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Das jetzige Zeitalter und die Zukunft - Teil 2

Wenn ihr an diese Vorsichtsmassregeln denkt, könnt ihr der Furchtschwingung entgegentreten und sie schliesslich beseitigen. Furcht gliedert sich in zwei Kategorien: erstens Furcht vor dem, was die Zukunft bringt, und zweitens Zweifel über das Ergebnis irgendeiner Anstrengung. Bei den meisten Menschen handelt es sich um eine Mischung von beiden. Die meisten Aspiranten haben keine grundsätzlichen Zweifel an dem endgültigen Ergebnis, aber sie bezweifeln manchmal, ob sich wohl diese Ergebnisse in der Gegenwart auswirken würden; sie schrecken auch vor dem Pfad des Bemühens zurück, da sie - zu Recht - wissen, dass er durch Prüfung und Einsamkeit zu den Füssen des Hierophanten führt. Sie werden auch durch Störungen und hohe Schwingungen bedrängt, die aus hohen geistigen Quellen herzukommen scheinen. Starke Schwingungen werden sich mit dauernd zunehmender Häufigkeit einstellen, und in dem Mass, in dem die Menschheit in der Evolution fortschreitet, werden die Schwingungen immer stärker werden, und die Reaktionen darauf müssen mit Weisheit behandelt werden.

Zwei Auswirkungen zeigen sich, wenn die geistige Schwingung übermässig stark ist. Erstens werden alle guten Bestrebungen und gleichzeitigen hohen Schwingungen angespornt und verstärkt, aber zweitens auch all das, was wir als «böse» bezeichnen. Aspiranten sollten das sorgfältigst bedenken. Es mag vielleicht solch ein Faktor zutage treten, wie etwa eine Welle von Verbrechen, aber ebenso wird sich auch eine wachsende Anzahl von Gruppen bemerkbar machen, die für geistiges Bemühen und hohes Streben eintreten. Die Wirkung der erhöhten Schwingung auf euch, die Aspiranten, kann [348] sich auch auf verschiedene Weise zeigen. Sie kann z.B. zu körperlicher Ermüdung führen, die nicht so sehr mit Schlaf und Ruhe behandelt werden muss - obwohl ein gerechtes Mass davon notwendig ist -, sondern vor allem durch einen Wechsel der Schwingung, der Erholung und Unterhaltung. Zweitens kommt es häufig zu einer tiefen Depression, zu einem völligen Verzagen des Herzens, wenn der Mensch in die Zukunft blickt. Schaut dieser Zukunft dennoch getrost entgegen und bedenkt, dass das, was die Zukunft birgt, nicht enthüllt wird, dass aber «Freude am Morgen kommt». Es kann auch zu einer Empfindlichkeit des Astralkörpers kommen, die vielleicht noch schwerer zu ertragen ist; das muss von dem Einzelnen nach besten Kräften behandelt werden, und er sollte dabei an die Ratschläge denken, die ich ihm gegeben habe. Die Wirkung zeigt sich auch in einer dauernden Stimulierung der Atome in den verschiedenen Hüllen und als deren zusammenhängende, stetig gewordene Schwingung. Das bringt den Aspiranten dem Ziel ein wenig näher, obwohl er sich dessen nicht bewusst sein mag.

Alles hängt von des Schülers Fähigkeit ab, die innere Bedeutung aller Geschehnisse zu erfassen. Sein ganzer Fortschritt auf dem Pfad beruht auf der Einstellung, dass er sich die Lehre zu eigen macht. Nur wenn wir die Lektionen auf den inneren Ebenen in praktisches Wissen umwandeln, werden sie zu einem Teil unserer Erfahrung und bleiben nicht länger Theorie. Die Bewusstseinserweiterung sollte zu einer dauernd zunehmenden, praktischen Erfahrung werden. Theorien haben wenig Wert, wenn wir sie nicht in Tatsachen umsetzen. Daher ist es wertvoll, über ein Ideal zu meditieren. In der Meditation schwingen unsere Gedanken zeitweise der Idee entsprechend, und mit der Zeit wird diese Schwingung dauerhaft.

Wer mit offenen Augen eine okkulte Schulung beginnt, muss in der Tat den Preis dafür erwägen. Der Lohn am Ende ist gross, aber der Pfad ist rauh, und der wahre Okkultist wandert ihn allein. Die Fähigkeit, allein zu stehen, Verantwortung auf sich zu nehmen, dann alles ohne Hilfe auszuführen und [349] um des erreichten Guten willen dem Bösen mutig zu begegnen, das ist das Kennzeichen eines Weissen Bruders. Seid also bereit zur Einsamkeit, für Gefahren trüber und dunkler Art, und erwartet für das so verbrachte Leben keine Belohnung, welche die Persönlichkeit angeht. Nur in dem Mass, in dem sich das Bewusstsein erweitert, und man seinen wahren Standort in dem kosmischen Ganzen findet, wird die Belohnung sichtbar; aber lasst ab von der Furcht und erkennt, dass die Persönlichkeit nur zeitbedingt ist; was liegt daran, wenn sie leidet? Wenn man etwas Gutes für die universale Bruderschaft erreicht, einige Gesetze erklärt und im täglichen Leben bewiesen hat, dann mag das den Meister veranlassen, schliesslich (jawohl, schliesslich, nachdem alles vorüber ist) zu sagen: «Gut gemacht.» Schaut deshalb gerade aus, wendet euch weder nach rechts noch nach links. Der Pfad führt aufwärts, hin zu schnellerer Schwingung und grösserer Feinfühligkeit. Sucht den Gleichgewichtspunkt in eurer Arbeit und haltet dieses Gleichgewicht, denn die Jahre bringen viel Arbeit, viel Drangsal und viel Leiden mit sich.

Seid ihr stark genug, das Leid der Welt zu sehen, das Unglück zu schauen und doch freudig zu bleiben? Könnt ihr ein Partner sein bei der Aufgabe, die Menschheitsentwicklung zu fördern, und bringt ihr es fertig, die Notwendigkeit von Mühen, Sorgen und Disziplinierung einzusehen, und doch nichts zu tun, um gegen die Wogen der Sorge anzukämpfen? Ausgewählte und erprobte Seelen werden heute überall auf der Welt geschult. Die Meister sind mit Arbeit überladen und ihre Zeit ist überbeansprucht. Sie geben, was sie können, aber vom einzelnen Aspiranten hängt es ab, welcher Nutzen aus dem Gegebenen gezogen wird.

Jene von uns, die auf der inneren Seite des Lebens wachen und lenken, erkennen mehr als ihr, die ihr die Bürde und Hitze des Daseins auf der physischen Ebene ertragt, vielleicht wisst. Wir kennen eure physischen Unzulänglichkeiten, und eines Tages wird es uns vielleicht möglich sein, euch in bestimmter Weise beim Aufbau starker Körper für den Weltdienst zu helfen. Heute ist es für euch, unsere ringenden Brüder, beinahe unmöglich, eine gute Gesundheit zu haben - derart ist die astrale Vergiftung -; das Karma der [350] Welt lässt es nicht zu. Die astrale Verderbtheit und der schmutzige Pfuhl der niederen Mentalbereiche stecken alles an und derjenige ist glücklich, der dem entgeht. Besorgt und mitfühlend beobachten wir euch alle, die ihr euch mit schwachen, empfindlichen Körpern abmüht und arbeitet, kämpft, versagt, weiter ringt und dient. Keine Stunde des Dienstes, die in Schmerz und Spannung geopfert wird, nicht eines einzigen Tages mühevolle Arbeit, der man mit gemarterten Nerven, müdem Kopf und krankem Herzen nachgeht, kann unserer Aufmerksamkeit entgehen. Wir wissen davon und wir sorgen uns, doch dürfen wir nichts tun, was ihr, die ihr in der äusseren Welt ringt, selbst tun könntet von dem, was nötig ist. Das Weltenkarma verschlingt euch alle in dieser Epoche. Wenn ihr es nur erkennen würdet: diese Zeit ist kurz, und Ruhe, Freude, Friede sind schon unterwegs.

