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VIERTER ABSCHNITT - PERSÖNLICHE UNTERWEISUNGEN FÜR JÜNGER - TEIL 9

Während du vorwärtsschreitest, musst du innerhalb der nächsten zwölf Monate zu einem klaren Verständnis meines ausdrücklichen Gebotes kommen, das ich dir früher gegeben habe: «Den Gipfel der Einsamkeit zu suchen, welcher der einzige Ort ist, wo Wahrheit erkannt werden kann.» Dies ist ein Gebot, deine Fähigkeit zu erhöhen, dich in den konzentrierten Punkt in dem erleuchteten Denkaspekt zurückzuziehen, zu dem dich niemand begleiten kann, und dort die Ankunft der Wahrheit zu erwarten, jener besonderen Wahrheit, die deine Persönlichkeit von deiner Seele verlangt und die zu begreifen du - zu irgendeiner gegebenen Zeit - für wesentlich hältst, wenn dein Dienst und dein Fortschritt richtig gefördert werden sollen. Diese Forderung, die auf einer erfühlten Notwendigkeit begründet ist, wird sich von Jahr zu Jahr ändern, aber es wird stets irgendeine Wahrheit, irgendein Aspekt des Verständnisses und irgendeine unmittelbare Offenbarung vorhanden sein, von der du weisst (absolut fraglos, ohne irgendeiner Erörterung zu bedürfen), dass du sie begreifen und erkennen musst, wenn du so vorwärtsgehen sollst, wie deine Seele und dein Meister es wünschen.

Was ist an diesem besonderen Zeitpunkt jene unmittelbar benötigte Wahrheit, Auskunft und Offenbarung, die du haben musst? Es ist nicht meine Angelegenheit, es dir zu sagen, obwohl ich es weiss. Durch das Formulieren dieser Notwendigkeit und dieses Erfordernisses wird dein Fortschritt erfolgen. Ich möchte dich bitten, nach Empfang dieser Unterweisung, nach ruhiger Erwägung in deinem Denken zu entscheiden, was dein eines unmittelbares geistiges Bedürfnis ist. Dann suche den Gipfel der Wahrheit in deinem Innern und erwarte dort die Offenbarung. Sie wird unfehlbar kommen, wenn dir genügend daran liegt und du die entsprechende Geduld hast.

Die beiden letzten Jahre sind vorbereitende Jahre für dich gewesen, selbst wenn du noch nicht weisst, wofür sie die Vorbereitung sind. Sie haben dich viel gelehrt. Aber an dieser Stelle möchte ich dich daran erinnern, dass aller Unterricht, alle Ausbildung und Erfahrung, denen du unterworfen worden bist, jetzt zu einem Punkt der Synthese innerhalb des erleuchteten Denkaspekts gebracht werden muss; er wird dann ein mächtiger Saatgedanke, der fähig ist, viel intuitive Wahrnehmung und spätere Erleuchtung hervorzubringen.

Willst du deshalb das [630] Folgende tun und den Vorgang, der unten umrissen worden ist, verfolgen:

1. Fasse in deinem eigenen Bewusstsein und im Licht deiner Seele das Wesen und den Zweck der Erfahrungen und Veränderungen, denen du unterworfen worden bist, zusammen. Bemühe dich, den grossen Umfang der Absicht zu erkennen und sei nicht von Einzelheiten in Anspruch genommen. Formuliere deine Schlussfolgerungen für dich selbst in klaren, kurzen Sätzen, damit die Lehren der Vergangenheit dir enthüllt werden können.

2. Dann entscheide in deinem Innern, was die nächste erforderliche Wahrheit, der nächste Typ der Offenbarung oder die Erfordernisse sind, die es dir ermöglichen werden, mit verstärkter Durchschlagskraft, klarerer Vision und wahrerem Einblick vorwärtszugehen. Dies wird nicht so leicht sein, wie es klingt, weil diese nächste Wahrheit die Vergangenheit mit der Zukunft des Dienstes - so wie du diesen Dienst erkennst - in Beziehung bringen muss.

3. Dann suche, während du diese beiden Gedankenlinien ruhig und klar in deinem Denkaspekt hältst, jenen «Gipfel der Einsamkeit», der gefunden werden kann, wenn er gebührend gesucht wird. Dort kannst du auf die gewünschte Wahrheit und Offenbarung rechnen und sie erwarten. Dann warte.

4. Wenn deine Intuition anfängt, sich zu bewegen und dein geduldiges Warten, ruhiges Erwägen und dein unveränderliches mentales Gleichgewicht ihre Belohnung in Form einer klaren Wahrnehmung bringen, dann bemühe dich, die erkannte Wahrheit und den Keim der Offenbarung auf die praktischen Angelegenheiten des Lebens anzuwenden. Dann wirst du finden, dass eine beständige Bereicherung deines ganzen Lebens stattfindet.

Dies wird eine reichlich belohnende Übung darstellen und bildet - wenn du es nur begreifen könntest - eine entschieden fortgeschrittene Meditationsform. Du wirst finden, dass dieser Meditationsentwurf ein äusserst interessantes Experiment ist.

Noch etwas, mein Bruder, diese Kriegszeit wird nicht von unbegrenzter Dauer sein. Das Ende ist bereits in Sicht, und auf seinen Abschluss musst du vorbereitet sein. Dies ist nicht nur eine weltliche, praktische Weisheit, sondern auch eine geistige Voraussicht. Deine Arbeit in meinem Ashram muss eines Tages entschiedener ein Aspekt meiner Arbeit in der äusseren Welt sein, als sie jetzt notwendigerweise [631] ist. Ich möchte, dass du über das, was du tun kannst, nachdenkst. Jünger in allen Ashramen (und meiner ist keine Ausnahme) sind zur Arbeit ihrem Ashram verpflichtet, und dies hast du stets gewusst. Obwohl es wahr ist, dass alle Arbeit geistig ist, wenn das richtige Motiv und die richtige Absicht vorhanden sind, sind Jünger jedoch definitiv zu gewissen hierarchischen Formen des Dienstes verpflichtet, die in allen Lebenstätigkeiten den Vorrang haben müssen, selbst während der Jünger - gleichzeitig - seine anderen Aufgaben in der äusseren Welt erfüllt, die auf seinen rechtmässigen Verpflichtungen und Verantwortungen und auf seiner Bürgerschaft beruhen. Berücksichtige dies entschieden und erinnere dich daran, dass ich den Beistand dieser ganzen Gruppe innerhalb meines Ashrams brauche. Ich habe auch ihre individuelle Mitarbeit und ihr Verständnis der Probleme, die gelöst werden müssen, nötig. Es ist mir gestattet, eine allgemeine Aufforderung auszusprechen und besondere Grundsätze und Tätigkeitslinien, welche die Arbeit meiner Jünger lenken sollten, zu erwähnen. Es ist mir nicht zu sagen erlaubt, wann und wo dieser Dienst geleistet werden soll.

Die Gruppenarbeit und die vier Stadien des Erwägens, die ich für dich umrissen habe, werden dir augenblicklich für dein geistiges Unternehmen genügen. Dieses und die Arbeit, die du in deinem gegenwärtigen Arbeitsgebiet leistest, bieten hinreichende Gelegenheit für Leben und Fortschritt. Meine Liebe und mein Segen gehören dir, und darauf kannst du dich verlassen.

November 1944

In deinem Bewusstsein ist gegenwärtig eine grössere Frage. Deine Seele hat dich gelehrt zu fragen; du hast das Gebot aufgenommen, dass ein Meister sein Ziel durch einen Vorgang des Fragens erreicht, auf dass er allein und ohne irgendwelche äussere Hilfe die Antwort findet. Dies ist dein fester verständnisvoller Glaube, und das ist gut. Die Frage, mit der du dich befasst, die noch einer Antwort bedarf, ist durch meine Erklärung in der letzten Unterweisung, die ich dir gab, hervorgerufen worden, dass die Arbeit des Ashrams stets die erste Verpflichtung des Jüngers ist.

