denn die Welt ist überall voller Geräusche, sondern frei von persönlicher Annäherung und der Störung durch andere Menschen.

Meditations-Aspiranten sprechen gewöhnlich viel über die Schwierigkeiten, die ihnen seitens ihrer Familie und Freunde gemacht werden. In den meisten Fällen aber liegt die Schuld beim Aspiranten selbst. Die Leute reden zu viel. Es geht niemanden etwas an, was wir mit fünfzehn Minuten unserer Zeit jeden Morgen tun, und es besteht keine Notwendigkeit, darüber mit unseren Angehörigen zu sprechen oder ihnen zu sagen, dass sie still sein müssen, weil wir meditieren wollen.

Sollte es jedoch unmöglich sein, eine kurze Zeit für die Meditation zu erübrigen, bevor sich die Familienmitglieder an ihre tägliche Arbeit machen oder bevor wir selbst dies tun, dann wollen wir die Zeit dafür im Laufe des Tages finden. Es findet sich immer ein Weg aus einer Schwierigkeit, wenn wir den festen Willen dazu haben, eine Möglichkeit, ohne unsere Pflichten und Verpflichtungen zu vernachlässigen. Als letzter Ausweg ist es immer möglich, jeden Morgen fünfzehn Minuten früher aufzustehen.

(Vom Intellekt zur Intuition)

E. Die Praxis der Meditation

HALTUNG

Wenn wir also Zeit und Platz sichergestellt haben, setzen wir uns in einen bequemen Sessel und beginnen zu meditieren. Hier erhebt sich nun die Frage: Wie sollen wir sitzen? Ist die Stellung mit gekreuzten Beinen das Beste oder sollen wir knien, sitzen oder stehen? Dazu kann man nur sagen, dass die ungezwungene, normale Körperhaltung immer die beste ist.

Das Sitzen mit gekreuzten Beinen war und ist im Orient sehr gebräuchlich, und es wurden viele Bücher über die verschiedenen Sitzarten geschrieben. Einige der Körperhaltungen haben eine Beziehung zum Nervenkörper und zur inneren Struktur feiner Nerven, die von den Hindus Nadis, genannt werden, die dem im Westen anerkannten Nervensystem zugrunde liegen.

Der Nachteil bei diesen Körperhaltungen liegt darin, dass sie zu zwei ziemlich unerwünschten Reaktionen führen können; sie verleiten den Menschen dazu, das Denkvermögen auf die technischen Einzelheiten des Vorganges, und nicht auf das Ziel zu konzentrieren; und zweitens bringen sie oft ein angenehmes Überheblichkeitsgefühl mit sich, das darauf beruht, dass sie etwas zu tun versuchen, was die meisten nicht tun und das uns als potentielle Wissende aus der Masse heraushebt. Die Formseite der Meditation nimmt uns völlig in Anspruch, wir beschäftigen uns mit dem Nicht-selbst anstatt mit dem Selbst.

Daher wollen wir jene Körperhaltung einnehmen, die uns am leichtesten vergessen lässt, dass wir einen physischen Körper haben. Für den westlichen Menschen ist dies sicherlich die sitzende Haltung. Die Haupterfordernisse dabei sind: aufrechtes Sitzen, so dass das Rückgrat eine gerade Linie bildet; entspanntes, aber nicht zusammengesunkenes Sitzen, so dass es nirgends im Körper Spannungen gibt; wir sollten auch das Kinn etwas senken, um jede Spannung im Nacken zu vermeiden. Meditation ist ein innerlicher Vorgang und kann nur dann erfolgreich durchgeführt werden, wenn der Körper entspannt und richtig ausgeglichen ist, und dann vergessen wird.

ATMEN

Nachdem wir zu körperlichem Komfort und Entspannung gelangt sind und uns aus dem Körperbewusstsein zurückgezogen haben, bemerken wir als nächstes unser Atmen und stellen fest, ob es ruhig, gleichmäßig und rhythmisch ist.

Es sollte hier eine Warnung ausgesprochen werden, was das Praktizieren von Atemübungen anbelangt, außer bei denen, die zuerst Jahre der richtigen Meditation und der Reinigung der Körper-Natur gewidmet haben. In den alten Lehren des Ostens war die Kontrolle des Atems nur erlaubt, nachdem die ersten drei "Mittel zur Vereinigung", wie sie genannt werden, im Leben und nur unter entsprechender Anleitung ausgeführt worden waren.

Die Ausübung von Atemübungen hat nichts mit der spirituellen Entwicklung zu tun. Es hat viel mit psychischer Entwicklung zu tun, und seine Praxis führt zu vielen Schwierigkeiten und Gefahren. In alten Zeiten erwählten die Lehrer nur hin und wieder einen Menschen für diese Art Unterricht, der auch dann nur zur Ergänzung einer Ausbildung diente, durch die ein gewisses Maß an Seelen-Kontakt bereits erlangt worden war, so dass die Seele die durch die Atemübung erweckten Energien leiten konnte, um ihre Ziele und den Weltdienst zu fördern.

Deshalb wollen wir auch nicht mehr tun, als zu sehen, dass unser Atem ruhig und regelmäßig geht, und wir wollen dann unsere Gedanken vom Körper abwenden und mit der Konzentration beginnen.