Der nur halb errungene Sieg, die Tage, die mit einem teilweisen Erfolg abschliessen, ohne indes das Ideal erreicht zu haben, die Minuten seelischer und körperlicher Erschöpfung, in denen die Hohlheit aller Dinge, ja selbst des Dienstes, das einzig Bemerkenswerte zu sein scheint, die Wochen und Monate des Bemühens und Ringens gegen eine scheinbar unüberwindliche Übermacht, gegen die erstaunliche Gewalt der Evolutionskräfte, gegen die brausende Flut der Unwissenheit in der Welt - all das ist bekannt. Sucht Trost in der Versicherung, dass Liebe alles regelt und lenkt; fasst Mut in der Erkenntnis, dass die Hierarchie besteht.

Diejenigen, welche die Welt mehr über die Meister lehren sollen und die jetzt geschult werden, um Kontaktbrennpunkte zu sein, werden einer sehr drastischen Erziehung unterworfen. Sie werden auf jede nur mögliche Weise geprüft und lernen vieles durch bittere Erfahrung. Es wird ihnen eingeprägt, einer Anerkennung keine Bedeutung beizumessen. Sie werden geschult, nicht nach dem äusseren Schein zu urteilen, sondern nach der inneren Schau oder Einsicht. Das Auffassungsvermögen, um des Meisters Absicht zu erkennen, und die Fähigkeit zu lieben, werden als ganz besonders wichtig erachtet. Aspiranten, die danach trachten, für die Arbeit als Jünger erwählt zu werden, müssen alles Verlangen nach den Dingen des niederen Selbstes aufgeben und bereit sein, den Preis für das Wissen zu zahlen, koste es, was es wolle. Wenn der Welt der subjektiven [351] Wirklichkeit Beweise gegeben werden sollen, so müssen sie mit dem Herzblut erkauft werden, denn nur mit dem «Blut des Herzens» kann Macht ungefährdet erworben und weise gehandhabt werden. Wenn ihr weitergeht und als Aspiranten die verborgenen Naturgesetze studiert, werdet ihr erkennen, warum es notwendig ist, den Preis zu zahlen. Die geistige Charakterentfaltung des Jüngers muss mit seinem inneren Wissen Schritt halten. Dieses Wissen nimmt auf dreierlei Weise zu:

1. Durch bestimmte Bewusstseinserweiterungen, die dem Jünger eine Erkenntnis jener Zielpunkte eröffnen, die er erreichen muss. Dadurch wird in seinem Denken dasjenige formuliert, was er erst noch begreifen muss, und das ist der erste Schritt, um es sich anzueignen. Ein Aspirant wird von einem weiter fortgeschrittenen Chela auf den inneren Ebenen zielbewusst unter die Fittiche genommen und es wird ihm gezeigt, welche Arbeit er leisten muss, ungefähr in der Weise, wie ein Lehrer einem Schüler die Lektion zeigt, die gelernt werden soll.

Der nächste Schritt besteht in der Bemeisterung der Lektion und in der Ausarbeitung der erhaschten Wahrheiten in Meditation und praktischem Versuch. Das ist ein langwieriger Prozess, denn es muss alles assimiliert und zu einem Teil von des Jüngers eigenem Selbst werden, bevor er weitergehen kann. Es ähnelt der Ausführung einer Rechenaufgabe - Zahl auf Zahl, Reihe auf Reihe: man arbeitet so lange weiter, bis die Lösung erreicht ist. Diese Arbeit wird sowohl auf den inneren Ebenen als auch auf der physischen Ebene geleistet. In der Halle des Lernens wird der Schüler nachts eine kurze Zeit lang belehrt, bevor er mit irgendeiner Arbeit im Dienst fortfährt. Diese Belehrung bringt er in sein physisches Gehirnbewusstsein herüber und zwar in Form eines tiefen Interesses für bestimmte Dinge und einer zunehmenden Befähigung zu konkretem und abstraktem Denken über verschiedene okkulte Fragen, die seine Aufmerksamkeit beschäftigen. Er geht daran, zu experimentieren, er erprobt verschiedenen Methoden beim Studium der Gesetze und erzielt im Lauf der Zeit Ergebnisse, die für ihn von Wert sind. Die Zeit vergeht und je mehr Wissen er sich aneignet, um so mehr verbindet sich dieses Wissen zu einer Einheit; so wird er [352] fähig, den Bodensatz des gesicherten Wissens anderen beizubringen und mitzuteilen.

3. Indem man andere lehrt, gewinnt man weiteres Wissen. Wenn man beim Lehren die Wahrheit definiert, so kristallisiert man damit die gelernten Tatsachen heraus, und unter dem gedanklichen Einfluss anderer wird des Aspiranten eigene Schwingung auf immer höhere Ebenen hinaufgestimmt, und so strömen neue Intuitionen und neue Wahrheitsbereiche herein.

Wenn auf diese Weise eine Aufgabe gemeistert wurde, dann wird eine weitere gestellt, und wenn ein Schüler eine spezielle Reihe von Lektionen gelernt hat, «promoviert» er und geht durch eine Einweihung. Die ganze Gruppe, die er lehrt, gewinnt durch seinen Schritt, denn jeder Jünger bringt diejenigen, die er belehrt, in einem eigenartigen, unerklärbaren Sinn weiter. Der Vorteil des Einen wirkt zurück auf das Ganze. Ein Meister bringt seine Jünger in einer ähnlichen Weise vorwärts und aufwärts. Das Thema ist sehr schwierig und zum grössten Teil eines der Geheimnisse des Gesetzes von der Schwingungserweiterung. Die Einweihung des Logos hat eine universale Wirkung.

Ihr habt mit eurer Annahme recht, dass der Probepfad den späteren Stadien der Schwangerschaft entspricht. Bei der ersten Einweihung beginnt das «Kind in Christo» (wie es im Neuen Testament heisst) seine Pilgerfahrt auf dem Pfade. Die erste Einweihung bedeutet einfach einen Anfang. Ein gewisses Gefüge rechten Lebenswandels, Denkens und Verhaltens ist erreicht; die Form, die der Christus in Besitz nehmen soll, ist aufgebaut, und nun muss diese Form belebt und bewohnt werden. Das Christusleben dringt ein und die Form wird lebendig. Hierin liegt der Unterschied zwischen der Theorie und der Nutzanwendung, diese Theorie zu einem Teil eurer selbst zu machen. Ihr könnt ein vollkommenes Bild oder eine vollkommene Vorstellung haben, aber ihnen fehlt das Leben. Ihr seht dann einen Menschen, der sein Leben so weit wie möglich nach dem Göttlichen geformt hat. Er hat eine gute Nachbildung geschaffen, aber etwas fehlt doch daran. Was ist dieses Etwas? Die Manifestation des innewohnenden Christus. Der Keim war da, aber er lag im Schlafe. Nun wird [353] er gepflegt und geboren, und die erste Einweihung ist erreicht. Danach bleibt noch viel zu tun. Die Entsprechung ist vollständig. Der Jünger Jesus verbrachte viele Jahre zwischen Geburt und Taufe. Die verbleibenden drei Einweihungen wurden in drei Jahren durchgemacht. Dieselbe Situation findet ihr auf dem Pfad des Aspiranten.

Die zweite Einweihung kennzeichnet die Krisis, in der es um die Beherrschung des Astralkörpers geht. Nach der Taufe bleiben die drei Versuchungen, in denen die vollkommene Herrschaft über die drei niederen Körperhüllen bewiesen wird. Dann kommt die Verklärung, der das Wissen um die Zukunft und vollständige Selbstverleugnung folgen. Daher haben wir folgendes:

1. Den Augenblick der Empfängnis - die Individualisierung.

2. Neun Monate Schwangerschaft - das Rad des Lebens.

3. Die erste Einweihung - die Geburtsstunde.

Der Pfad ist also ein Weg, auf dem man eine ständige Bewusstseinserweiterung erfährt und für höhere Schwingungen immer sensitiver wird. Dies wirkt sich zuerst als Empfänglichkeit für die innere Stimme aus, und diese ist eine der für den Jünger notwendigsten Fähigkeiten. Die Grossen schauen nach jenen aus, die der inneren Stimme ihrer Seele rasch gehorchen können. Die Zeiten sind kritisch und alle Aspiranten werden dringend gebeten, sich auch für die Stimme ihres Meisters empfänglich zu machen. Seine Zeit ist völlig in Anspruch genommen, und die Jünger müssen sich dazu schulen, sich seiner Einwirkung gegenüber offen zu halten. Ein leichter Wink, ein Fingerzeig, ein eiliger Ratschlag mag alles sein, was ihm seine Zeit zu geben erlaubt, und jeder Jünger muss auf der Lauer liegen. Der auf ihnen lastende Druck ist schwer - jetzt, da sie sich der physischen Ebene nähern. Es sind sich jetzt mehr Seelen ihrer bewusst als zu der Zeit, da sie nur auf den mentalen Ebenen wirkten, und auch für sie sind die Bedingungen schwieriger, weil sie nun auf dichteren Ebenen arbeiten. Die Devas und Jünger, die Aspiranten und jene auf dem Probepfad werden jetzt um sie geschart und in Gruppen organisiert, denen spezielle Arbeiten zugewiesen werden. Einige Seelen können [354] nur in Massengruppierung wirken, miteinander verbunden und vereint durch ein gemeinsames Streben. Das gilt zum Beispiel für die Mehrzahl der Christen in den Kirchen. Da diese die Gesetze des Okkultismus nicht kennen und die innere Wahrheit nur empfinden, leisten sie allgemeine Vorbereitungsarbeit. Ihnen wird von Gruppen geringerer Devas oder Engel geholfen, die ihnen Gedanken eingeben, sie leiten und beaufsichtigen.

