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3. Die geistigen Wirkungen der Tierkreis-Sternbilder - Teil 7

Ich beabsichtige hier nicht, die Lösung des Geschlechtsproblems aufzuzeigen. Die Menschheit wird sie zwangsläufig im Lauf der Äonen und in dem Mass erreichen, wie der Herdeninstinkt der vorbedachten und eigenbewussten Haltung des Aspiranten und der Intelligenz weicht. Ich möchte euch jedoch daran erinnern, dass der Herdeninstinkt in bezug auf das Geschlecht seine Grundlage entweder im normalen, natürlichen, tierischen und instinktiven Verlangen hat oder in gefühlsmässigen Einstellungen; und diese letzteren sind bei weitem die schlimmsten und bringen die viel tiefer liegenden Keime der Leiden mit sich. Sie umfassen die ganze Skala vom Stadium der freien Liebe und des «zwanglosen» Geschlechtsverkehrs bis zu dem orthodoxen, engstirnigen und bigotten christlichen Standpunkt, wie man ihn normalerweise versteht; allerdings ist das nicht die Art, wie Christus das Leben anschaute. Dieser enge Blickpunkt und die normale angelsächsische Einstellung (ein Ergebnis der Lehren des Mittelalters) betrachten das Geschlecht als ungewöhnlich sündhaft, immer unerwünscht und als etwas, das überwunden werden soll; es wird stets heimlich im Hintergrund des christlichen Bewusstseins gehalten, wo es als ein lüsternes Mysterium verborgen liegt. Das wiederum geht auf den Einfluss des Apostels Paulus zurück, nicht aber auf die Lehre Christi.

Diesen Einstellungen ist eine heftige Reaktion gefolgt, die heute ihren Höhepunkt erreicht hat; und diese ist ihrerseits unerwünscht und gefährlich, wie alle heftigen Reaktionen, denn das eine ist so unwahr wie das andere; der Mittelpunkt der Waage oder die Nabe des Rades ist der Ort, von dem aus die wahre Perspektive und die angezeigte Massnahme richtig gesehen werden können. Wenn einmal die grundlegende «Geschlechts»-Beziehung endgültig hergestellt ist und Seele und Körper (positiv und negativ) im Leben des Weltaspiranten dauerhaft verbunden sind, dann werden wir [235] erleben, dass die Weltlehren über das Problem des physischen Geschlechts richtig beherzigt werden. Diese Lehre wird sich aus der Vereinigung und Verschmelzung der besten Gedanken aller spirituell gesinnten Lehrer beider Hemisphären ergeben und wird die Erfahrungen des Ostens und des Westens vereinigen, sie wird auch die mystische und wissenschaftliche Annäherung an ein Geheimnis umfassen, das sowohl physischer wie mystischer Art ist (so dass es sowohl wissenschaftlichen Verständnisses als auch geistiger Auslegung bedarf). Dazu werden sowohl die Hilfen und Schlussfolgerungen der Medizin gehören, welche die notwendigen, vernünftigen physischen Anweisungen geben, als auch die Hilfe des kulturellen Wissens der indischen Yogis über die Energie, die durch die Zentren strömt - in diesem Fall durch das Sakralzentrum. Schliesslich wird durch die einsichtsvolle Wirksamkeit der vernünftig und gesetzmässig denkenden Menschen in der Welt die Suche nach einer ausgeglichenen und wünschenswerten Anschauung ans Ziel gelangen. Aus den vielen heutigen Sexualexperimenten wird die kommende Generation einen Gleichgewichtspunkt erreichen und wird infolgedessen die Waage in der gewünschten und wünschenswerten Richtung anstossen. Daran besteht kein Zweifel, es ist nur eine Zeitfrage und diese wird astrologisch bestimmt werden. Durch gesetzmässiges Denken und rechte Gesetzgebung wird man das Geschlecht schliesslich als eine zweckmässige göttliche Funktion erkennen und man wird es schützen durch rechte Erziehung der jungen und unwissenden Menschen sowie durch das rechte Handeln der jungen, hoch intelligenten, kommenden Generation - der Kinder und Kleinkinder von heute.

Die Praxis falscher Sexualgewohnheiten, das Beispiel der weitverbreiteten Prostitution (ich benutze dieses Wort sowohl in bezug auf Männer wie auf Frauen), das Anwachsen der Homosexualität (nicht in ihren seltenen physiologischen Formen und Veranlagungen, sondern vom Blickpunkt einer pervertierten Einstellung und einer ungesunden Phantasie, die heute hinter einem so grossen Teil ihrer Erscheinungsformen stehen), die engstirnige christliche[ [236] Erbschaft eines «Schuldkomplexes» in bezug auf das Geschlechtsleben und das Erbe erkrankter und geschlechtlich über- oder unterentwickelter physischer Körper haben die Menschheit zu der heutigen chaotischen und uneinsichtigen Behandlung dieses wichtigen Problems geführt. Die Lösung wird nicht gefunden werden durch religiöse Verkündigungen, die auf einer überlebten Theorie beruhen oder durch physiologische Verbote oder legalisierte Ausschweifung; sie wird sich auch nicht einstellen durch Gesetzgebung, die von verschiedenen Geistesrichtungen in einer Gemeinde oder einem Volk inspiriert ist. Sie wird sich vielmehr ergeben aus der vereinten Wirksamkeit eines spirituell gesinnten Bewusstseins, einer kritischen Einstellung, einer intellektuellen Wahrnehmung und dem stetigen Drang der Evolution. Nichts kann verhindern, dass die Lösung und jene erwünschten Einstellungen und Bedingungen eintreten, durch welche das Geschlecht seine rechtmässige Äusserung finden kann.

Wie ihr wisst, beherrscht die Waage die Gesetzgebung und hält das Gleichgewicht zwischen dem sogenannten Rechten und Falschen, zwischen Negativ und Positiv und ebenso zwischen Ost und West. Diese letzte Zuordnung mag euch nur als bedeutungsloser Ausdruck erscheinen; aber wenn einmal die wahre, richtige Beziehung zwischen Orient und Okzident hergestellt ist (was heute noch nicht der Fall ist), dann wird sich dies aus dem Wirken der Waage und der Gesetzgebung einstellen.

