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ZWEITER ABSCHNITT - PERSÖNLICHE UNTERWEISUNGEN FÜR JÜNGER – Teil 13

Vieles in deiner augenblicklichen Schwierigkeit beruht auf der Tatsache, dass dein Persönlichkeitsstrahl, wie du weisst, der erste Strahl des Willens und der Macht ist. Dies gibt dir ein Gefühl der Zentralisation, der Einzigartigkeit und des Alleinstehens. Er macht den Menschen, der von ihm beherrscht wird, «isoliert». Er verursacht, dass seine Haltung zu seiner Arbeit unbewusst trennend ist. Es ist für dich die Linie des geringsten Widerstands, dich von deinen Mitarbeitern abzusondern oder wenn du seitens [378] deiner Seele auf dem zweiten Strahl dazu gedrängt wirst dich zu identifizieren reagierst du dadurch, dass du ihnen entgegengehst, jedoch den inneren Unterschied stets klar und deutlich aufrechterhältst. Ich beziehe mich hier nicht auf irgendwelchen Stolz, mein Bruder, sondern auf die absorbierenden, assimilierenden, isolierenden charakteristischen Eigenschaften des Wesens des ersten Strahls. Es ist der grosse Herr des ersten Strahls, (um einen erleuchtenden Vergleich zu gebrauchen) der am Ende des Zeitalters alles in sich selbst absorbiert und dadurch die endgültige und benötigte Zerstörung der Formnatur herbeiführt. Dies ist ein richtiger und guter Gebrauch seiner Eigenschaften des ersten Strahls. Aber Persönlichkeiten auf dem ersten Strahl können diese Art des Absorbierens auch vornehmen, doch in diesem Fall mit zerstörenden Resultaten; jedoch diesmal ist die Anstrengung unnötig und falsch.

Ich bitte dich, deine Persönlichkeit auf dem ersten Strahl sorgfältig zu überwachen und deine alles umfassende, liebende Seele auf dem zweiten Strahl vielmehr zu demonstrieren. Denke hierüber nach, denn ein erfolgreiches Verstehen und eine konsequente Anwendung meiner Worte werden deine Brauchbarkeit und deine Fähigkeit ausserordentlich fördern, von deinen Mitarbeitern einen Widerhall von Liebe und Mitarbeit hervorrufen, was gegenwärtig, entschieden besser sein könnte als es ist. Du hast doch nichts dagegen, wenn ich offen mit dir rede, nicht wahr, mein Bruder? Auf diese Weise verfahre ich mit allen meinen zuverlässigen Jüngern, zu denen auch du gehörst.

Es wird nützlich für dich sein, wenn ich dir auch die Strahlen deiner Persönlichkeitskörper andeute; dann wirst du ein vollständiges Bild der Kräfte haben, mit denen du arbeiten musst, oder sollte ich sagen, mit denen ich arbeiten muss, wenn ich mich bemühe, gewisse Aspekte des Plans durch dich lösen zu lassen?

Dein Mentalkörper ist nicht auf einem der gewöhnlichen Strahlen, sondern ist seiner Natur nach ein starker Ausdruck des zweiten Strahls und daher reagiert er auf deine Seelenkraft auf dem zweiten Strahl. Dies ist ein Vorzug, aber auch eine Belastung, denn die Schärfung der Denkkraft, die normalerweise das Ergebnis der Wirkungen (der gewöhnlichen Wirkungen) der Kräfte des vierten oder fünften Strahls ist, fehlt. Bei dir besteht ein Mangel an Genauigkeit, an klarer Entscheidung. Theoretisch veranlasst dich dieser Umstand dazu wieder theoretisch zu nett, zu freundlich, zu anerkennend zu sein, mein Bruder, aber nicht in Wirklichkeit. Glücklicherweise (obgleich zuweilen unglücklicherweise) wird dies durch deine Persönlichkeit auf dem ersten Strahl ausgeglichen, welche die mentale Reaktion deines zweiten Strahls im Keim erstickt und statt der Haltung, alles einzubegreifen und zu verstehen, [379] auf Isolierung besteht. Wenn du jedoch die natürlichen Folgerungen dieser Persönlichkeit auf dem ersten Strahl und die Schwierigkeiten, die dadurch in deinen Gruppenbeziehungen hervorgerufen werden, erst einmal begreifst, kannst du die Sache mit grösster Leichtigkeit in Ordnung bringen, denn deine Seele auf dem zweiten Strahl kann mit voller Kraft über deinen Mentalkörper auf dem zweiten Strahl hereinfluten. Du stehst daher keiner schweren Aufgabe gegenüber und hast keine Ursache zur Entmutigung.

Dein Astralkörper gehört dem ersten Strahl an und (wie bei vielen Aspiranten, die sich dem Ende des Probepfads nähern oder am Anfang des Jüngerschaftspfads stehen) folgst du wieder nicht dem normalen Vorgehen, sondern komplizierst dein Problem dadurch, dass du einen mächtigen Astralkörper auf demselben Strahl wie die Persönlichkeit hast. Aufgrund deiner Stellung auf dem Pfad plante deine Seele jedoch dieses Verfahren auf diese Weise, um dadurch so viele hinderliche Eigenschaften wie möglich an die Oberfläche zu bringen hinderlich, meine ich in bezug auf Gruppenwirksamkeit und Gruppenzusammenhang.

