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VIERTER ABSCHNITT - PERSÖNLICHE UNTERWEISUNGEN FÜR JÜNGER - TEIL 4

Du bist noch ein verhältnismässig junger Mensch. Die Schwierigkeit deines ganzen Problems liegt in dem Verlegen des Unterstrahls, [513] des sechsten Strahls der Hingabe, auf einen Hauptstrahl, den zweiten Strahl der Liebe und Weisheit, die du in dieser Verkörperung machen solltest. Wenn du dies erreicht hast, wirst du die Einweihung empfangen. Es ist jedoch eine riesige Aufgabe, weil die charakteristischen Eigenschaften des sechsten Strahls als angenommener Jünger im technischen Sinn des Wortes - auf Grund der Tatsache, dass du einen Astralkörper auf dem sechsten Strahl hast - sehr ausgesprochen und vorherrschend sind. Dieser Zustand wird noch dadurch erschwert (wenn ich es so ausdrücken darf), dass du eine Persönlichkeit auf dem ersten Strahl hast. Wenn die Polarisation wie in deinem Fall im Astralkörper ist und die Energie daher in diesen hineinströmt, wird die Situation akut, was zu erwarten ist. Glücklicherweise werden Jünger durch Intensität und Hingabe dazu getrieben, die nötigen Schritte zu unternehmen, die Befreiung und ein darauf folgendes Vorwärtsschreiten mit sich bringen, und die Verkörperung, in der sie dies tun, bringt stets eigenartige Umstände, wenigstens subjektiv, selbst wenn das exoterische Leben von keinem grösseren Interesse ist. Dies ist bei dir nicht der Fall. In deinem Fall verkörpern die folgenden Umstände dein Problem und daher deine Gelegenheit.

1. Die intensive Schwierigkeit, von einem Strahl zu einem anderen überzugehen. Die Aspiration deines Astralkörpers auf dem sechsten Strahl muss zur Ebene des Wissens emporgehoben werden. Die Fähigkeit zu Gefühlsrealisation muss durch Gewissheit göttliche Weisheit werden. Vision muss einer intuitiv eingestellten Wahrnehmung Platz machen - etwas ganz anderes, mein Freund.

2. Du bist im Zeichen der Zwillinge geboren, was wiederum seine eigenen besonderen Schwierigkeiten mit sich bringt. Du schwingst - wie A. A. B. - auf sehr ausgesprochene und definitive Art zwischen den Gegenpolen hin und her. Der Punkt des Gleichgewichts und Ausgleichs ist in diesem Zeichen für den Jünger stets schwer zu erreichen.

3. Deine Persönlichkeit auf dem ersten Strahl arbeitet durch einen physischen Körper, der auf demselben Strahl ist, so dass eine dreifache Energie des ersten Strahls dein Lebensthema zusätzlich erschwert, weil alle diese Kräfte in der niederen Natur konzentriert sind. Dies könnte (im Fall eines verpflichteten Jüngers) zu einem mächtigen und die Aufmerksamkeit ablenkenden geistigen Ehrgeiz führen, der bei einem Gruppenleiter - wie du es bist - schädlich für die Gruppe sein würde. Wo der Astralkörper auf dem sechsten Strahl ist [514] und Hingabe dominiert, kann die Verblendung der Hingabe die Wirklichkeit irgendeines bestehenden Ehrgeizes verschleiern.

4. Der gegenwärtige Weltkonflikt vergrössert dein Problem und macht den ganzen Lebenszyklus zu einem Zyklus äussersten Schmerzes und doch von hervorragender Wichtigkeit.

Viele Leben sind ihrem Wesen nach so unbedeutend, mein Bruder, dass sie keine Bemerkungen rechtfertigen. Dann mag ein Leben kommen, wo die Aufmerksamkeit der Seele, des Meisters und der Gruppe auf der physischen Ebene auf den ringenden Jünger gelenkt wird, wodurch seine Lage intensiver wird und ihn zwingt, sich «in das Tageslicht hindurchzukämpfen», was von denen, die verstehen, und von denen, die nicht verstehen, beobachtet wird. Dies verursacht dem empfindungsfähigen Arbeiter viel Leiden. Dies alles kann auf dich angewandt werden. Du hasst es, in der Öffentlichkeit aufzufallen, und doch fordert vieles, was du tust, dies heraus. Du bist empfindsam demütig, und doch kannst du zuweilen von Persönlichkeitsstolz erfasst und irregeführt werden. Du liebst tief und wahrhaftig, neigst aber dazu, dies durch Hingabe statt durch weise Identifizierung auszudrücken.

Ich habe jedoch keine wirkliche Sorge um dich. Ich sage dir, dass du dich beeilen musst, Hindernisse auf dem Weg abzulegen, bin aber dessen sicher, dass du nicht gehindert werden wirst, weil ich deinen Seelenkontakt studiert habe.

Ich frage mich, was ich für dich tun kann, um den Vorgang der Umwandlung und Befreiung durch richtige Meditation zu fördern. Ich möchte das folgende Experiment in subjektiven Haltungen vorschlagen. Das ist letzten Endes eine Definition der Meditation.

Das Ziel aller Meditation befasst sich:

1. Mit der Haltung der Persönlichkeit zur Seele.

Dies ist Selbstkontrolle.

2. Mit der Haltung des integrierten Menschen zur Menschheit.

Dies ist Dienst.

3. Mit der Haltung des Jüngers zur Hierarchie.

Dies ist intuitive Empfindungsfähigkeit.

4. Mit der Haltung des hierarchischen Arbeiters zum Plan.

Dies ist die Wahl der Tätigkeit.

Erwäge diese Punkte, besonders den dritten, der speziell deine empfindungsfähige [515] Reaktion zu uns betrifft. Diese Reaktion wird in deiner Seele als völlige Übergabe in Zeit und Raum empfunden werden; in der Persönlichkeit wird sie entweder als Verblendung oder als Reinigungsvorgang registriert werden, und in der Gruppe als eine Kraft, die entweder eine gute oder schlechte Wirkung hat, je nachdem, ob sie von der höheren oder niederen Natur beeinflusst wird und je nach der Tätigkeit, die hervorzurufen ihr gelingen wird, wenn sie auf die Mitglieder der Gruppe einwirkt.

Die folgende Übung kann viermal gemacht und dreimal täglich wiederholt werden:

1. Stehe mit ausgebreiteten Armen im Symbol des Kreuzes.

2. Atme sechsmal tief und langsam ein, wodurch du einen Rhythmus herbeiführst.

3. Dann atme einmal tief ein und sammle mit Hilfe der Vorstellungskraft die Energie des Sonnengeflechts. Dann führe sie die Wirbelsäule entlang herauf zum Kopf, nicht zum Herzen, was gewöhnlich der Fall ist.

4. Konzentriere die geweihte Aspiration und die emotionelle Energie im «geheimen Ort» und dann lass das OM ertönen. Atme es in das Kehlzentrum hinab.

Dies kann als ein Akt des Einatmens und Ausatmens angesehen werden und stellt eine Tätigkeit dar, die auf einem Atem mit einer Zwischenpause bewusster Konzentration ausgeführt wird. Du wirst bemerken, dass du in Verbindung mit der Gruppenmeditation aktiv auf das Sonnengeflecht, den Kopf, das Herz und die Kehle einwirken wirst. Es wird eine sorgfältige Beobachtung des Vorgangs, der Ergebnisse in den Zentren und der darauf folgenden Tätigkeit erforderlich machen. Lass mich für dich ehrgeizig sein, mein Bruder von altersher.

Das bin ich. Ich habe dich einen sehr langen Zyklus hindurch mit liebevollem Verständnis beobachtet. Meine Liebe endet nicht, und mein Schutz umgibt dich.

August 1942

1. Eine hat stattgefunden. Die zweite steht bevor - sie liegt nicht weit vor dir. Bereite dich vor.

2. Die Einfachheit der Seele öffnet den Weg nach Shamballa.

3. Sei einfach, klar wie [516] der Tag und voller Liebe.

4. Eine Verblendung lässt sich nieder, weil eine trennende Mauer auf falschem Fundament gebaut worden ist. Zerstöre diese Mauer und lass die Herrlichkeit herein.