Waage ist der «Bürge oder Förderer des Gesetzes». Die Gesetzgebung hat sich bisher mit dem Durchsetzen jener negativen und furchteinflössenden Denkweise befasst, die uns in dem mosaischen Gesetzwerk erhalten ist, das Strafen für Übertretungen auferlegt. Das ist ein wahrscheinlich notwendiges Stadium für junge Rassen und für die Erhaltung einer «Fürsorgeherrschaft» für Menschen gewesen. Heute jedoch erreicht die Menschheit ihre Reife und so ist jetzt eine andere Auslegung der Absichten und Ziele der Waage durch das Gesetz notwendig. Das Gesetz muss zum Sachwalter einer positiven Rechtschaffenheit werden und darf nicht einfach das [237] Werkzeug des Zwanges sein. So, wie wir versuchen, die Gewaltanwendung aus unseren nationalen Beziehungen zu verbannen und so, wie es heute offensichtlich ist, dass es durch drastische Strafen nicht gelungen ist, Verbrechen zu verhindern oder die Menschen von gewalttätiger Selbstsucht abzuschrecken, (denn genau das ist jedes Verbrechen) und wie die soziale Einstellung (im Gegensatz zum antisozialen Verhalten aller Gesetzesbrecher) als wünschenswert angesehen und in unseren Schulen gelehrt wird, genau so beginnt es im allgemeinen Bewusstsein zu dämmern, dass man heute an die Jugend herantreten muss, indem man sie rechte Beziehungen lehrt und Selbstbeherrschung und Selbstlosigkeit fördert und zur Entfaltung bringt; denn diese sind sicherlich das subjektive und meist unerkannte Ziel aller gesetzlichen Verfahren.

Der Einfluss der Waage sollte schon in der Kindheit im spirituellen Sinne ausgeübt werden. Das Verbrechen wird ausgerottet werden, wenn einmal die Umweltsbedingungen, in denen die Kinder leben, sich bessern, wenn man in den frühen Bildungsjahren die Drüsenfunktionen im Gleichgewicht hält, wenn man den Zähnen, Augen und Ohren Aufmerksamkeit schenkt, auf richtige Körperhaltung und Ernährung achtet, wenn auch die Zeit besser eingeteilt wird und wenn ausserdem die esoterische Psychologie und Astrologie ihren Wissensbeitrag zur Erziehung junger Menschen leisten. Die alten Methoden müssen den neuen weichen, und die konservative Einstellung muss aufgegeben werden zugunsten religiöser, psychischer und physischer Erziehung und Forschung, die wissenschaftlich vorgenommen wird und esoterisch motiviert ist. Wenn ich sage religiös, so meine ich nicht die doktrinäre oder theologische Lehre, sondern die Kultivierung jener Geisteshaltung und Vorbedingungen, welche die Wirklichkeit im Menschen erwecken, den inneren, geistigen Menschen in den Vordergrund des Bewusstseins rücken und so die Erkenntnis des Innewohnenden Gottes bringen.

Ich brauche in dieser Hinsicht nicht mehr zu schreiben. Ich bin etwas ausführlicher auf das Geschlecht und das Gerichtswesen eingegangen, weil [238] beide von der Waage beherrscht und bedingt werden und dies wird immer mehr der Fall sein. Das Thema ist zu umfassend und zu bedeutsam, als dass ich mehr andeuten könnte als Richtlinien zur Annäherung. Eine nur flüchtige Behandlung des Problems hat keinen wirklichen Wert. In dieser Übergangsepoche, durch welche die Welt heute geht, und in dieser Pause zwischen zwei Wirksamkeiten - der des ausgehenden Fische-Zeitalters und der des kommenden Wassermann-Zeitalters - wird schliesslich Waage herrschen; am Ende dieses Jahrhunderts wird man erleben, dass der Einfluss der Waage eine immer deutlichere Herrschaft und eine Machtstellung im Horoskop unseres Planeten gewinnt. Es besteht also kein Grund zu wirklicher Angst.

Eine bestimmte Verbindung oder Stellung von Sternen - deren einer der Stern Regulus im Löwen ist - wird eine Situation schaffen, in der es zur Neuorientierung des gesetzgebenden Berufs kommt; seine Funktionen und Pflichten werden zusammengefasst werden, damit sie weltweiten Nutzen bringen können, und in diesem Prozess wird die Gesetzgebung für Kinder grosse Bedeutung erlangen und die bewegende Kraft sein. Dieser gesetzliche Schritt wird vor allem von Russland befürwortet und von den Vereinigten Staaten von Amerika gutgeheissen werden. Noch vor dem Jahre 2035 n. Chr. wird diese Gesetzgebung universale Wirkung und Macht haben.

Alles dies wird eintreten, weil Waage die gegenwärtige Zwischenepoche beherrscht und als «der Meister des Niemandslandes» angesehen werden könnte, wie es einer der Meister der Weisheit kürzlich ausdrückte.

Man wird viel Aufschluss gewinnen über die Waage, wenn man die «Bhagavad Gita» und Arjunas Problem studiert, als er sich in Verzweiflung zwischen den beiden einander gegenüberstehenden Heeren niedersetzte. Die grosse Schlacht, von der in dieser alten indischen Schrift berichtet wird, fand das erste Mal tatsächlich in der Mitte der atlantischen Epoche und im Zeichen Waage statt. Der Hauptkonflikt unserer gegenwärtigen arischen Epoche wird auf einer höheren Runde der Spirale unter dem Einfluss Skorpions [239] ausgetragen. Die Schlacht der Vergangenheit bereitete den Welt-Probejünger, die Menschheit, auf den Pfad der wahren Jüngerschaft vor, die der Gegenwart bereitet den Weltjünger auf eine Einweihung vor. Im Verlauf der ungeheuren Zeitspanne zwischen dem entscheidenden atlantischen Ereignis und der Gegenwart ist eine grosse Neuorientierung auf dem Lebensrad eingetreten; seit damals sind mehrere Millionen Menschen vom Skorpion in die Waage übergegangen (symbolisch gesprochen); dort sind sie «in den Waagschalen gewogen worden» und haben danach ihr Wunschleben auf das geistige Streben gerichtet und ihre Entschlossenheit bekräftigt, vorwärts zu streben; so sind sie auf dem umgekehrten Rad in den Skorpion zurückgekehrt. Denkt über diesen Gedanken nach; denn er bildet das wirkliche Problem für die Masse intelligenter Menschen in unserer Zeit.