Andere, die weiter fortgeschritten sind, wirken in kleineren Gruppen. Sie idealisieren mehr, und unter ihnen seht ihr die Denker und Leiter der sozialen Reformen, der humanitären Erneuerungsbestrebungen und der Kirchenführung, sowohl bei Christen wie auch bei Orientalen. Sie werden von den höheren - blauen und gelben - Devas geleitet, so wie die vorigen Gruppen von den blauen und rosenroten Devas geführt werden.

Hinter ihnen stehen die noch weiter fortgeschrittenen - die Aspiranten, Novizen und Jünger der Welt. Sie wirken einzeln oder zu zweien oder dreien, aber niemals in Gruppen, welche die Neunzahl überschreiten, denn die okkulte Bedeutung dieser Zahlen ist für den Erfolg ihrer Arbeit notwendig. Ihre Bemühungen werden von grossen weissen und goldenen Devas begleitet.

Hinter diesen drei Gruppen wiederum stehen die Meister und die Devas der formfreien Ebenen - eine grosse Bruderschaft, die sich verpflichtet hat, der Menschheit zu dienen.

Es sind jetzt Schritte eingeleitet worden, um - wenn möglich - die zerstörerischen Anstrengungen in aufbauendes Wirken umzuwandeln. Die Zeit ist kritisch, denn in dem Werk der Zerstörer ist eine Pause eingetreten. Es besteht jetzt die Gelegenheit, die Strömung umzukehren und den sozialen Körper neu aufzubauen.

Eben aus diesem Grunde sollte sich ein jeder von euch von neuem dem Werk der Erlösung weihen. Die Persönlichkeiten müssen untertauchen. Die Aspiranten müssen leben, ohne irgendeinem Wesen in Gedanken, Worten oder Taten zu schaden. Auf diese Weise wird ein jeder von euch einen reinen Kanal bilden, ein Vorposten für das Bewusstsein des Meisters werden und ein Energiezentrum darstellen, durch das die grosse Bruderschaft wirken kann.

Das Hauptproblem für den Aspiranten besteht darin, die emotionale Natur zu beherrschen. Dann steht er als Sieger auf dem Feld von Kurukshetra (dem Schlachtfeld in der Bhagavad Gita); die Wolken [355] haben sich verzogen und fortan kann er im Licht wandeln. Man sollte hier daran denken, dass eben diese Freiheit, im Licht wandeln zu können, ihre eigenen Probleme mit sich bringt. Ihr fragt, wie das sein könne? Lasst mich euch ein einfaches, aber überzeugendes Argument geben (ich denke, ihr werdet es als ein solches empfinden).

Wenn ein Mensch tatsächlich im Licht seiner Seele wandelt, wenn das reine Sonnenlicht durch ihn strömt und den Pfad offenbart, dann offenbart es gleichzeitig auch den Plan. Zugleich wird er sich jedoch der Tatsache bewusst, dass der Plan noch sehr weit von der Vollendung entfernt ist. Das Dunkle wird deutlicher sichtbar; das Chaos und Elend und das Versagen der Weltgruppen wird offenbar; der Schmutz und Staub der kämpfenden Kräfte wird sichtbar und die ganze Sorge der Welt übermannt den bestürzten, obgleich erleuchteten Aspiranten. Kann er diesem Druck standhalten? Kann er tatsächlich mit Kummer und Weh vertraut werden und sich trotzdem immerdar an dem göttlichen Bewusstsein erfreuen? Ist er imstande, dem ins Auge zu sehen, was das Licht enthüllt, und doch mit Heiterkeit und Gelassenheit einen Weg zugehen, des endgültigen Triumphes des Guten sicher? Wird er von dem Bösen an der Oberfläche überwältigt werden und das Herz der Liebe vergessen, das hinter allem äusseren Schein schlägt? An diese Situation sollte der Jünger immer denken, sonst wird er zerschmettert von dem, was er entdeckt hat.

Aber mit dem Hinzukommen des Lichts wird er einer (für ihn) neuen Form von Energie inne. Er lernt auf einem Gebiet neuer Gelegenheiten zu arbeiten. Das Reich des Denkens öffnet sich vor ihm und er entdeckt, dass er zwischen der emotionellen und mentalen Natur unterscheiden kann. Er entdeckt ferner, dass er das Denkvermögen die Stellung eines Kontrollorgans einnehmen lassen kann und dass die Empfindungskräfte gehorsam auf die mentalen Energien reagieren. «Das Licht der Vernunft» bringt dies zustande - das Licht, das im Menschen immer vorhanden ist, aber erst dann bedeutsam und machtvoll wird, wenn man es sieht und erkennt - entweder als Erscheinung oder intuitiv.

Viele [356] falschen Lehren gehen heute um in bezug auf das Denkvermögen und die Seele. Sie können in den Lehren einer Schule, die nicht genannt werden soll, wie folgt zusammengefasst werden:

Die Natur ist grausam und betreibt eine Auslese. Sie wirkt nach dem Gesetz «der Tüchtigste überlebt». Im Auswahlprozess werden Millionen von Leben geopfert und viele Formen werden zwar geboren, gehen aber zugrunde. Daher ist es ein seltenes Ereignis, wenn Seelenleben erreicht wird. Wenige Menschen nur haben Seelen, und nur ein paar besitzen also Unsterblichkeit und gehen zu ihrer eigenen Stätte der Macht, um nie mehr zurückzukehren. Der Rest ist verloren, geht unter und wird im allgemeinen Naturvorgang verschlungen; das Menschenreich als Ganzes ist ein Totalverlust mit Ausnahme von einigen wenigen heraustretenden und bedeutenden Gestalten in der Vergangenheit und Gegenwart. Sie haben durch die Opferung der vielen die Vollendung erreicht.

Aber die Reaktion der Menschen selbst auf diese Lehre ist eine hinlängliche Antwort. Das Gefühl der Unsterblichkeit, die Gewissheit einer ewigen Zukunft, der eingeborene Glaube an Gott, die Offenbarung des Lichts, die Erlangung einer Weisheit, welche hilft und fördert - all das ist nicht das Vorrecht eines Seneca, eines Paulus, der Akbars (Grossen) der Menschheit. Es findet sich (manchmal sogar in seiner reinsten Form) bei dem demütigsten Bauern. Worte weisen Rates fallen von den Lippen der Ungelehrten, und ein Wissen um Gott und ein Glaube an die Unsterblichkeit der Seele entdeckt man verborgen gerade in Herzen, in denen man es am allerwenigsten vermutet, ja oftmals bei den grössten Sündern. Wenn jedoch die hoch entwickelten und intelligentesten Menschen in sich die göttliche Flamme entdecken und die Macht des obersten Herrschers erwecken, der im Herzen ihres Wesens wohnt, dann neigen sie leicht dazu, sich auf eine höhere Stufe als andere Leute zu stellen; sie reihen dann jene, die nicht ihre mentale Fassungskraft für die Differenzierungen der evolutionären Entwicklung haben, in eine Kategorie ein, die weit von ihnen entfernt ist, so als ob sie kaum noch den Namen von Gottessöhnen verdienen würden. Sie betrachten alle, die nicht mit Gedankenenergie arbeiten, als seelenlos, denen infolgedessen die ewige Fortdauer [357] als Einzelwesen versagt ist. Das ist nur eine Verblendung des Denkens und ein Teil der grossen Ketzerei des sich Abschliessens; es ist ein schwaches Vorzeichen für jene Zeit, in der einmal das Denkvermögen genau so mächtig und irreführend sein wird, wie es der Empfindungskörper heute ist.