Notwendigerweise unterscheidet diese Arbeit sich je nach dem Rang des Jüngers und seinem Platz innerhalb des Ashrams. Ich habe euch (in verschiedenen Gruppenunterweisungen) die Stadien [632] der Jüngerschaft gegeben. Dies waren Stadien innerhalb des Bewusstseins des Jüngers, und sie betrafen seine Beziehung zum Meister. Sie beschrieben seinen Fortschritt von einem seltenen Kontakt bis zu einer Stellung in der Nähe des Meisters im einzelnen. Es ist jetzt wertvoll, diesen individuellen Schritten jene hinzuzufügen, welche die Stellung eines Jüngers innerhalb des Ashrams betreffen, und zwar vom Gesichtspunkt seiner ashramischen Pflichten und seines ashramischen Dienstes. Dies ist etwas anderes, und obgleich diese Stadien mit dem Wechselspiel zwischen ihm und seinem Meister in Beziehung stehen, befassen sie sich mit Tätigkeit und mit den Ergebnissen seines sich erweiternden Bewusstseins innerhalb der hierarchischen Bewusstheit. Sie stehen in Beziehung zu seiner Wahrnehmung der Wahrheit, wenn Reaktion auf die Strahlung des Meisters gewisse Entwicklungen in ihm hervorruft, gewisse Eigenschaften und neue charakteristische Kennzeichen anregt und sein Denken erleuchtet.

Diese Stadien im Dienst und in der Erkenntnis der Pflicht und Verpflichtung stehen mehr mit dem Rang als mit Seelenwachstum und Kontrolle in Beziehung, obgleich dies Wachstum einer der entscheidenden Faktoren hinsichtlich seiner Stellung im Ashram ist. Lass mich sie aufzählen und es dir überlassen, dich selbst in die Kategorie der Diener, zu denen du gehörst, einzuordnen und es dir gleichfalls überlassen, der Welt das Wesen deiner ashramischen Stellung aufzuzeigen. Ich will dir die esoterischen Namen und Symbole dieser Unterscheidungen geben.

1. Das Stadium «des erwachenden Dranges». Das Symbol dieses Stadiums ist das halbgeöffnete Auge. Der Neophyt, der gerade in den Ashram zugelassen worden ist, wird (wie das Buch der Unterweisungen für Neophyten es ausdrückt) «das Opfer des doppelten Gesichts». Mit dem rechten Auge sieht er einen überschatteten Weg in den zentralen Ashram; von einem Punkt zum andern, vom Licht zur Dunkelheit und von der Dunkelheit zum Licht, wie die Säulen den Weg andeuten, sieht er einen engen Gang und am Ende einen Raum. Innerhalb dieses Raums erscheint und verschwindet die vorübergehende Gestalt des Meisters. Mit dem linken Auge ist eine Welt voller Nebel, Düsternis und Schattenformen zu sehen - ein Land des Kummers und schrecklichen Elends, in dem Licht und Schatten sich hin und her bewegen. Aus diesem düsteren Land heraus ertönt ein Schrei: «Wir brauchen deine Hilfe. Wir können nicht sehen. Komm her mit dem Licht.» In diesen Sätzen ist die erste Reaktion des neuen Jüngers auf das Doppelleben verkörpert, zu dem seine Zulassung zum Ashram ihn verpflichtet hat - das Leben ashramischer Unterweisung [633] und der beständigen Annäherung zum Meister und das Leben des äusseren Dienstes, das als Reaktion auf Bedürfnisse und nicht als Erfüllung einer auferlegten Pflicht erfolgen muss. Er sieht in keiner Richtung klar. Erinnere dich stets daran, dass Annäherung und Dienst selbst in die Wege geleitet und selbst durchgeführt werden müssen. Die einzige Hilfe, die der Jünger in diesem Stadium empfängt, kommt von der anregenden Wirkung der Aura des Ashrams.

2. Das Stadium des «Vorrückens». Hierbei beziehe ich mich nicht auf den Fortschritt des Verständnisses. Das ist in Zeit unfehlbar und im Raum selbstverständlich, wenn die Entschlossenheit des Jüngers unerschütterlich ist. Ich beziehe mich auf den Vorgang seines Vorwärtsschreitens (technisch verstanden) den Säulengang entlang, gleichzeitig mit seiner Erscheinung als ashramischer Arbeiter in der äusseren Welt. Es gibt einen Ausdruck, der gewöhnlich im nachteiligen Sinn des «gesellschaftlichen Strebers» angewandt wird. Er bezieht sich auf einen Menschen, der, weil er mit seiner gesellschaftlichen Stellung und seinen gesellschaftlichen Kontakten und gesellschaftlichen Beziehungen unzufrieden ist, jede nur mögliche Methode gebraucht, um in jene gesellschaftlichen Kreise einzudringen, die unerreichbar erschienen. Es ist ein Gemeinplatz zu sagen, dass alle unwürdigen Zielsetzungen (weil sie falsch motiviert sind) die niederen Entsprechungen oder symbolischen Ausdrücke (selbst wenn sie entstellt sind) höherer Ziele und Aspirationen sind. Dieser Gedanke sollte dein Denken klären. Ein Jünger in diesem Stadium ist ein Mensch, dessen Charakter und Fähigkeiten es ihm erlaubt haben, in den Ashram einzutreten, mit der vollen Einwilligung seiner Mitgliedschaft. Er verweilt jedoch an der Peripherie seiner Tätigkeiten; er weiss, dass hier Tätigkeiten, Kontakte, und Beziehungen - innerhalb des ashramischen Wirkungskreises - vorhanden sind, an denen er eines Tages teilhaben kann. Er weiss aber ebenfalls, dass er die Bedeutung der paradoxen Erklärung meistern muss, mit der seine in Worte gefasste Aspiration beschrieben wurde: «Gehe aus der Tür hinaus und verlasse den Ashram, wie er war und wie du bist. Suche einen anderen Eingang. Finde das, was du suchst, dadurch, dass du es zurücklässt; geh vorwärts durch die Kunst zurückzugehen.»

Im flammenden Licht des Ashrams ist es dem Jünger klar, dass er das Recht noch nicht verdient hat, den Gang entlang zum Heiligtum des Meisters zu gehen, sondern dass er in die Welt der Menschen, der Dunkelheit und des Schmerzes hinausgehen [634] muss; dann kann er zum Ashram zurückkehren, um Kraft zu schöpfen, um sein Werk draussen fortzusetzen. Was ausserhalb der Tür des Ashrams liegt, symbolisch gesprochen, wird für ihn von grösserer Bedeutung als sein eigener Erfolg, den Gang entlangzugehen. Als seine beiden Augen «im zweifachen Licht zu funktionieren begannen», wurde sein Gefühl für richtige Bewertung angepasst, und seine eigene zunehmende Befriedigung wird ihm weniger wichtig als das, was er tun kann, um den Schmerz und das Elend ausserhalb der Tür zu lindern.

3. Das Stadium, «jede Säule hinter ihrem eigenen Schatten zurückzulassen». Es ist nur ein Gemeinplatz, darauf hinzuweisen, dass der Jünger, wenn sein Dienst vorwärtsgeht und die Wirksamkeit dieses Dienstes zunimmt, wenn er die Tür des Ashrams betritt, entdeckt, dass er nicht mehr auf der inneren Seite der Tür steht, sondern bereits eine bestimmte Strecke in den Gang eingedrungen ist. Gewisse Säulen hat er hinter sich gelassen. Einer der Meister - wobei ich das Wort in seinem richtigen Sinn gebrauche - hat diese symbolischen Säulen die «Säulen der Führung» genannt, womit er meinte, dass jede Säule, an welcher der Jünger vorübergeschritten ist, die Erlangung gewisser Aspekte angemessener Führung andeutet. Wenn diese Aspekte des Verhaltens entwickelt werden, kann der Jünger nach Willen auf dem Gang hin und hergehen, was für ihn bis jetzt noch unentwickelte ashramische Führung symbolisiert. Diese Säulen verkörpern die letzte Phase der Illusion - jene Illusionen, die den Jünger verwirren, aber keinerlei Wirkung auf irgendjemand ausserhalb des Ashrams haben. Diese musst du selbst entdecken. Du musst noch die Fähigkeit entwickeln, an fünf Säulen vorüberzugehen, ehe du die vollständige Freiheit des Ashrams besitzt. Du hast bereits gelernt, an sieben von ihnen vorüberzugehen, und sie existieren für dich jetzt nicht mehr.