Wie ihr schon wisst, ist Waage einer der vier Arme des Kardinalkreuzes. Daraus ergeben sich die Schwierigkeiten für uns, die wahre Natur ihres Einflusses zu verstehen. Die Bedeutung der Energien, die durch die vier Arme dieses Kreuzes oder von den vier Sternbildern Widder, Krebs, Waage und Steinbock in unser Sonnensystem hineinwirken, kann in den folgenden Worten zusammengefasst werden: Schöpfung, Manifestation, Gesetzgebung und Einweihung. Auch mit Hilfe dieser Worte wird es euch noch schwer fallen, deren Tragweite und Bedeutung richtig zu verstehen.

Kosmisch bedeuten sie das Wirken der Gottheit, wenn Geist und Materie in eine bestimmte Verbindung gebracht werden und nach dem göttlichen Plan jene Verschmelzung lebendiger Energien bewirken, die in Zeit und Raum stark genug ist, um diesen Plan zur gewünschten Vollendung zu führen. Das ist Schöpfung oder wirkender Widder. Sie bedeuten auch das objektive Erscheinen der Gedankenform, die Gott auf diese Weise erschaffen hat und in der sein Verlangen, sein Wille, seine Absicht und sein Plan verkörpert sind. Das ist Manifestation oder wirkender Krebs. Sie bedeuten weiter die Durchführung des Planes nach dem geistigen und nach [240] dem Naturgesetz, das in seiner Äusserung evolutionär ist; dies ist das Ziel der Evolution und ihrer Wesensäusserung und so wird stetig das Wesen Gottes offenbart, denn die Gesetze, nach denen dieses unser Sonnensystem regiert wird, sind Äusserungsformen göttlicher Qualität und göttlicher Wesensmerkmale. Dies ist Gesetzgebung oder wirkende Waage. Sie bedeuten schliesslich die Einweihungsvorgänge, bei denen Schritt für Schritt und Stufe auf Stufe nach dem Gesetz und durch die Methode der in der Manifestation gewonnenen Erfahrung der Schöpfungsplan im Bewusstsein realisiert wird. So wird die Entfaltung des göttlichen Planes gefördert durch immer neue Anfänge, Manifestationen und Vollendungen - die alle relativ sind und doch zu einer absoluten Vollendung führen. Dies ist Einweihung oder Wirksamkeit im Steinbock. All das geschieht in einem ziemlich riesigen und unbegreiflich grossen Massstab, soweit es das menschliche Verständnis betrifft.

Aber das Bewusstsein und Verstehen der grösseren Zielsetzung, die hinter der mehr exoterischen Absicht der Bewusstseinsentfaltung in diesem Sonnensystem, in unserem Planeten und im Menschen liegt, muss schliesslich in den Endstadien der Evolution erfasst werden. Wenn sich dieses Verständnis auftut, wird der Mensch zum Eingeweihten; er verlässt seine Stellung auf dem Fixen Kreuz und beginnt relativ langsam, das Kardinalkreuz zu besteigen. Dann wird er zu einem Mitarbeiter in dem grossen schöpferischen Prozess und Vorhaben. Er beginnt, seinen eigenen Körper zur Äusserung auf dem Kardinalkreuz zu erschaffen, und die Impulse des Widders fangen an, ihm zu erscheinen und sichtbar zu werden. Noch versteht er sie nicht. Er manifestiert bewusst in der Welt das, was er ausführen will und dann offenbart ihm der Krebs sein Geheimnis. Er wird zu seinem eigenen Gesetzgeber, der sein Verhalten klug beherrscht und seine Impulse verstandesmässig überwacht; dann befähigt ihn die Waage, das materielle und das geistige Gesetz im Gleichgewicht zu halten. Wenn er alles dies getan hat, entdeckt er, [241] dass er bereit ist, sich auf neue, tiefere Experimente einzulassen (oder sollte ich sie Erfahrungen nennen?); als Teilnehmer am göttlichen Plan und als Mitarbeiter an der göttlichen Absicht wird er dann sein eigener Initiator und ist somit bereit, eine Einweihung zu erreichen. Das sind die Paradoxa des spirituellen Lebens. Das Geheimnis des Kardinalkreuzes wird jedoch nur jenem Menschen offenbart, der das Fixe Kreuz bestiegen hat und dessen vierfache Erfahrung durchgemacht hat. Mehr als das, was ich gesagt habe, kann ich nicht mitteilen.

Waage ist ein Luftzeichen; es gibt drei Luftzeichen im Tierkreis und ihre gegenseitige Beziehung bildet ein interessantes Studienobjekt, das wert ist, vom Studierenden näher erforscht zu werden, wie alle diese wichtigen Dreiheiten. Ein jedes dieser Zeichen befindet sich auf einem der drei Kreuze:

1. Zwillinge                         Veränderliches Kreuz                   Dualität

2. Waage                             Kardinalkreuz                               Gleichgewicht

3. Wassermann                  Fixes Kreuz                                   Einweihung

Diese drei repräsentieren also die Dualität - die erspürt, überwunden und in der Synthese des grossen Weltdieners aufgelöst wird, der sich mit dem Himmlischen Menschen identifiziert und seinen Beitrag leistet zum Dienste am Ganzen; diesen Beitrag hat er in seiner Erfahrung auf dem Lebensrad der Gesamtenergie abgerungen. Man vergesse nicht, dass Einweihung nur ein anderer Name für Synthese und Verschmelzung ist.

Von einem anderen Gesichtspunkt aus haben wir:

1. Zwillinge               Denkvermögen                      Ursache der Dualität

2. Waage                 Höheres Denken                     Ursache der Synthese

3. Wassermann       Universales Denken               Seele

Diese drei Zeichen sind vor allem Zeichen für das Denken Gottes, insoweit es sich durch den Menschen zum Ausdruck bringt; das niedere Denken herrscht zuerst; es bringt die Erkenntnis des Selbstes und des Nicht-Selbstes oder die wesensmässige Dualität, die aller Manifestation zugrundeliegt; das höhere Denken jedoch [242] nimmt stetig an Macht und Herrschaft zu und bringt den Ausgleich der Gegensatzpaare durch die Erleuchtung, die es dem niederen Denken übermittelt; dann wird schliesslich die Seele, der ewige Sohn des Denkens, zur letzten, höchsten Synthese, indem er das universale Denken konzentriert und mit den beiden niederen Aspekten des göttlichen Denkens verbindet.