Wenn ich gefragt würde, was gegenwärtig dein hauptsächliches Gruppenproblem darstellt, würde ich es so sagen: Lerne mit denen, die dir gleichgestellt sind, so harmonisch und selbstlos zu arbeiten wie du nur kannst. In deiner eigenen Abteilung arbeitest du auf diese Weise mit denen, die dir untergeordnet sind oder weniger weit entwickelt sind. Du, mein Bruder, fürchtest dich vor Gleichgestellten. Du wünschest allein zu stehen, wozu dich deine mächtige Persönlichkeit auf dem ersten Strahl (die ihren Brennpunkt natürlich in deinem Astralkörper auf dem ersten Strahl hat) normalerweise veranlassen würde. Es ist für dich nicht leicht, einer unter vielen zu sein die alle gleich sind, alle als Einheit arbeiten, alle völlig mit der einen Arbeit in Anspruch genommen sind. Dies musst du lernen, denn sonst hinderst du die Gruppe.

Dein physischer Körper ist auf dem dritten Strahl der Aktiven Intelligenz. Dies war der Faktor, der dich ursprünglich in das Geschäftsleben geführt und dich daher für Aussen- und Organisationsarbeit bestimmt hat. Du wirst aus allem Obigen den Mangel an Gleichgewicht in deinen Strahlen bemerken:

1. Der Seelenstrahl der zweite Strahl der Liebe und Weisheit.

2. Der Persönlichkeitsstrahl der erste Strahl des Willens oder der Macht.

3. Der Strahl des Mentalkörpers der zweite Strahl der Liebe und Weisheit.

4. Der Strahl des Astralkörpers der erste Strahl des Willens oder der Macht.

5. Der Strahl des physischen Körpers der dritte Strahl der Aktiven Intelligenz.

Es würde dir zu [380] grossem Vorteil gereichen, wenn du die Strahlen, die augenblicklich in deiner Ausrüstung fehlen, sorgfältig studieren würdest. Die Kräfte des vierten, fünften, sechsten und siebenten Strahls sind nicht vorhanden. Alle deine Strahlen sind Hauptstrahlen der Aspekte. Die attributiven Strahlen fehlen und daher dein Problem und deine ungeahnten Möglichkeiten. Die Situation wird gerettet durch die Tatsache, dass du in einem früheren Leben durch eine Persönlichkeit auf dem vierten Strahl gearbeitet hast. Harmonie durch Konflikt ist bei dir ein tiefsitzendes Verlangen und eine grundlegende Entschlossenheit. Du hast dies ererbt und dein gegenwärtiges Leben ist darin verwurzelt.

Einer der besten Wege auf welchem du lernen kannst, dein Problem zu lösen ist, dich darin zu üben, der im Hintergrund Stehende zu sein, so wie alle hierarchischen Arbeiter es tun, und nicht der im Mittelpunkt Stehende. Du wirst noch immer der Eine sein, denn du bist noch eine Persönlichkeit, aber du kannst lernen. schweigend und durch Liebe zu arbeiten und alles vom Hintergrund aus durchzuführen. Dann wirst du allmählich eine verborgene Kraft werden, die andere zur Tätigkeit anspornt, sie in ihrer Arbeit antreibt und ihnen die nötige Gelegenheit und Ausbildung bietet, jedoch in völligem Selbstvergessen.

Um dir zu helfen und um die Qualität des zweiten Strahls der Seele und des Denkaspekts hervorzurufen, möchte ich die folgende Meditation vorschlagen. Diese sollte vor der Gruppenmeditation schnell und dynamisch durchgegangen werden. ... Nimm stets die Haltung «desjenigen hinter den Kulissen» an und sprich dynamisch und mit entsprechender Absicht:

«Ich bin derjenige, der nie allein steht. Jene Tage der Isolierung liegen hinter mir. Ich stehe allein, wenn Schwierigkeiten kommen, denn ich bin stark und brauche die Kraft von anderen nicht in Anspruch zu nehmen. Ich stehe allein, wenn Anschuldigungen hereinbrechen, denn ich bin aufrichtig und weiss, was ich tun sollte. Dadurch beschirme ich die Schwachen und lasse sie unbehelligt. Aber in dieser Arbeit habe ich kein Ich, sondern bin das ICH, das Ich, das sich als das Ich in allen erkennt. Und so tue ich meine Arbeit, allein, und doch nicht allein, und so stehe ich für immer und auf ewig».

Gehe dann zur Gruppenmeditation über. Vergiss es auch nicht, dass ich dir Loslösung als einen deiner Grundgedanken gegeben habe. Denke tiefer über seine Bedeutung nach. Die Zukunft hält viele Möglichkeiten und Dienst für dich, für die Gruppe, für deine erwählten Mitarbeiter bereit. Sie bietet keinen Spielraum für einen isolierten Menschen. Gemeinsam muss die Arbeit getan werden.

[381]

Dezember 1938

LANGJÄHRIGER BRUDER!

Als ich zuletzt mit dir in Verbindung stand, habe ich dir eine lange Unterweisung gegeben. Diese wird daher kurz sein. Ich will deine spezielle Meditation diesmal nicht abändern und möchte dich bitten damit fortzufahren. Sie hat viel für dich getan; durch die innere Arbeit, die du in dir selbst vollbracht hast sowie dadurch, dass du dich gezwungen hast, dort zu arbeiten, wo du gebraucht wirst, (und nicht in erster Linie dort, wo du selbst zu dienen wünschst) hast du vielen geholfen und selbst viel Kraft erlangt. Jetzt ist es für euch in dieser Gruppe von grösster Notwendigkeit, unter euch allen einen zunehmenden Zusammenschluss herzustellen. Das Bauen der Gruppenantahkarana als Teil eines grossen Lebensfadens kann nur auf diese Weise wirksam durchgeführt werden. Sorge also dafür, dass du alles dazu beiträgst, was dir irgend möglich ist, dass diese Gruppenidentifizierung vorwärtsgeht.