4. Das Stadium der «sich zurückziehenden Nische». Ich muss diese Bewusstseinsaspekte in materielle und symbolische Formen kleiden, um dich bildlich auf die Annäherungsphasen, die du und alle Jünger verfolgen müssen, aufmerksam zu machen. Die Säulen (wieder symbolisch) stehen nicht mehr auf beiden Seiten deines Weges der Annäherung. Obwohl sie für andere noch vorhanden sind, hast du nichts mehr mit ihnen zu tun. Der Weg streckt sich klar und deutlich vor dir aus. Die Hoffnung einer freien Zulassung in das Zimmer, wo der Meister [635] arbeitet, ist eine vorhandene Möglichkeit. Aber innerhalb des Ashrams ist ein Vorzimmer zu dem Ort, wo er arbeitet, das die Zurückgezogenheit des Meisters schützt, und in diesem Vorzimmer führt sein ältester Jünger die Aufsicht. Dieser Jünger schützt den Meister vor ungebührlicher Störung, ist verantwortlich für die Sorge für seinen physischen Körper, wenn er in «Samadhi» geht, hat das Recht, ihn in Augenblicken eines Notfalls zu unterbrechen, und der Meister kann ihm vertrauen, stets in seinem Studierzimmer ein und aus zu gehen, wenn er es für wünschenswert hält. Diese Einrichtung macht es erforderlich, dass der vorwärtsschreitende Jünger den älteren Jünger erkennt; dieser Erkennungsvorgang stellt oft die letzte Prüfung dar, ehe ihm Zutritt durch die innere Tür gewährt wird.

5. Das Stadium, dem der Name «das Recht zum Eintritt» gegeben worden ist. Wenn dieses Stadium erreicht worden ist, kann der Jünger kommen und gehen, wie seine Seele und die Notwendigkeit seines Dienstes in der äusseren Welt es ihm eingeben werden. Er hat die Empfindungsfähigkeit entwickelt, zu wissen, wann er in die Gegenwart des Meisters eindringen darf und wann nicht. Er findet, dass ihn, wenn er diesen Punkt erreicht hat, jedes Verlangen, den Meister zu seiner eigenen Befriedigung oder Hilfe zu erreichen, verlassen hat. Nur eines sendet ihn auf den Flügeln des Lichts den Gang entlang und stärkt seine Hand, die Tür weit zu öffnen, und das sind Weltbedürfnisse.

Unter diesen Symbolen wirst du die Lehre, die ich dir zu übermitteln suche, entdecken, mein Bruder. Ich wies dich in meiner letzten Unterweisung auf die Notwendigkeit hin, einen Gipfel der Einsamkeit zu erreichen, denn auf jenem Gipfel liegt für dich das, was du brauchst. Was dies ist, musst du selbst ausfindig machen. Hast du etwas über diesen einsamen Ort gelernt? Wenn dies der Fall ist, mag deine nächste Entwicklung (ich habe nicht gesagt «würde») die einsamen Augenblicke erforderlich machen, die du verbringst, während du von einer Säule zur anderen den Gang entlang gehst, von den Bedürfnissen derer angespornt, denen du zu dienen suchst. Dann wird der Augenblick kommen, wo der älteste Jünger für dich das Ende der Einsamkeit symbolisieren und dich als Bruder begrüssen wird. Was später zwischen dir und dem Meister stattfindet, ist dein eigenes individuelles Geheimnis, das du mit ihm teilst.

Ein Punkt, den ich heute dir gegenüber betonen möchte, ist die Notwendigkeit, dass du sicherer erkennst, dass der Weg in das Heiligtum der [636] Weg äusseren Dienstes ist. Dieser Dienst darf weder von den Schwierigkeiten der Zeit noch von finanziellen Erwägungen oder dem Geheiss der Persönlichkeit motiviert sein. Er mag den Ort, wo deine äussere Arbeit getan wird, umfassen oder auch nicht; er mag einen Wechsel deines Hintergrunds und deiner Umstände notwendig machen, aber der Jünger dient - wenn er seiner Seele und dem Ashram gegenüber treu ist - seinen Mitmenschen sowohl als Esoteriker als auch als Menschenfreund und Psychologe. Dies ist ein Punkt, den du begreifen musst. Dann musst du die übernommenen und in Angriff genommenen Aufgaben in das symbolische Bild, das ich dir gegeben habe, einfügen. Ich rechne mit deinem Verständnis, weil ich keine müssigen Worte rede; ich rechne auch damit, dass du meiner nächsten Erklärung Überlegung und ruhige Erwägung entgegenbringen wirst.

Ich habe eine bestimmte Arbeit geplant, welche die Mitglieder meines Ashrams durchführen müssen; es ist eine Arbeit, die du unternehmen kannst. Sie steht mit der grösseren Aufgabe des guten Willens, die mir so sehr am Herzen liegt, in Beziehung; sie wird deinerseits Opfer und womöglich das Aufgeben geringerer Ziele notwendig machen. Wenn du sie erkennst, wird es bedeuten, dass die «Säulen, welche die Annäherung zum Heiligtum deines Meisters schützen» hinter dir gelassen werden können; du wirst den Punkt erreicht haben, wo du den «Raum der Zurückgezogenheit» betreten kannst. Wiederum spreche ich in Symbolen. Du bist fast sechzig Jahre alt, mein Bruder. Das dreiundsechzigste Jahr deines Lebens wird, wie im Leben aller Jünger, ein Jahr der Krise und höchsten Gelegenheit sein, und diesem Punkt solltest du entgegensehen, und hierfür solltest du Vorbereitungen treffen. Die Zwischenzeit sollte eine Zeit sein, während der du an den Säulen vorübergehst, während der du von einem Punkt zum andern gehst, während du dein Bewusstsein unverwandt innerhalb des Ashrams aufrecht erhältst und deine Persönlichkeitstätigkeit die Aufgabe verfolgt, die ihr von deiner Seele auferlegt worden ist.

Du wirst bald einer grundlegenden Entscheidung gegenüberstehen, und von dieser Entscheidung wird dein Recht des Eintritts, technisch verstanden, abhängig sein. Ich darf dir nicht einmal das Wesen der kommenden Krise andeuten, noch darf ich dir irgendeinen Fingerzeig in bezug auf die Richtung geben, in der deine Entscheidung fallen sollte. Ich habe jedoch Vertrauen zu dir, denn du hast während der letzten fünf Jahre viel gelernt; du bist von einem Punkt der Stärke zum anderen und von einer Säule zur anderen gegangen; selbst wenn du dir nicht darüber klar warst. Du [637] wirst das Wesen deiner Stärke entdecken, wenn die Notwendigkeit der Entscheidung dir entgegentritt. Ich erwarte dich im inneren Raum.

August 1946

Heute habe ich dir nichts von grösserer Wichtigkeit zu sagen, mein Bruder. Meine letzte Unterweisung für dich war lang und von lebenswichtiger Bedeutung. Du hast ihren vollen Sinn noch nicht aufgenommen. In jener Unterweisung waren zwei Sätze, die ich nochmals in deinem Bewusstsein betonen möchte. Sie sind:

1. Der Weg in das innere Heiligtum ist der Weg äusseren Dienstes.

2. Das dreiundsechzigste Jahr deines Lebens wird - wie im Leben aller Jünger - ein Jahr der Krise und von hervorragender Gelegenheit sein.