Diese Hinweise sollten auch eine der grossen Wechselbeziehungen aufzeigen, die zwischen den drei Kreuzen bestehen; mit diesen werden wir uns später beschäftigen, wenn wir sie in einem anderen Teil dieses Abschnitts über esoterische Astrologie mehr im einzelnen besprechen.

Es ist interessant, dass in der Zusatzbemerkung zur Tabelle V sowohl Waage wie Zwillinge aus den Beziehungen ausgelassen sind. Das ist kein Versehen, sondern ein sehr bedeutsamer Punkt und eine Weglassung, die Aufmerksamkeit verdient. Sie beruht auf zwei Tatsachen: Erstens, dass es - wie ihr gehört habt - eine Zeit gab, in der nur zehn Zeichen existierten; auch in jenen alten Zeiten herrschten, wie heute, Meinungsverschiedenheiten unter den astrologischen Wissenschaftlern. Man war sich nicht einig darüber, welches die zehn Zeichen wären, und in diesem Zusammenhang gab es mehrere Richtungen, von denen eigentlich jedoch nur zwei Bedeutung hatten. Die eine Gruppe vereinigte Löwe-Jungfrau zu einem Zeichen und verewigte ihren Glauben an die Sphinx; die andere liess Zwillinge und Waage überhaupt aus. Diese Gruppe bestand früher als die andere, deren Tierkreis in Wirklichkeit elf Zeichen hatte. Das ist eine Tatsache, die auch heute für euch wichtig ist. Der andere beachtenswerte und relativ wichtige Punkt ist der, dass Zwillinge und Waage die beiden eigentlich menschlichen Zeichen sind, die Zeichen des gewöhnlichen Menschen. Zwillinge auf dem Veränderlichen Kreuz repräsentieren die Natur oder Wesensart des Menschen, während Waage auf dem Kardinalkreuz über das subjektive, geistige Leben des Menschen herrscht. Die anderen Zeichen führen in ihrer Vollendung den Menschen über [243] die gewöhnliche Menschheitsstufe hinaus und bringen die folgenden Bewusstseinszustände mit sich:

1. Widder und Jungfrau - Der Kosmische Christus. Universal und individuell.

2. Stier und Fische - Die Welterlöser, d.h. Buddha und Christus.

3. Löwe und Wassermann - Die Weltdiener, d.h. Herkules.

4. Schütze und Steinbock - Die Welt-Eingeweihten, d.h. die Meister.

5. Krebs und Skorpion - Die siegreichen Jünger.

Die grosse Bedeutung der Zeichen Zwillinge und Waage beruht jedoch, soweit es die Menschheit betrifft, darauf, dass die Menschen zum Ziel gelangen und jenen Gleichgewichtspunkt erreichen, der nötig ist, ehe andere Erfolge möglich werden.

Es ist ausserdem besonders lehrreich, die Regenten dieses Zeichens zu studieren. Vom Blickpunkt der orthodoxen Astrologie aus beherrscht Venus die Waage, wogegen esoterisch gesehen Uranus regiert. Saturn ist in diesem Zeichen der Herrscher über jene erstaunliche Schöpferische Hierarchie, die eine der drei grossen Erbauergruppen ist, die einen Teil des dritten Aspekts der Göttlichkeit bilden. Ihr Ziel ist es, den Söhnen des Denkens eine Formgestalt zu verleihen und ihnen damit Gelegenheit zu Opfer und Dienst anzubieten. Studiert man die Beziehung dieser Hierarchie zu der des menschlichen Egos, der vierten Schöpferischen Hierarchie, so wird sich dieses Studium als aufschlussreich erweisen; das Thema wurde bereits in meiner früheren «Abhandlung über Kosmisches Feuer» ein wenig behandelt. Wer dies tut, wird Wesen und Ziel der drei Regenten klar hervortreten sehen.

Dieses Zeichen ist folglich eng mit dem dritten Aspekt der Gottheit verknüpft und daher ist es ein beherrschendes Zeichen und ein massgeblich bestimmender Faktor überall da, wo es das Gesetz, das Geschlecht und das Geld betrifft. Denkt darüber nach. Alle drei [244] göttlichen Aspekte sind an sich dreieinig und manifestieren sich auf dreierlei Weise oder durch drei geringere Aspekte; dieser dritte Aspekt ist keine Ausnahme von der Regel, die all den Dreiheiten zugrundeliegt, welche die Vorgänge der Evolution und Manifestation bestimmend beeinflussen. Durch ein Studium der Waage wird man Aufschluss über den dritten Aspekt bekommen. Der erste Aspekt von Wille oder Macht kommt in diesem Zeichen als Gesetz, als Gesetzgebung, Gesetzlichkeit, Gerechtigkeit zum Ausdruck; der zweite Aspekt manifestiert sich als die Beziehung zwischen den Gegensatzpaaren (deren Symbol die Waagschalen sind) und er zeigt sich auf der physischen Ebene als Geschlechtsbeziehung; der dritte Aspekt manifestiert sich als verdichtete Energie, die wir Geld nennen. Sie ist buchstäblich Gold und dieses ist das äussere Symbol dessen, was durch das Zusammenführen von Geist und Materie auf der physischen Ebene erschaffen wird. Der dritte Aspekt ist, wie ihr wisst, der Schöpferaspekt und die Energie, welche die äussere, greifbare Manifestationsebene - die Formseite des Lebens - hervorbringt.

Wenn die Schüler also diese drei Aspekte - Gesetz, Geschlecht und Geld - sorgfältig studieren, so, wie sie heute zum Ausdruck kommen und dies in Zukunft tun können, dann werden sie ein Bild von der physischen menschlichen Errungenschaft und der künftigen geistigen Wesensäusserung gewinnen; das wird sehr lehrreich und der Mühe wert sein. Für den ganzen Vorgang ist das Wirken der drei Regenten der Waage verantwortlich: Venus, Uranus und Saturn.