Ich denke auch, dass du die Gründe, die mich dazu bewogen, dir die drei Hauptgedanken: Wille, Loslösung und Kraft zu geben, klarer als je zuvor erfasst haben wirst. Es war nötig für dich, dass dir diese Zielsetzungen klar vor Augen gehalten wurden, nicht wahr? Heute ist deine Loslösung viel grösser als je zuvor und dies dient entschieden dazu, dich zu stärken. Deine Willensnatur muss jedoch systematischer entwickelt werden, aber vom Gesichtspunkt jener inneren Entscheidungen aus, die den Menschen auf dem Pfad der Pforte der Einweihung entgegen, vorwärtsbringen. Es handelt sich nicht um Willen vom Standpunkt eines selbstbewussten Wesens aus.

Niemand kann Einweihung empfangen, ehe sein innerer Wille entwickelt und dem Dienst des Pfads, welcher der Dienst an der Menschheit und für die Hierarchie ist, geweiht worden ist. Ich denke, dass du dies weisst. Ich möchte dich bitten, eine Zeitlang kraftvoll und entschieden in der Richtung des Willens zu arbeiten, da dies dazu dienen wird, deinen Charakter abzurunden und zu stärken.

Diesmal habe ich für dich nichts als Ermutigung und ein Wort des Lobes für ein Leben, das du voller Demut und Liebe hinnimmst und anpackst.

[382]

Januar 1940

MEIN BRUDER!

Herzensgüte ist von mächtigem Wert in unserem Dienst, vorausgesetzt, dass sie von einem klugen Verstand gelenkt wird und nicht die Form einer Verblendung annimmt. Dadurch würde sie zu einer entschieden hinderlichen Schwäche. Heute brauchen wir Jünger, die imstande sind, die Menschen richtig zu erkennen, die sie so sehen können, wie sie sind und sie dennoch lieben und ihnen trotzdem dienen; wir suchen nach Jüngern, deren Herz zu Gruppenbrauchbarkeit erwacht ist und die erkennen, was für eine Rolle ein individueller Denker im Dienst der Menschheit spielen kann; wir suchen Jünger deren Schwingung Liebe ist, deren Kopf jedoch gleichfalls auf den Menschen reagiert, so wie er an seinem speziellen Punkt im Evolutionsprozess ist. Wenn die Strahlung die Strahlung der Liebe ist, können die sich ergebenden Worte und Handlungen unerbittlich sein ohne zu verletzen. Dies ist eine Lektion, die du vor allem erlernen musst. Es ist ebenfalls notwendig, dass du zu der Tatsache erwachst, dass es eine Lehre des Dienens ist; diejenigen, die uns repräsentieren, sind lebendig und tätig in der Arbeit die getan werden muss, sind aber nicht an Persönlichkeitsreaktionen interessiert. Eine liebevolle Schwingung und eine intelligente Einschätzung (oder meine ich Bewertung, mein Bruder?) derjenigen, denen du zu helfen suchst, wird mehr dazu beitragen, deinen Dienst an deinen Mitmenschen wirkungsvoller zu gestalten als irgendetwas anderes. Ich möchte dich hier jedoch für die Stabilität, die zu bewahren du dich bemühst, loben. Du bezeugst eine Zielstrebigkeit und es ist dir während der letzten beiden Jahre gelungen, sie objektiv zu machen.

ANMERKUNG: W. D. S. nimmt seine Arbeit in dieser Gruppe äusserst ernst und was für Hindernisse sich auch zeigen mögen, so fährt er doch mit der Arbeit in der Gruppe des Tibeters fort.

An D. P. R.

Januar 1933

MEIN BRUDER!

Seit Jahren hast du standhaft, wenn auch mit einigem Auf und Ab gearbeitet. Wenn ein Aspirant für die Jüngerschaft jahrelang beharrlich gearbeitet hat, orientiert sich seine Lebenstendenz dem Licht entgegen und dies wird zur regelmässigen und festen Gewohnheit. Diese Tatsache sollte sich in Augenblicken der Entmutigung [383] , die alle Aspiranten von Zeit zu Zeit durchmachen, als Trost erweisen.

Wegen dieser Beständigkeit wird es jetzt möglich, deine Intuition auszubilden, damit dein Erdenleben, wenn du deinen Pfad in einer neuen Wiederverkörperung verfolgst, mit dieser gleichgeschalteten Haltung beginnen kann, die frühe Erleuchtung möglich machen wird.

Du bist auf dem Pfad erfahren, und obwohl dein physischer Körper nicht mehr jung ist, kann der Rest deines Lebens dir viel bieten, wenn die kommenden Jahre freudig und mit grossen Erwartungen angenommen werden.

Du hast dich eifrig bemüht, meine Anweisungen zu befolgen und ich denke, dass du dir darüber klar bist, dass viel erreicht worden ist. Du hast eine klarere Einsicht (etwas was dir nottat) und deine Loslösung ist freier und schneller. Es bleibt jedoch noch viel zu tun übrig (und auch dies weisst du). Verfolge die Unterweisungen, die dir früher gegeben worden sind, aber wenn du dich in den erwähnten Abständen in dein Zimmer zurückziehst, um dich zehn Minuten lang zu entspannen, und du über Leben und Liebe nachdenkst, dann fange mit der folgenden Übung an. ...

Juli 1933

MEIN BRUDER!

