Navigieren durch die Kaptitel von diesem Buch

DRITTER ABSCHNITT - DIE SECHS STADIEN DER JÜNGERSCHAFT - Teil 1

[671]

DRITTER ABSCHNITT

DIE SECHS STADIEN DER JÜNGERSCHAFT

[673]

Einleitende Bemerkungen 

DIE SECHS STADIEN DER JÜNGERSCHAFT

1. Das Stadium, in dem der Meister durch einen anderen Chela auf der physischen Ebene mit dem Jünger in Berührung tritt. Dies ist das Stadium der «Kleinen Chelaschaft».

2. Das Stadium, in dem ein höherer Jünger den Chela von egoischen Stufen aus lenkt. Dies ist das Stadium, das ein «Chela im Licht» genannt wird.

3. Das Stadium, in dem der Meister, je nach Bedarf, mit dem Jünger durch:

a. ein lebhaftes Traumerlebnis,

b. eine symbolische Lehre,

c. den Gebrauch einer Gedankenform des Meisters,

d. Kontakt in der Meditation,

e. eine Unterhaltung im Ashram des Meisters, die deutlich ins Gedächtnis zurückgerufen werden kann, Fühlung nimmt.

Dies ist das eigentliche Stadium des angenommenen Jüngers.

4. Das Stadium, in dem der Chela, nach dem Nachweis seiner Weisheit in der Arbeit und seines Verständnisses für das Problem des Meisters, gelehrt wird, wie er (in Notfällen) die Aufmerksamkeit des Meisters erregen und auf diese Weise von seiner Kraft, seinem Wissen und seinem Rat Gebrauch machen kann. Dies geschieht unverzüglich und nimmt so gut wie gar keine Zeit des Meisters in Anspruch. Dieses Stadium hat den eigentümlichen Namen eines «Chelas am Faden» oder an der Sutratma.

5. Das Stadium, in dem es dem Chela gestattet wird, die Methode zu erfahren, durch die er eine Schwingung und einen Ruf hervorrufen kann, die ihm zu einem Gespräch mit dem Meister berechtigen werden. Dies wird nur jenen vertrauenswürdigen Chelas gestattet, bei denen der Meister sich darauf verlassen kann, dass sie zu keinem anderen Zweck von dieser Methode Gebrauch machen als für die Erfordernisse der Arbeit; weder ein Persönlichkeitsgrund noch eine Notlage würde sie dazu veranlassen, sie anzuwenden. In diesem Stadium wird er «der Chela innerhalb der Aura» genannt.

6. Das Stadium, in dem der Chela seines Meisters Ohr jederzeit erreichen kann. Er bleibt stets in enger Fühlung. Dies ist das Stadium, in dem der Chela definitiv für eine unmittelbar bevorstehende Einweihung vorbereitet wird oder in dem er, nachdem er die Einweihung [674] empfangen hat, mit spezialisierter Arbeit beauftragt wird, die er gemeinsam mit seinem Meister verrichtet. Der Chela wird in diesem Stadium als «ein Chela innerhalb des Herzens seines Meisters» beschrieben.

Es gibt noch ein späteres Stadium einer noch engeren Identifizierung, in dem die Lichter verschmelzen, aber es gibt keine angemessene Umschreibung für den Fachausdruck, der gebraucht wird, um den Namen zu bezeichnen. Die sechs oben erwähnten Stadien sind für das westliche Verständnis frei wiedergegeben worden und dürfen keineswegs als Übersetzungen alter Ausdrücke betrachtet werden.

SECHS WORTE FÜR JÜNGER

1. Innere Sammlung, die sich als Konzentration auswirkt.

2. Empfänglichkeit, die sich als Wechselwirkung zwischen dem Höheren und dem Niederen auswirkt.

3. Ausstrahlung, die sich als Ertönenlassen auswirkt.

4. Atmung, die sich als schöpferische Arbeit auswirkt.

5. Wiedervereinigung, die sich als Einswerdung auswirkt

6. Neu-Orientierung, die sich als eine klare Vision des Plans auswirkt.

DIE SUBLIMIERUNG DER FÜNF MENSCHLICHEN STADIEN

Stadium I.

Das Leben ist durch täglichen Gebrauch der Form die lange Treppe emporgeklettert. Durch die geringeren Drei ist der lange Pfad langsam fortschreitend zurückgelegt worden. Nun steht eine andere Tür offen. Die Worte ertönen: «Tritt in den Weg des wahren Verlangens ein!»

Das Leben, das sich nur als Form kennt, hüllt sich in ein lebhaftes Rot, das Rot des bekannten Begehrens und durch das Rot nähern sich alle ersehnten Formen, werden ergriffen und festgehalten, gebraucht und abgelegt, bis das Rot sich in rosarot und das Rosarot in das hellste Rosa und das Rosa in Weiss verwandelt. Und so erblüht die reine weisse Rose des Lebens.

Die winzige Rose lebendigen Lebens ist in der Knospe erkennbar, aber noch nicht als vollerblühte Blume.

Stadium II.

Das Bild ändert seine Gestalt. Eine andere Stimme, die aus nächster Nähe kommt, spricht einen anderen Satz aus. Das Leben geht seinen Weg weiter. «Tritt in das Feld ein, in dem Kinder spielen und spiele mit ihnen». Zum Spiel des Lebens erweckt, schreitet die Seele durch die Pforte.

[675]

Das Feld ist grün und auf seiner weiten Fläche vergnügen sich die vielen Formen des einen fortschreitenden Lebens; sie weben den Lebenstanz, die Formen in vielen Gestalten, die Gott annimmt. Die Seele betritt «den Spielplatz des Herrn» und spielt darauf, bis sie den Stern mit fünf leuchtenden Punkten erblickt und sagt: «Mein Stern».

Stadium III.

Der Weg roten Verlangens geht zu Ende. Er verliert seinen Reiz. Der Spielplatz der Söhne Gottes findet keinen Anklang mehr. Die Stimme, die zweimal aus der Formenwelt heraus erklungen ist, ertönt jetzt innerhalb des Herzens. Die Herausforderung kommt: «Beweise, was du wert bist. Ergreife den orangefarbenen Ball deiner unbeirrten Zielstrebigkeit». Die lebendige Seele, die in der Form verstrickt ist, reagiert auf das erklungene Wort, tritt aus den vielen Formen hervor und bahnt sich ihren Weg vorwärts. Der Weg des Zerstörers kommt, der Baumeister, und wieder derjenige, der alle Formen vernichtet. Die zerbrochenen Formen haben nicht die Fähigkeit zu befriedigen. Die Form der eigenen Seele ist nun das grosse Verlangen, und daher folgt der Eintritt in den Spielplatz des Denkvermögens.

Aber in diesen Träumen und Phantasien erscheint zuweilen eine Vision eine Vision einer gefalteten Lotosblume, mit eng anliegenden Blütenblättern, fest versiegelt, noch ohne Duft, jedoch in kaltem, blauem Licht gebadet.

Orange und blau werden später vermischt werden, aber die Zeit liegt noch in weiter Ferne. Ihre Verbindung badet die Knospe im Licht und verursacht, dass sie sich später öffnet. Lass das Licht leuchten.

Stadium IV.

Das Leben geht weiter in die Dunkelheit hinein. Eine andere Stimme scheint zu ertönen. «Tritt in die Höhle ein und finde die deinen; wandle im Dunkeln und trage eine erleuchtete Lampe auf dem Kopf». Die Höhle ist dunkel und einsam; sie ist kalt und ein Ort mit vielen Lauten und Stimmen. Die Stimmen der vielen Söhne Gottes, die auf dem Spielplatz des Herrn beim Spiel zurückgelassen worden sind, bitten um Licht. Die Höhle ist lang und eng. Die Luft ist voll Nebel. Das Geplätscher fliessenden Wassers begegnet dem rauschenden Getöse des Windes und dem häufigen Rollen des Donners.

In weiter Ferne, schwach und ganz undeutlich zu erkennen, erscheint eine ovale Öffnung von blauer Farbe. Ein rosarotes Kreuz ist zu erblicken, das sich quer über diese blaue Fläche erstreckt, und im Mittelpunkt des Kreuzes, wo die vier Arme einander [676] begegnen, eine Rose. Auf dem oberen Arm des Kreuzes scheint ein vibrierender Diamant innerhalb eines fünfzackigen Sterns.