Venus herrscht in Stier, Waage und Steinbock und ist die Quelle des intelligenten Denkvermögens, das entweder (in den Anfangsstadien) durch das Verlangen oder (in den Endstufen) durch die Liebe wirkt. Im Stier bedeutet das, dass das Denken durch intelligentes Wünschen zum Ausdruck kommt, denn dies ist das Ziel der Erkenntnis für den gewöhnlichen Menschen. In der Waage wird der Gleichgewichtspunkt erlangt zwischen dem materiellen, persönlichen Verlangen und der einsichtsvollen, geistigen Liebe, denn diese beiden Qualitäten des kosmischen Verlangens werden hier in [245] den Vordergrund des Bewusstseins gerückt und halten sich gegenseitig im Gleichgewicht. Im Steinbock geht es um die spirituelle Liebe, die sich vollkommen äussert, wenn die Arbeit im Stier und in der Waage getan ist. So kann man den goldenen Faden des evolutionären Fortschritts durch den ganzen Tierkreispfad hin von Zeichen zu Zeichen verfolgen, und so kann man die Geschichte der Menschheit daran ablesen und ihr Ziel erschauen. Später einmal wird man denselben goldenen Faden auch in Zusammenhang mit den anderen Naturreichen verfolgen können, doch ist diese Zeit noch nicht da und ein solches Thema wäre nutzlos und unwichtig. Wenn sich jedoch das Bewusstsein des Menschen einmal derart öffnet, dass es wahrnehmen kann, was in den drei niederen Naturreichen vor sich geht, dann werden weitere Aufschlüsse und Informationen gegeben werden. Das wird in jener Epoche der Menschheitsgeschichte geschehen, in der die Waage herrscht und die drei göttlichen Aspekte der dritten Person der Trinität, des Heiligen Geistes, des Schöpfungs-Gesetz, Geschlecht und Geld - werden den Schlüssel zu den drei niederen Reichen liefern. Das Naturgesetz (die äussere Form des subjektiven, spirituellen Gesetzes) wird das Tierreich erschliessen; Geschlecht oder das Bewusstsein der Affinität (oder Verwandtschaft) wird das Geheimnis des Pflanzenreichs enthüllen; Geld wird das Geheimnis des Mineralreichs entschleiern. Alles dies wird durch die Tätigkeit der Venus zustande kommen, sobald deren Wirken in den drei Zeichen Stier, Waage und Steinbock einmal besser verstanden wird. Ich werde das noch weiter erläutern, wenn wir später daran gehen, die Wissenschaft von den Dreiecken zu studieren. Hier genügt der Hinweis, dass jedes dieser drei Zeichen mit einem der drei Aspekte göttlichen Lebens verbunden ist:

1. Stier - Tierreich - Gesetz - Naturgesetz

2. Waage - Pflanzenreich - Geschlecht - natürliche Affinität

3. Steinbock - Mineralreich - Geld - verdichtete Äusserungsform für das Gesetz der Versorgung.

Sie alle [246] bilden ein Dreieck mit Waage als Herrscher am Scheitel.

Uranus ist als der esoterische Regent von äusserster Wichtigkeit in diesem Zeichen, denn der siebente Strahl wirkt durch diesen Planeten; dieser Strahl ist die Verkörperung des Prinzips der Verdichtung und der Formwerdung dessen, was der objektiven Manifestation bedarf, indem Geist und Materie zusammengeführt werden. Gerade hierin liegt das ganze Geheimnis des Geldes, seiner Erfindung und Herstellung beschlossen. Ich möchte hier darauf hinweisen, dass der Schöpfungsprozess mit dem dritten Aspekt der Göttlichkeit und nur mit ihm zu tun hat. Durch die Beziehung und Verbindung der drei Aspekte der göttlichen Manifestation - Gesetz, Affinität und verdichtete Energie - wird Geld erschaffen.

Eben hier versagen viele Mystiker und Weltdiener. Sie arbeiten von einer viel zu hohen Warte und vom Standpunkt des geistigen Impulses aus. Sie wirken normaler- und natürlicherweise vom Standpunkt des zweiten Aspektes (denn dort ist ihr Bewusstsein konzentriert), wogegen gerade der dritte Aspekt (der ebenso göttlich und bedeutsam ist) an- und aufgerufen werden muss. Denkt über diese Worte nach. Es geht nicht um das Zusammenführen von Geist und Materie, so, wie der Okkultismus diese Begriffe versteht, sondern um die Beziehung zwischen physischem Bedürfnis und physischer Fülle, um das Zusammenführen zweier greifbarer Dinge durch die Fähigkeit der schöpferischen Imagination. Aus diesem Grunde erweisen sich so viele Geistesrichtungen als erfolgreich in der materiellen Verwirklichung dessen, was erforderlich ist und deshalb versagen andere so auffallend. Sie wirken von einer zu hohen Ebene aus und haben nicht die Fähigkeit, das Notwendige auch materiell durchzuführen. Hier habe ich euch Hinweise gegeben, die fruchtbar werden können, wenn man sie richtig ausdeutet und nach ihnen handelt aus rechten Motiven, in Gruppengemeinschaft und mit selbstlosen Absichten.

[247] Durch diesen Planeten Uranus ist Waage auch mit Widder und Wassermann verbunden und eben durch ihn wird das grosse Gegensatzpaar Widder-Waage in einem sehr tiefen Sinne miteinander in Berührung gebracht. Durch seine Wirksamkeit kommt es zu einer intensiven gegenseitigen Beeinflussung; damit wird das, was seinen Anfang im Widder fand, so gefördert, dass es die Ausgeglichenheit in der Waage erreicht. Widder, Waage und Wassermann bilden daher ein weiteres Kräftedreieck, das später besprochen werden muss; diese Dreiecke werden, wie ich schon früher angedeutet habe, die neue Astrologie in einer sehr interessanten Weise massgeblich beeinflussen und die Stellungsbilder der Menschen bestimmen, deren Horoskope betrachtet werden.

Waage ist also mit fünf Tierkreiszeichen verbunden: Widder, Stier, Zwillinge, Steinbock und Wassermann:

1. Widder                       Beginn                         Erscheinung                    Evolution

2. Stier                           Begehren                     Impuls/Antrieb                Fortschritt

3. Zwillinge                    Dualität                        Bedingtheit                      Wechselwirken

4. Steinbock                  Synthese                      Einweihung                      Erreichen des Ziels

5. Wassermann             Ziel                               Einbeziehung                   Dienst

Diese Beziehung wird durch die drei Regenten Venus, Uranus und Saturn hergestellt. Diese fünf Zeichen, mit Waage im Gleichgewichtspunkt, bilden einen der sechszackigen Sterne der Evolution und sie bringen auch mit ihnen in Verbindung drei Planeten, die ganz besonders damit zu tun haben, das Christusbewusstsein in der Welt zum Ausdruck zu bringen. Diese drei Planeten befinden sich (durch die Strahlen, deren Werkzeuge sie sind) auf der ersten grossen Kraftlinie, der Linie von Wille oder Macht, der Zielsetzung oder Absicht und des erschauten Zieles.