Vergiss nicht mit Loslösung zu lieben. Dies ist deine hauptsächliche Aufgabe, mein Bruder und du hast ihre wirkliche Bedeutung erst begriffen, nachdem der grösste Teil des Lebens vorüber ist. Die Bande einer langjährigen Verbindung bleiben fest, und auf der physischen Ebene dürfen sie nicht, können sie nicht, gelöst werden, aber in deinem Innern müssen sie gänzlich getrennt werden. Dies kann geschehen bevor diese Lebensepisode beendigt wird und dies wird dich so in deinem nächsten Lebenszyklus für weiteren Dienst freimachen, einen Dienst, der mit ungeteilter Aufmerksamkeit geleistet werden sollte. Dieser Bruch kann fast augenblicklich vor sich gehen, wenn die Macht deiner Seele auf dem ersten Strahl ins Spiel gebracht wird. Er kann aber auch langsam herbeigeführt werden, wenn du mittels deiner Persönlichkeitskraft auf dem fünften Strahl arbeitest. Denke hierüber nach.

Als Übung einer benötigten Disziplin möchte ich vorschlagen, dass du dreimal täglich morgens, mittags und abends zehn Minuten lang stillsitzest. Entspanne dich körperlich, gestatte keine emotionelle Ablenkung; verweigere Gedanken und Gefühlen den [384] Eintritt. Erwäge dann die Idee des Lebens und der Liebe, wie sie getrennt von Form existieren.

Erkenne die Bedeutung aller Ereignisse und betrachte sie als symbolische Anzeichen geistiger, mentaler oder emotioneller Ursachen. Dein Leben ist so sehr von Einzelheiten und Pflichten in Anspruch genommen, dass es der Seele oft Verdruss bereitet. Gib ihr Zeit, sich als Tatsache zu beweisen. Die Länge der Zeit, die zur rechten Erfüllung dieser Pflichten verwandt wird, ist nicht von Belang; es kommt viel mehr auf die Haltung an, die du ihnen entgegenbringst, auf die Energie, die du hervorrufst, wenn du sie erfüllst und auf die Intensität deiner mentalen Beanspruchung.

Lass uns auf dem Weg vorwärtsgehen, mein Bruder. Lass uns zusammen dienen.

Januar 1934

LANGJÄHRIGER BRUDER!

Ebenso, wie andere Jünger und alle wahren Aspiranten bist du kürzlich besonderen Anforderungen unterworfen worden, und es sind dir viele Gelegenheiten geboten worden, in denen du Ausdauer beweisen konntest. Die spezielle Gruppenprüfung hat dich nicht berührt. Für dich stellte sie keine Prüfung dar und wäre es auch nicht, aber deine Prüfung hat darin bestanden, angesichts der Umstände die Haltung standhaften Bemühens zu bewahren und nicht nur Ausdauer, sondern auch liebevolle Loslösung und Freude zu demonstrieren. Was mit der Persönlichkeit geschieht, ist letzten Endes von geringer Bedeutung. Die Haltung, die allen Geschehnissen gegenüber angenommen wird und die Methoden, die angewandt werden, um damit fertig zu werden, sind von Belang. Gewandtheit im Handeln ist stets vonnöten, mein Bruder, und für dich muss sie in diesem Leben stets darin bestehen, dass du Gewandtheit in gefühlsmässiger Reaktion demonstrierst; sie sollte nicht so sehr der Ausdruck wirksamen Handelns auf der physischen Ebene sein. Die Erlangung physischer Tüchtigkeit ist für dich kein Problem. Die Erlangung emotioneller Loslösung und der sich daraus ergebende richtige Gebrauch subjektiver Kraft ist noch immer ein Problem für dich.

Es hat keine Eile und drängt nicht, mein Bruder. Du machst Fortschritte und wirst die Freude der schliesslichen Befreiung von dieser Begrenzung erfahren. Deine einzige Verantwortung besteht darin, jeden einzelnen Tag vollkommen zu erleben und jede Stunde des Tages fruchtbar zu gestalten.

Sieh nicht so [385] häufig voller Vermutungen oder mit bösen Vorahnungen in die Zukunft, selbst nicht mit Hoffnung, die nur eine Form von optimistischer Spekulation ist. Lebe heute so wie es deine Seele dir gebietet und die Zukunft wird sich selbst mit fruchtbringendem Dienst erfüllen. Du bist stärker als du ahnst und hast Reserven, die du heranziehen kannst. Diese Reserven werden dich nicht im Stich lassen, wenn du sie aufbietest, weder werden ich, dein Bruder und Freund, noch deine Gruppenbrüder es tun. Vergiss dies nicht, sondern entspanne dich und verlasse dich auf die Kraft, die in dir ist und die dich umgibt.

Ich beabsichtige nicht, deine Meditation abzuändern, abgesehen davon, dass ich die Übung in bildlicher Vorstellung, die du jetzt verfolgst, durch eine andere ersetzen will.

a. Stelle dir bildlich vor, dass du auf einer Seite eines weiten Feldes von geschlossenen Lotosblumenknospen stehst, die auf ihren breiten grünen Blättern ruhen. Über dir ist das Blau des Himmels und vor dir, jenseits des Feldes von Knospen und Blättern am fernen Horizont, ist eine goldene Pforte, deren zwei Flügeltüren geschlossen sind.

b. Stelle dir dann vor, wie du das langsame Öffnen der Knospen beobachtest, bis das Feld allmählich von Grün zu Gold wechselt und alles, was sichtbar ist, eine Masse goldener Blumen ist, die in der Sonne weit geöffnet sind.

c. Stelle dir dann vor, mein Bruder, wie du einen Fuss auf das Feld setzest und statt des Schlammes und des Wassers, das du erwartet hast, einen festen Pfad findest, der vor dir erscheint während du vorwärtsschreitest, der das Feld in zwei Hälften teilt und geradewegs zu der goldenen Pforte führt.

d. Stelle dir vor, während du auf diesem Pfad weiterschreitest, wie sich die beiden Hälften der Pforte langsam öffnen, während du zuversichtlich vorwärtsgehst und den Blick auf die Pforte und nicht auf deine Füsse richtest.