5. Sei nicht so bekümmert, Bruder. Du stehst meinem Herzen und dem von Morya nahe. Sprich mit F. B., denn du und er und ich stehen in enger Beziehung zueinander und wir alle mit Morya.

6. Dein Dienstgebiet bedarf einer gewissen Beachtung der Qualität. Lerne es. zurückzuweisen und auf diese Weise zu unterscheiden, was das Beste ist.

September 1943

MEIN MITJÜNGER!

Meine Beziehung zu dir ist etwas anders als diejenige, der ich gegenüberstehe, wenn ich an die Mehrzahl der Mitglieder meines Ashrams herantrete. Du gehörst, ebenso wie F. B., zum Ashram des Meisters Morya. Du bist meinem Ashram auf Grund der Art der Schwingungstätigkeit deines Astralkörpers zugewiesen worden und weil du - infolge der entschiedenen Wahl deiner eigenen Seele - auf den zweiten Strahl der Liebe-Weisheit übertrittst. Du magst daher mit Recht fragen, wie es kommt, dass du zum Meister M. orientiert gewesen bist und warum du an seinen Ashram angegliedert worden bist. Der Grund hierfür liegt in der Tatsache, dass deine Persönlichkeit, dein Mentalkörper und dein physischer Körper alle auf dem ersten Strahl sind und dass die Macht deines intelligenten und konzentrierten Denkaspekts dich infolgedessen in die Aura des führenden Ashrams auf dem ersten Strahl getrieben und dich dort festgehalten hat. Engere Teilnahme war nicht möglich, weil deine Seele auf dem sechsten Strahl ist, deren natürliches und vorherbestimmtes Schicksal es war, ihre untergeordnete Energie mit der Energie des zweiten Strahls zu verschmelzen und dir auf diese Weise die Tür zu einem Ashram auf dem zweiten Strahl zu öffnen. Es schien deshalb, dass ich (vermittels meines Ashrams) diese Bedingungen erfüllen könnte, die diesen Übergang erleichtern und dich gleichzeitig für die nächste grosse geistige Bewusstseinserweiterung vorbereiten würden, für die Einweihung, von der du weisst. Dies wird die Vollendung dieses grösseren Lebenszyklus kennzeichnen.

Wie du weisst und worauf ich bereits hingewiesen habe, stehst du infolge der Strahlenenergien, die dein Leben diesmal bedingen, vor der [517] schweren Aufgabe, ein Gleichgewicht herzustellen. Drei Aspekte des ersten Strahls und zwei Aspekte des sechsten Strahls verstärken sich gegenseitig. Wenn du nicht der fortgeschrittene Jünger wärest, der du bist, würden sie dazu neigen, ein Leben und einen karmischen Ausdruck fanatischen Selbstwillens hervorzurufen. Zu dieser schwierigen Situation der Herstellung des Gleichgewichts müssen noch die Schwierigkeiten hinzugefügt werden, die ein Übergangsleben, in dem eine grössere Übertragung bewirkt werden muss, stets mit sich bringt. Zu allem diesen muss noch der gegenwärtige Weltzustand hinzugefügt werden, in dem die Shamballakraft verbreitet ist und jene Naturen, in denen Neigungen des ersten Strahls vorwiegen, mächtig beeinflusst. Daher hast du es nicht leicht, mein Bruder. Darüber bist du dir klar, und ich weiss es auch und stehe dir bei.

Aus diesem Grund habe ich dich seit einigen Jahren dringend aufgefordert, dich auf das Buch «Der Weg nach Shamballa» zu konzentrieren, weil ich wusste, dass eine intelligente und liebevolle Betrachtung des Problems viel dazu beitragen würde, deine Persönlichkeit auf dem ersten Strahl mit den Zielen deiner Seele auf dem zweiten Strahl in Einklang zu bringen und auf diese Weise die Übertragung deines egoischen Bewusstseins vom sechsten Strahl der Hingabe auf den zweiten Strahl der Liebe-Weisheit erleichtern würde. Der erste und der zweite Strahl arbeiten eng miteinander; Liebe und Wille sind auf den höheren Stufen des Bewusstseins und des Dienstes eng miteinander identifiziert; die zwei grundlegenden Energien stellen in Wahrheit einen grossen Ausdruck göttlichen Planens und göttlicher Zielsetzung dar.

Gerade in diesem Zusammenhang ist deine Beziehung zu F. B. und A. A. B. keine unbegründete oder vorübergehende Angelegenheit, sondern für euch alle von wirklicher Tragweite. A. A. B. hat dies erkannt. Mehrere Kräfte - die deiner eigenen Natur innewohnen oder von den Unwissenden oder weniger Fortgeschrittenen auf dem Pfad manövriert und bewusst beeinflusst worden sind - haben sich bemüht, sich einzumischen und die gewünschte Beziehung zu verhindern gesucht. Die Angelegenheit liegt jedoch gänzlich in deiner eigenen Hand, und es ist deine persönliche Angelegenheit, wieviel Kontakt zwischen euch dreien vorhanden ist, denn seitens der anderen Beiden besteht kein Hindernis. Ihr drei könntet zusammen wirkungsvolle Arbeit leisten, und der Bedarf des Ashrams an Arbeitern ist heute gross - an Arbeitern, die - wie H. P. B. es ausgedrückt hat - «wie die Finger an einer Hand sind».

Ich möchte dich daran erinnern, dass die Macht von Jüngern und Eingeweihten in gar keinem Vergleich zu derjenigen einer ähnlichen Anzahl von Aspiranten steht. Das Wechselspiel liebevollen [518] Verständnisses und verschmolzenen Willens bringt ein ausserordentlich mächtiges Energiereservoir hervor. Dies ist ein Punkt, den alle Jünger studieren sollten und mit dem sie rechnen können, wenn sie gemeinsam mit vereintem Bemühen in irgendeinem Ashram arbeiten.

Wenn ich dich studiere, mein Bruder und mein Freund, und in die Zukunft deines Lebens des Dienstes und rechter Absicht blicke, dann ragt ein Wort für dich in meinem Bewusstsein hervor. Ich bezog mich in den sechs Erklärungen darauf, die ich dir früher gegeben habe. Dies Wort ist: Einfachheit. Ich erklärte in jenem früheren Schreiben, dass die Einfachheit der Seele den Weg nach Shamballa öffnet. Das war und ist eine wesentliche, grundlegende Erklärung für dich. Diejenigen, welche auf dem zweiten Strahl sind, unterteilen sich (wie du weisst) allgemein gesprochen in zwei Gruppen; es gibt natürlich zahlreiche Ausnahmen. Seelen auf dem Weisheitsaspekt des zweiten Strahls gehen nach Shamballa und schliessen sich in irgendeiner Eigenschaft dem Grossen Rat an. Eine solche war Buddha. Diejenigen auf dem Liebesaspekt des zweiten Strahls betreten den einen oder anderen der verschiedenen Pfade, in erster Linie den der Welterlöser. Sie werden göttliche Psychologen und Weltlehrer. Christus vereinigte alle diese drei grossen Charakterzüge in sich.

Diejenigen in dieser zweiten Seelengruppe auf dem zweiten Strahl unterteilen sich ebenfalls in zwei Gruppen: Sie verfolgen den Weg spezialisierter Einzelheiten und eines weitgehenden Allumfassens und sind die hervorragenden Okkultisten; die andere Gruppe zeichnet sich durch reine Liebe aus. Was die Gruppe, die ihren Weg nach Shamballa findet, anbelangt, so wird es sich zeigen, dass eine entwickelte Einfachheit alle Beziehungen beherrscht.

Einfachheit und Einheit stehen miteinander in Beziehung; Einfachheit ist ein auf ein einziges Ziel gerichteter Ausblick, frei von Verblendung und von den Verwicklungen des Gedankenformen bildenden Denkaspekts; Einfachheit ist Klarheit der Zielsetzung und Beständigkeit in Absicht und Bemühen, ungehindert durch ein In-Fragestellen und abwegige Innenschau; Einfachheit führt zu einfachem Lieben, das keine Gegenleistung fordert; Einfachheit führt ins Schweigen - nicht in das Schweigen als Mittel zur Weltflucht, sondern als ein «okkultes Zurückhalten der Sprache».