Die lebendige Seele drängt vorwärts dem Kreuz entgegen, das ihren Weg in das offenbarte und erkannte Leben verriegelt.

Noch ist das Kreuz nicht erklommen und daher zurückgelassen. Aber vorwärts geht die lebendige Seele, die Augen auf das Kreuz gerichtet, mit offenen Ohren für die jammernden Schreie all ihrer Bruderseelen.

Stadium V.

Hinaus in strahlendes Leben und Licht! Die Höhle ist zurückgelassen; das Kreuz ist umgeworfen; der Weg steht offen. Das Wort ertönt klar innerhalb des Kopfes und nicht im Herzen. «Tritt wieder in den Spielplatz des Herrn ein und leite diesmal die Spiele». Der Weg auf der zweiten Treppenflucht ist versperrt, und zwar durch die eigene Tat der Seele. Das rote Verlangen beherrscht das ganze Leben nicht mehr, aber jetzt brennt die klare blaue Flamme stark. Auf der untersten Stufe des versperrten Wegs wendet die Seele sich um und geht die Treppe hinunter auf den Spielplatz und begegnet toten Hüllen, die in einem früheren Stadium erbaut wurden und tritt auf Formen, die abgelegt und zerstört worden sind und streckt ihre Hände hilfreich aus. Auf ihrer Schulter sitzt der Vogel des Friedens, an den Füssen trägt sie die Sandalen des Boten.

Noch nicht die höchste Herrlichkeit des strahlenden Lebens! Noch nicht der Eintritt in ewigen Frieden! Sondern noch immer die Arbeit und noch immer das Emporheben der Kleinen.

JÜNGERSCHAFT UND SCHMERZ

«Die Söhne Gottes, die wissen, sehen und hören (und die, weil sie wissen, wissen, dass sie wissen) erdulden den Schmerz der bewussten Begrenzung. Tief in den innersten Tiefen bewussten Seins zehrt ihr verlorener Zustand der Freiheit wie ein nagender Wurm. Schmerz, Krankheit, Armut und Verlust werden als das erkannt, was sie sind und jeder Sohn Gottes sträubt sich dagegen. Er weiss, dass er in sich selbst, ehe er als Gefangener in die Form eintrat, keinen Schmerz kannte. Krankheit, Tod, Leiden und Verfall berührten ihn nicht. Er besass die Fülle des Universums und kannte keinen Verlust».

«Die Leben, die gemeinsam mit selbstbewussten Leben in die Form eintreten, die Devaleben, welche die Formen erbauen, in denen alle Söhne Gottes verweilen, kennen weder Schmerz noch Verlust [677] noch Armut. Die Form verwest, die anderen Formen ziehen sich zurück und es mangelt an dem, was erforderlich ist, um das Äussere zu nähren und stark zu erhalten. Aber da ihnen auch Wille und geplante Absicht fehlen, empfinden sie keine Bitterkeit und kennen keine ausgesprochene Empörung».

Ein Wort über Schmerz könnte hier angebracht sein, obgleich ich nichts Verborgenes über die Evolution der menschlichen Hierarchie durch Schmerz als Mittler mitzuteilen habe. Die Devas erdulden keinen Schmerz im gleichen Sinn wie die Menschheit es tut. Ihr Rhythmus pulsiert gleichmässiger, obgleich in Übereinstimmung mit dem Gesetz. Sie lernen dadurch, dass sie sich der Arbeit des Bauens widmen und der Form das einverleiben, was gebaut wird. Sie wachsen durch Wertschätzung der Formen und durch die Freude an den erbauten Formen und an der vollbrachten Arbeit. Die Devas bauen und die Menschheit zerbricht, und das Zerbrechen der Form lernt der Mensch durch Unzufriedenheit. Auf diese Weise wird Einwilligung in die Arbeit der grossen Baumeister erreicht. Schmerz ist jener aufwärts gerichtete Kampf durch den Stoff, der den Menschen zu den Füssen des Logos bringt. Schmerz ist das Verfolgen der Linie des grössten Widerstands, um auf diese Weise den Gipfel des Berges zu erreichen; Schmerz ist das Zerbrechen der Form und das Erreichen des inneren Feuers; Schmerz ist die Kälte der Isolierung, die zur Wärme der Zentralsonne führt; Schmerz ist das Brennen im Schmelzofen, um schliesslich die Kühle des Wassers des Lebens zu erkennen. Schmerz ist das Wandern in das ferne Land, welches zum Willkommen im Vaterhaus führt; Schmerz ist die Illusion, dass der Vater den Sohn verleugnet, die den verlorenen Sohn direkt zum Herzen des Vaters treibt; Schmerz ist das Kreuz des äussersten Verlustes, der die Reichtümer der ewigen Fülle zurückerstattet; Schmerz ist die Peitsche, die den kämpfenden Baumeister antreibt, den Tempelbau bis zur äussersten Vollkommenheit durchzuführen.

Schmerz hat viele Nutzanwendungen und diese führen die menschliche Seele aus der Dunkelheit ins Licht, aus Knechtschaft zur Befreiung, aus Qual zum Frieden! Dieser Friede, dieses Licht, diese Befreiung innerhalb der geordneten Harmonie des Kosmos gelten für alle Menschensöhne

AUS DEM ALTEN KOMMENTAR

«Die lindernden Wasser kühlen. Allmählich bringen sie Erleichterung, indem sie die Form von allem, was berührt werden kann, abziehen. Die zitternde Fieberhitze [678] lang unterdrückten Verlangens weicht dem kühlenden Trunk, Wasser und Schmerz neutralisieren einander. Lang währt der Prozess des kühlenden Trunkes».

«Das brennende Feuer setzt alles frei, was den Weg des Lebens blockiert. Wonne stellt sich ein und folgt dem Feuer, wie das Feuer dem Wasser folgt. Wasser und Feuer verschmelzen miteinander und rufen die grosse Illusion hervor. Dichter Nebel ist das Ergebnis von Nebel, Dampf und Lärm und verhüllt das Licht, verbirgt die Wahrheit und schliesst die Sonne aus».

«Das Feuer brennt heftig. Schmerz und die Wasser verschwinden. Kälte, Hitze, das Licht des Tages, das Strahlen der aufgehenden Sonne und vollkommene Erkenntnis der Wahrheit treten in Erscheinung».

«Dies ist der Pfad für alle, die das Licht suchen. Erst die Form und all ihr Sehnen. Dann Schmerz. Dann die lindernden Wasser und das Erscheinen des kleinen Feuers. Das Feuer nimmt zu und Hitze ist dann innerhalb ihres kleinen Wirkungskreises tätig und verrichtet ihre feurige Arbeit. Auch Feuchtigkeit ist zu sehen, dichter Nebel, und zum Schmerz kommt noch traurige Verwirrung hinzu, denn jene, die das Feuer des Denkvermögens während des ersten Stadiums gebrauchen, verlieren sich in einem täuschenden Licht».

«Die Hitze nimmt ungestüm zu; darauf folgt der Verlust der Fähigkeit zu leiden. Wenn der Jünger über dieses Stadium hinausgewachsen ist, folgt der Glanz der ungetrübten Sonne und das klare leuchtende Licht der Wahrheit. Dies ist der Pfad, der zum verborgenen Zentrum zurückführt».

«Mache Gebrauch vom Schmerz. Rufe das Feuer herbei, o Pilger in einem fremden und unbekannten Land. Die Wasser waschen den Schlamm und den Schlick des Wachstums der Natur hinweg. Die Feuer verbrennen die hindernden Formen, die den Pilger zurückzuhalten suchen und bringen auf diese Weise Befreiung. Die lebendigen Wasser treiben den Pilger, wie einen Fluss zum Herzen des Vaters. Die Feuer zerstören den Schleier, der das Antlitz des Vaters verbirgt».

JÜNGERSCHAFT UND IHR ENDZWECK

Es gibt einen merkwürdigen und alten atlantischen Gesang, der nicht mehr gebraucht wird, der jedoch in jenen fernen Zeiten von den Eingeweihten, welche die dritte Einweihung empfingen die Einweihung, die in jenem Zeitalter zur Vollendung führte gesungen wurde. Er lautet folgendermassen. Die Übersetzung der Symbole, in denen er geschrieben war, macht den Verlust des Rhythmus und seiner Macht notwendig

«Ich stehe zwischen Himmel und Erde! Ich habe eine Vision von Gott; ich erblicke die Formen, die Gott annahm. Ich hasse sie beide. Sie sind bedeutungslos für mich, denn den Einen kann ich nicht [679] erreichen und für die niedrigere der beiden habe ich keine Liebe mehr».