1. Uranus - 7. Strahl der Zeremoniellen Magie. Gott - Vater. Der, welcher verbindet. Die Quelle der Dualität. Der, welcher das Ende von Anfang an wahrnimmt. Geistbewusstsein.

Intuition wird [248] zu Inspiration.

2. Venus - 5. Strahl des Denkens. Gott-Sohn. Der Sohn des Denkens. Der, welcher alles einbezieht. Egoisches Bewusstsein.

Intellekt wird zu Intuition.

3. Saturn - 3. Strahl der Intelligenz. Gott-Heiliger-Geist. Der, welcher weiss. Denkvermögen. Menschliches Bewusstsein.

Instinkt wird zu Intellekt.

Eben aus diesem wesentlichen Grund - der auf der oben genannten dreifachen Beziehung beruht - ist Waage der «Gleichgewichtspunkt» im Tierkreis. Bei den meisten anderen Sternbildern kommt in dem einen oder anderen Stadium ein «Krisenpunkt», an dem die Wirkung der Energie, die (über die herrschenden Planeten) durch das Zeichen zum Menschen strömt, ihre höchste Wirkung erreicht. Damit entsteht zur rechten Zeit die Krise, die notwendig ist, damit der Mensch von den planetarischen Einflüssen frei wird, die seine Persönlichkeit bestimmen und damit er deutlicher und bewusster unter den Einfluss des Tierkreiszeichens kommen kann. In der Waage jedoch gibt es keinen solchen Krisenpunkt mehr wie im Widder. Es gibt nur noch die Zwischenepoche des Gleichgewichts als Vorspiel für den wirksameren und feinfühligeren Fortschritt auf dem Pfad. Dasselbe gilt für Widder. Esoterisch wird gesagt: «Vor der Schöpfung herrscht Schweigen und die Stille der Konzentration». Das gilt sowohl für Widder wie für Waage - das eine im kosmischen, schöpferischen, das andere im individuellen und fortschreitend-evolutionären Sinn.

Die folgenden Planeten und ihre Strahlen beherrschen das Kardinalkreuz, dessen einer Arm Waage ist:

1. Mars                  6. Strahl                      Idealismus.  Devotion.  Kampf

2. Merkur               4. Strahl                     Harmonie durch Konflikt

3. Uranus              7. Strahl                      Zeremonielle Ordnung, Gesetz oder Magie

4. Venus                5. Strahl                      Konkretes Wissen oder Wissenschaft

5. Saturn               3. Strahl                      Aktive Intelligenz

6. Neptun              6. Strahl                      Idealismus. Devotion.  Kampf

Hier haben [249] wir sechs Planeten und fünf Energiestrahlen sowie die Äusserung der beiden Richtungen geistiger Energie; Liebe-Weisheit in zwei Strahlen und Planeten und drei Strahlen und Planeten auf dem ersten Energiestrom des Willens oder der Macht. Ihr werdet bemerken, dass drei dieser Strahlen ganz deutlich den Waagemenschen für konkretes Verständnis, intelligenten Willen und Wissen prädisponieren: der erste Strahl (der durch den dritten und fünften wirkt), der fünfte und der dritte Strahl. Daher ist Waage so wirksam auf der physischen Ebene und daher hat der entwickelte Waagemensch die Fähigkeit, die innere geistige Absicht oder den zielgerichteten Willen in die physische Manifestation zu übertragen. Ein Beispiel für einen dafür geeigneten Menschen kann man in H. P. Blavatsky sehen.

In diesem Zeichen steht Saturn erhöht, denn hier - am Gleichgewichtspunkt - ergibt sich die Gelegenheit und es tritt eine Situation ein, die eine Wahl und Entscheidung unausweichlich machen. Es ist eine Wahl, die einsichtsvoll und auf der physischen Ebene im wachen Gehirnbewusstsein getroffen werden muss. Erst jetzt können die volle Absicht und das Wirken des Saturns einer Gruppe Nutzen bringen, denn erst jetzt hat die Menschheit eine allgemeine, umfassende Intelligenzstufe erreicht, auf der jede Wahl zu einem bestimmten, bewussten Akt wird, der Verantwortung mit sich bringt. Vor unserer Zeit konnte man nur von ein paar bahnbrechenden Jüngern und einer kleinen Schar intelligenter Menschen annehmen, dass sie am «Krisenpunkt» frei die Richtung wählten, wie sie «die Waagschalen anstossen» wollten. Heute gibt es unzählbar viele und daher ist auch Saturn jetzt so intensiv wirksam, da wir in das erste Dekanat des Wassermanns eintreten und die Menschheit selbst nun auf dem Probepfad steht. So beherrscht Waage den Pfad der Wahl, der vorsätzlich angewandten Läuterungsmassnahmen und den Wendepunkt, bevor Skorpion, der den (250) Pfad der Jüngerschaft beherrscht, seine Rolle rechtmässig spielen kann.

Die Macht des Mars wird in der Waage verringert; es ist das Zeichen des Zwischenspiels, und Mars ist zeitweilig in Ruhe, ehe er seine Kräfte für eine erneute Anstrengung im Skorpion sammelt oder für die «Beschleunigung» des geistigen Lebens in der Jungfrau, je nachdem, in welcher Richtung sich das Rad für den Menschen dreht.