Für dich ist Einfachheit in diesem nächsten Zyklus deines Lebens eine hauptsächlich notwendige Übung, aber du wirst für dich selbst entscheiden müssen, was sie für dich bedeutet, und es wird [519] mich interessieren, deine Reaktion auf dieses Wort und diese Übung und die Veränderungen, die sie in deinem Leben und Denken hervorbringen mag, zu beobachten. Einfachheit stellt den Entwurf dar, welcher der äusseren Struktur der Schöpfung, des Lebens, des Liebens und des Dienstes «zugrundeliegt», und dies gilt für ein Sonnensystem, einen Planeten, die Menschheit oder ein einzelnes Menschenwesen. Infolgedessen kann sie unmittelbar auf deine eigenen Erfordernisse und deine Art, an das Leben und die Menschen heranzutreten, angewandt werden. Diese liebevolle Einfachheit - frei von komplizierten Gedankenvorgängen, von Mysterien und selbstsüchtiger Innenschau - sollte das Thema deiner Meditationsarbeit liefern, bis ich wieder mit dir in Verbindung trete. Hierzu möchte ich eine verstärkte Konzentration auf die Vorbereitung des Buches hinzufügen, von dem ich möchte, dass du es schreibst und beendest.

Du siehst, mein Bruder, es ist ein Buch, dessen Schreiben viel Intuition und geistige Wahrnehmung erfordert, und es kann nur von jemandem geschrieben werden, der in einem Ashram ausgebildet worden ist. Das Thema Shamballa ist neu, und bis jetzt ist nur wenig darüber, über seine Lebensweise und seine herrschenden Gesetze bekannt. Nur eingeweihte Jünger können einen Schimmer von einigen der mehr exoterischen Bedeutungen erlangen, während die innere Bedeutung durch dich in tiefer und konzentrierter Meditation und durch den entschlossenen Gebrauch des Willens hervorgezogen werden muss. Niemand kann dir dabei helfen, dieses Buch vorzubereiten, abgesehen von irgendeinem Gruppenbruder oder jemand, der bewusst in einem Ashram arbeitet. Du wirst vergeblich unter denjenigen nach Mitarbeit und Hilfe suchen, denen du zu helfen suchst, noch wirst du sie bei dem orthodoxen und theologischen Esoteriker finden. Einige grundlegende Gedanken kann ich dir hier geben, und wenn du sie als Thema deiner Meditation gebrauchst, mag Licht über das Thema hervorbrechen:

1. Shamballa ist der Ort der Zielsetzung. Es ist eine Zielsetzung, die nicht verstanden werden kann, bis der Plan verfolgt wird. Hier liegt ein Schlüssel.

2. Shamballa ist kein Weg, sondern ein grösseres Zentrum von miteinander in Beziehung stehenden Zuständen und ist eine relativ statische Energie - eine Energie, die durch die konzentrierte Absicht des Grossen Rates, der unter dem lenkenden Auge des Herrn der Welt handelt, für schöpferische Zwecke bereitgehalten wird.

3. Shamballa ist [520] der hauptsächliche Spannungspunkt auf dem Planeten. Es ist eine Spannung, die liebenden, intelligenten Willen ausdrückt, der frei von jeglichem Selbstwillen oder mentalen Vorurteilen ist.

4. Shamballa ist der hauptsächliche empfängliche Mittler auf dem Planeten vom Standpunkt solaren Zuflusses, ist aber gleichzeitig der hauptsächliche Energieverbreitungspunkt vom Standpunkt der Naturreiche, einschliesslich des fünften Reichs. Von dem Spannungspunkt aus werden der Lebensausdruck des Planetarischen Logos und sein Wille verkörpert und schliesslich durch die Evolutionsvorgänge reif werden.

5. Shamballa empfängt Energie von verschiedenen solaren und aussersolaren Wesenheiten oder Zentren ausdrucksvollen und wirksamen Lebens, z.B. von Venus, von der geistigen Zentralsonne, von der jeweilig beeinflussenden Konstellation, durch die unsere Sonne hindurchgehen mag, vom Grossen Bären und anderen kosmischen Zentren. Sirius, der ein so wichtiger Faktor im geistigen Leben des Planeten ist, lässt seine Energien direkt auf die Hierarchie einwirken, und Energie von Sirius tritt normalerweise nicht über Shamballa in unser planetarisches Leben ein.

6. Shamballa ist das Kopfzentrum, symbolisch gesprochen, unseres planetarischen Lebens und konzentriert Willen, Liebe und Intelligenz in einer grossen und grundlegenden Absicht und hält diesen Brennpunkt den ganzen Lebenszyklus eines Planeten hindurch aufrecht. Diese grosse Absicht verkörpert die jeweilige Zielsetzung und drückt sich vermittels des Plans aus.

Mit diesen Feststellungen magst du einigermassen vertraut sein, aber sie könnten dir die sechs Saatgedanken für deine Meditationsarbeit während des kommenden Jahres geben. Willst du sie als solche betrachten? Aus der Arbeit, die du auf diese Weise in der Meditation vollbringen wirst (wobei du das Herzzentrum als ausgleichenden Punkt für den Kopf gebrauchst), wirst du das vorgeschlagene Buch ausserordentlich bereichern.

Diese kommende Periode tiefer Erwägung über Shamballa umfasst das ganze Problem des Willens (in seinen verschiedenen Aspekten), der Zielsetzung, wie sie sich auf dem Planeten auswirkt und des Willens, wie er den Menschen beeinflusst. Sie wird daher die verschiedenen Beziehungen in deinem Bewusstsein in den Vordergrund bringen, die zwischen den verschiedenartigen Aspekten des Willens bestehen: Die Beziehung deines individuellen Selbstwillens zum liebevollen Plan der Seele, dieses Willens zum göttlichen Willen, deines geistigen Willens zum Gruppenwillen, des [521] Gruppenwillens zur Hierarchie und des hierarchischen Willens zum Willen von Shamballa. Dies sind einige der Ideen, die dein geistiges Denken, deine Erwägungen und deine Meditation beherrschen können, bis du wieder von mir hörst. Du wirst finden dass sie alle ausserordentlich praktische Betrachtungen sind. Die Frage des Motivs wird sofort aufgeworfen werden; denn Motiv liegt dem Willen auf äusserst seltsame Weise zugrunde, und Motiv liegt hinter der Zielsetzung. Deshalb müssen deine Persönlichkeitsmotive im Leben und im Dienst in ihrer Beziehung zum Motiv der Seele geprüft werden. Das Ergebnis dieses neuen Gedankenvorgangs wird deine Motive dem Seelenmotiv unterwerfen, und aus diesem Grund werden wir zur Vereinfachung deines Lebens und der Eröffnung einer weiteren Vision von Shamballa gelangen. Shamballa und Einfachheit, Wille und Motiv, werden die lenkenden Gedankenströme werden, die dich auf den Weg treiben werden, der enger in meinen Ashram, näher zu meinem Herzen (und hier spreche ich sowohl voller Liebe als auch technisch) und näher und enger zur Menschheit führen wird.

November 1944

MEIN BRUDER UND MEIN FREUND!