Diese beiden Erklärungen stehen in enger Beziehung zueinander. Krisen können objektiv oder subjektiv sein, mein Bruder; sie können auf der physischen Ebene stattfinden und sind dann vom geistigen Gesichtspunkt aus nicht von so grosser Bedeutung, obwohl sie der Persönlichkeit viel Leid und viele Schmerzen verursachen; sie können auf der emotionalen oder mentalen Ebene ins Bewusstsein treten und dann bieten sie Gelegenheit zur Handlung, aber meistens für Handlungen, die mit der Persönlichkeit verbunden sind. Oder sie können das Ergebnis der Absicht der Seele sein, welche die Persönlichkeit registriert und die im Gehirn aufgenommen wird; dann sind sie von hervorragender Bedeutung, bleiben jedoch sehr häufig unerkannt, wenn der Jünger nicht sehr wachsam und sich beständig des zyklischen Fliessens geistiger Energie bewusst ist.

Einer solchen Krise stehst du gegenüber. Hat deine geistige Empfindungsfähigkeit während der letzten paar Jahre zugenommen, so dass du sicher sein kannst, dass du die Krise, wenn du ihr gegenüberstehst, als die Gelegenheit, die sie bietet, erkennen kannst? Dies sind die Punkte, die ich dich zu erwägen bitten möchte, denn auf deinem Erkennen und deinen Entscheidungen beruht viel Brauchbarkeit während des Rests deines Lebens - das heisst, vom Gesichtspunkt des Ashrams.

Mit dieser Vorstellung ist eine eigenartige Schwierigkeit verbunden, nämlich die Tatsache, dass vor der Mehrzahl der Gruppenmitglieder verhältnismässig nur noch ein paar Jahre liegen. Hier sind vier der Schwierigkeiten, welche die vernünftige und glückliche [638] Verwirklichung des zukünftigen Überganges verhindern:

1. Die Neigung, sich zur Ruhe zu setzen und den Standpunkt einzunehmen, dass man sein Bestes getan hat und dies alles ist, was von einem erwartet werden kann. Dies macht die paar verbleibenden Jahre einfach zu einem Ausdruck der Gewohnheit und eines festgelegten Charakters und verhindert das Unternehmen irgendeines neuen geistigen Wagnisses.

2. Eine Erkenntnis, dass man sein Hochwasserstandszeichen für dieses Leben erreicht hat, und dass nichts mehr erwartet werden kann. Dies mag vom Standpunkt der Persönlichkeit aus wahr sein, aber die Seele bleibt ewig jung und unbefriedigt, da sie keinen statischen Punkt kennt.

3. Eine Voreingenommenheit, die jedes Jahr zunimmt, gegen die Vorgänge des Alterns mit ihren Belastungen, ihren körperlichen Symptomen und ihrer Hässlichkeit und ihrem erforderlichen (?) Zurückziehen. Dies ist eine übliche und gewöhnliche Art, sich dem Lebensabend zu nähern, und das gewohnheitsmässige Verfahren der grossen Mehrzahl. Sorge dafür, dass es nicht das deine ist, wenn das nächste Jahrzehnt verstreicht.

4. Die Erkenntnis, dass die Seele, die sich des vollen Reichtums der aufgespeicherten Erfahrungen des Lebens erfreut, nun frei ist zu dienen. Keine neuen Probleme werden in Angriff genommen; keine neuen Disziplinen werden auferlegt; aber der Jünger gebraucht alles, was er hat, im Dienst des Ashrams, und zwar den Rest seines Lebens lang.

Ich suche dir alle diese Punkte zur Betrachtung nahe zu legen, denn sie verkörpern Wahlen, die dich erwarten, und es ist dein Recht zu wissen, worin sie bestehen. Ich will keine weiteren Bemerkungen machen, abgesehen davon, dass ich betone, dass eine bestimmte und bewusste Wahl getroffen werden muss, und es dir freizustellen, die Angelegenheit zu überdenken.

Du hast in der Vergangenheit viel getan, um die von mir geplante Arbeit zu fördern. Heute gehörst du zu denen, die Interesse daran haben, ihr geistiges Unternehmen zu entdecken. Entdecke es, mein Bruder, und unternimm etwas, was in der Verwirklichung [639] (ich gebrauche nicht das Wort Offenbarung) des Reichs Gottes auf Erden mitrechnet. Nimm ein neues und wachsames Interesse an den hierarchischen Plänen und passe dich der Zeiteinteilung meiner ashramischen Zielsetzungen an. Ordne dein Gefühl für rechte Bewertungen, die sich seit kurzem beträchtlich geändert haben (ich sage nicht ob sie sich zum Guten verändert haben oder nicht, denn das ist deine eigene Angelegenheit) und sorge dafür, dass dein Leben in der Stunde der Not der Menschheit von Belang ist.

Hinsichtlich deiner Meditationsarbeit mache ich die folgenden Vorschläge:

1. Richte dich dynamisch auf den Ashram und mich, deinen Meister aus und denke eine Zeitlang über deine Beziehung zu mir und ihre verschiedenen Folgerungen nach.

2. Richte dich auf die geistigen Unternehmungen aus (denn es sind mehrere), die unter meiner Leitung aus dem Ashram hervorgehen, und erwäge deine Verantwortung ihnen gegenüber.

3. Richte dich auf deine erwählte tägliche Arbeit aus und überlege, wo sich Gelegenheit bietet, die in die geistige Vision, die alle Jünger in sich tragen, eingefügt werden kann.

4. Richte dich auf deine eigene Seele aus und erwäge, welcher Art die Pflichten und Verantwortungen und Beziehungen dieser Seele in allen drei Welten der Erfahrung sind.

5. Dann lass das OM dreimal ertönen, um den Denkaspekt zu klären; beruhige alle emotionellen Reaktionen und bemühe dich, dein Gehirn empfangsfähig für die höhere geistige Beeindruckung zu machen.

6. Dann rede mit mir in deinen eigenen Worten und als die Seele und besprich dein Leben und deine geistige Absicht mit mir. Ich werde nicht reagieren, aber (denke daran) alles, was die Fähigkeit hat, in den Ashram einzudringen, wird protokolliert.

7. Sprich die Neue Invokation, wobei du das OM nach jeder Strophe ertönen lässt.

8. Schliesse deine Meditation ab, indem du - als die Persönlichkeit und mit Betonung - sprichst: «Möge ich meine ganze Pflicht tun, während ich deinen geheiligten Füssen entgegengehe.»

Du hast mich nun [640] seit sehr vielen Jahren gekannt, mein Bruder. Ich bleibe derselbe und unverändert, daher sind meine Liebe, meine Kraft und mein Verständnis Faktoren, auf die du jederzeit sicher zählen kannst.

An E. E. S.

August 1940

BRUDER VON ALTERSHER UND MITARBEITER!

Dieses Jahr und tatsächlich während der letzten drei Jahre haben sich viele Probleme in deinem Leben ergeben, und sie sind noch durch die Tatsache erschwert worden, dass der physische Körper nicht so funktioniert, wie er sollte. Mit diesem Zustand musst du zu leben lernen, indem du ihn mit gebührender Weisheit behandelst und ihn gleichzeitig im Dienst der Menschheit und in unserem Dienst ignorierst. Die eine Haltung setzt richtige körperliche Pflege voraus, die andere Haltung schlägt den Ton für die mentale Reaktion an. Ich denke, dass du dies weisst und auf diese Lebensweise erfolgreich hinarbeitest. Ich erwähne es, weil eins der Dinge, die alle Jünger (vor der Einweihung) erreichen müssen, eine richtige mentale Haltung jenem Aspekt des physischen Körpers gegenüber ist, der nicht als Prinzip angesehen wird und der nur der Automat der hereinströmenden Kräfte und des inneren Menschen ist. Die Energie, die den physischen Körper beherrscht, strömt von jenem Aspekt oder jenen integrierten Aspekten, wo der Brennpunkt des Bewusstseins liegt. Vollkommene Gesundheit wird daher dann erlangt werden, wenn der Brennpunkt des Bewusstseins beständig in der Seele ist. Dies ist gegenwärtig für keinen von euch möglich, wegen des Evolutionspunkts und auch wegen der Massenbeziehungen und des Massenkarmas, das dem individuellen Karma hinzugefügt wird.

Du handhabst die Situation angemessen, mein Bruder, und ich brauche dir nicht zu sagen, wo ein Ausdruck des Seelenlebens auferlegt werden könnte, denn du bist dir deiner eigenen Begrenzungen und deiner eigenen Schwächen bewusst. Dein physischer Körper auf dem ersten Strahl leistet dir in vieler Hinsicht gute Dienste. Sorge dafür, dass die Neigung des ersten Strahls, sich von Kontakt zu der isolierten Unnahbarkeit des ersten Strahls zurückzuziehen, dich auf der physischen Ebene nicht ungebührlich beeinflusst. [641] Du wirst wissen, auf welche Neigung ich mich beziehe. Das Ziel deines ganzen Lebens ist augenblicklich, anderen dadurch liebende Kraft zu geben, dass du selbst die Quelle aller Liebe erschliesst. Es gibt Menschen, denen du helfen kannst. Gegenwärtig wirst du dies dadurch tun, dass du ihnen zunehmendes liebevolles Verständnis zukommen lässt.

Was gewisse Probleme der Tätigkeit, die dir bekannt sind, anbetrifft, so möchte ich dich ermutigen, beharrlich mit grosser Vorsicht und Behutsamkeit fortzufahren. Die ersten Stadien der Arbeit, die du zu tun suchst, sind etwas gefährlich, was dir ebenfalls bekannt ist. Diese Schwierigkeiten werden, wenn sie erfolgreich überwunden werden, dazu führen, später andere Gefahren in deiner geplanten Arbeit zu verringern. A. A. B. will mit dir über diese Angelegenheit reden, wenn du es wünschst, und wird dir meine Vorschläge übermitteln, wann immer du sie haben möchtest. Ich habe mit ihr gesprochen und sie mit ihnen bekannt gemacht, daher ist meine Mitteilung für dich diesmal so kurz. Du wirst es verstehen.

Ich habe jedoch eine Meditation, die ich dich zu befolgen bitten möchte, und zwar dynamisch. Dabei meine ich: Werde einfach ein Konzentrationspunkt, wenn du meditierst, und lösche alle persönlichen Probleme und Zustände vorübergehend aus deinem Bewusstsein aus. Um diese Konzentration hervorzurufen, will ich dir eine Atemübung mit der Meditation geben.

1. Entspanne dich und wende die Augäpfel nach oben. Das Hindusystem, die Augäpfel aufwärts zu rollen, hilft tatsächlich in dieser Angelegenheit, und der Punkt, wo die Augenlider aufhören zu zittern oder wo es vergessen wird, deutet den Punkt verhältnismässigen physischen Gleichgewichts an.

2. Atme siebenmal tief ein, langsam und ohne Anspannung, und während du dies tust, stelle dir bildlich vor, dass du mit jedem Atemzug immer höher emporsteigst. Um dies zu erleichtern, stelle dir vor, dass du sieben steile Stufen hinaufsteigst.

3. Dann lass das OM auf deinem höchsten Punkt ertönen, wobei du seine Kraft durch einen Willensakt im Kopf zurückhältst, jedoch ohne jegliche Anspannung und ohne Druck. Das Zurückhalten von Energie ist keine physische Angelegenheit, sondern ein mentaler Vorgang. Dies ist ein Gegenstand von Bedeutung.

4. Dann beachte, während du das Bewusstsein so hoch im Kopf hältst wie möglich, wie lange du die Stellung des Lauschens aufrecht erhalten kannst, ohne negativ zu werden oder die [642] Erinnerung zu verlieren, wer du bist oder was du tust. Gib bei dieser Arbeit niemals das Gefühl der persönlichen Identität auf. Bis ich es dir gestatte, halte diese lauschende Haltung nicht mehr als drei Minuten lang aufrecht.

5. Dann atme das OM durch das Ajnazentrum, das Zentrum zwischen den Augenbrauen, aus und sprich:

«Ich wähle den Weg des Auslegers und darum bitte ich um Licht.»

«Ich wähle den Weg liebevoller Lenkung und darum bitte ich um die Fähigkeit emporzuheben.»

«Ich wähle den Weg der Inspiration und darum bitte ich um fliessendes Leben.»

«Ich wähle den Weg der Integrierung und darum bitte ich um das Siegel des Schweigens.»

6. Dann lass das OM siebenmal ertönen und fahre mit der Gruppenmeditation fort.

Jeder dieser Sätze hat drei esoterische Bedeutungen. Nimm je einen der obigen Sätze einen Monat lang und dann wiederhole den Vorgang der Erwägung zweimal, um auf diese Weise die Arbeit auf ein Jahr zu erstrecken. Versuche, ob du tiefere Bedeutungen entdecken kannst als diejenigen, die an der Oberfläche erscheinen.

ANMERKUNG: Diese letzte Unterweisung für diesen Jünger folgt unmittelbar auf diejenige, die im Band I, Seite 856, abgeschlossen wurde, und die dort gegebene Anmerkung ist noch gültig.

An D. P. R.

Januar 1940

Das Leben ist so schwer für dich gewesen, mein Bruder, dass ich zögere (weil ich Verständnis für vieles von dem habe, was du erduldest), dir irgendwelche weitere Bürden der Selbstdisziplin oder ein Leben stärkerer Innenschau aufzuerlegen. Du hast inmitten deiner Welt gestanden und zugesehen, wie sie um dich herum zusammengestürzt ist; du hast für diejenigen, die durch engste Bande mit dir verbunden sind, als ein Turm der Kraft gestanden und hast [643] sie nicht im Stich gelassen; du hast dein Gefühl für richtige Bewertungen klar bewahrt, während du gesehen hast, wie die materiellen Werte sich in Luft auflösten. Es ist natürlich wahr, dass du noch ein paar persönliche Verblendungen hast und dich durch deine eigenen hochgradigen Reaktionen auf Umstände und Menschen täuschen lässt, aber ich bezweifle, dass irgendetwas dadurch gewonnen werden würde, wenn deine Aufmerksamkeit gegenwärtig darauf gelenkt würde.

Bleibe deshalb standhaft und sei nicht übermässig bekümmert. Vermeide wenigstens eine Verblendung, nämlich die Verblendung, dass es deine Aufgabe ist, alle Verantwortungen auf dich zu nehmen und alle endgültigen Entscheidungen zu treffen. Überlasse anderen die Gelegenheit, die du selbst so sehr willkommen heisst, die nötigen Lektionen zu lernen, Bruder von altersher. Versuche nicht übermässig emporzuheben und zu beschirmen, denn der beschützende Mutter-Komplex ist an sich eine Verblendung.

Meine Liebe und meine Kraft stehen dir stets zu Diensten.

August 1940

MEIN BRUDER!

Eine der hervorragendsten kennzeichnenden Eigenschaften des verpflichteten Jüngers ist, dass er es lernt, fest und unerschütterlich zu stehen, was ihm auch immer zustossen oder was sich in seiner Umgebung ereignen mag. Heutzutage stösst den Jüngern vieles zu, denn sie sind der ganzen Wucht des Weltumsturzes ausgesetzt. Du magst dies vielleicht für eine erstaunliche Erklärung halten, aber ich möchte dich bitten, dessen eingedenk zu sein, dass Jünger den vorherrschenden Zuständen auf allen drei Ebenen zugleich ausgesetzt sind und sich gleichzeitig bemühen, als Seele zu leben. Die Richtigkeit meiner Erklärung ist daher einleuchtend, wenn du die Folgerungen ein paar Minuten lang erwägen willst. Überall herrscht entsetzliches Leiden. Physisch und emotionell müssen die Menschen in der ganzen Welt mit dem äussersten Schmerz fertig werden. Der angenommene Jünger leidet jedoch auch mental, und hier muss noch seine Fähigkeit hinzugefügt werden, sich mit dem Ganzen zu identifizieren; auch seine ausgebildete Vorstellungskraft bereitet ihm besondere Schwierigkeiten, denn er kann Möglichkeiten einschliessen, die andere sich nicht vorstellen können, und seine Sphäre des Einflusses oder sein Begreifen des Plans ist vermutlich grösser; er bemüht sich auch, seine Kenntnis dieses Plans auf die ihn unmittelbar umgebende Situation anzuwenden, und versucht angestrengt, [644] sie zu verstehen und sie gleichzeitig anderen auszulegen, ohne Rücksicht auf das, was er in seinem eigenen persönlichen Leben durchmachen mag.

In vielen Fällen, so wie in dem deinen, neigen die umgebenden Umstände und die erwählten Mitarbeiter dazu, die Dinge zu komplizieren, und du stehst daher heute deiner hauptsächlichen Lebenskrise gegenüber, und ich möchte noch hinzufügen, du tust es zufriedenstellend.

Es gibt viele Arten von Krisen im Leben aller Aspiranten, aber im Fall von denjenigen, die verpflichtete Jünger sind, ereignen sich stets zwei grössere Krisen in ihrem Leben. Erstens die Krise der Gelegenheit und ihr weises Erkennen. An irgendeinem Zeitpunkt steht jeder Jünger einer entscheidenden Wahl gegenüber, die schliesslich zu der kennzeichnenden Natur seines Lebensdienstes führt. Dies findet gewöhnlich zwischen dem fünfundzwanzigsten und vierzigsten Lebensjahr statt, gewöhnlich im Alter von ungefähr fünfunddreissig Jahren. Ich beziehe mich hier nicht auf die Wahl, die jeder gesunde und normale Mensch treffen muss, wenn er sich für seine Lebensarbeit, seinen Wohnsitz und seine Lebensgenossen entscheidet. Ich beziehe mich auf die freie Wahl, die dann getroffen wird, wenn diese anderen geringeren Wahlen getroffen sind. Einer solchen Wahl standest du in deinen jüngeren Jahren gegenüber. Diese Krise der Gelegenheit bezieht sich stets auf den Lebensdienst. Dies trifft zu trotz des Karmas oder der Umstände der Umgebung. Es ist keine Wahl der Persönlichkeit, die auf zweckdienlichen und irdischen Motiven, Notwendigkeit oder irgendetwas anderem begründet ist. Es ist eine Wahl, die auf der Beziehung der Seele zur Persönlichkeit beruht und der nur Jünger gegenüberstehen.

Die zweite Krise ist die Krise des Ausdrucks. Diese kommt gewöhnlich während der späteren Jahre im Leben eines Jüngers. Sie betrifft seine festgelegte Lebenstendenz und stellt alles, was er glaubt, und alles, für das er während seiner ganzen Lebenserfahrung eingetreten ist und gekämpft hat, auf die Probe. Es ist stets eine schwere und bittere Prüfung, die tief bis an die Wurzeln seines Lebens geht, und für diejenigen, welche für Einweihung vorbereitet werden, ist sie besonders akut. Die Umstände der Prüfung mögen scheinbar nicht schwieriger sein als die Prüfungen und Schwierigkeiten, die andere Menschen befallen, aber wie ich oben bereits betont habe, muss ihnen auf allen Ebenen gleichzeitig begegnet werden. Seelenenergie ist stets dabei betroffen, und dies verstärkt die Reaktion jedes einzelnen Körpers des niederen Menschen und auch diejenige der Persönlichkeit als Ganzes, des integrierten Menschen. Das Stadium der Empfänglichkeit, das jeder Jünger in bezug auf seine Umgebung, seine Genossen und seinen Dienst [645] erlangt hat, vergrössert seine Schwierigkeiten ausserordentlich. Ich erkläre dies etwas im einzelnen, da mir daran liegt, dass du das Wesen deines Problems begreifst und es daher mit grösserer Gelassenheit, grösserem Verständnis und Erfolg handhaben kannst. Eine Krise der Gelegenheit liegt hinter dir. Du hast sie richtig angepackt. Heute stehst du deiner Krise des Ausdrucks gegenüber, und du wirst durchkommen; wahrer Erfolg hängt von besonderen Leistungen auf den inneren Ebenen und davon ab, ob du jeder Situation die wahren Werte abringst, und von diesen sind Werte, die auf der physischen Ebene begründet sind, bei weitem die unwichtigsten.

Wenn ihr alle die Unterweisungen, die ich den einzelnen Gruppenmitgliedern und der Gruppe selbst gegeben habe, studieren wollt, werdet ihr finden, dass ich euch bestimmte Unterweisungen über den Weg der Einweihung gebe. Eure Reaktion und euer Forschen liegen jedoch mehr auf dem Gebiet esoterischer Erkenntnis als auf dem Gebiet des Empfangs neuer Tatsachen. Während der letzten paar Jahre und Jahrzehnte ist so viel über Einweihung bekanntgegeben worden; es ist grösstenteils esoterisch ausgedrückt und exoterisch empfangen worden; und der wahre Sinn der Lehre ist verschleiert worden. Meine Aufgabe in bezug auf euch besteht nicht so sehr in der Mitteilung neuer Tatsachen, Wahrheiten, Gesichtspunkte und interessanter Punkte, als in dem Erwecken desjenigen, was euer Denkaspekt bereits als Theorie und Hypothese empfangen hat, zur Wirklichkeit.

Du stehst heute an einem grösseren Krisenpunkt, mein Bruder, und du stehst allein. Diejenigen in deiner unmittelbaren Umgebung können dir keinen besonderen Beistand leisten, denn sie sind noch nicht auf dem Pfad der Jüngerschaft. Sie sind in den allerersten Stadien des Probepfads und sind sich auch dessen noch nicht bewusst. Du hast heute nur drei Kraftquellen:

1. Zu allererst deinen Kontakt mit deiner eigenen Seele durch Meditation, Erwägung und Freude.

2. Deinen Kontakt mit mir, deinem Meister, weil dich etwas von der Kraft der Welt der Seelen und der Hierarchie durch mich erreichen kann.

3. Deine Gruppenbrüder in dieser neuen Saatgruppe.

Ich möchte darauf hinweisen, dass in [646] diesen drei Kontakten - vom Standpunkt der Anregung und der belebenden Kraft - die drei Aspekte göttlichen Ausdrucks in Erscheinung treten, und dass auf diese Weise drei Arten der Kraft zur Verfügung gestellt werden. Um mit dem niedrigsten Kontakt, deinen Gruppenbrüdern, anzufangen, stehen dir die intelligente Tätigkeit und folgliche Stimulierung auf der physischen Ebene deines Kontakts mit ihnen zur Verfügung. Durch deinen Seelenkontakt kann der Liebesaspekt der Göttlichkeit in dir zur Offenbarung gebracht werden; und durch deinen hierarchischen Kontakt kann der Wille Gottes in dich hineinströmen. So können alle drei Aspekte des göttlichen Wesens in dich hineinfliessen und von den drei Aspekten deines niederen manifestierten Ausdrucks eine Reaktion hervorrufen. Auf diese Weise kannst du dem Göttlichen dienstbar werden. Erwäge dies und suche diese Kontakte fest auf gesunden Grundlagen - ohne Emotion - herzustellen.

Eine besonders interessante Gruppe von Lebenskräften oder Energien beherrscht dich; sie ist interessant wegen der kennzeichnenden Kombination. Die errettende Gnade deines Lebensausdrucks ist dein Astralkörper auf dem zweiten Strahl gewesen, weil die Verbindung einer Seele auf dem ersten Strahl, einer Persönlichkeit auf dem fünften Strahl und einem physischen Ausdruck auf dem dritten Strahl einen harten, konkreten, materialistischen Menschen ergeben haben könnte. Diese Strahlen haben den sogenannten preussischen Verstandestyp hervorgebracht. Diese Strahlenverbindung hat, nebenbei gesagt, deine karmischen Beziehungen in diesem Leben hervorgerufen. Du kannst von Glück sagen, dass deine unmittelbar vorhergehende Verkörperung als Persönlichkeit überwältigend auf der Linie des zweiten Strahls war, und von dieser hast du eine astrale Natur auf dem zweiten Strahl und eine mentale Ausrüstung auf dem vierten Strahl herübergebracht. Daher bewahrst du das Gleichgewicht in zwei Richtungen, und daher stammt auch die allgemeine Tendenz deiner Lebensumstände.

Deine Kraftlinien des ersten Strahls haben dich zu dem besonderen Ort gebracht, wo du wohnst, und dir deinen Lebenspartner gegeben. Dein Hintergrund des zweiten Strahls und seine Wirkungen in deinem gegenwärtigen Lebensausdruck haben deine Angliederung an mich beschleunigt und dir deine besondere Gruppe von Brüdern in der Neuen Saatgruppe gegeben. Diese Auskunft mag sich dir als nützlich erweisen, selbst wenn sie nur dazu dient, deinen Glauben zu stärken und dir anzudeuten, wie angemessen die Situation ist, der zu entsprechen dich die Umstände zwingen.

Deshalb ist es für dich vor allem notwendig, dass du die drei Kontakte, die den Hintergrund deines geistigen Lebens bilden, stärkst und aufrecht erhältst: mit deiner Seele, deine Beziehung zu mir und [647] deine Verbindung mit deinen Gruppenbrüdern. Wenn du dies tust, wird das Gefühl der Universalität und eines erweiterten Bewusstseins wachsen und sich vertiefen und es dir ermöglichen, jenes Gefühl für richtige Bewertung zu erlangen, welches das kleine Ich als einen Bestandteil des grossen Ich's oder des Ganzen offenbaren wird. Mit dieser Erklärung beziehe ich mich nicht nur auf deine Beziehung zwischen Seele und Persönlichkeit, sondern auch auf deine Beziehung - als lebende Wesenheit - zu dem grösseren Ganzen, in dem die Menschheit und die Hierarchie Bestandteile sind. Ich möchte deshalb eine Gedankenlinie oder Meditation vorschlagen, die diese Haltungen vertiefen und stärken wird. Zu diesem Zweck schlage ich dir täglich fünf Erinnerungspunkte vor:

1. Wenn du morgens erwachst, ehe du aufstehst.

2. Mittags um zwölf Uhr.

3. Beim Sonnenuntergang, je nach seiner Zeit.

4. Wenn du abends zu Bett gehst.

5. Zur Zeit der Gruppenmeditation, ganz gleich, wenn du dich entscheidest, sie zu halten.

Auf diese Weise wird eine lebendige stetige Fortdauer einer empfundenen Beziehung in deinem Bewusstsein hergestellt werden.

1. Wenn du aufwachst, lass das OM lautlos ertönen und sprich: «Ich bin eins mit dem Licht, das durch meine Seele, meine Brüder und meinen Meister scheint.»

2. Um zwölf Uhr mittags lass das OM wieder lautlos ertönen und sprich, während du die Worte tief und langsam erwägst: «Nichts trennt mich von meiner Seele, meinen Brüdern und meinem Meister. Mein Leben ist das ihre und ihr Leben das meine.»

3. Zur Zeit des Sonnenunterganges lass das OM wiederum ertönen und sprich: «Nichts kann die Liebe, die zwischen meiner Seele und mir, dem kleinen Ich, fliesst, trüben. Nichts kann zwischen meine Brüder und mein Ich kommen. Nichts kann das Fliessen von Kraft zwischen mir und meiner Seele, zwischen meinen Brüdern und meiner Seele, zwischen dem Meister meines Lebens und mir, seinem verpflichteten Jünger, hemmen.»

4. Wenn du zu Bett gehst, ehe [648] du einschläfst, lass das OM nochmals ertönen und sprich: «Aus der Dunkelheit führe uns ins Licht. Ich wandle auf dem Weg des Lebens und des Lichts, weil ich eine Seele bin. Gemeinsam mit mir wandeln meine Brüder und mein Meister. Daher sind drinnen, draussen und allerseits Licht und Liebe und Kraft.»

5. Wenn du die Gruppenmeditation hältst, fange an, dies wachsende Bewusstsein auszunützen, und ehe du die Arbeit tust, verbinde dich mit deiner Seele, deinen Brüdern und mir mit einer so bewussten Vorstellung wie möglich, während du dir über die Unzerstörbarkeit des Bandes klar bist.

Wenn diese Arbeit als eine entschiedene Übung ausgeführt wird, wird sie eine vertiefte, zur Verfügung stehende Kraft und innere Ausgeglichenheit in dir hervorrufen. Sie wird an jedem Punkt oder zu jeder festgelegten Zeit nur wenige Sekunden in Anspruch nehmen, aber jene Sekunden werden als Krisenpunkte und für hereinströmende Kraft dienen.

August 1942

1. Ich komme zu dir, Herr meines Lebens, und von diesem erlangten Punkt, nahe deinen Füssen, arbeite ich.

2. Zwischen mir und der äusseren Welt erscheint ein blauer Nebel. Diese Bläue beschützt, und daher fürchte ich mich nicht. Durch den Nebel hindurch darf ich nicht schreiten.

3. Und von dieser Stunde an und künftig auf dem Weg, suche ich zu Sein. Ich suche nicht mehr zu wissen, weil dieses Leben mich gelehrt hat, zu wissen, und mit diesem erlangten Wissen kann ich jetzt durch Sein dienen.

4. Vor mir strömt der Pfad des Lichts. Ich sehe den Weg. Hinter mir liegt der Bergpfad, mit Steinen und Kopfsteinen auf dem Weg. Um mich herum sind die Dornen. Meine Füsse sind müde. Aber gerade vor mir erstreckt sich der Erleuchtete Weg, und auf diesem Weg wandle ich.

5. Schmerz kommt von Zuneigung zur Form. Er nimmt zwei Formen an: Zuneigung zu den Formen der Erde, der Menschen und Orte; Zuneigung zur Wahrheit. Beide verursachen Schmerz, und Schmerz muss enden. Befrage deine Seele, wie?»

6. Die dreifache Last, der [649] funkelnde Stern, der Pfad des Lichts, der grössere Stern, und durch alle diese das Pulsieren des Herzens der Liebe, das aus dem Ashram von D. K. strömt und alle und dich umschliesst.

September 1943

MEIN GELIEBTER BRUDER!

A. A. B. hat meine Aufmerksamkeit gerade auf die sechs Erklärungen gelenkt, die ich dir vor mehr als einem Jahr zur Erwägung gab. Da sie weiss, was du alles in der Zwischenzeit durchgemacht hast und auch jetzt noch durchmachst, war es ihr klar, wie ausserordentlich passend und angemessen sich diese Worte erwiesen haben. Schmerz hat dich und die deinen überwältigt. Sorgen in vielen Richtungen, die dich alle schweren Prüfungen aussetzten, sind dein Los gewesen. Wenn du nicht «nahe zu den Füssen des Herrn deines Lebens» gewesen wärest, würdest du das erreicht haben, was als das Tal der Verzweiflung angesehen werden könnte. Und doch bist du nicht wirklich verzweifelt gewesen, weil der «blaue Nebel» dich beschützt hat, deine Gruppenbrüder wie ein Schild um dich herumgestanden haben und die Kraft meines Ashrams dir zur Verfügung gestanden hat. Die Menschen sind sich oft nicht über das Wesen und die Macht dieser Kraft klar - einer Kraft, die von einer tiefen unpersönlichen Liebe und von der Vorstellung kommt, dass im Licht der ewigen Wahrheiten aller Schmerz nur vorübergehend ist, aller Kummer und alles Ringen vergänglich sind, und dass wir diesen Weg auf dem unglücklichen kleinen Planeten des Leidens, den wir die Erde nennen, früher schon oft durchschritten haben. Wir werden uns dessen bewusst, dass wir diesen Weg nicht mehr so oft durchschreiten werden. Hast du die Bedeutung dieses Satzes begriffen, mein Bruder?

Ebenso wie es in einem Jahr Tage gibt, die wegen ihrer Dunkelheit und weil sie mit Schwärze und Qual überladen sind, hervorragen, gibt es Leben, die wegen ihrer verschiedenartigen Erfahrungen, die sie übermitteln, wegen der bitteren Anhäufung von Schmerz und Kummer und des Handhabens einer Ansammlung von unglücklichen und oft qualvollen Karmas ebenso in einem Zyklus von Leben herausragen. Aber, mein Bruder, nicht alle Leben sind so, und die Tatsache, dass dein gegenwärtiges Leben seit Jahren so schwer gewesen ist, garantiert, dass du viel Karma [650] abgearbeitet hast, dass du unendlich viel freier und weniger gehindert dastehst. Die Früchte all dieses Leidens werden geerntet, wenn du in deine nächste Verkörperung eintrittst.

Deshalb sei guten Mutes und schau vorwärts und einer Zukunft des Dienstes und der Freude entgegen, und zwar, weil du dich bemüht hast, selbstlos zu leben, deine Last tapfer zu tragen, und weil dein Leben und deine Taten und deine ganze Laufbahn so vielen geholfen haben.

Ich möchte dich daran erinnern, dass Schmerz, wenn er mental für andere durchlebt wird, die schwerste Art des Schmerzes ist. Du weisst das. Aber ich möchte dich daran erinnern, dass die Fähigkeit, dies zu tun und dich so mit Schmerz zu identifizieren, der nicht eigentlich dein eigener Schmerz ist, etwas ist, was alle Jünger meistern müssen, weil es einer der ersten Schritte auf das Übernehmen des Weltschmerzes und der Qual der menschlichen Familie hin ist, um auf diese Weise ein Teilhaber an der «Gemeinschaft der Leiden Christi» und jemand zu werden, der die Lasten der Welt auf sich nimmt. Wir arbeiten und leben auf einem Planeten des Schmerzes. Bis ein Mensch ein Eingeweihter hohen Grades ist, kann er nicht einmal anfangen, die Gründe zu ahnen, warum dies so ist. Er muss dann notgedrungen in den abgedroschenen Gemeinplätzen Zuflucht nehmen, dass die leidende Menschheit sich entwickelt hat, um für die Dinge, wie sie sind, einzustehen. Nichts von all diesem kommt den wahren Gründen irgendwie nahe oder gibt einen wirklichen Einblick in das Problem. Die Menschen müssen auf Verständnis warten, bis sie durch den Schmerz anderer nicht mehr verletzt oder begrenzt werden können. Dieses folgt, wenn wir es gelernt haben, uns mit unserem eigenen Schmerz zu befassen. Dann und erst dann können die Menschen anfangen, die Last der Menschheit als Ganzes auf sich zu nehmen und ihren verantwortlichen Teil beizutragen, sie zu erleichtern.

Hier kommen wir wieder zu jenen widersprüchlichen und schönen Worten: Isolierte Einheit. Wenn man von Verknüpfung an die Form isoliert und von der Identifizierung mit dem Lebensaspekt befreit ist, dann kann man die wahre Bedeutung von Einheit erkennen, dann ist man vom Schmerz befreit und ist ebenfalls frei, andere zu befreien.

Dies lernst du und es ist die letzte grosse Lektion für dich in diesem Leben. Es dauert einige Zeit, es zu erlernen, weil es eine der sehr wenigen grundlegenden Lektionen ist, die Prinzipien in sich schliessen, die dem planetarischen Leben innewohnen und die Hilfe der Seele erforderlich machen, um zu einem wahren Verständnis zu gelangen. Du hast während dieses Lebens viele Fortschritte in dieser Richtung gemacht und hast keine Ursache zur Selbstunterschätzung [651] oder zum Bedauern. Ich sage dir dies, um dich dessen zu versichern und möchte dich bitten, dich auf meine Worte zu verlassen.

Bleibe eifrig mit meiner Arbeit beschäftigt, mein Bruder, denn für den wahren Jünger bleibt nichts zu tun übrig als die Arbeit des Ashrams, welche die Arbeit der Hierarchie ist, die wiederum Arbeit für die Menschheit ist. Derart ist die hinausgehende Folge. Für dich handelt es sich nun nicht so sehr um den eifrigen aktiven äusseren Dienst, mit dem du dich in den vergangenen Jahren so sehr befasst hast, sondern darum, dass du unerschütterlich stehst und auf diese Weise ein Kanal und eine Verbindung wirst. Erinnere dich sorgfältig an die Worte, die ich dir voriges Jahr gab; «Ich kann jetzt durch Sein dienen.»

Strebe und ringe nicht so sehr, mein Bruder. Nimm die Lebensbedingungen an, wie sie sind; füge dich in die Situation, wie sie ist; entspanne dich den Rest dieser Verkörperung lang und höre exoterisch mit deinen Bemühungen auf und tritt esoterisch ins Licht ein. Arbeite nicht unter einem so starken Gefühl inneren Drucks und Anstrengens. Ich beziehe mich nicht auf den äusseren Druck und die Anspannungen, denen du unterworfen bist, denn sie sind vorhanden und sind hart und schwer. Ich beziehe mich auf deine eigene innere Haltung des Erkennens, der Ergebung, des Seins und der Errungenschaft.

Dies sind die vier grundlegenden Gedanken für deine persönlichen Erwägungen während des kommenden Jahrs. Das Jahr, dem wir entgegengehen, wird grosse Veränderungen für dich bringen, aber du bist stark und erfahren genug, erfolgreich durchzuhalten. Die kommenden Monate werden dir Offenbarung bringen, und diese Offenbarung wird das Licht auf dem Erleuchteten Weg, der sich vor dir erstreckt, verstärken. Sie werden dir auch Gelegenheit bieten, wenn du die schwere Lektion des Verzichtens erlernst, und wenn das nächste Jahr endet, magst du erstaunt sein über die Strecke, die du zurückgelegt, die Erleuchtung, die du erlangt hast, und über die vergrösserte Sphäre deiner subjektiven Brauchbarkeit.

Erinnere dich daran, dass du nicht allein bist. Ich stehe dir bei und trage dich bewusst innerhalb meiner Aura.

November 1944

MEIN GELIEBTER FREUND UND VERTRAUENSWÜRDIGER JÜNGER!

Mein Herz hat dir während des vergangenen Jahres entgegengeschlagen, [652] während du mit Ermüdung, mit Einsamkeit, mit bösen Vorahnungen und mit Besorgnissen vieler Art gerungen hast. Du hast mit beständiger Standhaftigkeit gestanden und du musst mittlerweile wissen, wie hoch Standhaftigkeit seitens der Hierarchie angesehen wird. Diese Jahre, die den Höhepunkt deines Lebens bilden, sind Jahre voller grosser Schwierigkeiten und vielen Schmerzes gewesen - nicht nur für dich selbst, sondern für andere. Es sind Jahre gewesen, in denen dir alles entrissen worden ist, und die dich auf dem «Gipfel der Einsamkeit» zurückgelassen haben, über den ich mit deinem Bruder W. D. S. in meiner Unterweisung für ihn voriges Jahr gesprochen habe. Ich möchte, dass du diesen Gipfel als einen erhabenen Ort betrachtest, von dem aus die neue Vision erkannt werden kann. Dieser Gipfel kann in einen Berg der Einweihung umgewandelt werden.

Du hast die siebzig Jahre des gewöhnlichen Menschenlebens überschritten und hast das Vorrecht, auf ein Leben von grosser Nützlichkeit und grossem inneren geistigen Fortschritt zurückzublicken. Du hast viel Karma beseitigt und bist weit freier als damals, als du dich verkörpertest.

Die Schwierigkeit der Lektion, die du jetzt lernst, besteht darin, es zu unterlassen, irgendetwas zu erwarten - vom Leben, von Menschen und von den Umständen - mit Ausnahme jener Erwartung, die geistige Gelegenheit und deine Beziehung zu meinem Ashram betrifft. Jünger müssen den Ashram entschiedener als einen Ort spiritueller Umhüllung betrachten, wenn ich einen so eigenartigen Ausdruck gebrauchen darf. Sie müssen ihn als einen Kreis des Schutzes betrachten und sich daran erinnern, dass sie, wenn ihr Bewusstsein in den Ashram entrinnen kann, an einem Ort vollständiger Sicherheit sind, wo nichts sie erreichen oder verletzen kann. Weder Schmerz noch Besorgnis können den Menschen überwältigen, der im Bewusstsein der Ewigkeit wohnt; dies Gefühl des Ewigen, verbunden mit der Vorstellung der wesentlichen Einheit, kennzeichnet alle Bewohner eines Ashrams.