Visualisation and the Creative Use of the Imagination

Der nächste Schritt in der Meditationspraxis besteht in der Anwendung der Vorstellungskraft; wir stellen uns den dreifachen niederen Menschen in Harmonie oder direkter Verbindung mit der Seele vor. Dafür gibt es viele Wege. Wir nennen diesen Vorgang bildliche Vorstellung (Visualisierung). Es scheint, dass bildliche Vorstellung, Imagination und Wille bei jedem schöpferischen Vorgang drei sehr machtvolle Faktoren sind. Sie bilden die subjektiven (inneren) Ursachen für viele unserer objektiven (äußeren) Wirkungen.

Anfangs ist die bildliche Vorstellung hauptsächlich eine Sache des experimentellen Glaubens. Wir wissen, dass wir durch logisches Denken zu der Einsicht gelangt sind, dass es innerhalb und außerhalb aller manifestierten Gegenstände ein ideales Vorbild oder Urbild gibt, das sich auf der physischen Ebene zu manifestieren sucht. Die Praxis der bildlichen Vorstellung, der Imagination und der Einsatz des Willens sind geeignet, die Manifestation (Erschaffung der sichtbaren Form) dieses Ideals zu beschleunigen.

Wenn wir uns etwas bildlich vorstellen (oder geistig vergegenwärtigen), wenden wir unser höchstes Vorstellungsvermögen an, wie dieses Ideal wohl sein könnte, und kleiden es in irgendeine - meist mentale - Materie, da wir einstweilen noch nicht in der Lage sind, uns höhere Substanzformen oder -arten vorzustellen, um damit unsere geistigen Bilder einzuhüllen.

Wenn wir ein mentales Bild schaffen, beginnt die mentale Substanz unseres Denkvermögens in einer bestimmten Schwingungszahl zu vibrieren, wodurch eine entsprechende Qualität mentaler Substanz, in die das Denkvermögen eingetaucht ist, angezogen wird. Der Wille hält dann dieses Bild stetig fest und gibt ihm Leben. Dieser Vorgang geht vor sich, gleichgültig, ob wir ihn derzeit mit dem mentalen Auge erkennen können oder nicht. Es macht nichts aus, dass wir ihn nicht sehen können, da ja der schöpferische Prozess auf jeden Fall weitergeht. Vielleicht werden wir einmal dem ganzen Vorgang folgen und ihn bewusst durchführen können.

Im Zusammenhange damit stellen sich manche Anfänger die drei Körper (die drei Aspekte der Formnatur) als mit einem strahlenden Lichtkörper verbunden vor, oder sie vergegenwärtigen sich die drei Zentren vibrierender Energie, die aus einem höheren und mächtigeren Zentrum stimuliert (angeregt, durchpulst) werden; andere wiederum stellen sich die Seele als Kräftedreieck vor, das mit dem Dreieck der niederen Natur verbunden ist, und zwar durch den (in der Bibel erwähnten) «Silberfaden», das Sutratma oder die Fadenseele (nach den östlichen Schriften), die «Lebenslinie» (nach anderen Gedankenschulen). Wieder andere ziehen es vor, den Gedanken an eine einheitliche Persönlichkeit aufrecht zu erhalten, die mit der innewohnenden Göttlichkeit, dem Christus in uns, der Hoffnung auf Herrlichkeit verbunden ist.

Es ist aber verhältnismäßig unwesentlich, welches Vorstellungsbild wir wählen, vorausgesetzt, dass wir von der grundlegenden Idee ausgehen, dass das (innere, wahre) Selbst versucht, mit dem Nicht-Selbst, seinem Instrument in der Welt menschlicher Wesensäußerung, in Verbindung zu kommen und sich seiner zu bedienen; und umgekehrt, dass das Nicht-Selbst gezwungen wird, sich seiner Lebensquelle zuzuwenden. Sobald dies erfolgt ist, können wir unsere Meditationsarbeit fortsetzen. Der physische Körper und die Begierdennatur sinken ihrerseits unter die Schwelle des Bewusstseins, wir konzentrieren uns im Denkvermögen und versuchen, dieses unserem Willen zu unterwerfen.

Konzentration

Hier aber stehen wir vor unserem Problem. Das Denkvermögen weigert sich, die Form der von uns erwählten Gedanken anzunehmen und jagt in seiner Suche nach Material wie gewöhnlich über die ganze Welt. Anstatt über unseren «Saatgedanken» nachzudenken, fällt uns plötzlich ein, was wir diesen Tag tun werden; wir erinnern uns an jemanden, den wir sehen müssen, oder an irgendeine Sache, die unsere Beachtung erfordert, wir denken an jemanden, den wir sehr gern haben, und sinken dadurch sofort in die Welt der Emotionen zurück, so dass wir unsere ganze Arbeit von neuem beginnen müssen.

Wir sammeln also wiederum unsere Gedanken und haben für eine halbe Minute auch Erfolg damit; dann aber erinnern wir uns an eine getroffene Verabredung oder an eine Arbeit, die jemand für uns tut, und schon befinden wir uns wieder in der Welt mentaler Reaktionen, und unser erwählter Gedankengang ist vergessen. Wiederum sammeln wir unsere zerstreuten Gedanken und mühen uns aufs neue, das widerspenstige Denken zu unterwerfen. Aber mit Übung werden wir schließlich in der Lage sein, eine mentale Ausrichtung auf einen Punkt mit einem gewissen Grad an Effektivität zu halten.