«Ich werde hin- und hergerissen. Den Raum und sein Leben kann ich nicht kennen und deshalb verlange ich nicht danach. Die Zeit und ihre unzähligen Formen kenne ich nur zu gut. Ich hänge schwebend zwischen beiden und verlange nach keiner».

«Gott spricht aus dem hohen Himmel. Eine Wandlung geht vor sich. Ich höre mit aufmerksamem Ohr und während ich lausche, wende ich meinen Kopf. Das, was ich erschaute und, obgleich ich es als Vision erschaute, nicht erreichen konnte, ist meinem Herzen näher gerückt. Alte Verlangen kehren zurück und vergehen wieder. Alte Ketten der Verblendung zerreissen. Ich dränge vorwärts».

«Unzählige Stimmen sprechen und halten mich auf meinem Pfad an. Der Donner der Geräusche der Erde schliesst die Stimme Gottes aus. Ich wende mich auf meinem vorwärts gerichteten Pfad um und erblicke noch einmal die lange besessenen Freuden der Erde, des Fleisches, der Familie. Ich verliere die Vision der ewigen Dinge. Die Stimme Gottes erstirbt».

vorwärts wendet sich mein kleines Ich, wie sich ein Vogel zum Himmel emporschwingt und sich wieder auf dem Baum niederlässt. Doch Gott an seiner hohen Stätte überlebt den kleinen Vogel. Daher weiss ich, dass Gott siegreich sein wird und mein Denkvermögen und mich später gefangenhalten wird»

«Lausche dem freudigen Triumphlied, das ich anstimme: Die Arbeit ist vollbracht. Mein Ohr ist allen Rufen der Erde gegenüber taub, abgesehen von der kleinen Stimme aller Seelen, die in äusseren Formen verborgen sind, denn sie sind ich und ich bin eins mit ihnen».

«Gottes Stimme ertönt klar und in seinen Tönen und Obertönen werden die kleinen Formen schwach und schwinden dahin. Ich befinde mich innerhalb der Welt der Einheit. Ich erkenne alle Seelen als eine Seele».

«Ich werde vom Universalleben hinweggerissen und während ich auf meinem vorwärts gerichteten Weg dem Weg Gottes dahingleite, sehe ich alle geringeren Energien erlöschen. Ich bin der Eine; ich, Gott. Ich bin die Form, in der alle Formen verschmelzen. Ich bin die Seele, in der alle Seelen sich vereinigen. Ich bin das Leben und in jenem Leben verbleiben alle kleinen Leben».

Diese Worte waren, wenn sie in den alten Formeln auf eigentümlichen und ausgewählten Tönen gesungen wurden, äusserst mächtig und führten in gewissen alten Zeremonien, die seit langem ausgestorben sind, endgültige Resultate herbei.

[680]

ERSTER TEIL

Die Welt geht heute durch eine Vorbereitungsperiode und ein Zwischenstadium der Anpassung an die neue Welt und die neue Ordnung, die ins Dasein kommt, hindurch. Diese neue Welt ist fürwahr eine neue Schöpfung und mit ihrer Gestaltung sind die Meister heute beschäftigt, wobei sie, wie stets, durch Vermittlung ihrer Jünger arbeiten. In dieser Vorbereitungsperiode arbeiten die Meister heute unter anderem daran, Jünger für konstruktive Arbeit, für Dienst und schliesslich für die Einweihung vorzubereiten. Sie sind folglich damit beschäftigt, neue Jüngergruppen zu bilden, die allmählich in bestehende Gruppen eingegliedert werden und für Weltdienst verwendbar sein können. Es ist geplant worden, dies im grossen Massstab zu unternehmen, wegen der Bedürfnisse der Welt und der Bereitschaft der Weltaspiranten, sich den persönlichen Gefahren auszusetzen, die mit dieser Vorbereitungsarbeit verbunden sind.

Es sind gewisse sehr einfache Regeln vorhanden, auf die ich mich beziehen möchte, und die eine Grundlage von Wahrheiten bilden, die ihr bereits für jeglichen geistigen Fortschritt als erforderlich annehmt. Diese sind die angenommenen Erfordernisse, und sie werden gegenwärtig in allen denjenigen, welche die Meister unter ihre Fittiche nehmen und für Dienstzwecke in ihre Gruppen einfügen, anerkannt. Dies sind:

1. Die erkannte Notwendigkeit, sich auf die allmählich in Erscheinung tretenden Weltbedürfnisse einzustellen, soweit es dem individuellen Aspiranten möglich ist. Es darf nicht vergessen werden, dass die Erfordernisse für diejenigen, die daran arbeiten werden, die neue Welt ins Dasein zu rufen, in vieler Hinsicht andersartig sind als in der Vergangenheit. Dies muss klar im Auge behalten werden. Die Bedürfnisse der Welt müssen mental und geistig und nicht emotionell angegangen werden. So viele Aspiranten und vermeintliche Jünger sind gefühlsbetont; sie fürchten sich davor, bestehenden Tatsachen die Stirn zu bieten und treten mit ihren eigenen vorgefassten Ideen des Dienstes und ihrem eigenen alteingesessenen Idealismus an die Probleme heran

2. Das Erlangen eines feineren Gefühls für richtige Bewertung. Ruhe, Vergnügen, Trägheit, Wortgefechte, Kritik haben während der nächsten paar Jahre im Leben eines Jüngers keinen Platz. Ein vernünftiges Handhaben des physischen Mechanismus wird gefordert sowie eine göttliche Gleichgültigkeit in Bezug auf persönliche Gefühls- und Gesundheitsreaktionen. Völlige Hingabe, die menschlichen Bedürfnisse zu erfüllen; äusserste Weihung zum Plan; intelligente Mitarbeit [681] mit allen, die ihr als ältere Jünger erkennt; angemessene Sorgfalt, unter allen Umständen richtige Massnahmen zu treffen, damit eure Leistungsfähigkeit nicht beeinträchtigt wird; die Erhaltung von Energie durch Schweigen und durch jene beständige Ausstrahlung, die auf Selbstvergessen beruht. Das wird heute vom Jünger in der Welt gefordert, dies ist was die Hierarchie erwartet, und was schliesslich die Tür zur Einweihung öffnen wird. Diese Tür muss augenblicklich durch die angenommenen Jünger der Welt weiter geöffnet werden, damit immer mehr Angehörige der menschlichen Rasse leichter eintreten können. Selbstinteresse wird sie nicht öffnen.

3. Die Entwicklung einer Beweglichkeit des Denkens und eine Haltung, welche die Tatsache anerkennen wird, dass obwohl der Plan feststeht die Techniken, Darbietungen, Idealismus und Methoden notwendigerweise wechseln müssen. Dies ist nicht leicht. Der Plan, so wie ich ihn euch in der Vergangenheit umrissen habe, war nur ein Umriss des Gerippes und einfach eine zugrundeliegende Struktur. Es war das Stahlgerüst der neuen zukünftigen Welt, soweit es den Teil davon anbetrifft, an dessen Verwirklichung ihr helfen könntet

Es fällt dem Durchschnittsmenschen nicht leicht, beweglich zu sein und Einzelheiten und Methoden in bezug auf das, was in der Vergangenheit gelernt worden ist, und worüber er definitive und ausgeprägte Ideen entwickelt hat, zu ändern. Seid ihr daher dazu bereit, diese über Bord zu werfen und auf die Art und Weise zu arbeiten, die den neuen Weltbedürfnissen unter den neu hereinkommenden Einflüssen entsprechen wird?