Was du innerhalb jenes Portals siehst und was für eine Ausdeutung du dieser symbolischen Arbeit gibst, musst du selbst entdecken. Du magst fragen: «Was für einen Zweck hat diese spezielle Art von Meditation für mich?» Zwei Hauptzwecke, mein Bruder. Erstens bildet sie dich im Gebrauch der schöpferischen Vorstellungskraft aus (die ein Aspekt der Intuition ist) und zweitens hebt sie dich aus dem täglichen Geleise schwerer irdischer Arbeit heraus, mit der du notgedrungen andauernd beschäftigt bist und bringt dir Erquickung und Realisierung der subjektiven Welt. Kehre Kummer und Sorgen den Rücken, während du durch dein [386] Lotosfeld wanderst und konzentriere dein Bewusstsein jeden Morgen ein paar Minuten lang ausserhalb deines Persönlichkeitslebens. Wenn du diese Übung richtig zustande bringen kannst, wird die Wirkung auf dein tägliches Leben und auf deinen Dienst viel durchschlagender sein als es dir vorauszuahnen möglich ist.

Juni 1934

MEIN BRUDER!

Die Schicksalsschläge des Lebens haben dich in den vergangenen sechs Monaten hart auf die Probe gestellt und dabei hast du an Verständnis zugenommen. Für dich bestand der Zweck dieser Kampfperiode nicht darin, dich liebevoller zu machen oder dich besser instand zu setzen, Widerstand zu leisten. Dies sind für dich nur untergeordnete Wirkungen. Die für dich bestimmte Lehre ist Loslösung und, wenn du dich von den dich umklammernden Ketten der Gebundenheit an einen Ort oder einen Menschen freimachst, wird deine intuitive Wahrnehmung dadurch befreit werden und du wirst in Begriffen der Wirklichkeit und nicht in solchen der Form sehen gleichviel wie hochentwickelt oder gereinigt die Form auch sein mag.

Du magst vielleicht in diesem Zusammenhang fragen: «Worin besteht meine hauptsächliche Brauchbarkeit für diese Jüngergruppe, falls ich diese losgelöste Schau erlangen sollte?» Du denkst stets im Sinn des Dienstes, mein Bruder, was einer der Gründe war (abgesehen von karmischer Eignung) der mich dazu veranlasste dich für Arbeit in dieser Gruppe auszuwählen. Meine Antwort mag dich überraschen; deine hauptsächliche Brauchbarkeit besteht in der Macht deiner Aura jenes Feldes magnetischen Lebens, das jeden Menschen auf allen Seiten umgibt und das in deinem Fall von ungewöhnlichem Ausmass ist. Bis jetzt ist nur wenig hinsichtlich der Aura bekannt. Ich möchte sie einfach als die Gesamtsumme der anziehenden Kräfte im Feld individueller Tätigkeit definieren. Gerade durch die Aura macht sich eine individuelle Wirkung in der Umgebung eines Menschen fühlbar. Meine Botschaft für dich ist daher, deinen aurischen Einfluss auf intelligentere Weise zu gebrauchen, geistig wirksamer und weniger persönlich anziehend zu werden. Ich spreche in Symbolen und bitte um dein Verständnis. Denke hierüber nach, mein Bruder, denn das Feld deiner Brauchbarkeit wird in dem Mass wachsen wie du dich von Formen befreist, wie lieb sie dir auch sein mögen oder wie alt der Rhythmus auch sein mag mit dem sie dich halten. Wende dich statt dessen nach aussen, im Bemühen, deinen Mitmenschen zu helfen. Hilf den Menschen dadurch, dass du gebrauchst, was du bist, was sich vermittels der Aura ausdrücken muss.

[387]

Behalte deine Meditation so bei wie bisher, aber wechsle die Farbe deines Lotosfeldes von gelb zu einem tiefen und vibrierenden rosa. Dies wird dazu dienen, deine astrale Aura anzuregen und stellt den dritten Zweck dieser Meditation dar. Die beiden anderen Zwecke habe ich in meiner letzten Unterweisung angedeutet.

August 1934

MEIN BRUDER!

Darf ich dir diesmal zweierlei andeuten, mein Bruder, da ich weiss, dass du als alter und erfahrener Aspirant stets danach trachtest, das Leben so zu sehen wie es wirklich ist?

Erstens: In jedem Leben wird etwas erreicht, was ich ein bestimmtes Hochwasserzeichen der Errungenschaft nennen könnte, und das Alter, in dem dies erreicht wird, ist äusserst verschieden. Wenn es erreicht worden ist, besteht eine entschiedene Neigung zur Kristallisierung, zu einer Erkenntnis der Gedankenform des Lebens (welche die Gesamtsumme aller formulierten Ideen ist, die den Fortschritt bestimmt haben) und zu einem allmählichen Gleiten unter die Herrschaft dieser Gedankenform. Dies hemmt weitere Fortschritte. Wenn das Hochwasserzeichen nach dem Alter von 55 bis 70 Jahren erreicht wird, erhöht sich die Schwierigkeit noch durch eine vollkommen normale physische Trägheit. Ein so grosser Teil des Lebens befasst sich dann mit den Prozessen, in einem solchen physischen Zustand zu verbleiben, dass die erforderlichen Pflichten eines vollen Lebens erfüllt werden können. Dieses Hochwasserzeichen hast du im gewöhnlichen Sinn und nach dem Gesetz normaler Entwicklung erreicht. Es kann für dich genau das darstellen, was es ist und du brauchst nicht beschämt zu sein über das, was du erreicht hast, denn es ist gut gewesen. Deine Lebenszielsetzung ist richtig orientiert gewesen und im nächsten Leben wirst du die Resultate deiner lebenslänglichen Disziplin ernten.