Wir wollen deshalb jene Typen mentaler Energie studieren, mit denen der Einzelne zu wirken hat, und wollen sehen, wie diese grosse Ketzerei der Absonderung und der «Trugschluss des Verstossenseins», wie man es manchmal nennt, beseitigt werden kann.

Wenn wir diese Energiearten betrachten, müssen wir zuerst bedenken, dass ihre Tendenz und ihre Tätigkeit in einem weiteren Sinn - etwa in Beziehung zur Menschheit - leichter begriffen werden können als ihre Wirkungen, die auftreten, wenn ein Einzelmensch von mentaler Energie Gebrauch macht. Nur wenige Menschenwesen benutzen diese Kraftart bis jetzt bewusst, und nur wenige können deshalb verstehen, was sie mit sich bringt. Die Menschen werden als Einheiten immer mehr in den Besitz ihres intellektuellen Erbteils kommen, aber zahlenmässig ausgedrückt benutzt kaum einer von zehntausend die ihm innewohnende Macht und wirkt mit vollem Wissen in seinem Mentalkörper.

Wenn wir jedoch die Menschheit als Ganzes betrachten und unsere Augen zurück in die bisherige Menschheitsentwicklung wandern lassen, so können wir sehen, dass die Mentalenergie eine ganz deutliche Wirkung hatte und hervorragende Ergebnisse zeitigte. Der Gebrauch zweier Dinge unterscheidet den Menschen vom Tier, ob er sie nun bewusst oder unbewusst verwendet. Beide Faktoren ruhen verborgen auch im Tier, aber der Mensch ist die einzige Wesenheit in den drei Welten, die bewusst aus ihnen Nutzen ziehen kann. Einer dieser Faktoren ist der Schmerz, und der andere ist die Fähigkeit der Unterscheidung. Mit Hilfe des Schmerzes, der darauf folgenden Untersuchung und der Feststellung des ursächlichen Zusammenhanges sowie mit Hilfe von Erinnerungen und bildlicher Vorstellung hat der Mensch gelernt, was er meiden und pflegen muss. Dies gilt im Reich der physischen Geschehnisse und der Sinneserfahrung. Durch Unterscheidung in bezug auf Ideen und Gedankenströme hat der Mensch entscheiden gelernt, worauf er seine Tätigkeiten [358] auf allen Gebieten menschlicher Angelegenheiten zu gründen hat, obwohl er nur ein unvollkommenes Verständnis für das wahre Wesen von Ideen hat und seine praktische Auswertung der erhaschten Wahrheiten ganz unvollkommen ist. Dass er oft unklug wählt, dass die Ideen, die ein Gruppenverhalten bestimmen, nicht zu den höchsten gehören, dass die öffentliche Meinung bekanntermassen durch persönliche und egoistische Interessen gebildet wird - all das mag leider nur zu wahr sein. Trotzdem bahnt sich der Mensch - durch Schmerz und dadurch, dass er sein Wahlvermögen im Reich der Ideen benutzen lernt - stetig den Weg weiter zu voller Freiheit und voller Beherrschung der Erde, die er ja rechtmässig erben soll. Der «Alte Kommentar» sagt in bezug auf diese beiden Merkmale des Menschen manches, was in symbolischer Sprache viel Schönes vermittelt. Beim Nachsinnen über diese Gedankengänge muss man beachten, dass das Wasser die Empfindungsfähigkeit oder die astrale Reaktion symbolisiert und das Feuer das Symbol für die Denkkraft ist. Die Sätze lauten folgendermassen:

«Die lindernden Wasser kühlen. Sie bringen allmählich Erleichterung und sondern die Form von allem ab, was berührt werden kann. Die zitternde Fieberhitze lang unterdrückten Begehrens weicht vor dem kühlenden Trunk. Wasser und Schmerz schliessen einander aus. Der kühlende Trunk dauert lange.

Die lodernden Feuer befreien alles, was den Weg des Lebens behindert. Seligkeit kommt und folgt dem Feuer wie Feuer dem Wasser. Wasser und Feuer vermischen sich und lassen die grosse Illusion entstehen; sie verursachen Nebel, Dunst, Dampf und Lärm; diese verhüllen das Licht, verbergen die Wahrheit und schliessen die Sonne aus.

Die Feuer brennen ungestüm. Schmerz und Gewässer verschwinden. Kälte, Hitze, das Licht des Tages, der Glanz der aufsteigenden Sonne und vollkommene Erkenntnis der Wahrheit treten in Erscheinung.

Das ist der Pfad für alle, die das Licht suchen. Erst die Form mit all ihrem Sehnen, dann der Schmerz. Dann die lindernden Wasser, nach denen ein kleines Feuer erscheint. Das Feuer wächst, dann wird die Hitze innerhalb der winzigen Sphäre wirksam und vollbringt ihr feuriges Werk. Auch Feuchtigkeit findet sich; dichter Nebel lagert überall, und zu dem Schmerz tritt traurige Verwirrung, denn jene, die das Feuer des Denkens benutzen, verlieren sich anfangs in einem trügerischen Licht.

Heftig nimmt die Hitze zu; zunächst verliert man die Fähigkeit zu leiden. Wenn dieses Stadium überwunden ist, dann beginnt [359] die Sonne ungehindert zu scheinen und das klare, glänzende Licht der Wahrheit leuchtet auf. Das ist der Pfad zurück zu dem verborgenen Mittelpunkt.

Nütze den Schmerz; rufe nach dem Feuer, o Pilger in einem fremden und unbekannten Land. Die Wasser waschen hinweg den Schlamm und Schmutz des Wachstums der Natur. Die Feuer verbrennen die hindernden Formen, welche den Pilger zurückzuhalten suchen, und so bringen sie Erlösung. Die lebendigen Wasser treiben wie ein Fluss den Pilger hin zu des Vaters Herz. Die Feuer vernichten den Schleier, der des Vaters Antlitz verbirgt.»

Vielleicht eines der ersten Dinge, die jeder Studierende lernen muss, wenn er Wesen und Verwendungsmöglichkeit des Denkvermögens zu begreifen sucht, ist, dass die öffentliche Meinung dem individuellen Rechtsbewusstsein zu weichen hat. Dieses individuelle Bewusstsein muss dann so angewendet und konzentriert werden, dass man es in seinem richtigen Verhältnis sieht als jenen lebendigen Keim, der sich zur göttlichen Blüte des Sohnes des Denkens, des Manasaputra, ausweiten kann, und als den Faden, der zurück in das Reich des Universalen Denkens führt. Dieser Faden und dieses Bewusstsein werden, wenn man ihnen folgt, den Einzelmenschen in die Ratshalle führen, in welcher der Plan und die Absicht des Grossen Lebens geoffenbart sein wird und wo alle menschliche Selbstsucht und aller Eigennutz in dem klaren Licht des göttlichen Willens verblassen. Durch rechtes Verständnis, rechte Verwendung und Beherrschung der Astralnatur und durch ein Erfassen der Natur des Empfindungsbewusstseins kann der Mensch in die Herzmitte Gottes Selbst eindringen und unfehlbar wissen, dass alles gut ist, denn alles ist Liebe. Durch rechten Gebrauch des Denkvermögens und durch ein richtiges Verstehen des Wesens des Intellektes kann der Mensch in das Denken Gottes eintreten und wissen, dass alles gut ist, denn alles ist im Plan berücksichtigt und die göttliche Absicht wirkt stets auf ihre Ziele hin.