Der Jünger, auf den sich der Meister am zuversichtlichsten verlassen kann, ist derjenige, der in Zeiten des Wechsels das, was gut und grundlegend ist, bewahren kann, während er mit der Vergangenheit bricht und das hinzufügt, was in der Gegenwart von unmittelbarer Zweckdienlichkeit ist. Die Haltung eines geistigen Kompromisses ist richtig, nötig und sehr selten zu finden. Die meisten Dinge, welche unter Jüngern Argumente und Streitfragen aufwerfen, betreffen Methoden und relativ unwesentliche Dinge; sie befassen sich mit Organisationsfragen. Sie sind nicht so wichtig wie die innere Einheit der Vision und die Fähigkeit nachzugeben, wo es sich um nichts Unrechtes handelt und wo ein Mitarbeiter den fraglichen Punkt nicht erkennt. Jünger müssen dafür sorgen, dass sie nicht durch die Form einer Geltendmachung der eigenen Rechte [682] und durch das Aufdrängen ihrer eigenen Ideen oder durch irgendeinen Autoritätsanspruch hindern, der auf früheren Arbeitsverfahren begründet ist. Denkt hierüber nach. Der Jünger, der sicher ist, dass er stets recht hat und der überzeugt davon ist, dass seine Auslegung von dem was erforderlich ist, unfehlbar richtig ist, und dass andere zur Mitarbeit an dem Arbeitsverfahren, das er geplant hat, angeleitet werden müssen, kann die gute Arbeit sehr hindern. Die Aufgabe des modernen Jüngers besteht darin, die Bedürfnisse zu erfühlen und sie dann zu befriedigen; dies ist wiederum ein Teil der neu in Erscheinung tretenden Technik der Invokation und Evokation.

Das Leben eines Jüngers ist ein allmähliches, beständiges Vorwärtsschreiten dem Zentrum entgegen, und angenommene Jünger sind eindeutig ein Teil der Hierarchie. Die Hierarchie ist ein Ort der Verschmelzung aller Seelen auf den höheren Ebenen der Mentalebene. In eben dem Mass, in dem ein Mensch unter Seelenbeeindruckung, dann unter Seelenkontrolle und schliesslich zu Identifizierung mit der Seele gelangt, bewegt er sich dem Zentrum der Verschmelzung entgegen. In dem Grad in dem eure Liebe für die Menschheit zunimmt und euer Interesse an euch selbst abnimmt, werdet ihr euch dem Zentrum des Lichts und der Liebe, wo die Meister in geistigem Sein stehen, entgegenbewegen.

Später werden wir die verschiedenen Stadien der Jüngerschaft betrachten, aber inzwischen ist es für euch von Wert, eure Aufmerksamkeit auf die Beziehung der Hierarchie mit allen angenommenen Jüngern zu konzentrieren. Gerade weil ihr Anfänger seid, ruft der ganze Gegenstand euer tiefes Interesse hervor. Der Anfänger ist voller Fragen über alle möglichen Dinge. Der ausgebildete Jünger ist so vom Plan in Anspruch genommen, so von Liebe für seine Mitmenschen erfüllt, dass seine ganze Orientierung auf den Dienst des Plans und nicht auf seinen eigenen individuellen Fortschritt oder auf den Meister gerichtet ist. Je mehr er sich dem Zentrum und dem Meister nähert, um so weniger Aufmerksamkeit widmet ihm der Meister und um so weniger beschäftigt er sich damit, über den Meister nachzudenken. In den ersten Stadien denkt er vielleicht notwendigerweise viel über seine Beziehung zur Hierarchie und zum Meister und zu seiner Seele nach. Im Zwischenstadium ist er damit beschäftigt, einen Sinn für richtige Proportion und eine rechte innere Anpassung zu erlangen, so dass er «zwei Wegen gegenübersteht und auf jedem Weg dieselbe Vision erblickt!» In den letzten Stadien, wenn er der Jünger ist, der auch der Meister ist, wird sein Bewusstsein in den Willen des Schöpfers aufgenommen; seine Haltung ist die einer unwandelbaren Liebe [683] und seine Arbeit besteht in Ausstrahlung - einer Ausstrahlung, die Tätigkeit in anderen hervorruft eine Reaktion von seinen Mitmenschen erweckt und den Plan, dadurch dass er die unmittelbaren Bedürfnisse der Menschheit erfüllt, den nächsten Schritt vorwärts bringt.

In dieser schöpferischen Aspekt, auf die ich mich oben bezogen habe, und zu der alle Jünger beitragen können, ist es die Arbeit und die Aufgabe des Meisters jene Gedanken und formulierten göttlichen Ideen, jene Konzepte und Bedeutungen in die Welt hinein zu projizieren, die - zu irgendeiner gegebenen Zeit - den unmittelbaren Plan für die Menschheit verkörpern. Ein Meister sucht daher nach jenen Denkern, die empfindungsfähig für den Plan sind. Er beschäftigt sich nicht in erster Linie damit, nach denjenigen zu suchen, die sogenannt gute Menschen sind. Selbstvergessenheit und ehrliche Freundlichkeit bedeuten stets Harmlosigkeit und diese bedeutet das höchstmögliche Gute. Er sucht nach sollen Menschentypen, die gemeinsam auf jenen Aspekt des Plans reagieren können, für den der Meister verantwortlich, und nach denen, die gelehrt werden können, ihre Persönlichkeiten seinen Anforderungen unterzuordnen. Sie haben keine selbstsüchtigen Ziele und verlangen nichts weiter, als dem Meister und jenen Älteren Jüngern zu helfen, die an irgendeinen Aspekt des Plans unter seiner Überwachung arbeiten. Dies erfordert, worauf ich bereits hingewiesen habe, ihre Ausbildung in Anpassung, in der Erkenntnis wahrer Werte, in Beweglichkeit ihrer Ideen und in selbstloser Arbeit für ihre Mitmenschen.

Die Gruppe eines Meisters ist nicht ein Ort an dem Jünger gelehrt werden, ihre Persönlichkeitsanpassungen durchzuführen und Kontakt mit der Seele herzustellen. Es ist kein Ort an dem Disziplin des Charakters auferlegt wird und wo richtige Beziehungen zwischen den Angehörigen einer Gruppe von jüngeren und älteren Jüngern hergestellt werden. Die Regeln für die Herstellung von Seelenkontrolle sind alt und gut bekannt. Sie müssen während langer Zeiten geübt werden, ehe das Stadium der angenommenen Jüngerschaft erreicht wird. Der Kampf mit der niederen Natur und das Einbauen der benötigten Eigenschaften, die für den Weltarbeiter wesentlich sind, bilden das normale Thema der Lebenserfahrung und daher steht die Menschheit in ihren intelligenten Klassen beständig und unaufhörlich in dieser Ausbildung. Die Fähigkeit, gemeinsam mit anderen eine angeordnete Arbeit zu verrichten, ist ein Teil des Evolutionsprozesses selbst und ist unvermeidlich. Ich wünsche euch gänzlich klarzumachen, dass die Übungen einer reinigenden Natur und die kultivierten richtigen Gedankengewohnheiten, die das Hauptunternehmen im Leben eines Aspiranten sind, [684] nicht das Hauptunternehmen des Jüngers sind. Sie werden als selbstverständlich und grundlegend angesehen; sie betreffen das Handhaben des persönlichen Ich's und sind die Aufgabe der individuellen Seele und werden unter Überwachung der Seele und nicht unter Überwachung eines Meisters durchgeführt. Worin bestehen daher der Beitrag und die Arbeit des Jüngers?

Die Gruppe jedes Meisters wird durch ihren Gedankeninhalt charakterisiert, der von den Jüngern gesammelt und vom Meister in seiner Arbeit für die Menschheit gebraucht wird. Deshalb muss das Gedankenleben jedes Jüngers durch drei Faktoren charakterisiert sein:

1. Durch seine Macht. Diese hängt vom richtigen geistigen Instinkt, richtigem Verständnis und richtiger Auslegung von Ideen und daher einer korrekten Formulierung dieser Ideen ab.

2. Durch seine Reinheit. Diese entwickelt sich auf natürliche Art und Weise durch eine zunehmende Fähigkeit für unbegrenzte Liebe, die keine Unterschiede anerkennt, durch klare Vision und den ungehinderten Zufluss von Seelenkraft.

3. Durch seine richtige Präzipitation. Dieser Niederschlag von Gedanken wird durch klar gelenkte Absicht, durch Verständnis des Zwecks, für den eine Jüngergruppe existiert und eine zunehmende intelligente Teilnahme an der schöpferischen Tätigkeit des Meisters herbeigeführt.

Die Gruppe eines Meisters ist ein Brennpunkt von Macht, der durch den Meister auf dreierlei Art und Weise aufgebaut wird.

1. Durch die Macht seines eigenen Gedankenlebens, die durch seine Reaktion auf die vereinigte hierarchische Zielsetzung und eine zunehmende Fähigkeit, auf Shamballa zu reagieren, hervorgerufen wird.