Für dich, als Seele und als Jünger in Ausbildung, besteht jedoch keine Notwendigkeit dafür, den Entwicklungsvorgang aufzuhalten. Das Hochwasserzeichen deines Lebenszyklus (im breiteren und weiteren Sinn) wird viele Leben lang noch nicht erreicht werden, und deshalb braucht für dich keine Zwischenpause der Untätigkeit und keine Demonstration eines statischen Zustands einzutreten. Du kannst von einem Punkt zum anderen auf dem Weg weiterwandern, sowohl jetzt als auch künftig. Die Entscheidung und das Bemühen müssen von dir kommen, mein Bruder, und es liegt gänzlich in deinen Händen. Geh mit der vollen Kraft und [388] Stärke deines Seelenlebens vorwärts, das seinem Wesen nach dasjenige eines reifen und erfahrenen Aspiranten ist. Die Macht deiner Seele auf dem ersten Strahl kann die Persönlichkeit zu fortgesetztem Handeln und Streben, zu fortdauernder mentaler Kontrolle anspornen; es besteht daher keine Notwendigkeit für dich, deine Tätigkeit zu beenden und dich in Untätigkeit zurückzuziehen bis die letzte Tätigkeit des Übergangs die zweifache Aufmerksamkeit deiner Seele und deiner Persönlichkeit in Anspruch nimmt und die endgültige Loslösung stattfindet. Um jedoch das normale Hochwasserzeichen zu überschreiten wird es erforderlich sein, jenen inneren Druck. auszuüben, der sich weigern wird, den müden Körper und Denkaspekt auf der Vergangenheit ruhen zu lassen. Dies wird den Antrieb eines konzentrierten Willens, der seine dynamische Energie durch den niederen dreifachen Menschen spielen lässt, notwendig machen; es fordert jenes gereinigte, unterscheidende Denken, das (im Interesse der Seele) das Wesentliche vom Unwesentlichen trennt und dich auf diese Weise instand setzt, deinen Dienst. Durch weise Anschaffung jener Faktoren zu bereichern, die eine zwecklose Verschwendung deiner Kraft darstellen, und deine Zeit für das beanspruchen, dessen Resultate belanglos sind.

Ich weiss. dass du dir über den Grund meiner Bemerkungen klar bist, und dass du diesen Fragen im Licht deiner Seele und zum Guten derjenigen, die von dir Inspiration erwarten, entgegentreten wirst. Wie ich dir früher in deiner Ausbildung gesagt habe, ist geistige Wirkungsfähigkeit dein Ziel und alle deine Bemühungen müssen daraufhin gerichtet werden. Dies wird den Gebrauch weltlicher Weisheit und die richtige Erfüllung deiner vielen Verpflichtungen nicht aufheben, wird dir jedoch beim Prozess der Auswahl, die dein hauptsächliches und selbst erwähltes Ausbildungsgebiet ist, behilflich sein.

Heute möchte ich deine Meditation gänzlich verändern. Der Brennpunkt, der durch die Arbeit in bildlicher Vorstellung und durch Farben- und Formübungen hergestellt worden ist, hat viel zu der Arbeit der inneren Anpassung beigetragen. Jetzt möchte ich deinen Lebensrhythmus beschleunigen, damit eine stärkere Flut von Willen und Zielsetzung dynamisch durch dich hindurchfliessen kann.

Du magst überrascht über das sein, was ich dir zu tun gebe und darüber, dass ich es scheinbar unterlasse, dir eine vorgeschriebene Form zu geben, an der du arbeiten kannst. Das werde ich dann tun, wenn du selbst eine Zeitlang an dem Problem gearbeitet hast.

Viel ist seit Jahrhunderten über die Übung, die Gegenwart Gottes zu erfahren, gesagt und geschrieben worden und heute ist das In-Erscheinungtreten verschiedener Techniken, um die Realisierung dieser [389] Kontakt zu erlangen, eins der interessanten Ereignisse der Zeit.

Ich will dir drei Fragen stellen und in der Beantwortung werden wir die Arbeit und die Meditation, die dir später gegeben werden soll, angedeutet finden.

1. Was verstehst du unter dem Gedanken der Gegenwart? Wessen Gegenwart ist es und worin besteht sie?

2. Was verhindert Kontakt mit dieser Gegenwart und was hindert dich daran, in ihrem Licht zu stehen?

3. Kannst du eine Meditationstechnik aufstellen, die für dich den Weg zu dieser Gegenwart darstellen wird?

Beantworte diese drei Fragen und sei dir darüber klar, dass der Kontakt mit dieser Gegenwart bewusst und in vollem Verständnis für den Prozess für dich das Ziel für den Rest deiner Lebenserfahrung in diesem speziellen Körper darstellt. Ich verlange kein mystisches Verständnis. Diese Art von theoretischem Verständnis ist das Erbgut der meisten Aspiranten. Sie haben die Vision dieses Kontakts. Ich verlange ein entschiedenes Begreifen und gebe dir den Schlüssel zu der Arbeit in den folgenden Sätzen, die, wenn sie gebührend überdacht werden, Offenbarung herbeiführen mögen.

«Zweiheit wird vom Seher erschaut. Er erkennt die Gegenwart. Er sieht und weil er sieht, erkennt er, dass er existiert und gleichfalls das, was sichtbar ist.

«Der Wissende verbindet beides zu Einem. Er erkennt die Gegenwart als sich selbst. Er verschmilzt mit ihrem Licht. Hinter der Gegenwart schimmert der ehrfurchtgebietende Glanz, der den Einen und Einzigen verhüllt. Vor der Gegenwart steht der Aspirant. Innerhalb der Gegenwart, durch den Verschmelzungsprozess, ist Friede, Einswerdung, das Ende der Furcht, das Ende aller Unterschiede, Freude, Liebe und Licht.»