Die Sonne «fällt» in diesem Zeichen, denn weder die Persönlichkeit noch die Seele dominieren in dem Menschen, der ein reiner Waagetyp ist; da ein Gleichgewicht erreicht ist, «schalten sie sich gegenseitig esoterisch aus». Weder die Stimme der Persönlichkeit noch die der Seele ist besonders zu hören, doch (sagt der «Alte Kommentar») «jetzt tritt ein leises Schwanken ein. Man hört keinen grellen Ton; keine heftige Färbung der Lebensaffekte (ich weiss nicht, wie ich die Originalausdrücke anders übersetzen sollte) und kein Umstürzen des Wagens der Seele.» Die Bedeutung der Planetenstellung in diesem Zeichen wird euch klar zum Bewusstsein kommen, wenn ihr sie sorgfältig studiert und dann wird sich der tiefere Sinn der Waage in euren Gedanken klar formulieren. Die Merkmale dieses Zeichens sind nicht leicht zu definieren oder zu verstehen, da sie in Wirklichkeit die Synthese aller bisherigen Qualitäten und Errungenschaften bedeuten; eine klare Darstellung der Gegensatzpaare ist schwer zu erreichen. In bezug auf den Menschen, der auf dem Probepfad ist oder an dessen Schwelle steht, könnte man sagen, dass er in diesem Zeichen folgende Merkmale und Qualitäten aufweist:

AUSGLEICH DER GEGENSÄTZE IN DER WAAGE

Wankelmut und Unbeständigkeit                                      Sichere und gefestigte Stellung

Unausgeglichenheit                                                             Gleichgewicht

Voreingenommenheit. Vorurteil                                        Gerechtigkeit. Urteilskraft

Schwerfällige Dummheit                                                     Begeisterte Weisheit

Unechtes, prunkhaftes äusseres Formleben                   Wahre, richtige Wesensäusserung

Hinterhältigkeit                                                                     Ehrliches, gerades Verhalten

Materialistische Einstellung                                                Geistige Einstellung

Gerade [251] das Schwanken zwischen den Gegensatzpaaren macht es manchmal so schwer, den Menschen in der Waage zu verstehen; er scheint zu schwanken, doch niemals lange und oft unmerklich, denn immer gleichen sich zuletzt die Qualitäten aus, mit denen er ausgestattet ist.

Die Herrscher der Dekanate in diesem Zeichen sind wieder zweifach in ihrer Darstellung durch die verschiedenen astrologischen Schulen. Sepharial gibt uns Mond, Saturn und Jupiter an, während Alan Leo als die beherrschenden Planeten Venus, Saturn und Merkur aufstellt. In diesem Fall liegt, wie in einigen anderen auch, die Wahrheit zwischen beiden oder in einer Verbindung beider. Die wirklichen Herrscher der Dekanate in der Waage sind Jupiter, Saturn und Merkur. Ich brauche nicht auf ihre Wirkung einzugehen, ich möchte lediglich darauf hinweisen, dass der Jupitereinfluss dahin wirkt, «das Tor des Mutterleibs in der Jungfrau» zu öffnen; er ist ein Planet, den wir besprechen werden, wenn wir als nächstes dieses Tierkreiszeichen studieren.

Die Worte oder Leitgedanken dieses Zeichens sind so klar und deutlich, dass irgendeine Erklärung meinerseits die Angelegenheit nur verwirren würde. Sie sprechen geradewegs und ohne Dunkelheit zum Herzen. An den Durchschnittsmenschen ohne entwickeltes Geistbewusstsein ergeht durch die Äonen hin immer wieder das Wort: «Und das Wort lautete: Es werde eine Wahl getroffen». Schliesslich kommt als Folge der Evolution von der Seele die Antwort: «Ich wähle den Weg, der zwischen den beiden grossen Kraftlinien dahinführt.»

DIE JUNGFRAU

Das Zeichen Jungfrau ist eines der wichtigsten im Tierkreis, denn seine Symbolik betrifft das Gesamtziel der Evolution, nämlich die verborgene geistige Wirklichkeit zu behüten, zu nähren [252] und schliesslich zu offenbaren. Diese Realität verbirgt sich in jeder Form, doch ist die menschliche Formgestalt ausgerüstet und geeignet, sie in einer Weise zu offenbaren, die verschieden ist von jeder anderen Äusserungsform der Göttlichkeit; und so lässt sie dasjenige berührbar und objektiv werden, wofür der ganze Schöpfungsprozess beabsichtigt war. Zwillinge und Jungfrau sind eng verbunden, aber Zwillinge stellt die Gegensatzpaare - Seele und Körper - als zwei voneinander getrennte Wesenheiten dar, während sie in der Jungfrau vereinigt sind und grösste, äusserste Bedeutung füreinander haben. Die Mutter behütet den Keim des Christuslebens; die Materie bewacht, nährt und hegt die verborgene Seele. Das wahre Leitmotiv für die Mission der Jungfrau ist ganz genau gesagt: «Christus in dir, die Hoffnung auf Herrlichkeit». Es gibt keine klarere oder passendere Definition für dieses Zeichen als die genannte; vergesst das nicht, wenn wir jetzt dieses sechste Tierkreiszeichen (oder das siebente, wenn man nicht das umgekehrte Rad betrachtet) besprechen.