2. Durch seine Fähigkeit, das Zentrum der Macht (seine Gruppe, für die er sich verantwortlich gemacht hat) in die unmittelbare Tätigkeit der Hierarchie zu integrieren.
3. Durch seine Weisheit in der Wahl seiner Mitarbeiter. Seine Jüngergruppe wird in dem Mass im Weltdienst wirksam und für seine Vorgesetzten brauchbar sein, in dem er seine Urteilskraft anwendet, wenn er die Männer und Frauen um sich schart, die er für Einweihung vorbereitet.

Ich gebrauche hier das Wort «Einweihung», weil ich wünsche, dass es allen Jüngern, die meine Worte lesen, klar wird, dass Einweihung nicht etwas ist, was sie als Resultat einer Ausbildung, die sie von einem Meister empfangen mögen oder weil sie ein gewisses [685] Stadium fortgeschrittener Evolution erreicht haben, erhalten. Es ist ein Prozess einer fortgesetzten Integrierung in Kraftzentren, z.B. in die Gruppe eines Meisters, und bewusst in die Hierarchie als Ganzes, und - wenn Jünger Adeptschaft erlangen - in Shamballa. Ihr könnt daher erkennen, dass ein Meister durch seine Wahl von Jüngern ausserordentlich in seiner Arbeit für die Menschheit gehindert werden oder Hilfe empfangen kann. Sie sollten diese Tatsache in Erwägung ziehen, denn dadurch wird der Dezentralisationsprozess schneller vonstatten gehen und ihre Liebe und ihr Dienst werden infolgedessen mit einer parallel laufenden Gewissheit und Sicherheit zunehmen.

Ich möchte, dass alle Jünger dies klar begreifen und dadurch ihrem Bewusstsein diese Idee des Beitrags einprägen, ihr Gedankenleben sorgfältig beobachten, damit dasjenige darin enthalten sei, was die Macht und Reinheit des Ideals, das die Gruppe jederzeit beherrscht, steigern und von so hoher Qualität sein wird, dass es jenes «Sammelbecken von Gedankenkraft», mit dem alle Jünger verbunden sein können, und zu dessen Gebrauch sie berechtigt sind, herbeiführen wird.

Ich möchte auch, dass ihr euch daran erinnert, dass die Gruppe eines Meisters ein Energiezentrum ist, in das der Jünger hineingestürzt wird, und dass seine Einwirkung auf ihn als Persönlichkeit ausscheidend und hervorrufend ist. Diese beiden Worte umfassen das Leben jeden Jüngers. Sie beschreiben einzigartig das, was in der Menschheit vor sich geht, wenn der Prozess des In-Erscheinung-Tretens der Hierarchie und die Wiederherstellung der Mysterien auf der äusseren Ebene (was seit langem prophezeit worden ist) langsam vor sich geht. Die Hierarchie ist ihrem Wesen nach die Gruppe des Herrn der Welt; es ist sein Ashram. In dieser Erklärung liegt die Formulierung einer relativ neuen Wahrheit, soweit es die Kenntnisse der Menschheit betrifft. Ehe die Hierarchie öffentlicher und mit vollerer Anerkennung seitens der Menschheit arbeiten kann, müssen aller Hass und jegliches Gefühl der Trennung eliminiert werden und guter Wille und rechte menschliche Beziehungen müssen als Resultat der Tätigkeiten aller Jünger hervorgerufen werden. Das weitverbreitete Erkennen des Übels des gegenwärtigen Kriegs und der Fehler in jeder nationalen Politik ermöglichen es, schliesslich eine allgemeine Haltung hervorzurufen, die den Weg für die erforderlichen richtigen Anpassungen freimachen wird. Es ist derselbe Prozess des Erwachens und des darauf folgenden Kampfs, den Jünger in ihrem individuellen Leben durchmachen, und der sie für das Stadium der angenommenen Jüngerschaft vorbereitet.

Der Kraftwirbel in den der Jünger hineingetrieben wird (kraft seiner eigenen Bemühungen und der Entscheidung seines Meisters) [686] gibt ihm die nötige Ausbildung darin, diese Energien, welche die Substanz der ganzen Schöpfung sind, zu behandeln und befähigen ihn auf diese Weise dazu, an der Schöpfung der neuen Welt mitzuwirken. Eine neue Welt ist stets im Prozess des Aufbaus begriffen; der Grundton der Arbeit jedes Jüngers kann in den bekannten Worten zusammengefasst werden: «Siehe, ich mache alle Dinge neu».

ZWEITER TEIL

Zwei Fragen ergeben sich stets, wenn das Stadium der Jüngerschaft besprochen wird: Das Problem des okkulten Gehorsams und das Wesen der Vision. Ich möchte auf diese Fragen betreffs irgendwelcher Hilfe gleich am Anfang eingehen, die ich euch geben könnte. Was ist dieser okkulte Gehorsam, den ein Meister angeblich verlangt? Heute befassen sich die Meister mit dem hochentwickelten mentalen Typ des Jüngers, der an die Freiheit des menschlichen Willens und Bewusstseins glaubt und sich gegen die Auferlegung einer sogenannten Autorität auflehnt. Der intellektuelle Mensch will keinerlei Eingriff in seine Freiheit annehmen und hierin hat er im Grunde recht. Er protestiert dagegen, gehorchen zu sollen. Dies ist heute allgemein anerkannt. Aus dieser fundamentalen Frage ergeben sich weniger wichtige Fragen, die ich zitieren möchte. Muss der Jünger dem geringsten Fingerzeig, den der Meister ihm geben mag, gehorchen? Muss jede Bitte und jeder Vorschlag angenommen werden? Muss alles, was ein Meister sagt, als wahr und unfehlbar richtig angenommen werden? Hat der Jünger unrecht, wenn er sich weigert (falls er es tut) den Gesichtspunkt des Meisters und die Erklärungen, die er abgeben mag, anzuerkennen? Wird die Tatsache der angenommenen Jüngerschaft seine Meinungs- und Entscheidungsfreiheit begrenzen, sein Urteil erzwingen und ihn einfach zu einem gedanklichen Ebenbild der Gedanken des Meisters machen? Diese Fragen sind von Wichtigkeit.

Der Gehorsam, der gefordert wird, ist Gehorsam dem Plan gegenüber. Es handelt sich nicht um Gehorsam dem Meister gegenüber, was viele okkulte Schulen alten Stils auch immer sagen mögen. Der Gehorsam, der von euch verlangt wird, beruht auf eurer zunehmenden Erkenntnis des Plans für die Menschheit, so wie er durch die Meditationsprozesse und durch bestimmten Dienst, der auf einer wachsenden Liebe für eure Mitmenschen begründet ist, in eurem Bewusstsein in Erscheinung tritt.

Der verlangte Gehorsam ist derjenige der Persönlichkeit zur Seele, wenn das Wissen, das Licht und die Kontrolle der Seele in den Reaktionen des Denkaspekts und des Gehirns des Jüngers [687] immer mächtiger werden. Dieses ganze Problem des okkulten Gehorsams würde überhaupt nicht entstehen, wenn die Beziehung zwischen Seele und Persönlichkeit oder zwischen Jünger und dem Meister vollständig und zuverlässig hergestellt worden wäre. Die ganze Frage beruht auf der Blindheit und dem Mangel an Kenntnissen seitens des Jüngers. Wenn die Beziehung enger hergestellt wird, können keine grundsätzlichen Meinungsverschiedenheiten entstehen; die Ziele der Seele und der Persönlichkeit vereinigen sich und verschmelzen; die Ziele des Jüngers und des Meisters werden identisch und das Gruppenleben bedingt den Dienst, der von beiden geleistet wird. Die Begrenzungen des Jüngers und seine Furcht, dass durch den Meister und seine Seele zuviel von ihm gefordert werden könnte, veranlassen die Frage. Stimmt dies nicht, mein Bruder? Weil ihr an euren persönlichen Auslegungen, Wünschen und Ideen festhaltet, werdet ihr dazu verleitet, vor dem Wort Gehorsam zurückzuschrecken. Weil ihr euch selbst und euren eigenen Gesichtspunkt liebt, fürchtet ihr euch buchstäblich und tatsächlich vor einer zu schnellen Einwilligung in die bekannten Vorschläge des Meisters. Ich möchte, dass ihr euch daran erinnert, dass ein Meister einem Jünger gegenüber nur Vorschläge macht, selbst wenn er positive Erklärungen über menschliche Angelegenheiten macht. Diese Erklärungen mögen völlig richtig sein; der Neophyt ist jedoch gewöhnlich zu blind oder zu voreingenommen von seinem eigenen individuellen Gesichtspunkt, um sie anzunehmen. Gehorsam kann nur dann geleistet werden, wenn ein entwickeltes Verständnis und eine allumfassende Vision vorhanden sind; wenn diese fehlen, dann wird sich die Angelegenheit im Lauf der Zeit regeln.