Deine Meditation soll daher in dieser Richtung erfolgen. Die Form kannst du selbst während der nächsten paar Monate aufstellen. Das Thema wird dann in deinem Bewusstsein in Erscheinung treten, wenn du langsam vorgehst, tief erwägst und kein Gefühl des Drucks empfindest. Offenbarung wird durch ruhiges Denken und tägliches Nachsinnen kommen.

Darf ich diese Botschaft an dich mit den einfachen Worten beenden: «Bitte, sei glücklich, mein Bruder».

[390]

Februar 1935

MEIN BRUDER!

Du hast während dieser letzten Monate viel über das Erfahren der Gegenwart nachgedacht. Dies ist gut, denn dieses Ziel habe ich für dich im Auge. Man sagt, dass «Gedanken Dinge sind» und dass sie greifbare Resultate herbeiführen. Es wird ebenfalls gesagt, dass «ein Mensch so ist, wie er in seinem Herzen denkt» und dass diese greifbaren Gedankenmanifestationen daher definitive Wirkungen im Menschen hervorrufen. In diesen alten Aussprüchen liegt für dich viel Unterweisung, viel Licht und Verständnis und der Schlüssel zu deinem unmittelbaren Problem. Worin besteht die Situation, mein Bruder? Du, eine Seele in Verkörperung, bist dir subjektiv und oft dunkel ahnend, der Tatsache deines wahren Ich's, des Sonnenengels, welcher der Engel der Gegenwart ist, bewusst. Dein Problem besteht darin, diese Realisierung zu vertiefen und dich selbst als den Engel, der zwischen dir, dem Menschen auf der physischen Ebene und der Gegenwart steht, zu erkennen. Es kann diese Situation erhellen, wenn wir einen Augenblick lang in Erwägung ziehen, was für eine Realität dieses Wort Gegenwart repräsentiert.

Der Mystiker ist sich stets der Zweiheit bewusst, der Qualität des niederen Menschen und der innewohnenden Seele; des müden Jüngers und des Engels; des kleinen Ich's und des wahren Ich's; des menschlichen Lebensausdrucks und des Ausdrucks des geistigen Lebens. Viele andere Qualitäten beschreiben denselben Ausdruck der Wirklichkeit. Aber hinter all diesem taucht dunkel dasjenige auf innewohnend, gewaltig und herrlich von dem diese dualitäten nur Aspekte sind: Die Gegenwart der Göttlichkeit, innewohnend und doch übersinnlich. Im Wesen dieses Einen werden alle Dualitäten absorbiert und verlieren alle Unterscheidungen und Unterschiede ihre Bedeutung.

Wenn du gebeten wirst, das Bewusstsein der Gegenwart zu entwickeln, dann deutet dies erstlich an, dass du dir gegenwärtig des Engels einigermassen bewusst bist und nun anfangen kannst, unklar und schwach, auf das grosse Ganze zu reagieren, das hinter der subjektiven Welt des Seins liegt, ebenso, wie diese Welt hinter der physischen, greifbaren Welt des täglichen Lebens liegt.

Ein Symbol davon kann in der Kenntnis gesehen werden, dass der ganze Planet ausserhalb des Raums, in dem du meine Worte erwägst, liegt, und dass er nur durch das Fenster und durch das Mass deiner bewussten Wahrnehmung von dir getrennt ist. Das äussere Universum des Planeten, des Sonnensystems [391] und des Sternenhimmels offenbart sich vor dir durch diese Fensterscheibe, wenn sie sauber und unverschleiert ist; die Scheibe wirkt jedoch als Begrenzung der Vision, wenn sie schmutzig oder durch einen Vorhang verborgen ist. Dies und deine Fähigkeit, dich in die Unermesslichkeit des Universums hinaus zu projizieren, beherrscht das Ausmass deines Wissens zu irgendeiner gegebenen Zeit. Überdenke dies, mein Bruder, und schau durch das Fenster des Denkaspekts auf jenes Licht, das den Engel offenbart, der seinerseits die ungeheure, unbekannte, und doch lebendige und vibrierende Göttlichkeit verhüllt und verbirgt.

Dieses Erfahren der Gegenwart kann auf so viele verschiedene Arten behandelt werden und es gibt viele Kontakttechniken. Für dich sollte dieses Erleben Einfachheit, Friede und Freude bedeuten. Kultiviere Einfachheit im Denken und erinnere dich daran, dass Verwirrung und ungebührliche Beunruhigung in bezug auf Umstände und Menschen und eine problematische Haltung dem Leben gegenüber mentale Tätigkeit, aber kein Seelenverständnis andeuten. Du solltest nach Seelentätigkeit streben. Du bist ein Sannyasin und als solcher musst du einer zunehmenden Befreiung von Bindungen jeder Art entgegenarbeiten, obgleich nicht (und hier liegt ein feiner Unterschied) einer Befreiung von den dich umgebenden Umständen und Verantwortungen. Eine innere Haltung völliger Hingabe an den Willen deiner Seele, welcher der Wille Gottes ist, soweit er irgendein individuelles Wesen betrifft, ist erforderlich. Diese Befreiung wird dir viel von dem geben, was ich in deinem Leben ausgedrückt zu sehen erwartet habe.