Die Aufgabe der atlantischen Adepten bestand darin, dem Weltbewusstsein die Tatsache aufzuprägen, dass Gott Liebe ist. Dies ist ein symbolischer Ausdruck für die Wahrheit, so wie man das Wort «Gott» gebraucht. Aufgabe der arischen Adepten ist es, dem Weltbewusstsein [360] einzuprägen, dass Gott Wille ist. Um dies für die Menschheit zu erreichen, arbeiten sie an dem Verstand, um ihn unter Kontrolle zu bringen, um dem Denkvermögen andere Formen unterzuordnen und dem Menschen durch das Denken die Schau dessen, was ist und was sein wird, zu enthüllen. Der Mensch wird daher mit dem esoterischen Kopfzentrum des Einen Lebens in Einklang gebracht. Durch die Entwicklung des Empfindungsvermögens und der damit verbundenen Entfaltung durch den Schmerz bringen sie die Formtypen im Tierreich in Einklang mit dem Herzzentrum in der Natur. Das ist ein Ausdruck, der eine Wahrheit mitteilt, die nicht klarer ausgedrückt werden kann, solange nicht der Mensch in seinem Bewusstsein umfassender geworden ist. Im Pflanzenreich werden die dortigen Formen göttlicher Manifestation durch Farbe ebenfalls in einen Schwingungskontakt gebracht und zwar mit jenem Kraftzentrum in der Natur, das dem Kehlzentrum des Menschen entspricht.

Indem ich diese Worte gebrauche, spreche ich in erster Linie von dem grossen Leben, das sich durch unseren Planeten zum Ausdruck bringt, von unserem planetarischen Logos; aber der Gedanke kann (selbstverständlich) weiter geführt werden, bis er auch für jenes Grosse Leben gilt, für das unser planetarische Logos nur eine Widerspiegelung und ein Ausdruck ist. Der Mensch, das Gehirn der Natur; die Tiere, der Ausdruck des Herzens; die Pflanzenwelt, die Ausdrucksformen der Schöpferkraft oder des Kehlzentrums; diese drei Naturreiche bilden in einer besonderen Weise die Entsprechungen zu den drei höheren Zentren im Menschen, so wie die drei Naturreiche auf dem Involutionsbogen den drei niederen Zentren entsprechen; das Mineralreich entspricht - so abwegig der Gedanke auch jenen von euch erscheinen mag, die nicht das Bewusstsein des Lebensaspektes haben - dem Sonnengeflecht, der grossen Ausgleichsstelle zwischen dem, was oben und dem, was unten ist.

Diese Analogien wechseln im Lauf der Zeit. In den lemurischen Tagen war die Menschheit - als Naturreich gesehen - Ausdruck für den Solarplexus-Aspekt, während das Tierreich das Sakralzentrum vertrat, und das Zentrum an der Basis der Wirbelsäule durch das Pflanzenreich symbolisiert wurde. In der Mitte [361] der atlantischen Epoche, als bestimmte grosse Veränderungen und Versuche durchgeführt wurden, fand in dem ganzen Vorgang eine Wandlung statt; wie ihr wisst, stellten sich gewisse Egos ein (wie es in der «Geheimlehre» und in «Eine Abhandlung über kosmisches Feuer» berichtet wird) und durch ihre Bemühungen wurde ein ungeheurer Schritt vorwärts möglich. Das Chitta oder die Denksubstanz begann stärker zu schwingen, und jetzt erleben wir die Epoche ihrer intensivsten Tätigkeit im konkreten Sinn.

In der esoterischen Lehre wird uns gesagt, dass alle drei Aspekte der Göttlichkeit selbst wieder dreifach sind, und daher können wir die Energie des Denkens, soweit die Menschheit in Betracht kommt, auch in drei Aspekte einteilen. Wir haben deshalb:

1. Das niedere, konkrete Denkvermögen, in den «Yoga Sutras von Patanjali» das Chitta oder die Denksubstanz genannt.

2. Das abstrakte Denkvermögen oder jenen Aspekt des Denkens, der mit der Welt der Ideen in Verbindung steht.

3. Die Intuition oder reine Vernunft, die für den Menschen der höchste Aspekt der Denkkraft ist.

Diese drei finden ihren überschattenden oder einhüllenden Ausdrucksbereich im dritten Aspekt des Logos, den wir das Universale Denken nennen, die aktiv-intelligente Gottheit. Die Kraftlinien führen von diesen drei niederen Aspekten zurück (wenn man einen so unzulänglichen Ausdruck gebrauchen darf) auf die dritte Ebene, so wie die astralen Kraftlinien auf die zweite oder monadische Ebene zurückführen, obgleich sie, soweit das menschliche Bewusstsein in Betracht kommt, nur auf die Buddhi- oder Intuitionsebene zurückgehen.

Es ist interessant zu vermerken, dass so, wie die Monade - durch Verlangen angetrieben - jene Lebensform hervorbringt, die wir die Persönlichkeit nennen, ebenso auch der Denkaspekt als Teil der Absicht, die sich durch das Universale Denken auswirkt, seinerseits jene Manifestation entstehen lässt, die wir einen Manasaputra nennen, den grossen Sohn des Denkens auf der Mentalebene. So [362] ist es also das Denkprinzip in der Menschheit, das den egoischen Körper, die Kausalhülle, das Karana Sharira, den zwölfblättrigen Lotos, zur Manifestation bringt. Wir sprechen hier natürlich ganz in Begriffen des Formaspektes. Der Grund hierfür liegt im Hintergrund auf den kosmischen Ebenen, auf denen der planetarische Logos sein Leben hat. Von der kosmischen Astralebene kommt der Impuls, der die Formexistenz und den dichten Ausdruckskörper hervorbringt, denn jede Formannahme ist eine Folge des Verlangens. Von der kosmischen Mentalebene kommt der Wille zum Sein in Zeit und Raum, welcher die sieben Gruppen egoischer Leben und die dritte Ausströmung hervorbringt.

So kann man durch Folgerung einsehen, wie der rechte Gebrauch von Energie den Eingeweihten nicht nur mit den höheren Ebenen des Sonnensystems, sondern auch mit jenen kosmischen Ebenen in Verbindung bringt, auf denen unser Logos seinen Persönlichkeitsaspekt hat - wobei wir diese Worte im symbolischen Sinn verwenden. Die richtige Anwendung physischer Energie durch den Eingeweihten verleiht diesem die «Freiheit» der kosmisch-physischen Ebene. Die rechte Anwendung der Astralenergie gibt ihm Macht auf der kosmischen Astralebene, und der richtige Gebrauch der Mentalenergie gestattet ihm den Eintritt auf die kosmische Mentalebene. Wenn also die drei höheren Zentren im Menschen vollkommen funktionieren, dann spielen sie folglich ihre Rolle bei der Aufgabe, Energien aus diesen erhabenen Sphären in das Tätigkeitsfeld des Eingeweihten zu bringen, und sind so Tore zu Reichen, die ihm bis jetzt verschlossen waren.

Ein jedes Zentrum oder Chakra besteht aus drei konzentrisch ineinander liegenden Wirbeln oder Rädern, die sich im geistigen Menschen auf dem Probepfad langsam in einer Richtung drehen, aber allmählich ihre Tätigkeit beschleunigen, wenn er sich dem Tor zum Pfade der Einweihung nähert. Bei der Einweihung wird der Mittelpunkt des Chakras (ein Kern verborgen ruhenden Feuers) berührt, die Drehung wird stärker und die Wirksamkeit vierdimensional. Es ist schwierig, diese Gedanken in Worten auszudrücken, die von Uneingeweihten verstanden werden können; aber man könnte die Wirkung beschreiben als einen Übergang von einer mässigen Drehung auf eine solche mit funkelnder Ausstrahlung; es entsteht ein «sich um sich selbst drehendes Rad», wie die Alten [363] es ausdrücken. Wenn also der Aspirant durch Läuterung gemäss den alten Regeln und durch ein geistiges Streben, das kein Hindernis duldet und auch nicht infolge von Schmerzen nachlässt, seine Zentren zum Pulsieren und Rotieren gebracht hat, dann - und erst dann - kann der Meister ihn in die Gegenwart des Hierophanten (Einweiher) einführen. Mit vollem Wissen um des Jüngers - egoischen und persönlichen - Strahl und Unterstrahl, und jegliches Karma erkennend, das ihm noch anhaften mag, berührt dann der Einweihende das Zentrum oder die Zentren, die zur Belebung an der Reihe sind; dann werden die verborgenen Feuer auflodern und konzentriert werden. Denkt immer daran, dass bei der Belebung eines Zentrums auch immer eine entsprechende Vitalisierung des analogen Kopfzentrums stattfindet, bis sich schliesslich die sieben Zentren im Körper und die sieben Zentren im Kopf im Einklang drehen. Denkt ausserdem daran, dass ebenso wie die vier Nebenstrahlen in die drei Hauptstrahlen übergehen, so auch die vier geringeren Zentren die Übereinstimmung weiterführen und in das Pralaya eingehen und ihren Brennpunkt im Kehlzentrum finden. So schwingen dann auch die drei Zentren - Kopf, Herz und Kehle -, die das innere Feuer tragen, in Einklang mit den drei Hauptzentren im Kopf.