Was ich dir heute zu sagen habe, dreht sich um eine einzige Frage: Bist du bereit, den Preis zu zahlen, den der Empfang der nächsten Einweihung auferlegt? Alle angenommenen Jünger bereiten sich für Einweihung vor. Daher werden alle Prüfungen unterworfen, und du weisst, dass du in Vorbereitung für Einweihung stehst; du weisst auch, um welche Einweihung es sich handelt. Wegen dieser Vorbereitungsperiode bist du während der letzten drei Jahre so schwer geprüft worden, und zwar in jedem Aspekt deiner Natur. Nichtsdestoweniger habe ich wenig für dich tun können, weil Einsamkeit eine der Eigenschaften und auch der Aspekte dieser Vorbereitungsarbeit ist. Jünger empfangen die Einweihungen stets allein, selbst wenn sie sich für Gruppeneinweihung vorbereiten und sie empfangen. Dies ist eines der Paradoxe der okkulten Lehre, das durchaus nicht leicht zu verstehen ist. Es hört sich wie ein völliger Widerspruch an, ist es aber keineswegs. Es ist auch nicht leicht gewesen, dich zu erreichen, weil du lieber in der Arbeit deiner eigenen Gruppe Schutz vor den Prüfungen gesucht hast als im Ashram. In deiner eigenen Gruppe hast du versucht, zu vergessen, und du hast nicht den Schutz und die Liebe deiner [522] ashramischen Gruppe gesucht. Dies ist dein Vorrecht und dein unabdingbares Recht. Ich möchte dich jedoch darauf aufmerksam machen, dass es sicherer und weiser ist, sowohl in den höheren als auch in den niederen Arten des Dienstes Zuflucht zu nehmen und dies gleichzeitig zu tun. Der eine Ort schützt dich als Seele und der andere als Persönlichkeit.

Der Ruf von Shamballa, der Ruf meines Ashrams und der Ruf deiner eigenen exoterischen Gruppe (Beachte diese Worte, mein Bruder) haben dir in den Ohren geklungen, und du bist verwirrt gewesen. Du hast vielleicht vergessen, dass du, wenn du am Halbwegspunkt stehst (der mein Ashram ist), unmittelbaren Zugang zu beiden «Punkten des Rufes» hast. Hier habe ich dir einen wichtigen Fingerzeig gegeben, und ich möchte, dass du dich bemühst, seine Bedeutung zu begreifen.

Du bist in deinem physischen Körper drastisch geprüft worden, und das ist hart, mein Bruder, weil es unter diesen Umständen schwierig ist, seinen Gleichmut und sein Gleichgewicht zu bewahren. Du musst jedoch die «Entstellungen», für die physische Krankheit verantwortlich ist, besser verstehen und es auf diese Weise lernen, dich weiser nicht mitzuzählen und den Verblendungen des niederen Ich's weniger Beachtung zu schenken. Dies würde dein Leben vereinfachen, und ich habe dir früher gesagt, dass Vereinfachung für dich eine nötige Eigenschaft ist. Du bist ebenfalls schmerzlich in deiner emotionellen Natur geprüft worden, aber sicher, mein geliebter Bruder, weisst du mittlerweile, dass ungewöhnliche Prüfungen automatisch unvermeidlich sind, wenn die Seele einen definitiven Übergang von einem Strahl zum anderen macht - was bei dir der Fall ist. Dies wird besonders dann der Fall sein, wenn ein Jünger auf den zweiten Strahl übergeht, infolge seiner engen Beziehung zur emotionell-intuitiven Natur, und wenn du - wie du weisst - auch noch drei Beherrschungen durch den ersten Strahl in deiner Persönlichkeitsausrüstung hast.

Dies ruft notwendigerweise ein ernsthaftes Problem hervor. Du bist auch in deiner mentalen Natur grausam geprüft worden, und zwar sowohl durch den Krieg und dein intensives Verstehen menschlichen Schmerzes, als auch durch dein Verständnis für psychologische Reaktionen. Diese haben dazu beigetragen, dein Problem zu vergrössern, und deine ganze emotionelle und mentale Reaktion auf Krieg und seine Ereignisse hat deine tatsächliche (nicht deine augenscheinliche) Brauchbarkeit nahezu lahmgelegt. [523] Du hast in deinem Inneren die Grundlagen aller Dinge in Frage gestellt, und das Leben ist für dich äusserst kompliziert gewesen - physisch, emotionell und mental. Auf Grund der Vorherrschaft des ersten Strahls in deiner Ausrüstung hast du dich erfolgreich von deinen Gruppenbrüdern zurückgezogen. Du hast gefunden, dass sie dir nichts geben könnten, und es war dir klar, dass du - weil du dieses Gefühl hast - nichts für sie hattest. Loslösung ist der Weg des geringsten Widerstandes für die Natur auf dem ersten Strahl, und (wenn du mir gestatten willst, dies auszusprechen, und wenn du diese Erklärung annehmen willst) dies deutet definitiv den gegenwärtig vorherrschenden Einfluss von Persönlichkeitsreaktionen an. Deine Seele auf dem zweiten Strahl billigt Loslösung nicht, und daher der Konflikt, der in deinem Bewusstsein vor sich geht.

Doch, mein Bruder und mein Kamerad, die tiefe und bleibende Liebe zweier deiner Gruppenbrüder hat dich während dieser Zeit der Anfechtungen und Schwierigkeiten beständig beschützt und die Liebe von A. A. B. ebenfalls. Sie bittet mich, dir dies nicht zu sagen, sie fleht mich geradezu an, es nicht zu tun, denn in ihrem Inneren ist sie allem gegenüber, was dich berührt, empfindlich. Es ist jedoch richtig, dass du es wissen solltest.

So, mein Bruder, nun kommen wir auf die Frage nach dem Grund für all diese Härte des Lebens und auf die Einweihung zurück, auf die du dich vorbereitest. In diesem Zusammenhang möchte ich sagen: Kehre zum «Halbwegspunkt» und der schützenden Liebe des Ashrams zurück. Dann kann die Kraft von Shamballa, auf die du so leicht reagierst, sicher hereinströmen; dann wird auch die Weisheit kommen, die es dir ermöglichen wird, der Welt besser zu dienen. Erkenne deshalb, wie einfach die Botschaft ist, die ich heute für dich habe, und erinnere dich daran, dass ich dir voriges Jahr gesagt habe, dass Einfachheit für dich den Schlüssel allen Erfolges hält. Gegenwärtig bist du wirklich nicht erfolgreich. Einfachheit herrscht nicht.

Gib die Gedankenformen auf, die jetzt zwischen dir und dem Ashram zu stehen scheinen. Du wirst sie erkennen, wenn du dich drei Tage lang still zurückziehst und dich während dieser Zeit weigerst, über deine Arbeit, deine Gruppen, ihre Angehörigen oder über dich selbst und deine früheren Tätigkeiten und ebenfalls auch über deine Gruppenbrüder nachzudenken. Erstrebe einfach, einen Orientierungspunkt zu mir und dem Ashram zu erlangen; bemühe dich, bewusst auf hierarchische Beeindruckung zu reagieren, [524] während du (wenigstens diese drei Tage lang) jede Art von Reaktion auf menschliche Ereignisse ausschliesst. Strebe nach einem Spannungspunkt, von dem aus neues Bemühen und neue Unternehmungen möglich werden können. Dann weihe dich von neuem dem Dienst an der Menschheit, zur Mitarbeit mit der Hierarchie, und erlange wieder deinen ersten Enthusiasmus in bezug auf uns und unsere Arbeit. Dann nimm deine Kontakte mit der Welt wieder auf. Du wirst es nötig finden, drei Briefe zu schreiben, wenn diese Tage erneuten Kontakt mit hierarchischer Kraft hervorrufen. Du wirst wissen, an wen diese Briefe gerichtet werden und was sie enthalten sollten.

Nimm geeignete ärztliche Hilfe in Anspruch, mein Bruder. Nimm dir Zeit, den physischen Körper in einen besseren Zustand zu bringen. Die Reflexwirkung des Körpers auf den Gefühlskörper und den Denkaspekt ist gross. Als Psychologe weisst du das, aber du wendest das, was du für andere so hilfreich anwendest, nicht auf dich selbst an. Habe Vertrauen, dass ich an dich glaube und dir vertraue, und lass die dir verbleibenden Jahre deines Lebens in Liebe triumphieren; lass sie negativ zu jeglicher Kritik sein. Alle deine Gruppenbrüder haben Probleme zu handhaben, die ebenso schwer sind wie die deinen; biete ihnen und der Hierarchie wertvolle Mitarbeit an. Meine Liebe und mein Segen gehören dir stets, und du weisst es.

August 1946

MEIN GELIEBTER BRUDER!

Ich möchte meine Mitteilung an dich mit einer klaren und definitiven Erklärung beginnen: du bist im Begriff, einige der letzten Prüfungen durchzumachen, die dem Empfang der zweiten Einweihung vorausgehen. Aus diesem Grund halte ich es für notwendig, dir klar und deutlich zu schreiben, dir etwas Trost und Kraft zu geben, und dir gewisse Schritte anzudeuten, die - wenn du sie tun wirst - den Vorgang beschleunigen mögen.