Um dir bei der Fortsetzung des Themas, mit dem du dich während der vergangenen Monate beschäftigt hast, zu helfen, bitte ich dich, über die folgenden Fragen nachzudenken und sie zu beantworten. Du hast eine Lebenstendenz, Einzelheiten und Arbeitsvorgänge mit peinlicher Sorgfalt zu stark zu betonen und dadurch zuweilen die Synthese des Ganzen aus den Augen zu verlieren. Die Fragen sind:

1. Um die Gegenwart zu erkennen, muss ich frei und ungebunden dastehen. An was und an wen bin ich augenblicklich auf solche Art gebunden, dass es mich an einer klaren Vision und einer engeren Annäherung hindert?

2. Um die Gegenwart zu erkennen, muss ich als Sonnenengel funktionieren. Kann ich gegenwärtig zwischen mir selbst und dem Sonnenengel unterscheiden?

. Die Gegenwart erkennen bedeutet, dass ich mich als Sonnenengel vorbereite, durch die Pforte hindurch den Einweihungspfad zu betreten. Kann ich angesichts dieser Tatsache mir selbst gegenüber klar und deutlich feststellen, welches meine [392] hauptsächlichen Vorzüge und meine hauptsächlichen Schwächen sind?

4. Kann ich in meinem Innern klar definieren, was ich unter

a. mir selbst, dem Jünger,

b. mir selbst, dem Engel,

c. der Gegenwart verstehe?

Die ersten drei Fragen können schriftlich beantwortet werden oder auch nicht, ganz wie es dir beliebt; du magst sie zu persönlich und zu vertraulich finden, um sie zu Papier zu bringen. Wenn dies der Fall ist, dann beantworte diese Fragen in meiner Gegenwart und mir, deinem Bruder und Lehrer gegenüber, am ersten Tag, an dem sich die Sonne nordwärts wendet. Behandle sie klar und aufrichtig und sprich deine Antworten laut aus, damit du deine Stimme hören kannst und widme deiner Stellung und Haltung auf diese Weise angemessene Aufmerksamkeit. Bitte beantworte die vierte und fünfte Frage schriftlich und erläutere sie so klar wie möglich.

5. Erläutere die folgenden Sätze, die einem sehr alten Schriftstück entnommen worden sind. Ich schlage vor, dass du sie sorgfältig erwägst.

«Vor dem Thron Gottes stand der Engel mit allen anderen Engeln und rief: "Herr meines Lebens, gewähre mir die Kraft, auf dem Offenbarungspfad zu wandeln, die See der dunklen Illusion zu durchkreuzen und dem erleuchteten Erdenweg die Stirn zu bieten." Gott sprach: "Geh hinaus in die Ferne."

Vor der Pforte, die sich nach dem erleuchteten Weg zum Frieden öffnet, stand der einsame Engel und sagte: "Herr meines Lebens, der Weg der Offenbarung ist der Weg des manifestierten Lebens, der Pfad der dunklen Illusion führt ins Licht, das jeden Schatten zerstreut. Ich suche auf dem erleuchteten Pfad zu wandeln, der zu deiner Gegenwart zurückführt. Bis jetzt ist dieser Weg dunkel. Was soll ich tun?" Gott sprach: "Nähere dich und tritt in dein eigenes Licht ein und sieh Licht in jenem Licht».

«Vor der Pforte jedes neugeborenen Tages, der innerhalb seiner versiegelten Stunden geordnete Verantwortung enthält, stehe ich jeden Morgen. Ich rufe laut: ,Herr meines Lebens, wie kann ich heute meine Pflicht tun und doch Loslösung suchen, jedem Bedürfnis begegnen und mich doch von Fesseln und Banden befreien?" Gott sprach: "Die Sonne nähert sich der Erde und belebt sie. Nichts kann sie von der Erde [393] nehmen. Lebe desgleichen. Gib und verlange nichts»."

Mein Bruder, versammle von neuem diejenigen, die den erleuchteten Weg auf diese Weise suchen, um dich herum und lerne, ihnen von deiner Weisheit zu geben und das, was du besitzest, mit ihnen zu teilen. Dies ist für dich eine Pflicht während der kommenden Monate. Dies wird dir nicht leicht fallen, wird jedoch den Loslösungsprozess fördern. Fange mit denjenigen an, die dir nahestehen, mit denen, die dich kennen und dich lieben und öffne gemeinsam mit ihnen ein wenig die Tür, zu der Suchende ihren Weg finden können; durch diesen geleisteten Dienst mögen sie vielleicht ihren Weg zu uns finden.

Februar 1936

MEIN BRUDER!

Du hast ein Jahr voller Anspannung und vieler Sorgen hinter dir. Aber dadurch bist du sehr gewachsen und subjektiv kann man in dir ein grösseres Mass von Freiheit erkennen als je zuvor. Du lernst, dich von den sich anklammernden Händen jener fordernden Persönlichkeiten freizumachen, die auf ungestüme Weise deine Aufmerksamkeit in ihrem Leben fordern. Diese Freiheit muss zunehmen, während du dich bemühst, den Bedürfnissen der dich Umgebenden vollkommen gerecht zu werden, doch gleichzeitig musst du damit fortfahren, dich mit zunehmender Macht von ihrem inneren Einfluss auf dich zu lösen. Sie dürfen dich in der inneren Festung deiner Seele nicht erreichen. Du musst lernen, dort losgelöst und furchtlos zu stehen.

Ich kann dich nicht stark genug zu dieser Loslösung drängen und bitte dich dringend, von nun an das Leben des Sannyasin mutiger zu leben. Vor zwei Jahren hätte ich nicht auf diese Weise mit dir sprechen können, denn du würdest es nicht verstanden haben, aber seit jenen Tagen hast du grosse Fortschritte gemacht, mein Bruder, und fängst an, in das Reich der Freiheit einzutreten, obgleich deine Freiheit bis jetzt nur relativ und unvollständig ist.