Dies führt uns zu der Frage der Vision, ihres Wesens und Umfangs. Ist diese Vision, die vorhanden sein muss, ehe der Jünger Zutritt in die Gruppe eines Meisters sucht, ein sich allmählich entfaltender Prozess oder eine unbewusste Erinnerung an etwas, was er einmal gefühlt oder gesehen hat? Hier liegt die Schwierigkeit des Problems. Lasst es mich erklären. Die Vision ist eine symbolische Art und Weise, Offenbarung zu erleben. Die allmähliche Entfaltung von jedem der fünf Sinne hat eine sich stetig entwickelnde Offenbarung der Welt Gottes und eine sich beständig erweiternde Vision hervorgebracht. Die Entwicklung des Sehvermögens hat eine synthetische Befähigung herbeigeführt, die Resultate aller geringeren Visionen, die durch die anderen vier Sinne bis zum Offenbarungspunkt gebracht worden sind, in einem Brennpunkt zu konzentrieren. Dann erscheint eine Vision, die vom «gesunden Menschenverstand» des Denkaspekts offenbart wird. Diese [688] zeigt sich in ihrem höchsten Entwicklungsstadium als Wahrnehmung der Welt, soweit es menschliche Angelegenheiten betrifft und wirkt sich häufig in den ungeheuren persönlichen Plänen der führenden Persönlichkeiten der Welt auf den verschiedenen Gebieten menschlichen Lebens aus. Aber die Vision, mit der ihr euch beschäftigen solltet, besteht darin, euch durch den Gebrauch des Schlüssels zur Seelenvision der Intuition dessen bewusst zu werden, was die Seele weiss und was die Seele sieht. Dieser Schlüssel kann nur dann intelligent und bewusst gebraucht werden, wenn Persönlichkeits-Angelegenheiten unter die Schwelle des Bewusstseins fallen.

Ich möchte euch fragen: «Wieviel von eurer augenblicklichen sogenannten Vision hängt von dem ab, was andere gesehen haben, und wieviel habt ihr selbst dadurch entdeckt, dass ihr den Berg der Vision mühsam und ernsthaft erklommen und (von dieser hohen Stellung, die ihr allein erlangt habt, aus) über den Horizont und den nächsten Gipfel der Errungenschaft für die Menschheit ausgeschaut habt? Ein Jünger wird dann ein angenommener Jünger, wenn er anfängt, der Vision, dem Gipfel des Berges entgegenzuklettern; er kann auch bewusst das, was er gesehen hat, registrieren und fängt dann an, etwas Konstruktives zu unternehmen, was dazu beiträgt, es zu materialisieren. Viele in der ganzen Welt fangen an, dies zu tun. Ein Mensch wird ein Weltjünger im technischen Sinn, wenn die Vision ihm zu einer wichtigen und bedeutenden Tatsache in seinem Bewusstsein wird, und zwar eine Tatsache, der alle seine täglichen Bemühungen untergeordnet werden. Er braucht niemand, um ihm den Plan zu offenbaren. Er weiss. Sein Gefühl für Proportion ist der Offenbarung angepasst und sein Leben ist dazu geweiht, die Vision tatsächlich ins Dasein zu rufen und zwar in Zusammenarbeit mit seiner Gruppe.

Es ist daher ein sich allmählich entfaltender Prozess bis zu einem gewissen Stadium. Nachdem dieses Stadium erreicht worden ist, ist die Vision nicht mehr der vorherrschende Faktor, sondern das Feld der Erfahrung, des Dienstes, der Erreichung des Ziels. Denkt hierüber nach. Eines Tages werdet ihr verstehen. Es gibt sowohl eine unbewusste Abweichung der Vision entgegen als auch eine bewusste Orientierung zu ihr hin. Ein Aspekt der Vision wird oft von vielen Jüngern vergessen, nämlich die Notwendigkeit die der richtigen Wertschätzung der Vision selbst innewohnt dass jeder, der sie registriert, zum «Verleiher der Vision wird». In dem Augenblick wo das stattfindet, ändert sich die ganze Situation. Durch die Gedanken aller Anfänger läuft das Merkmal des Strebens nach der Vision, des Suchens danach, der Fähigkeit oder Unfähigkeit, Fühlung mit ihr aufzunehmen und häufig die Entstellung der [689] Vision dadurch, dass sie im Sinn von bereits mitgeteilten Wahrheiten definiert wird. Die Haltung des Neophyten beruht daher auf der Notwendigkeit für die Vision, in bezug auf individuelle persönliche Bedürfnisse. Aber (auf dem Pfad der angenommenen Jüngerschaft) muss der Jünger von dieser Haltung loskommen, weil es der Pfad spontanen, unbewussten Selbstvergessens ist. Wenn die Vision erst einmal erblickt worden ist, wird sie so wichtig, dass eure Gefühle darüber und das Festhalten daran gänzlich in den Hintergrund treten. Ihr werdet von der Vision absorbiert und dieses Aufgehen darin findet auf der physischen Ebene statt. Sowohl der Denkaspekt als auch das Gehirn sind völlig von dem in Anspruch genommen, was die Seele weiss, und das ist stets die Vision für die Persönlichkeit.

Ich habe mich oben auf die Existenz von Jüngern und Weltjüngern bezogen. Ein Weltjünger ist ein Mann oder eine Frau, die wirkliche Fortschritte in der Anpassung zwischen dem Individuellen und dem Universalen, zwischen dem Spezifischen und dem Allgemeinen und zwischen seinem eigenen Gebiet der ihn umgebenden Umstände und der äusseren Welt bedürftiger Seelen gemacht hat. Das Problem, mit dem solche Jünger beschäftigt sind, ist nicht die Anpassung der Beziehungen zwischen dem inneren, geistigen Menschen, der Seele und ihrem Werkzeug, dem persönlichen, niederen Ich. Ihr Hauptinteresse ist, wie die unmittelbaren Persönlichkeitsverpflichtungen erfüllt und gleichzeitig eine Wirkung auf die umgebende Welt der Menschen ausgeübt werden kann, weil sie unter einem starken inneren Zwang stehen, und die Notwendigkeit empfinden, den Dienst und die Verantwortung ihres Meisters und seiner Gruppe zu übernehmen. Diese Männer und Frauen sind stets angenommene Jünger im wissenschaftlichen Sinn des Ausdrucks und fähig, sich empfänglich für geistige Beeindruckung zu machen; sie tun dies, wenn sie es wünschen, nach Belieben. Sie sind vom Gesichtspunkt der Persönlichkeit aus integrierte Menschen und jederzeit für Seelenkontakt empfänglich. Sie sind noch nicht vollkommen, denn sie sind noch keine Meister; die vierte Einweihung liegt noch vor ihnen, aber ihre eigenen Unvollkommenheiten sind nicht ihr hauptsächlicher Angriffspunkt durch die Seele, noch sind sie vorwiegend davon in Anspruch genommen; die Bedürfnisse der Welt und ihre Ansprüche auf geistige und psychische Hilfe stehen an erster Stelle in ihrem Bewusstsein. Sie haben eine klare Vision in bezug auf Menschen, neigen jedoch grundsätzlich nicht zu Kritik. Das Erkennen von Unvollkommenheiten erfolgt automatisch bei ihnen, lehnt jedoch keineswegs liebevolles Verständnis und eine Bereitwilligkeit ab, auf jeder Stufe Beistand zu leisten, wo die Bedürfnisse wichtig zu sein scheinen.

[690] Weltjünger denken im Sinn von Gruppen und ihre Fähigkeit, alles einzubegreifen, entwickelt sich beständig. Sie sehen ihre eigene Gruppe, ihren eigenen Kreis von Mitarbeitern und ihr eigenes Dienstfeld in richtiger Proportion, weil sie nicht von der sie umgebenden Allheit getrennt sind. Sie sind aktive Brennpunkte für die Kräfte des Lichts in den drei Welten menschlichen Bemühens und auf jedem Gebiet und in jeder Gedankenrichtung zu finden.