Es wird mir jedoch ausserordentlich schwer, mich dir zu nähern, obgleich nicht aus den gewöhnlichen Gründen. Häufig kann ein Meister einen Jünger zu einem speziellen Zeitpunkt nicht erreichen, weil er von übermässiger Tätigkeit oder mit der falschen Art von Tätigkeit umgeben ist. In einigen Fällen hat das Gedankenleben des Jüngers so viele Gedankenformen erschaffen, dass er vorübergehend nicht erreichbar ist; oder andererseits ist er so in irgendeine [525] Form des Dienstes vertieft, der ihm in seinem Bewusstsein von grösserer Bedeutung erscheint als die Arbeit des Ashrams, an den er angegliedert ist. Dies sind jedoch nicht die Dinge, die einen leichten Kontakt mit dir verhindern. Die tatsächlichen Hindernisse sind das Ergebnis der Prüfungen der Einweihung selbst, die sich in diesem besonderen Stadium in deinem Bewusstsein zeigen. Die emotionelle Verblendung hat dich verschlungen, und bei der zweiten Einweihung muss Freiheit von Verblendung gezeigt werden. Es handelt sich um die intensive Bewusstheit, die du augenblicklich von dir selbst - dem zentralen Faktor - hast. Dies wiederum ist ein notwendiges, aber schmerzliches Vorspiel zu dieser Einweihung. Diese Verblendung steht zwischen dir und mir. Die Selbstbewusstheit stellt sich auch sowohl zwischen dich und den Ashram, als auch zwischen dich und die Gruppe, die du auf der physischen Ebene um dich gesammelt hast.

Nachdem du bis hierher gelesen hast, wirst du weiterlesen, mein Bruder? Es besteht einige Wahrscheinlichkeit, dass du es nicht tun wirst. Du magst den Standpunkt einnehmen (ich sage nicht: du wirst es tun), dass du jegliche Beziehung zu Verblendung als falsch verwirfst. Du magst erklären, dass sie dich nicht berührt, welche Versicherung an sich schon andeuten würde, dass sie es tut. Dein tiefsitzendes geistiges Überlegenheitsgefühl deiner Gruppe gegenüber (eine Haltung, die sie bedauerlicherweise beeinflusst) mag dich davon abhalten, auf mich zu hören, deinen Freund und Bruder seit vielen Jahren, nein, Leben. Ich möchte dich jedoch bitten, zu lesen, was ich zu sagen habe. Vielleicht könnte ich Licht auf deine Probleme werfen und dir dabei helfen, die Einweihung zu empfangen, die dein vorherbestimmtes Ziel für dieses Leben war, die du jedoch selbst bis zum nächsten Leben aufschieben magst. Es besteht keine Notwendigkeit für diesen Aufschub, wenn du die Bedeutung dessen begreifst, was sich gegenwärtig in deinem Leben abspielt.

Es ist ausserordentlich schwer, die zweite Einweihung zu empfangen. Für diejenigen auf dem ersten und zweiten Strahl des Aspekts ist es wahrscheinlich die Allerschwerste. Die astrale Natur ist stark mit sich selbst beschäftigt, und der Zufluss von Seelenenergie während der Einweihungsperiode verstärkt dies noch; sie ist mit akuter Gefühlsseligkeit und schneller Reaktion auf Verblendung ausgestattet. Wo so viele Energie des ersten Strahls zu finden ist (wie in deinem Fall), wird eine starke Überzeugung vom Schicksal zu finden sein und ein ausgesprochenes Gefühl der Macht und das Gefühl, dass du - von einem erhabenen Standpunkt aus - die Menschen durchschauen kannst, so dass ihre Fehler und ihr Versagen und ihre kleinen menschlichen Schwächen stark in deinem Bewusstsein [526] aufragen.

Diese ganze Zeit über befindest du dich in einem Zustand ausserordentlich reizbarer Empfindlichkeit allen und jedem gegenüber; du bist von akuter Verblendung übermannt. Alles, was du an Energie des ersten Strahls besitzt, wird an die Oberfläche gebracht und beeinflusst alle deine Kontakte. Dein Seelenstrahl der ausströmenden Liebe ist kaum zu sehen, und du zeigst deinen Brüdern im Ashram oder den Mitgliedern deiner Gruppe wenig Liebe.

Du magst mich hier fragen, woher ich das weiss und warum ich dieses Wissen dir gegenüber betone. Du bist durch mich gelehrt worden, dass die Meister sich nicht mit den persönlichen Einzelheiten des Lebensausdrucks eines Jüngers befassen; warum befasse ich mich daher mit dem, was sich bei dir ereignet? Dies sind gerechtfertigte Fragen, und ich will sie beantworten.

Ich befasse mich aus dem Grund mit deinen Problemen, weil du die zweite Einweihung empfängst, und - wegen ihrer ausserordentlichen Schwierigkeit - habe ich dich seit den letzten vier Jahren mit mehr als der gewöhnlichen Sorgfalt überwacht. Ich weiss Bescheid über den inneren Tumult, die Selbstbeschuldigungen und deine eigenen vernunftmässigen Erklärungen, die tiefe subjektive Unzufriedenheit, die Sehnsucht, frei zu sein, und die Atmosphäre des akuten Leidens, in der du lebst. Deine geistige Moral ist nicht hoch, weil dein Sonnengeflecht weit offen steht - auf jede astrale Anregung reagiert, sowohl von den Schmerzen der Welt als auch von deinem eigenen Leiden beunruhigt wird. Du bist in einem Zustand der Gereiztheit und eines beständigen inneren Gefühlsausbruchs über deine Brüder im Ashram und über die Mitglieder deiner eigenen Gruppe. Viele von den letzteren gehören ebenfalls zum emotionellen Typ, denn, vergiss nicht, mein Bruder, wir ziehen diejenigen zu uns heran, die zu irgendeinem Zeitpunkt auf unsere hauptsächliche Eigenschaft reagieren, und - gegenwärtig - ist die deine emotionell.

Ich möchte dich daran erinnern, dass die Gefühlsbewegung, auf die ich mich in Zusammenhang mit dir beziehe, nicht diejenige des gewöhnlichen Menschen ist. Du stehst der Emotion gegenüber, welche die zweite Einweihung hervorruft. Dies ist etwas ganz anderes. Du solltest dir deshalb darüber klar sein, dass ich dich hoch einschätze. Es ist eine geistige Einschätzung und hat nichts mit deiner eigenen Einschätzung zu tun, hinter der du deine verletzte und leidende Seele versteckst und die du überall deinen Schülern aufzuerlegen suchst. Meine Einschätzung entspricht der Wahrheit, und du wirst die stürmischen Gewässer überwinden und in dem stillen [527] Land der Wirklichkeiten anlangen, frei von jeglicher Emotion und doch gleichzeitig voller unbehinderter Liebe. Dies ist die Belohnung der Beharrlichkeit durch die ganzen Prüfungen und Heimsuchungen der zweiten Einweihung hindurch.

Ich versuche dir zu helfen, das Wesen der Prüfungen anzudeuten und dich auf den Grund hinzuweisen, weshalb diese Prüfungen und Heimsuchungen dich überwältigt haben. Es mag dir vorkommen, als ob dich alles im Stich lässt - deine Kenntnis der Psychologie, deine Gruppen von Schülern, deine Freunde und deine Brüder im Ashram. Denke nicht, dass dies die vierte Einweihung der Kreuzigung andeutet. Jener Einweihung muss man scharfsichtig, frei von Verblendung, mit einem Herzen voller Liebe und einem Denkaspekt, der von jeglicher Kritik befreit ist, entgegentreten. Hierfür bereitet die zweite Einweihung den Jünger vor. Du weisst, dass du heute voller Emotion bist und dass sie dich zuweilen völlig überwältigt, du weisst, dass du häufiger zu Kritik neigst als nicht, und du weisst, dass du unter dem Einfluss der Verblendung die Waffe der Sprache oft auf zerstörende Weise und nicht konstruktiv schwingst. Du weisst, dass du - tief in deinem Innern - nicht mit der Arbeit, die du tust, und den Worten, die du schreibst, zufrieden bist.