Bei einem Studium über vergleichende Religionswissenschaft finden wir die Jungfräuliche Mutter. Ich brauche auf diese universale Anerkennung der Aufgabe der Jungfrau nicht näher einzugehen, da dieses Thema schon von vielen forschenden Gelehrten ausreichend behandelt wurde. Ich möchte indes darauf hinweisen, dass vier der Namen für die Jungfrau uns allen bekannt sind; sie sagen uns als Ganzes viel über die Formnatur, deren Symbol die Jungfrau ist. Das Wort «Virgo» (lat. Jungfrau) ist Abkömmling und Verunstaltung eines uralten atlantischen Wurzelnamens, der in jenen fernen Zeiten dem Mutterprinzip gegeben wurde. Diese Jungfrau war die Gründerin des Matriarchats, das damals die Zivilisation beherrschte und für das die verschiedensten überlieferten Mythen und Legenden Zeugnis ablegen; sie handeln von Lilith, der letzten der jungfräulichen Gottheiten in atlantischer Zeit. Derselbe Gedanke findet sich auch in den überlieferten Berichten von den [253] Amazonen und von Herkules, der ihre Königin besiegte und ihr dasjenige abrang, was er suchte. Es ist dies eine Allegorie, welche das Freiwerden des geistigen Menschen von der Herrschaft der Materie lehrt. Drei dieser Gottheiten sind Eva, Isis und Maria. Sie sind für unsere Zivilisation von ganz besonderer Bedeutung, denn sie verkörpern in sich symbolisch die gesamte Formnatur, die wir, wenn sie integriert ist und als organische Einheit wirkt, die Persönlichkeit nennen. Diese Persönlichkeit ist - soweit es die Menschheit angeht - die entwickelte und qualifizierte Ausdrucksform des dritten Aspektes der Göttlichkeit, der von Gott-Heiliger Geist, des aktiv-intelligenten Nährprinzips des Universums. Diesen Aspekt werden wir im Löwen studieren; wir werden da die Entfaltung jener eigenbewussten Wesenheit und Persönlichkeit erleben, die in der Jungfrau die Mutter des Christuskindes wird. Eva ist das Symbol der Mentalnatur und des menschlichen Denkens, das durch die Verlockung des Wissens angezogen wird, das man durch die Inkarnationserfahrung gewinnen kann. Eva nahm also den Apfel der Erkenntnis von der Schlange der Materie und leitete damit jenes lange menschliche Unternehmen von Versuch, Erfahrung und Wesensäusserung ein; das - vom mentalen Blickpunkt aus - in unseren arischen Zeiten begann. Isis repräsentiert dasselbe auf der emotionellen oder astralen Ebene. Eva hat kein Kind in den Armen; der Keim des Christuslebens ist noch zu klein, als dass er sich schon bemerkbar machen könnte; der Involutionsprozess ist noch zu nahe; doch in Isis ist die Wegmitte erreicht; die Beschleunigung dessen, was gewünscht wird (das Verlangen aller Völker, wie es in der Bibel genannt wird) ist eingetreten und so steht Isis folglich in den alten Tierkreisen für Fruchtbarkeit, Mutterschaft und als Hüterin des Kindes. Maria endlich bringt den Vorgang hinunter auf die Ebene oder an den Ort der Inkarnation, auf die physische Ebene und bringt dort das Christuskind zur Welt. In diesen drei Jungfrauen und Müttern Christi sehen wir die Geschichte [254] der Formbildung und die Funktion jener drei Aspekte der Persönlichkeit, durch die der Christus Ausdruck finden muss. Das Zeichen Jungfrau selbst bedeutet eine Synthese dieser drei weiblichen Aspekte Eva, Isis und Maria. Sie ist die jungfräuliche Mutter, die das bereitstellt, was für die mentale, emotionale und physische Wesensäusserung der verborgenen, doch immer anwesenden Göttlichkeit benötigt wird. Diese drei Ausdrucksformen kommen zu der gewünschten Vollkommenheit im Löwen, dem Zeichen der Einzelpersönlichkeit, des entwickelten Eigenbewusstseins und der Persönlichkeitsentfaltung.

Jungfrau ist also das polare Gegenstück zum Geist und repräsentiert die Beziehung dieser beiden zueinander, die erstmals im Widder zusammengebracht worden waren und dann in den Zwillingen eine erkennbare Dualität hervorgebracht haben.

Ich möchte euch hier an etwas erinnern, was vielleicht anfangs die Verwirrung noch steigern mag, die möglicherweise schon in euren Gedanken besteht, was jedoch allen meinen bisherigen Mitteilungen zugrunde liegt. Wir haben von den beiden Arten des Fortschreitens um den Tierkreis gesprochen - dem gewöhnlichen Weg vom Widder über die Fische zum Stier und dem esoterischen Weg vom Widder über den Stier zu den Fischen. Beide haben mit der menschlichen Evolution zu tun, der einzigen, die wir in dieser Abhandlung betrachten. In dem grösseren Involutionszyklus jedoch, der die Massenbewegung von Geist und Materie und nicht den individualisierten Fortschritt des Menschen betrifft, geht die Entwicklung vom Widder über den Stier zu den Fischen. Das Geheimnis der Ursünde des Menschen liegt in dieser Wahrheit verborgen, denn in einem bestimmten Stadium der menschlichen Geschichte kam es zu einer falschen Orientierung, so dass die Menschheit als Ganzes sozusagen in entgegengesetzter Richtung zum normalen Tierkreis ging; erst auf dem Pfad der Jüngerschaft wird wieder die richtige Orientierung erlangt und die Menschheit schwenkt in den richtigen Fortschrittsrhythmus ein. Ich möchte euch daher bitten, zu unterscheiden zwischen dem involutionären Fortschritt, der die grossen Schöpferischen Hierarchien betrifft und den [255] Evolutionsvorgängen, welche die vierte Schöpferische Hierarchie, die menschliche, betreffen. Wir sind jedoch nicht in der Lage, dies wirklich zu erforschen, denn wenn wir im Evolutionszyklus stehen, sind wir selbst viel zu eng mit dem Prozess identifiziert, als dass wir in der Lage wären, zwischen dem kosmischen Selbst und Nicht-Selbst klar zu unterscheiden; wir lernen bis jetzt erst in winzigem Massstab bei unserer eigenen Entwicklung zwischen dem Selbst und dem Nicht-Selbst zu unterscheiden. Erst wenn wir mit der Hierarchie unseres Planeten und mit jenem Zentrum geistiger Kraft eins geworden sind, mit dem in Kontakt zu kommen das unmittelbare Ziel derer ist, die sich auf dem Pfad der Jüngerschaft befinden, erst dann wird es uns möglich werden, auf dem evolutionären Bogen jene allgemeinen Umrisse und jene grossen Fluten göttlicher Energie zu begreifen, die auf dem involutionären Bogen vorhanden sind. Aus diesem Grunde ist auch ein Studium des Tierkreises in bezug auf die untermenschlichen Naturreiche noch nicht möglich.

So ist also Jungfrau die kosmische Mutter, da sie kosmisch den negativen Pol zum positiven Geist darstellt; sie ist der empfangende Teil, soweit es den Vateraspekt betrifft. In einem früheren Sonnensystem war dieser Materieaspekt der höchste beherrschende Faktor, so, wie in diesem System die Seele oder das Christusprinzip von überragender Bedeutung ist. Von bestimmten Blickpunkten aus ist Jungfrau das älteste aller Zeichen, doch kann ich euch diese Behauptung nicht beweisen. In jenem ersten System lassen sich die schwachen Symptome (wenn ich ein solches Wort gebrauchen darf) einer Dualität erkennen, die in unserem System eine erwiesene Tatsache ist; diese Wahrheit ist uns in den Worten erhalten «der Heilige Geist überschattete die Jungfrau Maria». Das Leben des dritten göttlichen Aspektes wirkte damals auf den Ozean der Materie ein und bereitete jene Substanz (ungezählte Äonen lang) auf ihr Wirken in diesem Sonnensystem vor. In diesem System nun muss das [256] Christuskind, die Ausdrucksform des göttlichen Bewusstseins und das Ergebnis der Beziehung zwischen Vater-Geist und Mutter-Materie geboren werden.