Ich werde aktive Jüngerschaft, so wie sie gewöhnlich verstanden wird, nicht für euch definieren. Jeder esoterische Student kennt ihre Bedeutung, ihre natürlichen Folgerungen und ihre Verantwortungen. Ich suche in euch jenes Gefühl für Weltbedürfnisse und jene fähige Brauchbarkeit zu entwickeln, die euch, die ihr meine Worte lest und versteht, in Wahrheit und in der Tat zu einem Jünger machen werden. Die vorwiegende Aufgabe der Meister besteht darin, in ihren Jüngern einen Weltsinn zu entwickeln, der es ihnen ermöglichen wird, die unmittelbare Situation gegen den Hintergrund der Vergangenheit, erleuchtet vom Licht der Kenntnis des Plans, der stets die Zukunft betrifft, zu sehen mit Ausnahme jener seltenen Geister, die stets im Sinn des Ganzen denken und sehen. Die Entwürfe für den unmittelbaren Plan sind in den Händen der Weltjünger; das Ausarbeiten dieser Pläne unter der Inspiration und mit Hilfe der Weltjünger liegt in den Händen aller angenommenen Jünger überall. Weder Weltjünger noch angenommene Jünger sind mystische Schwärmer noch vage Idealisten, sondern Männer und Frauen, die den idealen Plan auf intelligente und praktische Art und Weise zu einem tatsächlichen Experiment und Erfolg auf Erden machen. Derart ist die Aufgabe, bei der ihr alle Gelegenheit habt, zu helfen. Eure Fähigkeit, schliesslich Weltjünger zu werden, hängt von eurer Befähigung ab, euch zu dezentralisieren und eure Persönlichkeiten zu vergessen. Dieses Vergessen umfasst nicht nur eure eigene Persönlichkeit, sondern auch die Persönlichkeiten eurer Mitjünger und Mitarbeiter und aller, denen ihr begegnet. Es bedeutet auch, dass ihr in Zukunft in einen erweiterten Dienst eintretet, wozu ihr durch das Feuer der Liebe in eurem Herzen für eure Mitmenschen getrieben werdet.

Ein Faktor, der hier behandelt werden sollte, ist der, dass Jünger sich oft selbst dadurch hindern, dass sie eine Haltung tiefer Beunruhigung über ihr Versagen in der Vergangenheit und ein Bewusstsein einer sehr wirklichen Unzulänglichkeit zeigen, weil sie es nicht gelernt haben, ihre Persönlichkeit zu vergessen. Sie beschäftigen [691] sich zu sehr mit den Gruppenangehörigen und nicht mit der Gruppenseele. Ihr, als Jünger, befasst euch zu stark mit den Beziehungen der Persönlichkeiten untereinander und konzentriert euch nicht genug auf die Gruppenseele und den Meister, Zentrum und Brennpunkt der Gruppenenergie. Wenn ihr alle Kritik zurückweisen würdet, wenn ihr die Freude von Beziehungen kultivieren und euch stets bemühen würdet, gemeinsam in jeglicher Art von geistigem Segen teilzunehmen, der zur Hilfe der Menschheit ausgeströmt wird, wenn ihr als Gruppe mit dem Meister Fühlung zu nehmen sucht, falls ihr in der Lage dazu seid, eure Gruppe zu kennen, und wenn ihr alle Besorgnisse hinsichtlich des Erfolgs oder Versagens des euch zugewiesenen Dienstes ausschalten würdet, dann würdet ihr sehr viel bei der Aufgabe helfen, welcher der Meister irgendeiner Gruppe gegenübersteht. Die nötige Verschmelzung kann stets unter Jüngern stattfinden, wenn sie einander auf der Stufe der Seele begegnen und wenn der zu leistende Dienst und nicht so sehr die Art wie er geleistet werden sollte, der herrschende Faktor ist; hierfür ist jeder Jünger unabhängig verantwortlich.

Der Meister bildet eine Gruppe von Männern und Frauen nicht darin aus, gute und gehorsame Jünger zu sein, die seine Wünsche ausführen und seine Ziele ausarbeiten. Er bildet sie aus, schliesslich die Einweihung zu empfangen und selbst Meister zu werden, und dieses Ziel verliert er nie aus den Augen. Ihr, als Jünger, müsst daher lernen, Kraft zu handhaben und Energien in das ausersehene Dienstgebiet hineinzuziehen; dies ist eine Tatsache, derer ihr euch beständig bewusst sein solltet. Jünger werden vom Meister erwählt, weil sie trotz irgendwelcher oder aller Persönlichkeitsbegrenzungen in ihrem individuellen Mass auf die unmittelbare Vision der vereinten Hierarchie und auf die Methode, die sie anzuwenden gedenkt, um sie zu materialisieren, reagieren. Die hierarchische Vision ist (soweit ihr es verstehen könnt) die Reaktion der Meister auf höhere Beeindruckung, der sie unterworfen werden, und mit der sie, je nach ihrem Strahl und nicht nach ihrem Entwicklungspunkt übereinstimmen. Der Meister erkennt diejenigen, welche den Plan erkennen und versuchen, ihn (mit voller oder beschränkter Weihung) herbeiführen zu helfen. Er stimuliert sie dann als Gruppe, weil ihre Vision und Weihung identisch sind; dies befähigt sie, unter dieser Stimulierung und Inspiration in dem erwählten (selbsterwählten) Dienstgebiet erfolgreicher zu werden. Ich möchte deshalb, dass ihr die folgenden Erkenntnisse sorgsam in Erwägung zieht:

[692]

1. Die Erkenntnis der Vision.

2. Die Erkenntnis des Plans, denn Vision und Plan sind nicht dasselbe.

3. Die Erkenntnis, die der Meister einer Gruppe geweihter Aspiranten gewährt, wenn er sie als seine Jünger annimmt.

4. Eure Erkenntnis der Ideen des Meisters als Ziele für zukünftiges Bemühen.

5. Eure gegenseitige Erkenntnis als Seelen und Diener.

Wenn diese Erkenntnisse richtig verstanden werden, dann wird die Hierarchie schliesslich eine Gruppe von Jüngern erkennen, die als Kanal gebraucht werden kann, durch den geistige Energie, Licht und Liebe in eine bedürftige und ringende Welt ergossen werden kann. Der Gruppe wird die Macht zu dienen verliehen werden, aber es wird nicht eine Macht sein, die der Meister ihr gibt. Es wird eine Macht sein, die sie selbst hervorgerufen hat. Diese Macht, die Jünger handhaben, kommt als Reaktion auf ein richtig gelebtes Leben und auf im vollsten Mass gegebene Liebe. Es gibt ein grosses Gesetz, das in den Worten «denen, die alles geben, wird alles gegeben» ausgedrückt werden kann. Dies trifft sowohl auf den individuellen Jünger als auch auf die Gruppe eines Meisters zu. Die meisten der heutigen Aspiranten für Jüngerschaft kennen dieses Gesetz nicht oder erkennen es nicht klar; sie geben weder für die Arbeit der Hierarchie noch für die Notleidenden freigebig unumschränkt. Bis sie es tun, begrenzen sie ihre Wirksamkeit und verschliessen der Versorgung mit den nötigen Mitteln nicht nur für sich selbst die Türe, sondern auch für die Gruppe, an die sie im Dienst angegliedert sind. Hierin liegt Verantwortung. Der Schlüssel zur Deckung des Bedarfs ist Harmlosigkeit der Persönlichkeit und die Weihung aller individuellen Mittel für den Dienst der Grossen, ohne Zurückhaltung und aus freiem Antrieb. Wenn ihr es als Jünger versucht, in Gedanken, Worten und Taten harmlos zu leben, und wenn ihr nichts zurückhaltet, weder materiell noch emotionell, noch vom Standpunkt der Zeit aus, wenn körperliche Kraft, auf diese Weise gegeben und die Gabe aller Hilfsmittel von Freudigkeit begleitet ist, dann wird der Jünger alles haben, was er braucht, um seine Arbeit auszuführen und dasselbe gilt für alle arbeitenden Gruppen von Dienern. Dies ist das Gesetz. Es erübrigt sich, zu erwähnen, dass Vollkommenheit noch nicht möglich ist, aber ein grösseres Bemühen eurerseits, zu geben und zu dienen, ist möglich.