Ich bin mir darüber klar, dass dies alles verwickelt und sehr technisch-nüchtern ist; es hat jedoch seinen Platz und seinen Wert, und vieles von dem, was hier mitgeteilt wird, wird sich einmal nützlich erweisen, wenn ihr alle schon auf die andere Seite hinübergegangen seid und eine neue Gruppe von Aspiranten euch folgen und in eure Fussstapfen treten wird. Die Schulung des Mentalkörpers hat einen bestimmten Wert, aber viele weichen solchen technischen Dingen aus und verstecken sich hinter einer Betonung der Lebensseite der Wahrheit - alles infolge einer ihnen innewohnenden, gedanklichen Trägheit. Das, was ihr jetzt empfangt, ist nur das A B C der Esoterik. Verschwendet jedoch keine Zeit mit zu sehr ins Einzelne gehenden Schlussfolgerungen. Bis jetzt ist es lediglich möglich, einen breiten, allgemeinen Umriss zu geben; ihr müsst euch geduldig zurückhalten, müsst bereit sein, die Beschränkungen des physischen Gehirns anzuerkennen und eine Hypothese anzunehmen. Glaubt an diese Hypothesen als an Möglichkeiten, es sei denn, eure Intuition wehre sich dagegen, oder sie würden durch frühere Lehren [364] anderer Boten der Loge widerlegt. Ich stelle nicht meine Ansicht als allein massgeblich vor euch hin. Ich gebe euch in diesen Anweisungen nur bestimmte Mitteilungen - deren Richtigkeit zu beweisen ich der Zukunft überlasse. Ich bitte euch lediglich, sie zur Kenntnis zu nehmen; in kommenden Jahren wird viel von dem, was jetzt eigenartig oder vielleicht sogar widerspruchsvoll erscheinen mag, erhellt, langsam entwirrt und leichter verstanden werden. Ein geringes Wissen führt zu viel Verwirrung, es sei denn, es würde zu künftiger Verwendung beiseite gelegt, wenn die Jahre der Belehrung den Wissensschatz einmal vergrössert haben.

Um zu unserem Thema zurückzukehren: Das Herzzentrum im Menschen öffnet das Tor zu dem, was «das Herz der Sonne» genannt wird. Das Kehlzentrum öffnet den Weg zum vollen Verständnis des Pfades der physischen Sonne, und bei allen wahren Astrologen muss schliesslich dieses Zentrum tätig sein. Das Kopfzentrum öffnet den Weg zu der zentralen Geistessonne; so führt ein jedes über die planetarische Entsprechung zu einer der kosmischen Ebenen.

So haben wir eine Häufung von technischen Dingen und Tatsachen die (nach dem Gesetz der Entsprechung) von rein akademischem Interesse sind und nichts weiter. Selbst jene von uns, die eingeweiht sind, wissen praktisch nichts über die kosmischen Ebenen jenseits der kosmisch-physischen Ebene. Unser Bewusstsein beginnt erst, in den Sonnenbereich hinauszudringen, und wir bemühen uns in unserem kleinen Massstab, jene planetarischen Begrenzungen zu überwinden, welche uns von dem Sonnen-Wissen und -Leben zurückhalten. Für Aspiranten, die noch nicht einmal eine Kenntnis davon haben, was das planetarische Bewusstsein bedeutet, hat die obige Mitteilung nur den einen Wert und zwar, dass sie die synthetische Beschaffenheit des grossen Planes und die Tatsache hervorhebt, dass auch die kleinste Einheit ein integraler (für sich bestehender, aber unabtrennbarer) Teil des Ganzen ist. Sie bringt den Gedanken zur Geltung, dass Energie eine Lebensströmung ist, die durch den ganzen Körper des Logos kreist und daher selbst das winzigste Atom in diesem Ganzen belebt. Es ist wertvoll, wenn man sich bemüht, dieses Bild zu erfassen und das Wunder dessen zu erschauen, was davon bekannt wird. Trotzdem ist es Zeitverschwendung, zum [365] Beispiel über die kosmische Astralebene nachzugrübeln, wenn selbst die Ebene des Ego (die fünfte Unter-Ebene der kosmisch-physischen Ebene von oben nach unten gezählt) bis jetzt noch für den Durchschnittsmenschen unerreichbar und das Ziel all seines Strebens und seiner Meditation ist.

Der Mensch kann daher das Universale Denken am besten in der Art begreifen, wie es durch das zum Ausdruck kommt, was wir das konkrete Denken, das abstrakte Denken und die Intuition oder die reine Vernunft nennen.

Das konkrete Denkvermögen ist die Fähigkeit, Formen zu erschaffen Gedanken sind Dinge. Das abstrakte Denkvermögen ist die Fähigkeit, Urbilder zu schaffen, also das Denken, das mit Entwürfen arbeitet, nach denen die Formen nachgebildet werden. Die Intuition oder die reine Vernunft ist jene Fähigkeit, die es dem Menschen ermöglicht, mit dem Universalen Denken in Kontakt zu kommen und den Plan synthetisch zu erfassen, göttliche Ideen aufzugreifen oder eine grundlegende, reine Wahrheit auszusondern.

Das Ziel aller Arbeit eines Aspiranten ist es, jene Aspekte des Denkvermögens zu verstehen, mit denen zu wirken er lernen muss. Seine Aufgabe könnte deshalb folgendermassen umrissen werden:

1. Er muss denken lernen; er muss entdecken, dass er ein Werkzeug hat, welches das «Denkvermögen» genannt wird, und er muss dessen Fähigkeiten und Kräfte auffinden. Diese Fähigkeiten sind uns in den beiden ersten Büchern der «Yoga Sutras des Patanjali» klar dargelegt worden.

2. Als nächstes muss er lernen, seinen Gedankengängen und Neigungen zum Formaufbau auf die Spur zu kommen und die Ideen zu entdecken, die der göttlichen Gedankenform, dem Weltenlauf zugrunde liegen; dadurch soll er lernen, im Einklang mit dem Plan zu wirken und seinen eigenen Gedankenform-Aufbau diesen Ideen unterzuordnen. Er muss lernen, in die Welt dieser göttlichen Ideen einzudringen und die «Urformen der Dinge in den Himmeln» zu studieren, wie es in der [366] Bibel heisst. Er muss anfangen, mit den Entwürfen zu arbeiten, nach denen alles Seiende geformt und gebildet ist. Er wird dann zu einem Symbolforscher und aus einem Götzendiener zu einem göttlichen Idealisten. Ich gebrauche diese Worte hier in ihrer wahren Bedeutung und Kennzeichnung.

3. Wenn er diesen Idealismus entwickelt hat, muss er noch weiterschreiten, immer tiefer hinein, bis er in das Reich der reinen Intuition eindringt. Er kann dann die Wahrheit an ihrer Quelle schöpfen. Er tritt in das Denken Gottes selbst ein. Er nimmt sowohl Intuitionen wie auch Ideen auf und ist für göttliche Gedanken empfänglich. Sie befruchten sein Denken. Er nennt diese Intuitionen später, wenn er sie ausarbeitet, Ideen oder Ideale, gründet all seine Arbeit auf sie und lenkt seine Angelegenheiten nach ihnen.

4. Dann folgt die Aufgabe, bewusst Gedankenformen aufzubauen, die auf diesen göttlichen Ideen beruhen und als Intuitionen von dem Universalen Denken ausstrahlen. Dies geschieht durch die Meditation.