Wie wird dieser Zustand erreicht? Indem wir einer Form oder einem Umriss in unserer Meditationsarbeit folgen, die automatisch einen nicht zu überschreitenden Ring um den Verstand herumsetzt, und der zum Verstand sagt, "So weit sollst du gehen, und nicht weiter." Wir setzen absichtlich und mit intelligenter Absicht die Grenzen unserer geistigen Aktivität in eine Form, die wir erkennen müssen, wenn wir über diese Grenzen hinausgehen. Wir wissen dann, dass wir uns innerhalb die schützende Mauer, die wir für uns selbst definiert haben, wieder zurückziehen müssen.

Der (die) ernsthafte Fragenstellende wird unten eine Meditationsform finden, um die Konzentration zu fördern:

(Vom Intellekt zur Intuition)

F. Meditationstechnik

Stadien

  1. Erlangung physischer Bequemlichkeit und Kontrolle.
  2. Der Atem wird als rhythmisch und regelmäßig festgestellt.
  3. Man stellt sich im Geiste vor, dass das dreifache niedere Selbst (das physische, emotionelle und mentale)
  1.  mit der Seele in Verbindung steht;
  2. ein Kanal für die Seelen-Energie ist, der mittels des Denkvermögens direkt zum Gehirn führt. Von da aus kann der physische Mechanismus kontrolliert werden.

«Es gibt einen Frieden, der die Vernunft übersteigt: Er wohnt in den Herzen derer, die im Ewigen
leben. Es gibt eine Kraft, die alles neu macht; sie lebt und regt sich in jenen, die das Selbst als eins erkennen».

Dies ist ausgesprochen eine Meditation für Anfänger. Sie enthält mehrere Brennpunkte der besinnlichen Sammlung und der Konzentration.

Vom Intellekt zur Intuition

Diese Befolgung einer Meditationsform ist gewöhnlich einige Jahre lang notwendig, wenn man nicht schon früher regelmäßig meditiert hat; aber auch jene, die bereits das Stadium der Kontemplation erreicht haben, prüfen sich öfters selbst durch Benützung einer Form oder Vorlage, um Rückfälle in einen negativen, emotionellen Stillstand zu verhindern.

Vom Intellekt zur Intuition

Es gibt natürlich viele andere Meditationsformeln, die die gleichen Resultate zustande bringen können, und noch viel mehr solcher Vorlagen für Fortgeschrittene. Es gibt Meditations-Muster, die für ganz bestimmte Leute ausgearbeitet wurden, um besondere Ergebnisse zu erzielen; es ist klar, dass solche Spezialformeln in einem Buche wie diesem nicht mitgeteilt werden können. Es ist hier nicht möglich, mehr als eine allgemeine, sichere Meditationsformel zu geben.

Bei allen ist jedoch vor allem zu bedenken, dass das Denkvermögen aktiv mit Ideen beschäftigt sein muss und nicht mit dem Bemühen, sich zu konzentrieren. Hinter jedem gesprochenen Wort und jeder folgenden Stufe müssen der Wille zum Verstehen und eine zielbewusste, scharfe Gedankenkonzentration stehen.

Auf der sechsten Stufe, beim Bemühen, über eine Wortformel zielbewusst zu meditieren, die die Wahrheit verhüllt, sollte der Meditationsprozess nicht mechanisch werden, denn es ist verhältnismäßig leicht, sich durch rhythmische Wiederholung bestimmter Worte in einen hypnotischen Zustand zu versetzen. Tennyson – sagt man - versetzte sich durch Wiederholung seines eigenen Namens in einen gehobenen Bewusstseinszustand. Das ist nicht unser Ziel. Der mechanisch herbeigeführte oder Trancezustand ist gefährlich.

Der sichere Weg ist der einer intensiven geistigen Aktivität, die auf das Feld der Ideen beschränkt ist, das von einem bestimmten "Saatgedanken" oder Objekt in der Meditation eröffnet wird. Diese Aktivität schliesst alle äusseren Gedanken aus, ausser denen, die die betrachteten Wörter hervorrufen.

Für den verwirrten Anfänger, der durch die Unfähigkeit auf diese Weise zu denken entmutigt ist, hat Alice A. Bailey den folgenden Vorschlag: «Stelle dir vor, du hättest über diese Worte vor einer Zuhörerschaft eine Vorlesung zu halten. Vergegenwärtige dir, wie du die Aufzeichnungen formulierst, über die du später sprechen willst. Führe dein Denken von Stufe zu Stufe, und du wirst feststellen, dass fünf Minuten ohne Abschweifen deiner Aufmerksamkeit vorübergegangen sind, so gross war dein Interesse».

Die vorher empfohlene, schrittweise Methode ist für den Neuling ein sicherer Weg. Es gibt aber auch noch andere Methoden, die dem intelligenten Studenten einfallen werden. Ganze Welten von Gedanken stehen offen, die der Denker nach Belieben (beachtet diese Worte) durchstreifen kann, vorausgesetzt, dass sie eine Bedeutung für den Saatgedanken und eine deutliche Beziehung zur erwählten Idee haben, auf die wir uns zu konzentrieren suchen. Es ist klar, dass jeder Mensch der künstlerischen, wissenschaftlichen oder philosophischen Richtung seiner eigenen Gedankenwelt folgt, und das ist für ihn die Linie des geringsten Widerstandes.

Vom Intellekt zur Intuition, leicht angepasst

G. Die Raja Yoga Methode der Meditation

(Einleitende Vorschläge für diejenigen, die über die Anfängerstufe hinausgehen möchten.)

Patanjali sammelte die Lehren, die bis dahin viele Jahrhunderte hindurch nur mündlich weitergegeben worden waren. Er war der Erste, der die Lehren für die Schüler schriftlich zusammenfasste, weshalb er als der Begründer der Raja Yoga-Schule angesehen wird.

Das Geburtsdatum Patanjalis ist nicht bekannt; die Meinungen darüber gehen sehr auseinander. Die meisten der westlichen Autoritäten verlegen es in die Jahre zwischen 820 bis 300 vor Christi Geburt, einige auch nach diesem Zeitpunkt. Die Hindu-Autoritäten jedoch, von denen man annehmen muss, dass sie etwas über diese Angelegenheit wissen, nennen ein viel früheres Datum; sie gehen sogar bis 10'000 vor Christi zurück.

Die Yoga-Regeln sind die Grundlehre der Transhimalaja-Schule, zu der viele Meister der Weisheit gehören; und viele Schüler glauben, dass die Schule der Essener und andere Geheimschulen, die mit dem Begründer des Christentums und den ersten Christen eng verbunden waren, auf demselben System beruhen, und dass ihre Lehrer in der grossen Transhimalaja-Schule ausgebildet wurden.

(Der Yoga-Pfad, p. xiii, engl., Einleitende Bemerkungen)

Der erste Schritt zu dieser Entfaltung ist Konzentration, oder das Vermögen, das Denken unverwandt und ohne Ablenkung darauf gerichtet zu halten, was der Aspirant gewählt hat. Das ist eines der schwierigsten Stadien des Meditationsvorgangs und bedingt das unablässige Bemühen des Aspiranten, seine Gedanken immer wieder auf das «Objekt» zu richten, auf das er sich konzentrieren will. Die Stufen der Konzentration sind an sich sehr gut zu unterscheiden und können wie folgt angegeben werden:

  1. Die Wahl eines «Objekts», auf das man sich konzentrieren will.
  2. Das Zurückziehen des Denk-Bewusstseins von der Peripherie des Körpers, so dass die Organe für äussere Wahrnehmung und Empfänglichkeit (die fünf Sinne) still werden und das Bewusstsein sich nicht mehr nach aussen richtet.
  3. Das Sammeln und Festhalten des Bewusstseins an einem Punkt im Kopf, der zwischen den Augenbrauen liegt.
  4. Dann wird das ganze Augenmerk auf das gewählte Objekt der Konzentration gerichtet.
  5. Dann folgt die innere bildhafte Vorstellung dieses Objekts, dessen gedankliche Durchdringung mit Hilfe der Imagination, und das logische Nachdenken und Urteilen darüber.
  6. Die Ausweitung der gedanklichen Begriffe, vom Speziellen und Besonderen auf das Allgemeine und Universale oder Kosmische.
  7. Der Versuch, zu dem zu gelangen, was hinter der betrachteten Form liegt, oder die Idee zu erkennen, die das Entstehen dieser Form verursacht hat.

Dieser Werdegang erhöht das Bewusstsein stufenweise und ermöglicht es dem Aspiranten, statt der Formseite den Lebensaspekt der Manifestation zu erkennen. Er beginnt jedoch mit der Form oder dem «Objekt». Es gibt vier Arten von Objekten, auf die man sich konzentrieren kann:

  1. Äußere Objekte, wie z.B. sakrale Kunstwerke, Bilder und Formen in der Natur.
  2. Innere Objekte, wie z.B. die Zentren im Ätherkörper.
  3. Qualitäten, wie z.B. verschiedene schätzenswerte Eigenschaften, auf die man sich konzentrieren kann in der Absicht, das Verlangen nach diesen wertvollen Eigenschaften zu wecken und sie so zu einem Bestandteil des persönlichen Lebens zu machen.
  4. Mentale Vorstellungen, welche die Ideale verkörpern, die allen belebten Formen zugrunde liegen. Diese können die Form von Symbolen oder Worten annehmen.

( Der Yoga-Pfad, S. 243-245, engl.)

Die Erkenntnis, dass für die Konzentration «Objekte» nötig sind, führte zum Verlangen nach Bildwerken, nach Skulpturen und Heiligenbildern. Alle diese Objekte verlangen die Betätigung des konkreten Denkens, und das ist die notwendige Vorstufe. Dadurch wird das Denken in einen kontrollierten Zustand versetzt, so dass der Aspirant damit machen kann, was er will.

Die genannten vier Arten von Objekten führen den Aspiranten schrittweise nach innen und machen ihn fähig, sein Bewusstsein von der physischen Ebene in den ätherischen Bereich zu verlegen, von da in die Welt des Verlangens oder der Empfindungen, und so in die Welt mentaler Ideen und Vorstellungen.

Dieser Prozess, der im Gehirn vor sich geht, bringt den ganzen niederen Menschen in einen Zustand der Konzentration auf ein einziges Ziel; alle Teile seines Wesens sind auf das Erreichen äusserster Aufmerksamkeit gerichtet, auf die Konzentration aller mentalen Fähigkeiten. Das Denken schweift nicht mehr umher, ist nicht mehr unstet und nach außen gehend, sondern es ist ganz «unverwandte Aufmerksamkeit»……   Diese klare, konzentrierte, ruhige Wahrnehmung eines Objektes, bei der kein anderes Objekt, kein anderer Gedanke in das Bewusstsein eintritt, ist sehr schwer zu erreichen; und wenn sie für die Dauer von zwölf Sekunden durchgeführt werden kann, ist richtige Konzentration erreicht.

Meditation ist verlängerte Konzentration; sie erwächst aus der Gewandtheit, mit der ein Mensch willentlich «das Denken festhält» an einem bestimmten Objekt. Für die Meditation gelten dieselben Regeln und Bedingungen wie für die Konzentration. Der einzige Unterschied zwischen den beiden besteht im Zeit-Element.

( Der Yoga-Pfad, S. 246-247, engl.)

H. Die Notwendigkeit zur Vorsicht bei der Meditation

ENERGIE FOLGT DEM GEDANKEN

Das jede Meditation bestimmende grundlegende Gesetz ist das von Weisen Indiens vor vielen Jahrhunderten formulierte Gesetz: «Dem Gedanken folgt Energie». Energie strömt aus dem Reich der Ideen (dem Reich seelischer Erkenntnis) herab. Die «öffentliche Meinung» des Seelenreiches sickert nach und nach in die grobmaterielle Gedankenwelt der Menschen, und darauf können alle fortschrittlichen Bewegungen der gegenwärtigen Zeit, alle Organisationen für die allgemeine Wohlfahrt und die Besserstellung von Gruppen, alle religiösen Vorstellungen und alles äußere Wissen über die Ursachen der sichtbaren Welt zurückgeführt werden.

Jede Form, sei es die einer Nähmaschine, einer sozialen Ordnung oder eines Sonnensystems, kann als die Materialisation der Gedanken irgendeines Denkers oder einer Denkergruppe angenommen werden. Es ist eine Art schöpferischer Arbeit; die gleichen Gesetze des In-Erscheinung-tretens haben den ganzen Verlauf bestimmt, und das ganze schöpferische Werk ist mit Energie irgendeiner Art verdichtet worden. Die Studierenden der Meditation dürfen daher nicht vergessen, dass sie stets mit Energien arbeiten und dass diese verschiedenen Energien einen ganz bestimmten Einfluss auf die Formnatur ausüben.

Es ist daher klar, dass diejenigen, die meditieren lernen, sich bemühen müssen, zweierlei Dinge zu tun:

Erstens: Sie müssen lernen, dass, was sie gesehen und erfahren haben, in ihr Denkvermögen «herunterzubringen», richtig zu interpretieren und es nachher dem aufmerksamen und beeindruckbaren Gehirn fehlerfrei und genau zu übermitteln. 

Zweitens: Sie müssen das Wesen der Energien, mit denen sie in Berührung kommen, verstehen lernen und sich in ihrer richtigen Anwendung ausbilden. Hier ein praktisches, allgemein anerkanntes Beispiel dafür. Uns erfasst Zorn oder Ärger. Instinktiv beginnen wir zu schreien. Warum? Weil uns emotionelle Energie in ihrer Gewalt hat. Wenn wir aber die Energie des gesprochenen Wortes beherrschen lernen, beginnen wir diese besondere Art emotioneller Energie zu meistern.

In diesen beiden Ideen: richtige Interpretation und richtige Übertragung sowie richtige Anwendung von Energie ist die ganze Bedeutung der Meditation zusammengefasst. Das zeigt das Problem der Studierenden auf und erklärt auch, warum alle weisen Lehrer der Meditationstechnik ihre Schüler zu sorgfältigem und langsamem Vorgehen anhalten.

( Vom Intellekt zur Intuition)

DIE NOTWENDIGKEIT DES UNTERSCHEIDUNGSVERMÖGENS

…Studierende haben zu lernen, zwischen diesen Wahrnehmungsgebieten, die sich ihnen mit zunehmender Empfänglichkeit eröffnen, einen Unterschied zu machen und Art und Wesen des Gehörten und Gesehenen zu erkennen. Wir wollen einige der Phänomene des niederen Denkvermögens, die von Studierenden dauernd missverstanden werden, kurz betrachten.

Die Studierenden erleben z.B. eine verzückte Begegnung mit Christus oder einer anderen Großen Seele, die ihnen in der Meditation erschien, ihnen zulächelte und ihnen verhieß: «Sei guten Mutes; du machst gute Fortschritte, du bist ein erwählter Mitarbeiter und dir wird Wahrheit enthüllt werden», - oder so etwas in der Art. …. Was ist aber wirklich geschehen? Hat der Student wirklich Christus gesehen? 

Hier müssen wir uns an die Binsenwahrheit erinnern, dass «Gedanken Dinge sind» und dass alle Gedanken eine Form annehmen. ….  Die Macht der schöpferischen Vorstellung beginnt gerade erst sich fühlbar zu machen und es ist daher ganz leicht möglich, gerade das zu sehen, was wir wünschen, auch wenn es in Wirklichkeit gar nicht da ist. Das Verlangen des Aspiranten nach Fortschritt öffnet die psychische Ebene, die Ebene eitler Vorstellungen, der Begierden und ihrer illusorischen Erfüllungen. …

Die Welt der Illusion ist voll solcher Gedankenformen, die durch liebende Gedanken von Menschen aller Zeiten geschaffen wurden; der durch seine eigene psychische Natur (die Linie des geringsten Widerstandes für die meisten Menschen) wirkende Mensch kommt mit solch einer Gedankenform in Berührung, hält sie irrtümlich für die wirkliche, und bildet sich ein, dass sie all das zu ihm sagt, was er zu hören wünscht…..   Am Anfang der Meditationspraxis kommt ein jeder von uns in die Gefahr, genau in dieser Weise getäuscht zu werden, falls das unterscheidende Denkvermögen nicht auf der Hut ist, oder wenn wir geheimes Verlangen nach geistiger Berühmtheit haben oder unter einem Minderwertigkeitskomplex leiden, der erst überwunden werden muss.

Der Meditations-Schüler sollte niemals vergessen, dass alle Erkenntnisse und Belehrungen dem Denkvermögen und Gehirn von seiner eigenen Seele übermittelt werden; die Seele ist es, die seinen Weg erleuchtet; denn die Lehrer und Meister der Menschheit wirken durch Seelen….  Daher sollte die erste und vornehmste Pflicht jedes Aspiranten in der vollendeten Durchführung der Meditation, des Dienstes und der Selbst-Disziplin, nicht aber in der Fühlungnahme mit irgendeiner großen Seele bestehen. Dies ist zwar weniger interessant, bewahrt ihn aber vor Illusion. Wenn er so handelt, werden sich die höheren Resultate von selbst einstellen.

Sollte sich eine Erscheinung einstellen und solch eine Wesenheit nichtssagende Bemerkungen machen, dann wird er die gleiche Urteilsfähigkeit anwenden, wie wenn im Beruf oder im gewöhnlichen Leben jemand zu ihm käme und sagte: «Ein großes Werk liegt in ihrer Hand, sie arbeiten gut. Wir sehen und wissen ... « usw. Er würde wahrscheinlich darüber lachen und seine momentane Tätigkeit oder Verpflichtung fortsetzen.

( Vom Intellekt zur Intuition)

…Die erste Welt, mit welcher der Aspirant gewöhnlich in Berührung kommt, scheint die psychische Welt zu sein, und das ist eben die Welt der Illusion. Aber auch diese Welt ist von Nutzen, und der Eintritt in sie ist eine sehr wertvolle Erfahrung, vorausgesetzt, dass man sich auch dort von der Liebe leiten lässt und nichts auf sich selber bezieht, und dass alle erlebten Kontakte dem Urteil des unterscheidenden Denkvermögens und dem gesunden Menschenverstand unterworfen werden. … Es ist nützlich, das Gesehene und Gehörte schriftlich festzuhalten, dann aber so lange nicht daran zu denken, bis wir angefangen haben, uns im Reiche der Seele zu betätigen; dann aber werden wir an einer Erinnerung an das frühere Erlebnis nicht mehr interessiert sein.

( Vom Intellekt zur Intuition)

INSPIRIERTES SCHREIBEN

Eine weitere Auswirkung der Meditation, und zwar eine zurzeit stark überhandnehmende, besteht in einer Flut sogenannter inspirierter Schriften, die jetzt überall erscheinen und sehr anmaßend sind…. Sie stammen aus verschiedenen inneren Quellen und sind einander erstaunlich ähnlich; sie bekunden einen liebenswürdigen strebenden Geist, bringen aber keine neuen Dinge, sondern wiederholen oft Gesagtes; sie sind voller Feststellungen und Phrasen, die auf die mystischen Schriften oder die christliche Lehre zurückgehen; sie enthalten vielleicht auch Voraussagen über die Zukunft (meist schrecklicher und furchtbarer, und nur selten wenn überhaupt angenehmer Art). …

Wie aber - könnte man folgerichtig fragen - kann man zwischen echten inspirierten Schriften des wahren Wissenden und dieser vielen Literatur, die das Publikumsdenken zurzeit überflutet, unterscheiden?

…Wahres inspiriertes Schreiben ist gänzlich ohne Selbstbezogenheit ist; ein Ton der Liebe wird darin anklingen, und es wird von Hass und rassischen Begrenzungen frei sein; es wird eine ganz klare Erkenntnis vermitteln und durch seinen Appell an die Intuition ein Kennzeichen der Autorität aufweisen; es wird das Gesetz der Entsprechungen bestätigen und zum Weltbild passen; vor allem aber wird es den Stempel Göttlicher Weisheit tragen und die Menschheit ein kleines Stück weiterführen. …

Wahre Menschheitsdiener und alle jene, die durch Meditation mit der Welt der Seelen in Kontakt gekommen sind, haben für Gemeinplätze keine Zeit…. sie sind auch an der guten Meinung irgendeiner inkarnierten oder nicht inkarnierten Person gar nicht interessiert, sondern legen nur auf die Zustimmung ihrer eigenen Seele Wert, und ihr lebhaftes Interesse gilt der Pionierarbeit in der Welt. Niemals werden sie zur Verstärkung des Hasses oder der Trennungsbestrebungen beitragen, oder Furcht nähren. … Sie dagegen werden die Flamme der Liebe entfachen, wo immer sie sich befinden; sie werden Brüderlichkeit im allumfassenden Sinne lehren, nicht aber ein System vertreten, das nur für einige Menschen Brüderlichkeit lehrt und die anderen davon ausschließt.

Sie werden alle Menschen als Söhne Gottes anerkennen. … Sie werden keine Rasse für besser halten als eine andere, obgleich sie wahrscheinlich den Evolutionsplan und die Bestimmung, die jede Rasse zu erfüllen hat, erkennen. Kurz, sie werden sich mit der Charakterbildung der Menschen beschäftigen und ihre Zeit nicht mit dem Bekritteln von Persönlichkeiten verschwenden, oder sich mit Wirkungen und Resultaten befassen. Sie arbeiten in der Welt der Ursachen und verkünden Prinzipien. (Vom Intellekt zur Intuition)

PROBLEME DER ÜBERSTIMULIERUNG

Studierende klagen häufig über Über-Stimulierung und derart verstärkten Energiezufluss, dass sie sich außerstande fühlen, damit fertig zu werden. Sie berichten uns, dass sie - wenn sie zu meditieren versuchen - eine Neigung zum Weinen oder zu übertriebener Rastlosigkeit verspüren; sie haben Zeiten intensiver Aktivität, wo sie nervös herumlaufen, dienen, sprechen, schreiben und arbeiten. …  Andere wieder beklagen sich über Kopfschmerzen, besonders unmittelbar nach der Meditation, oder über lästige Vibrationen in der Stirn oder der Kehle. Sie können auch nicht mehr so gut schlafen wie bisher.

Sie sind tatsächlich überstimuliert. … Das sind Unannehmlichkeiten, mit denen der Neuling der Meditationswissenschaft zu tun hat, und sie müssen sorgfältige Beachtung finden. Bei richtigem Verhalten verschwinden sie bald, wenn sie aber ignoriert werden, können sie zu ernsten Komplikationen führen. Der ernste und interessierte Aspirant ist in diesem Stadium…. so eifrig mit der Beherrschung der Meditationstechnik beschäftigt, dass er die gegebenen Regeln missachtet und sich trotz aller Ermahnungen und Warnungen des Lehrers selbst antreibt.

Anstatt bei der vorgeschriebenen Zeit von 15 Minuten zu bleiben, möchte der Aspirant das Tempo der Entwicklung beschleunigen und 30 Minuten lang meditieren; anstatt sich an die Vorlage zu halten, nach der die Meditation ungefähr 15 Minuten lang dauert, versucht er die Konzentration solange als möglich zu halten und vergisst aber dabei, dass er auf dieser Trainingsstufe zuerst die Konzentration und nicht die Meditation erlernen muss. Als Resultat bekommt er einen nervösen Zusammenbruch oder leidet eine Zeitlang an Schlaflosigkeit; die Schuld wird aber seinem Lehrer zugeschoben und die Wissenschaft als gefährlich angesehen. Und doch ist der Studierende während dieser ganzen Zeit selbst dafür verantwortlich. Wenn einige dieser Anfangsschwierigkeiten auftreten, sollte die Meditationsarbeit zeitweilig eingestellt oder wenigstens verlangsamt werden.

Bei mental veranlagten oder bei solchen Menschen, denen die «Konzentration des Bewusstseins» im Kopfe bereits mit einiger Leichtigkeit gelingt, sind es die Gehirnzellen, die überstimuliert werden, was zu Kopfschmerzen, Schlaflosigkeit, einem Gefühl der Völle oder zu störender Vibration zwischen den Augen oder direkt am Scheitel führt. Manchmal tritt auch das Empfinden eines blendenden Lichtes auf, eines plötzlich aufzuckenden Blitzes oder elektrischen Lichtes, das bei geschlossenen Augen, im Dunkeln ebenso wie im Hellen wahrgenommen wird.

Wenn dies der Fall ist, sollte die Meditationszeit von fünfzehn Minuten auf fünf herabgesetzt, oder die Meditation nur jeden zweiten Tag durchgeführt werden, bis sich die Gehirnzellen dem neuen Rhythmus und der gesteigerten Stimulation angepasst haben. Wenn man sein Urteilsvermögen weise benutzt, braucht man nichts zu befürchten.…

EMOTIONELLE Typen empfinden Unannehmlichkeiten zuerst in der Gegend des Solar-Plexus. Der Student merkt, dass er leicht reizbar und aufgeregt wird; oft ist ihm (und besonders Frauen) nach Weinen zumute. Manchmal besteht auch Neigung zu Erbrechen, denn zwischen der emotionellen Natur und dem Magen besteht eine enge Beziehung; erwiesenermaßen stellt sich bei plötzlichem Erschrecken, großer Angst und starker Gemütswallung häufig Erbrechen ein. Hier gelten die gleichen Regeln wie für die vorher genannten Fälle: Gesunder Menschenverstand und eine sorgfältige, aber weniger oft ausgeführte Meditation.

ÜBEREMPFINDLICHKEIT

Es soll noch eine weitere Folge von Überstimulierung erwähnt werden. Die betreffenden Menschen stellen fest, dass sie überempfindlich werden. Die Sinne arbeiten ununterbrochen, und alle ihre Reaktionen sind schärfer. Sie «nehmen» die physischen oder psychischen Zustände derer, mit denen sie zusammenleben, «an»; sie stellen fest, dass sie für die Gedanken und Launen anderer Leute «weit offen» sind.

Das Heilmittel dagegen besteht nicht in der Verkürzung der Meditationszeiten - diese sollten nach Vorschrift fortgesetzt werden - sondern darin, am Leben, an der Gedankenwelt, an irgendeiner Sache, die zur Entfaltung der gedanklichen Leistungsfähigkeit beiträgt, ein größeres, mentales Interesse zu haben. … Konzentrierte, auf das Leben und seine Probleme gerichtete Aufmerksamkeit und eine ausgesprochen mentale Beschäftigung werden hier Besserung bringen. … Stets ist eine abgerundete Entwicklung notwendig, und geistiges Wachstum sollte von einem geschulten Denkvermögen begleitet sein. ( Vom Intellekt zur Intuition)

SEXUELLE STIMULIERUNG

So viele Menschen, besonders Männer, meinen, dass wenn sie zu meditieren beginnen, die animalische Natur Beachtung erfordert. Sie entdecken in sich unkontrollierte Wünsche und den Körper betreffende Auswirkungen, die ihnen akute Schwierigkeiten und Entmutigungen bereiten. Es kann jemand hohe Aspiration und einen starken inneren Drang zum geistigen Leben, und dennoch schwache Seiten in seinem Wesen haben, die noch nicht beherrscht sind.

Die während der Meditation einfließende Energie strömt durch den menschlichen Mechanismus und stimuliert den ganzen Sexualapparat. Immer wird der schwache Punkt entdeckt und stimuliert. Das Heilmittel für diese Situation kann in folgende Worte zusammengefasst werden: Kontrolle des Gedankenlebens und dessen Umwandlung…

Die östliche Lehre sagt uns, dass die gewöhnlich auf die Funktion des Sexuallebens gerichtete Energie emporgehoben und in den Kopf und die Kehle - besonders in letztere - geleitet werden muss, da die Kehle, wie es heißt, das Zentrum für schöpferische Arbeit ist. In westlichen Begriffen ausgedrückt bedeutet dies, dass wir lernen sollen, die im Zeugungsprozess oder in Sexualgedanken verwendete Energie in schöpferische Abhandlungen, künstlerische Bestrebungen oder Gruppentätigkeit irgendwelcher Art umzuwandeln.

Transmutation (Umwandlung) bedeutet ganz gewiss nicht die Abtötung einer Aktivität oder das Einstellen einer Funktion auf einer Bewusstseinsebene zugunsten einer höheren Ebene. Sie bedeutet vielmehr die richtige Verwendung der verschiedenen Energieaspekte, die nach dem Empfinden des wahren Selbst, wo auch immer, zur Förderung der Evolutionsziele und für die Mithilfe am Plan eingesetzt werden sollen..…

Der Aspirant des geistigen Lebens unterwirft sich nicht nur den Gesetzen des Geistigen Reiches, sondern passt sich auch den gesetzlich anerkannten Sitten seines Standes und Zeitalters an. Er regelt sein physisches Alltagsleben so, dass auch die Anderen die Moral, Rechtschaffenheit und Korrektheit des äußeren Bildes und Auftretens anerkennen. Ein Heim, das auf einem wahren und glücklichen Verhältnis zwischen den jeweiligen Menschen, auf gegenseitigem Vertrauen, Zusammenarbeit und Verständnis beruht, und in dem die Prinzipien geistigen Lebens betont werden, ist eine der schönsten Dienstleistungen für die heutige Welt. ( Vom Intellekt zur Intuition)

MEDITATION ÜBER DIE ZENTREN

Es könnte auch angebracht sein, auf die Gefahren hinzuweisen, denen viele Schüler ausgesetzt sind, wenn sie der Aufforderung mancher Lehrer, «Entwicklung zu machen», Folge leisten. Diesen wird dann gelehrt, über ein Energiezentrum, gewöhnlich den Solarplexus, manchmal auch über das Herz, sonderbarerweise aber niemals über den Kopf zu meditieren.

Meditation über ein Zentrum basiert nun aber auf dem Gesetz, dass Energie dem Gedanken folgt und bewirkt daher die direkte Stimulierung dieses Zentrums; es zeigen sich infolgedessen die charakteristischen Merkmale, die von diesen verschiedenen Brennpunkten im menschlichen Körper hervorgerufen werden. Da die meisten Menschen hauptsächlich mit den unterhalb des Zwerchfells angehäuften Energien (den Sexual- und Gefühlsenergien) arbeiten, ist deren Stimulierung sehr gefährlich.

Warum also sollen wir uns diesen Gefahren aussetzen? Warum sollten wir nicht lernen, als geistige Menschen zu wirken, und zwar von dem Punkt aus, der von den orientalischen Schriftstellern seltsamerweise als «der Thron zwischen den Augenbrauen» beschrieben wurde und von diesem hohen Standort die Aspekte der niederen Natur zu beherrschen und das tägliche Leben im Sinne Gottes zu führen? ( Ibid., pp. 261-62)

DIE NOTWENDIGKEIT FÜR GESUNDEN MENSCHENVERSTAND

Die Gefahren der Meditation sind in der Hauptsache die Gefahren unserer Tugenden, und darin liegt die Hauptschwierigkeit. Es handelt sich im Wesentlichen um einen vortrefflichen Gedankenbegriff, der die Kapazität der niederen Träger, und besonders des physischen Trägers, übersteigt. … Die absolute Notwendigkeit für den okkult Studierenden ist, dass er einen gutentwickelten, gesunden Menschenverstand als eine Grundeigenschaft haben muss, verbunden mit einem natürlichen Sinn für wirkliche Werte, der zu angemessener Vorsicht führt und der die notwendige Methode dem unmittelbaren Bedürfnis anzupassen weiß. Daher gilt für denjenigen, der sich ernstlich mit der okkulten Meditation befassen will, folgendes:

  1. Erkenne dich selbst.
  2. Schreite langsam und mit Vorsicht voran.
  3. Beobachte die Wirkungen.
  4. Vertiefe dein Verständnis dafür, dass die Ewigkeit lang ist und dass das, welches langsam erbaut wird, für immer hält.
  5. Gewöhne dir Regelmäßigkeit an.
  6. Sei stets dessen eingedenk, dass die wahren geistigen Wirkungen im exoterischen Leben als Dienst sichtbar werden.
  7. Denke auch daran, dass physische Phänomene keine Anzeichen einer erfolgreichen Meditation sind

Die Welt wird die Wirkungen erkennen und besser als der Schüler selbst beurteilen können. Vor allem wird der Meister es wissen, denn die Resultate auf kausalem Niveau werden ihm längst offensichtlich sein, bevor der Mensch selbst sich irgendeines Fortschritts bewusstwird.

( Briefe über okkulte Meditation, S. 93-94, engl.)