Das Buch, das du kürzlich veröffentlicht hast, habe ich psychometrisiert und finde, dass es das Wesen des sechsten Strahls ausdrückt; es wird sich für Probejünger als äusserst hilfreich erweisen, und sie brauchen solche Hilfe; Jüngern wird es nicht helfen, denn es behandelt das, was sie gut wissen. Der Ruf ging vom Ashram zu dir hinaus, über das Thema von Shamballa zu schreiben, über das Zentrum, wo der Wille Gottes bekannt ist und von dem die Liebe Gottes ausströmt. Dies hast du auf Grund des emotionellen Aufruhrs, in dem du dich befindest, zurückgewiesen. Ich hatte jedoch ein Ziel und einen Grund, als ich dir das Thema vorschlug. Es war nicht nur, um ein Buch zu haben, das Jüngern einen Dienst leisten würde, sondern, weil es wesentlich war - als Teil deiner Prüfungen vor der Einweihung -, etwas von der Kraft von Shamballa in dein Bewusstsein zu bringen. Der Einfluss dieser Shamballa-Kraft (die du berühren und auf die du auf intelligente Weise reagieren kannst) war der hauptsächliche Faktor, alles latente Gefühl und alle Verblendung, die dich heute umhüllt, an die Oberfläche zu bringen. Als du das Thema von Shamballa erwogst (und später meinen Vorschlag verwarfst, darüber zu schreiben), brachtest du dich mit der Energie, die von Shamballa ausströmt, in Kontakt. Doch, mein [528] Bruder, wenn du dich mit meinem Vorschlag beschäftigst und das Thema «Der Weg nach Shamballa» behandelt hättest, würde viel von dieser Shamballakraft konstruktiv und in schöpferisches Bemühen umgewandelt worden sein, und dein heutiger Zustand wäre anders als er ist.

Du magst mich hier mit Recht fragen: Wenn dieses alles so ist, was soll ich denn tun? Habe ich in den Prüfungen für Einweihung versagt? Was schlägst du vor?

Du hast ganz bestimmt nicht versagt. Du bist auf dem Höhepunkt oder dem Gipfel der Prüfungsperiode. Der einzige Punkt, der entschieden werden muss, ist: Kannst du in diesem Leben überwinden und dich von astraler Kontrolle freimachen, oder werden die Prüfungen bis zum nächsten Leben verlängert werden?

Dies sind Fragen, die nur du beantworten kannst. Um sie zu beantworten, solltest du in eine Periode tiefen Schweigens eintreten und - wenn möglich - in eine Zeit friedlicher Normalität. Kannst du dich zwei Jahre lang freimachen und am Ende frei stehen, mein Bruder? Du tätest gut daran, dies zu tun. Du solltest deine Gruppen aufgeben und allein stehen. Du arbeitest augenblicklich nicht nach den Grundlinien des Neuen Zeitalters, denn deine Arbeit geht nach den Grundsätzen des alten vor sich: - von höher stehenden Lehrern, die ihre Gruppe um sich sammeln, von Mysterien, wo kein Mysterium besteht, weil es in der esoterischen Lehre kein Mysterium gibt, und dies ist eine Lehre, die du dringend lernen musst, und von Kritik (öffentlicher Kritik) des Schülers, der es sehr an Liebe mangelt. Kein Lehrer des Neuen Zeitalters sammelt eine Gruppe um sich selbst, erhebt Anspruch auf ihre Loyalität und ihren Gehorsam, noch schliesst er anderen Aspekten der Wahrheit gegenüber die Tür, wie du es getan hast. Er bietet die Lehre an und betrachtet sich selbst nur als einen Schüler.

Deshalb möchte ich dich dringend bitten, deine Gruppe zwei oder drei Jahre lang aufzugeben (du kannst sie später wieder aufnehmen, und zwar mit Macht), und das Handhaben von Energie selbst zu studieren - ohne jegliches Gefühl, ohne den Wunsch, anerkannt zu werden und als Reaktion auf menschliche Bedürfnisse. Ich möchte dich auch zu einer Meditation auffordern, die um die folgenden Worte herum aufgebaut ist:

1. Okkulter Gehorsam.

2. Okkulte Meditation.

Dies würde ausserordentlich [529] nützlich für dich sein. Versuche, mich zu finden und mit mir in meinem Ashram zu wandeln, wo dein Seelenstrahl zu grösserem Ausdruck angespornt werden wird und deine Persönlichkeitsstrahlen sich in den Hintergrund zurückziehen werden. Wenn du die Kraft hast, das zu tun, wirst du - am Ende der Periode selbstauferlegter Disziplin - in einen Zyklus sehr grosser Brauchbarkeit eintreten. Diesen Zyklus nützlicher Arbeit sah ich voraus, als ich zuerst mit dir in Verbindung trat. Es ist noch Zeit für dieses Hervortreten in erweiterten Weltdienst vorhanden, es braucht nicht bis zum nächsten Leben aufgeschoben zu werden.

Du hast viel gelitten, mein Bruder, und du hast wenige, zu denen du gehen kannst. Meine Liebe und mein Segen umgeben dich stets, und ich bin dir seit einiger Zeit während dieser schwierigen Nachkriegstage besonders nahe gewesen. Jünger wie du reagieren nicht nur auf ihre eigenen Prüfungen und Probleme, sondern auch auf diejenigen der leidenden Menschheit. Du wirst mich dicht bei dir finden, wenn du mich suchst.

ANMERKUNG: Dieser Jünger erwählte es, sich von der Gruppe des Tibeters zurückzuziehen und setzte bis zum Ende seines Lebens im Jahr 1953 seine eigene, von ihm gegründete Diensttätigkeit fort.

An L. F. U.

August 1940

MEIN BRUDER!

Ich weiss kaum, was ich dir sagen soll, denn der Körper ist müde, der Denkaspekt verwirrt, die Gefühlsnatur bemüht sich, sich geltend zu machen, während die Seele eine anregende Energie hereinsendet, die für eine ganz entschiedene Krise in deinem Leben verantwortlich ist. Es interessiert mich zu wissen, wieviele Mitglieder der Gruppe augenblicklich geprüft werden - etwas, was ich voraussah, während mehrere von euch sich weigerten, dies zu erwägen. Mehrere Mitglieder der Gruppe machen die schmerzliche Prüfung des Kriegs durch; mit seinen unvermeidlichen nervösen Einwirkungen auf die Körperbeschaffenheit, mit seinem Druck sowohl auf den Astralkörper als auch auf den physischen Körper und den Reaktionen auf Lärm, Ungewissheit um anderer willen, und der allgemeinen psychischen Atmosphäre, in der sie zu leben gezwungen sind. P. D. W., D. E. I. und L. D. O. befinden sich in dieser Lage, und die Prüfung ist gross.

Du, mein Bruder, und W. O. I. werden ebenfalls in der Welt der Gedanken geprüft, und du stehst insbesondere einem akuten Problem in bezug auf [530] Unterscheidung gegenüber.

Früher - vor Jahren - habe ich dir drei Worte gegeben, welche den Grundton deines Lebens bilden sollten - Liebe, Furchtlosigkeit und Verständnis. Die ersten beiden haben dich viel beschäftigt. Du hast sehr daran gearbeitet, Liebe auszudrücken, und bist im irdischen Sinn freundlicher geworden und hast deine Natur erweitert. Das Ergebnis ist, dass du dir heute wie nie zuvor dessen bewusst bist, wie Mangel an Liebe dich verleitet und drei Menschen in deinem Leben unsägliches Leiden gebracht hat. Nur du allein weisst es. Furchtlosigkeit ist jetzt eine Verblendung in deinem Denkaspekt, denn dein Gehirn und dein Astralkörper auf dem sechsten Strahl haben dich plötzlich verführt. Deine frühere Freiheit von Verblendung führte zur Sorglosigkeit - und, wie dir gut bekannt ist, werden wir oft an dem Punkt verleitet, wo wir uns für am stärksten hielten. Trotz alledem haben die letzten paar Jahre wirklichen Fortschritt, ausgesprochene Befreiung und wahre Entwicklung gesehen.