Jeder wahre Schüler weiss, dass dies Konzentration erfordert, um das niedere Denkvermögen auf das höhere zu sammeln oder auszurichten. Vorübergehend sind die normalen Neigungen zum Gedankenform-Aufbau unterbunden. Durch Meditation, das ist die Fähigkeit des Denkvermögens, sich im Licht zu halten und in diesem Licht den Plan wahrzunehmen, lernt er, die notwendigen Ideen «herüberzubringen» Durch Kontemplation sieht er sich fähig, in jene Stille einzutreten, die es ihm ermöglichen wird, aus dem göttlichen Denken zu schöpfen, dem göttlichen Bewusstsein Gedanken abzuringen und zu wissen. Das ist die Aufgabe, die vor jedem Aspiranten liegt, und daher ist es auch notwendig, dass er die Eigenart seines mentalen Problems, dass er die Werkzeuge versteht, mit denen er zwangsläufig arbeiten muss, dass er begreift, welchen Gebrauch er von dem machen muss, was er durch rechte Verwendung des gedanklichen Rüstzeugs lernt und gewinnt.

Wie soll er das erreichen? Wie kann er «herüberbringen» und später aufbauen?

Ganz gleich, wie [367] klein oder wichtig ein einzelner Denker sein mag, so hat er doch in Zusammenarbeit mit seinen Brüdern eine mächtige Kraft in Händen. Nur durch beharrliches, kraftvolles, rechtes Denken der Menschen und durch den wohlverstandenen richtigen Gebrauch mentaler Energie kann die Evolution in der gewünschten Richtung Fortschritte machen. Richtiges Denken hängt von vielen Dingen ab, und es könnte nützlich sein, einige von ihnen ganz einfach aufzuführen:

1. Man muss imstande sein, das geistige Bild zu erschauen. Dazu gehört die Fähigkeit, bis zu einem gewissen Grad das Urbild zu erkennen, nach dem die Loge die Menschheit zu formen versucht. Dazu gehört die Mitarbeit an dem Werk des Manu und die Entwicklung sowohl abstrakten wie auch synthetischen Denkens, das Aufblitzen der Intuition. Die Intuition ringt den hohen Stätten einen Schimmer des idealen Planes ab, der im Denken des Logos verborgen ruht. Wenn die Menschen diese Fähigkeit entwickeln, werden sie mit Kraftquellen in Berührung kommen, die überhaupt nicht auf mentalen Ebenen liegen, sondern bei denen es sich um jene Quellen handelt, aus welchen die Mentalebene selbst erhalten und genährt wird.

2. Wenn ihr dann das geistige Bild erschaut und einen Schimmer von der Schönheit erhascht habt (es ist erstaunlich, wie wenig die Menschen sehen!), dann liegt in euren Händen die Gelegenheit, vom Plan so viel auf die Mentalebene herabzubringen, als euch möglich ist. Euer Erfassen ist zunächst unsicher und schwach, doch wird es beginnen, Gestalt anzunehmen. Zuerst werdet ihr merken, dass ihr nur selten den Kontakt bekommen könnt, denn die Vision entsteht mit Hilfe des Kausalkörpers, und nur wenige können dieses hohe Bewusstsein lange festhalten. Aber das Ringen um das Erfassen wird Ergebnisse zeitigen, und nach und nach wird die Idee in die konkreten Bereiche der Mentalebene hereinsickern. Dann wird sie zu einem konkreten Gedanken, zu etwas, das in bestimmter Weise vorstellbar ist und als Denkgrundlage benützt werden kann.

3. Was kommt als nächstes, wenn das vollbracht ist? Eine Periode der Schwangerschaft, des Reifens, ein Zeitraum, in dem ihr eure Gedankenform bildet und so viel von dem geistigen Bild in sie hineinlegt, als ihr in euer Bewusstsein herüberbringen könnt Dies muss langsam geschehen, denn eine beständige Schwingung und [368] eine gut gebaute Form ist wünschenswert. Übereiltes Arbeiten führt zu nichts. Wenn ihr Gedankenformen bildet, werdet ihr allmählich das Verlangen und den Wunsch verspüren, dieses geistige Bild auf die Erde herabzubringen, damit es auch anderen Menschensöhnen bekannt wird. Dann belebt ihr die Gedankenform durch die Kraft eures Willens, ihr versucht, sie ins Dasein zu bringen; der Rhythmus wird schwerfälliger und langsamer, das Material, das in die Form eingebaut wird, ist notwendigerweise gröber, und ihr erlebt, dass eure Gedankenform des geistig erschauten Bildes sich in Substanz der Mental- und Astralebene kleidet.

4. Glücklich der Jünger, der die Vision noch näher an die Menschheit heranbringen und sie auf der physischen Ebene ins Dasein rufen kann. Denkt daran, dass die Verwirklichung irgendeines Aspektes der Vision auf der physischen Ebene niemals das Werk eines einzigen Menschen ist. Nur wenn sie von vielen erschaut wurde, nur wenn viele an ihrer materiellen Gestalt gearbeitet haben, kann ihr gemeinsames Bemühen sie in die äussere Erscheinungsform ziehen. So könnt ihr erkennen, welchen Wert es hat, die öffentliche Meinung zu erziehen, denn sie bringt die vielen Helfer zur Unterstützung für die wenigen Seher. Immer bestätigt sich das Gesetz: im Abstieg entsteht Differenzierung. Zwei oder drei erahnen den Plan intuitiv; dann wird mit dem Rhythmus, den sie mit ihren Gedanken in Bewegung setzen, der Stoff der Mentalebene zur Tätigkeit angeregt; nun greifen Denker die Idee auf. Das zu lernen ist nicht so einfach und es ist schwer auszuführen, aber die Belohnung ist gross. Für jene, die ringen, streben und ausharren, ist die Freude doppelt, wenn sich die Verwirklichung einstellt. Ihr werdet die Freude des Gegensatzes erleben, denn da ihr die dunkle Vergangenheit kennt, werdet ihr im Licht des Genusses schwelgen; die Freude geprüfter und erprobter Gemeinschaft wird euch erfüllen, denn die Jahre werden euch bewiesen haben, wer eure erwählten Gefährten sind, und aus der Gemeinsamkeit des Leidens wird das stärkende Band erwachsen; die Freude des Friedens nach dem Sieg wird euch erfüllen, denn für den müden Kämpfer sind die Früchte [369] des Erfolges und der Ruhe doppelt süss; ihr werdet die Freude erleben, an dem Plan der Meister teilzuhaben, und alles ist gut, was euch eng mit ihnen verbindet; ihr werdet die Freude erleben, dass ihr mitgeholfen habt, eine notleidende Welt zu trösten, dass ihr verdunkelten Seelen Licht gebracht und die alten Übel des weltweiten Elends bis zu einem gewissen Grad geheilt habt; in dem Bewusstsein, seine Tage wohl genutzt zu haben, und in der Dankbarkeit der erretteten Seelen erlebt man die allertiefste Freude, die ein Meister kennt, wenn er als Werkzeug beitragen kann, einen Bruder auf der Leiter ein wenig höher zu heben. Das ist die Freude, die vor euch allen liegt - und sie ist gar nicht mehr so weit entfernt. Arbeitet also, nicht wegen der Freude, sondern hin zu ihr; nicht um der Belohnung willen, sondern aus dem inneren Bedürfnis zu helfen; nicht um Dankbarkeit willen, sondern aus dem Drang heraus, der entsteht, wenn ihr die geistige Vision erschaut und wenn ihr erkannt habt, welche Rolle ihr spielen müsst, um diese Vision zur Erde herabzubringen.

Es ist nützlich, zwischen physischem Glücksgefühl, seelischer Freude und der Seligkeit zu unterscheiden:

Erstens: das Glücksgefühl hat seinen Sitz in der Sphäre der Emotionen, und ist eine Reaktion der Persönlichkeit.

Zweitens: die Freude ist eine Qualität der Seele und wird im Denken erkannt, wenn die innere Harmonie zustande kommt.

Drittens: Die Seligkeit ist das Wesen des Geistes; Spekulationen darüber sind fruchtlos, solange die Seele ihr Einssein mit dem Vater noch nicht verwirklicht hat. Dieser Verwirklichung geht ein Stadium voraus, in dem das persönliche Selbst eins wird mit der Seele. Deshalb sind Vermutungen und Untersuchungen über das Wesen der Seligkeit nutzlos für den Durchschnittsmenschen, dessen Vorstellungen und Bezeichnungsweisen zwangsläufig persönlicher Art sind und sich auf die Sinnenwelt beziehen. Meint der Aspirant sein Glücksgefühl oder seine Freude? Meint er das letztere, so muss es eine Wirkung des Gruppenbewusstseins, der Gruppensolidarität sein, des Einssein mit allen Wesen, und es darf demnach nicht im Sinn äusseren Glückes ausgelegt werden. Das Glücksgefühl stellt sich ein, wenn die Persönlichkeit auf jene Zustände stösst, die irgendeinen Teil der niederen Natur befriedigen; es entsteht infolge physischen Wohlergehens, aus der Zufriedenheit mit der Umwelt [370] oder den Umwelts-Persönlichkeiten oder aus der Befriedigung über mentale Gelegenheiten und Kontakte. Das Glücksgefühl ist das Ziel des abgesonderten Ich's.