Die Zeit wird daher bestimmt kommen, da ihr als einzelne und als Bestandteil der Gruppe eines Meisters euer Persönlichkeitsleben den Bedürfnissen der Menschheit und der Absicht des Meisters [693] unterordnen werdet. Ihr werdet Sein und nicht so mühsam danach ringen, zu sein; ihr werdet geben und nicht beständig die Neigung, nicht zu geben bekämpfen; ihr werdet euren physischen Körper vergessen und ihm nicht soviel Aufmerksamkeit widmen (und das Resultat wird bessere Gesundheit sein); ihr werdet denken und nicht so tief in der Gefühlswelt leben; ihr werdet vernünftig und weise und als normale Handlungsweise die Arbeit des Meisters und den Dienst an erste Stelle treten lassen.

Worin besteht diese Arbeit? Eine arbeitende, intelligente und geweihte Gruppe von Dienern zu stellen, durch die hierarchische Pläne durchgeführt werden können und auf der physischen Ebene einen Brennpunkt geistiger Energie zu demonstrieren. Dieser kann dann durch die Hierarchie gebraucht werden, um der Menschheit überall zu helfen, besonders in dieser Zeit der Krise. Die Pläne der Hierarchie können, da sie den Willen Shamballas verkörpern, ausgeführt werden und werden es auch; der Prozess ist jedoch entweder bewusst oder er ist eine unbewusste Massenreaktion auf Beeindruckung. Unter den Jüngern der Welt ist die Reaktion und die darauf folgende Tätigkeit bewusst geworden und führt zu intelligenten Unternehmungen.

Es ist die Aufgabe des Meisters, von seinen Jüngern eine solche Tiefe geweihter Liebe und eine solche Realisierung der heutigen Gelegenheit hervorzurufen, dass der Persönlichkeitsaspekt ihres Lebens in ihrem Bewusstsein in den Hintergrund treten wird und sie sich in der Hauptsache mit diesen Fragen beschäftigen werden: «Worin muss mein Dienst augenblicklich bestehen? Welches sind die unnötigen Dinge in meinem Leben, denen ich keine Aufmerksamkeit schenken sollte? Was ist die Aufgabe, die geleistet werden muss? Welches sind die Menschen, denen ich helfen kann? Welchen Aspekten der Arbeit des Meisters sollte ich mich augenblicklich am meisten zu helfen bemühen?» Diese Fragen müssen alle eine ausgeglichene, intelligente und nicht-fanatische Reaktion und Beantwortung erfahren.

DRITTER TEIL

Wenn wir dieses ganze Thema der Jüngerschaft betrachten, treten gewisse Dinge hervor, an die ich euch erinnern möchte. Wenn ihr über sie nachdenkt, dann werdet ihr feststellen, dass sie eure Idee über das, was Jüngerschaft ist, etwas ändern können, aber sie werden auch euren allgemeinen Begriff in Bezug auf dieses Thema bereichern.

Der erste Punkt, den ich hervorheben möchte ist, dass angenommene Jünger in der Ausbildung für Einweihung stehen. Falls sie [694] wenn sie sich dem Pfad der Jüngerschaft nähern, diese Tatsache nicht begreifen und nicht in vollstem Mass daran mitarbeiten, schieben sie die Zeit dieser Einweihung auf. Sie werden durch die Intensität, die sie dem angebotenen Dienst widmen, zeigen, ob sie die Tatsachen begreifen. Geplanter Dienst ist eine der Formen der Ausbildung. Am Anfangsstadium ihrer Arbeit neigen Jünger dazu, in erster Linie an sich selbst und ihren eigenen Reaktionen und ihrer Haltung dem Meister gegenüber, interessiert zu sein. Die Tatsache, dass sie in der Gruppe eines Meisters arbeiten, scheint ihnen von höchster Wichtigkeit zu sein.

Zweitens, möchte ich euch darauf hinweisen, dass ein grosser Unterschied zwischen der Gruppe eines Meisters und seinem Ashram besteht. Dies wird selten klar erkannt. Viele Leute können in der Gruppe eines Meisters zu finden sein, aber die Mitarbeiter seines Ashrams werden sorgsam aus der Gruppe ausgewählt. In einer Gruppe hat der Meister Fühlung mit dem strebenden Jünger und ist sich seiner gewahr und er hat definitiven Kontakt mit ihm gehabt, aber dies hat sowohl eine Persönlichkeits- als auch eine Seelenbeziehung in sich geschlossen. Aber in einem Ashram ist nur das innerhalb des Einflussbereichs eines Ashrams zu finden, was die Seele betrifft. Nichts von der Persönlichkeit darf hereintreten; Persönlichkeitsreaktionen, Belastungen, Begrenzungen, Persönlichkeitsgedanken und alles, was materiell und mit der niederen Natur verbunden ist, erreichen den Ashram niemals. In den ersten Stadien der Arbeit des Jüngers ist es daher möglich, dass der Jünger eine lange Zeit hindurch wenig oder gar nichts beitragen kann. Nur jene positiv empfundenen Intuitionen und jene definitiven Seelenbeeindruckungen und Impulse, die der Jünger hervorzurufen fähig sein mag (durch Meditation und zunehmende Reinheit der Absicht) können irgendetwas zum Leben des Ashrams beitragen. Es gibt infolgedessen ein Gesetz, das den Ashram vor euren Begrenzungen beschützt. Ich habe das Wort «Ashram» ganz bewusst in meinem Bemühen gebraucht, euch zu einer Unterscheidung zwischen einer Gruppe und einem Ashram zu verhelfen. Ein Ashram wird grundsätzlich von denen gebildet, die ihren Weg durch Wissen, Hingabe und Dienst aus einer Gruppe heraus und in ein inneres Zentrum hineingefunden haben, wo die Energie, Weisheit und Bemühung des Meisters leichter zugänglich sind. Um ihren Weg aus der Gruppe heraus in den Ashram hinein zu erarbeiten, werden Jünger äusserst sorgfältig zwischen ihren persönlichen Neigungen hohen [695] Grades, ihren Reaktionen auf Wahrheit und Ideale und ihren wahren Seelenreaktionen, ihrer geistigen Weisheit und intuitiver Wahrnehmung unterscheiden müssen.

Der dritte Punkt, den ich hervorheben möchte, ist das sich Jünger, wenn sie einen Bestandteil des Ashrams bilden, einem ausserordentlich erhöhten Druck unterwerfen und in der Lage sind, an einer viel weiteren Energieverteilung teilzunehmen als bisher. Heute, wo der Kommende sich der Erde nähert und enger an die Menschheit herantritt und wo das Hineinströmen geistiger Energie aus Shamballa in das hierarchische Zentrum sich verstärkt, erfolgt eine grosse Ausweitung der menschlichen Empfänglichkeit und eine ausserordentlich gesteigerte Stimulierung mit verschiedenartigen Wirkungen. Dies bringt ein verstärktes Streben und geistige Entschlossenheit mit sich. Es bedeutet auch eine Gelegenheit von einer noch nie dagewesenen Art.

Es ist euch gesagt worden, dass als der Buddha kam und auf der Erde arbeitete, viele Aspiranten in die Reihen der angenommenen Jünger eintraten, und dass viele Jünger die eine oder andere grössere Einweihung empfingen. Es fand daher eine entschiedene Verschiebung der Angehörigen der Hierarchie und eine grosse Ausdehnung nach Shamballa und gleichzeitig der Menschheit entgegen statt. Als Christus auf der Erde erschien, fand ein ähnlicher Einsatz statt, der einen noch grösseren Höhepunkt erreichte und darin gipfelte, dass Jünger den inneren Ashramen der Meister angeschlossen wurden. Bisher waren diese Ashrame für diejenigen bewahrt worden, welche die erste Einweihung empfangen hatten. Vor der Zeit des Christus bildeten nur diejenigen, welche die erste Einweihung empfangen hatten, und Eingeweihte waren, den Ashram. Aufgrund der zunehmenden Empfindungsfähigkeit der Menschheit wurde jedoch damals die Entscheidung getroffen, dass Jünger in den Ashram aufgenommen werden konnten und auf diese Weise mental und astral in Verbindung mit der inneren Gruppe stehen und beginnen könnten, einen Teil des gelenkten Einflussbereichs der Meister zu bilden.