Hast du dein Hochwasserstandszeichen für dieses Leben erreicht, mein Bruder? Kannst du noch weiter auf dem Weg gehen? Das ist dein Problem. Es wird gelöst und weise entschieden werden, und du wirst in einen neuen Zyklus geistigen Lebens eintreten, wenn Verständnis und ein Suchen nach Bedeutung mit deiner Reaktion auf Liebe und Furchtlosigkeit parallel laufen werden.

Dein Verständnis ist nicht tief genug. Das, was akademisch und das Ergebnis von Lesen, Zuhören und deiner Reaktion auf die Arbeit der Arkanschule ist, neigt dazu, den Platz wahren Verstehens einzunehmen. Wahres Verständnis bringt Identifizierung mit der Menschheit mit sich.

Deine Theorien, deine Ideale, deine festgelegten Überzeugungen kommen zwischen dich und die Menschheit als Ganzes, und das Gute der Formseite ragt übermässig stark in deiner Haltung zum Dienst hervor. Du bist unter der Verblendung des Idealismus dazu geneigt, den Geist der Liebe zu opfern, um die Form deines Ideales zu bewahren. Denke darüber nach, denn es ist für dich von grundlegendem Wert, dass du es lernst, die Zusammenhänge richtig zu begreifen. Darf ich dich bitten, über die esoterische Bedeutung einer Wahrheit nachzudenken, die dir bis jetzt äusserst fraglich zu sein scheint: Ideale müssen in ihrer jetzigen Formulierung verschwinden, weil wir in ein Neues Zeitalter eintreten, in dem alle Dinge neu werden. Sie können gefahrlos aufgegeben werden, wenn ihr Platz von einer wahren Seelenliebe für die Menschheit eingenommen wird, die allumfassend, vernünftig und praktisch ist. Ideale sind [531] Formulierungen des menschlichen Denkens. Die Hierarchie hat keine Ideale. Die Hierarchie ist einfach der Kanal für reine Liebe, und wo Liebe vorhanden ist, besteht keine Gefahr für Härte, Grausamkeit, Missverständnis, für das Umgehen von Tatsachen oder dafür, anderen Leid zuzufügen. Auch vieles, was manche als harmlos ansehen, ist in seinen allgemeinen Wirkungen entschieden schädlich. Ideale, wie sie gewöhnlich verstanden werden, nähren Stolz, führen zu Halsstarrigkeit und rufen eine trennende Überlegenheit hervor; sie erzeugen unpraktische Haltungen und negative Tätigkeiten. Derjenige, welcher sich ihnen auf diese Weise hingibt, dient häufig nur in dem begrenzten Feld, das von seiner erwähnten Arbeit abhängt und von seinem Idealismus beeinflusst wird. Er schliesst das Ganze aus und denkt im Sinn der Vergangenheit und so, wie er denken will. Es ist kein wirkliches Verständnis für einen entgegengesetzten Idealismus vorhanden, und häufig wird kein wirklicher Versuch gemacht, seine Grundlage zu verstehen. Die Betonung seiner eigenen Ideale (in seinem eigenen Bewusstsein, selbst wenn sie nicht anderen auferlegt werden) verhindert Verständnis, und er ist so damit beschäftigt, sie aufrecht zu erhalten und zu verteidigen (oft wieder sich selbst gegenüber) und von ihnen beeinflusst zu werden, dass die grösseren menschlichen Fragen seiner Aufmerksamkeit entgehen. Er bleibt beharrlich innerhalb der Grenzen seiner eigenen Überzeugungen. Dies macht ihn sofort zu einem Theologen, und seine Brauchbarkeit verschwindet dann schnellstens, ausgenommen in dem intimen Kreis seiner Mitidealisten. Mit der Zeit findet Kristallisierung statt. Eine «Kristallschranke» wird zwischen der Persönlichkeit und der Seele errichtet. Die Seele ist sichtbar, aber ihr Einfluss wird isoliert. Jedoch - weil noch eine Vision von der Seele fortdauert - ist der Jünger tief unbefriedigt. Die Kristallisierung zieht schliesslich alle Aspekte seines Wesens in Mitleidenschaft. Gefühle lassen sich in den «Furchen von Kristall» nieder. Der Denkaspekt wird starr und brüchig. Der physische Körper kristallisiert ebenfalls und wird schnell alt, weil kein freier Fluss des Lebens vorhanden ist.

Nur eines wird es verhindern, dass dies geschieht. Liebevolles Verständnis und ein sich daraus ergebendes Opfer des Lebens für die Menschheit als Ganzes. Das Beste für die grösste Anzahl wird zum Thema seines Lebens, und diesem wird der ganze Mensch untergeordnet.

Kannst du diese Vision begreifen und alles aufgeben? Nur zwei Strahl-Energietypen drücken sich durch deine niedere Natur aus: Intellekt und Idealismus. Denke ein wenig über die Wirkungen dieses unausgeglichenen Zustandes nach und überlege, was er hervorbringen wird. Sei nicht mit deiner mentalen Tätigkeit und Deinem [532] geweihten Idealismus zufrieden. Reiche über sie hinaus zur Seele, deren Natur Liebe ist und die sich mit der Menschheit und nicht mit einer Gedankenrichtung oder einer Gruppe von Idealen identifiziert.

Du stehst am Scheideweg, mein Bruder. Willst du einem erneuten Dienst, neuen Idealen und einem neuen Zyklus schöpferischen Lebens entgegengehen? Oder willst du dich in einem kristallisierten Zustand und einem eifrigen Ringen niederlassen, um schöpferisch zu werden und Ideale auszudrücken, die vielleicht bereits aufgegeben sind, um für höhere und bessere Platz zu machen. Auf diese Weise würdest du weiterhin in der Aura dessen stehen, was alt ist, und keine weiteren Fortschritte machen und später zu der Einsicht erwachen, dass schöpferisches Leben ein spontanes Ereignis ist und dass deine Ideale durch grössere und geistigere abgelöst worden sind.

Ich gebe dir keine persönliche Meditation. Diejenige, die der Gruppe gegeben wurde, ist besonders dazu geeignet, die nötigen Veränderungen in dir hervorzubringen, vorausgesetzt, dass du die Meditation regelmässig befolgst.

Ich möchte dich jedoch bitten, jeden Tag, dann, wenn es dir am besten passt, zwei Erwägungspunkte vorzunehmen, und als Thema deiner Erwägungen möchte ich vorschlagen: «Das Verstehen der Ideale des Neuen Zeitalters», wobei du dich daran erinnerst, dass die neuen Ideale das Leben und nicht die Form betreffen.

Mein Segen ruht stets auf dir, denn ich habe viel Arbeit für dich. Ich möchte dich daran erinnern, dass ich dich in meiner letzten Unterweisung fragte, ob du stark genug wärest, schrankenlos an der Notlage der Welt teilzunehmen. Ich fragte dies, weil ich in dir eine Verblendung und eine Schwäche sah (die auf deinen wahren Idealen beruhte) und eine Negativität, die sich hinter einem furchtlosen Idealismus verbarg. Dann wies ich - wenn du dich daran erinnern willst - auf die Notwendigkeit für «aktives Verständnis» hin. Ich wiederhole diesen Ruf nochmals.

August 1942

1. Von dort, wo du stehst, sehe ich einen Lichtpunkt, einen schimmernden goldenen Faden. Er geht von deinem Herzen zu dem meinen und wird Tag für Tag, jedes Jahr, stärker. Gehe auf dieser Lichtbrücke vorwärts.

2. Meine Botschaft ist [533] stets zu dir hinausgegangen: Liebe und mehr Liebe. Wiederum sende ich sie aus und mit meiner Liebe.

3. Du begrenzt dein Dienstfeld, Bruder von altersher. Erweitere es wieder.

4. Mein Bruder, das Bedürfnis deines Herzens ist das Bedürfnis meines Herzens und das Bedürfnis deiner Brüder. Dieses Verbinden der Bedürfnisse wird die Sonne hervorrufen, und Schatten werden verschwinden.

5. Die Menschen klettern eine Mauer empor, bemerkte der Weise, und sie sitzen oben darauf. Dann klettern sie herab. Denke darüber nach.

6. Unten an der Mauer liegt ein Brunnen, fügte der Weise hinzu. Liebe liegt am Grunde des Brunnens. Sie kann nicht ertrinken, aber die Menschen lieben das tiefe Wasser nicht.

September 1943

BRUDER VON ALTERSHER!

In allen Leben gibt es gewisse Zeitpunkte, die entscheidende und häufig befreiende Faktoren sind. Ein hauptsächlicher Punkt für alle Jünger ereignet sich mit ungefähr fünfunddreissig Jahren und ein anderer mit zweiundvierzig Jahren. Als du dieses Alter erreichtest, begann ich, dich stärker zu beobachten. Du warst, wenn ich mich so ausdrücken darf, (dir selbst unbewusst) ganz bis an den Rand der Aura meines Ashrams gewandert. Später, als du in die Arkanschule eintratest und einer ihrer Arbeiter wurdest, drangst du tiefer in meinen Ashram ein, und zwar als Reaktion auf eine gewisse Anziehungskraft, die ich bewusst ausübte. Ich hatte deine «suchende Schwingung» seit langem registriert.

Ein weiterer wichtiger Punkt kommt stets im Alter von sechsundfünfzig Jahren, und als du dich diesem Alter nähertest, brachte der Druck, der durch die in Widerspruch stehende Zugkraft des Ashrams, deiner eigenen Seele und der mentalen Vorgänge deiner Persönlichkeit auf dich ausgeübt wurde, eine dominierende Prüfung in deinem Leben hervor. Als Folge der Reaktion der Persönlichkeit, der Prüfung der Seele, die auf diese Weise drastisch auferlegt wurde, und deiner Reaktion auf Lebensumstände ist dein heutiges Leben in seinem jetzigen Zustand. Du wirst verstehen, wovon ich spreche, und es besteht keine Notwendigkeit dafür, mich klarer auszudrücken. Das Alter von dreiundsechzig Jahren wird eine andere und kleinere Krise bringen, und von der Entscheidung, die du dann triffst (und sie kann physischen, emotionellen, mentalen oder seelischen Ursprungs sein), wird die Zukunft deines [534] Lebens in dieser besonderen Verkörperung abhängen.

Wenn deine Entscheidungen - dann und jetzt - esoterisch innerhalb meines Ashrams getroffen werden, wo der Brennpunkt deines Lebens beharrlich bleibt, wird alles gut sein. Wenn sie durch den Gebrauch des niederen Denkaspekts und unter dem Einfluss seines vernunftgemässen Einflusses getroffen werden, wirst du wahrscheinlich Fehler machen. Du hast in deinen Lebenskrisen stets dem Weg der Liebe und dem Weg des konkreten Denkens gegenübergestanden, und gewöhnlich sind deine Entscheidungen die vernunftgemässen Entscheidungen einer etwas unnahbaren und auf sich selbst konzentrierten Persönlichkeit gewesen. Deine letzte Entscheidung und die erwählte Tätigkeitslinie (die definitiv entscheidender Natur war), war für dich bei weitem die schwierigste, weil du nicht so klar sehen konntest wie gewöhnlich. Dein konkreter niederer Denkaspekt zeigte scheinbar nicht seine gewöhnliche klare Vision, und «die Alternativen, welche die Liebe bietet» - wie einer der Meister es oft ausgedrückt hat - verwischten die gewöhnlich klare niedere Vision, machten jedoch eine Entscheidung auf einer höheren Stufe als bisher möglich. Du machtest eine Zeit durch, die dich viel lehrte und innere Anpassung erforderte. Nicht wahr, mein Bruder?

Ich habe dich mit Liebe und Verständnis beobachtet, denn diese emotionelle Zerrissenheit (die du vor der Aussenwelt gut verbargst) blieb mir nicht verborgen. Ich freute mich, denn sie liess soviel Licht herein, dass du in den vergangenen drei Jahren grössere Fortschritte gemacht hast als in irgendeiner früheren Zeit in deinem Leben. Du möchtest mich fragen: In welcher Richtung? Meine Antwort würde sein: In der Richtung einer allumfassenden Vision, welche die Zukunft der Menschheit klarer im Licht der Gegenwart sieht, als es dir je zuvor möglich gewesen ist. Dies ist ein grosser Schritt vorwärts.

Seit Jahren habe ich dir gegenüber die Notwendigkeit für Herzensliebe betont, und du hast beharrlich und beständig, durch Meditation, das Aufstellen von Theorien und einer bewussten Bemühung versucht, diese Liebe zu entwickeln. Wenn Liebe vorhanden und von der richtigen Art ist, mein Bruder, ruft sie ein Gefühl persönlicher Verantwortung hervor. Dies sind Phasen der Verantwortung, die auf Liebe und nicht auf zu leistender Arbeit, auf Stellungen, die besetzt werden müssen, auf Menschen, die mühselig verstanden werden müssen, und auf der Erfüllung deiner Pflichten als Bürger, Leiter oder Angestellter, beruhen. Solche Phasen haben in deinem Leben seltsamerweise gefehlt. Du hast sie vermieden, und dieses Vermeiden hat seine Wurzeln in einer unerkannten Furcht, dass du versagen könntest, wenn du Verantwortung (durch Liebe [535] für andere) übernehmen würdest. Du hast auf ein tiefes Misstrauen gegen dich selbst, auf eine Furcht reagiert, dass andere sich ungebührlich (nicht völlig, aber ungebührlich) in dein geordnetes, geplantes Leben eindrängen würden.

Die meisten Dinge können als zu spät für eine Änderung angesehen werden, wenn man im Sinn einer Verkörperung an sie herangeht, aber die Seele denkt im Sinn von Lebenszyklen. Ein voller und reicher Lebenszyklus wird sich vor dir als Folge dieser jetzigen Verkörperung eröffnen, wenn du deine verbleibenden Jahre in einem Geist selbstloser, verständnisvoll reagierender Liebe - die nichts für das getrennte Ich fordert, handhaben wirst.

Ich habe keine Befürchtungen für dich, mein Bruder. Ich möchte dich daran erinnern, dass die Unterbrechung der Lebensvorgänge und die Umwälzung eines geordneten Gesichtspunkts und einer geplanten und vernunftmässigen Einstellung zum täglichen Leben in gewissem Mass eine grosse Befreiung ist - ein Freisetzen verborgener Schönheiten, die nicht vermutet werden und das Tageslicht suchen. Hast du nicht gelesen, dass die Bombardierung von London mit starken Sprengstoffen grosse Umwälzungen hervorrief und jene alten Erdschichten - die seit Jahrhunderten vor dem Tageslicht verborgen waren - an die Oberfläche gebracht wurden? Als Ergebnis sind in diesem Sommer seltsame, seltene, unbekannte und schöne Blumen erschienen, die Interesse erregen und Forschungen anregen und die Ruinen mit Schönheit und Farbe verbergen. Denke darüber nach, denn mit einem Menschenleben kann es ebenso ergehen. Schönheit fängt an, in deinem Leben zu erblühen und bringt ihre eigenen Verantwortungen mit sich, ruft ihr eigenes magnetisches Feld hervor, führt dir jene zu, die es sonst nicht gewagt haben würden zu kommen, und die dir eine Liebe entgegenbringen werden, die zuerst Zweifel in deinem Denken erregen mag, die dein Leben jedoch ausserordentlich bereichern wird. Sie wird auch Verantwortlichkeit hervorrufen. Deine Verantwortung wird dein Dienstfeld entschieden erweitern. Sei deshalb bereit, in das tiefe Wasser hinabzusteigen, auf das ich in der letzten der sechs Erklärungen hinwies, die ich dir voriges Jahr gab. Je höher die Mauer ist, mein Bruder, von der du fällst, desto tiefer wirst du in das Wasser tauchen, - und das wird - wie paradox es auch klingen mag, deine Rettung sein, mein geliebter Bruder. Suche diese Entwicklung und heisse sie willkommen.