Wenn wir jedoch versuchen, als Seelen zu leben, dann wird die Zufriedenheit des niederen Menschen belanglos; wir finden dann Freude in unseren Gruppenbeziehungen und in der Herstellung solcher Bedingungen, die den Seelen derer eine bessere Wesensäusserung gestatten, mit denen wir in Kontakt kommen. Dieses Beglücken anderer durch Freude, um Bedingungen zu schaffen, unter denen sie sich besser entfalten können, hat unter Umständen auch eine physische Wirkung, wenn wir versuchen, ihre materielle Situation zu verbessern - oder vielleicht eine emotionelle Wirkung, wenn unsere Gegenwart ihnen Frieden und Aufschwung bringt oder ein intellektuelles Ergebnis, wenn wir sie zu Gedankenklarheit und geistigem Verstehen anregen. Aber die Wirkung auf uns selbst ist Freude, denn unser Handeln war selbstlos, uneigennützig und nicht von den Umständen des Aspiranten oder seiner weltlichen Stellung abhängig. Notwendigerweise geht viel Glücksgefühl verloren, wenn sich schlechte Gesundheit drückend bemerkbar macht, wenn die Umwelt schwierig ist und das «in vielen Wiedergeburten angehäufte Karma» den Menschen niederdrückt oder wenn die Sorgen um Familie, Volk oder Rasse auf der feinfühligen Persönlichkeit lasten. Das Glück der Jugend oder die egozentrische Zufriedenheit des selbstsüchtigen, abgesonderten Menschen (der sich hinter dem Schild seiner schützenden Wünsche verbirgt) darf nicht mit Freude verwechselt werden.

Es ist ein Gemeinplatz wie auch ein okkultes Paradoxon, wenn man sagt, dass man auch inmitten tiefsten persönlichen Leides und Unglücks die Freude der Seele erfahren und spüren kann. Das ist jedoch der Fall und danach muss der Schüler streben. Einige Menschen sind glücklich, weil sie ihre Augen vor der Wahrheit verschliessen oder in Selbsthypnose leben und sich hinter Illusionen verstecken. Aber der Aspirant hat häufig das Stadium erreicht, wo seine Augen weit offen sind; er hat gelernt, sich selbst die Wahrheit zu sagen, und er hat keine trennende Wand zwischen sich und [371] anderen errichtet. Er ist wach und lebendig; er ist feinfühlig und leidet häufig. Er grübelt darüber nach, warum das, was die Welt Glück und Frieden nennt, ihn verlassen hat, und er fragt sich, was daraus werden soll.

Wir, die wir auf der inneren Seite wachen und leiten, beobachten mit liebevoller Sorge euch alle, die ihr euch müht und strebt im Gewühl des Kampfes. Wir sind wie der Generalstab des Hauptquartiers, der dem Verlauf des Kampfes von einer sicheren Anhöhe aus folgt. In unserer Sicherheit liegt letztlich auch für euch der Erfolg, denn wir halten die Lösung vieler Probleme in Händen, und diese Lösung wenden wir an, wenn die Schlacht ungünstig ausgehen will. Ich möchte, dass ihr euch stets an etwas erinnert, was von ausserordentlicher Wichtigkeit ist. Es ist die Feststellung, dass in der Zerstörung der Form das Geheimnis aller Evolution verborgen liegt. Denkt nicht, dass dies eine Binsenwahrheit ist. Ihr werdet sie in ständiger Anwendung erleben und müsst darauf vorbereitet sein, das sie sich kundtut. Die Meister benutzen die Form bis zum Äussersten. Sie versuchen, durch sie zu wirken, indem sie das Leben in begrenzende Wände einkerkern, und zwar gerade so lange, als es zweckdienlich ist und die Menschheit durch diese Form unterwiesen wird. Dann kommt die Zeit, da die Form nicht länger dem beabsichtigten Zweck dient, da das Gefüge abnimmt und zerfällt, sich verhärtet und leicht zerstörbar wird. Seine Vernichtung wird dann eine Sache von grösstem Interesse und grösstem Nutzen, und es vergeht, während eine neue Form an seine Stelle tritt. Gebt acht und seht, ob dies nicht zutrifft. Immer wird zuerst die Form gebildet, immer wird sie so lange als möglich benutzt, immer wird sie dann zerstört, wenn sie hindert und das sich ausdehnende Licht einengt, und immer folgt danach der schnelle Wiederaufbau einer neuen Form. Das ist stets die Methode gewesen seit dem Anfang des Äons.

In der Frühzeit des Menschengeschlechtes hielten die Formen eine lange Zeit hindurch. Die Evolution schritt langsamer voran; aber jetzt hat die Form - bei der aufsteigenden Tendenz aller Dinge - nur eine kurze Dauer. Sie lebt eine kurze Zeitlang kraftvoll; sie regt sich mit Schnelligkeit, und dann folgt ihr eine andere Form. Diese Schnelligkeit wird noch zunehmen und nicht abnehmen, und [372] zwar in dem Mass, in dem das Bewusstsein oder die innere Erweiterung des Menschheitslebens in einem rascheren und leichteren Rhythmus schwingt.

Es ist ferner notwendig, dass ihr zu folgender Erkenntnis gelangt: eines der Hauptziele, um das sich diejenigen bemühen, die ihr die Älteren Brüder der Menschheit nennt, ist es, den Ätherkörper anzuregen, zu läutern und harmonisch anzupassen. Dieser Ätherkörper ist nicht nur der Übermittler des Prana, sondern er ist auch das Medium für alle jene Energien, die wir in unsere Betrachtung einbeziehen. Seine Bedeutung liegt auch in anderen Richtungen:

a. Da er tatsächlich aus physischem Stoff besteht, ist das ätherische Bewusstsein für die Menschheit der nächste Schritt vorwärts. Das wird sich zuerst als die Fähigkeit kundtun, ätherisch zu sehen und ätherischen Stoff zu erkennen.

b. Er ist das Forschungsgebiet, das den modernen Wissenschaftlern unmittelbar bevorsteht. In zehn Jahren werden ihn viele Mediziner als eine Naturtatsache anerkennen.

c. Die meisten Erkrankungen, an denen der physische Körper gegenwärtig leidet, haben ihre Wurzel im Ätherkörper. Es gibt - wenn überhaupt - nur wenige rein physische Leiden. Krankheit hat ihren Ursprung in astralen und ätherischen Zuständen.

d. Das Geheimnis sicheren und vernünftigen Hellsehens und Hellhörens hängt von der Läuterung der ätherischen Hülle ab.

e. Die ätherischen Ausstrahlungen der Menschen können grosse Verunreinigungen verursachen. In der Reinigung dieses Körpers liegt deshalb das Geheimnis einer frischeren und gesünderen Menschheit.

Daher ist das Ätherische so wichtig. Es gibt viele andere Gründe, welche später hervorgehoben werden sollen. Wenn ihr beginnt, euch Gedanken über dieses Thema zu bilden, wird es jedoch recht weise sein, wenn ihr euch an weite Verallgemeinerungen haltet, bis die ganze Angelegenheit einen klaren Umriss in eurem Denken bekommen hat.

Die Arbeit am Ätherkörper beschränkt sich jedoch, vom Standpunkt der Hierarchie aus, nicht allein auf die Körper der Menschen. Sie [373] ist ein planetarischer, gesamtirdischer Prozess. Der Ätherkörper der Erde selbst ist einer bestimmten Durchpulsung ausgesetzt. Der Geist der Erde, jene geheimnisvolle Wesenheit - es handelt sich nicht um den planetarischen Logos - wird in einem neuen Sinn belebt, und aus seiner Belebung ergeben sich viele interessante Entwicklungen. Auf dreierlei Weise wird das jetzt versucht: