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2. Das Kreuz des gekreuzigten Christus

Für die Leser dieser Abhandlung hat das Fixe Kreuz des Himmels die grösste Bedeutung. Die Zahl der Aspiranten für die Mysterien nimmt heute ständig zu und dies bedingt ihre Neu-Orientierung zum Licht, ihre bewusste Umkehr auf dem Rad des Tierkreises; und dazu gehört, dass sie die Ziele der Prozesse erfassen, denen sie sich auf dem Fixen Kreuz hingegeben haben. Die Jünger sind geneigt, es als Hauptsache anzusehen, dass sie ihren Platz auf dem Kreuz eingenommen haben und dass sie ihre Bereitschaft beweisen, sich prüfen zu lassen und eine unveränderliche Standhaftigkeit zeigen. Dies ist in Wahrheit keineswegs der Fall. Jedes dieser Kreuze macht seine Gegenwart mittels eines «aufrufenden Tones» als vierfache Einflusssphäre oder mächtiges Energiezentrum geltend. Dieser Ton geht von jedem Kreuz aus und bringt ein Ergebnis hervor und eine Antwort von irgendeiner Quelle. Diese neue Tatsache über die Kreuze ist wichtig und auf sie möchte ich kurz hinweisen. Nur wenn der Einfluss aller vier Arme jedes einzelnen Kreuzes eine Wirkung auf den Menschen hervorgebracht hat, erst dann findet im Bewusstsein der Übergang von einem Kreuz zum anderen statt; jeder Übergang bedeutet dabei einen Krisenpunkt, sowohl für das [569] Individuum als auch für das grössere Ganze. Dann setzt ein Invokationsprozess ein - zuerst unbewusst, in diesem Fall gleichsam ein verstreuter Ruf und später bewusst, wenn er die Form eines konzentrierten Appells annimmt.

Wenn die Zeit des Überganges vom Veränderlichen zum Fixen Kreuz herankommt, geschehen drei Dinge:

1. Der Einfluss der vier Energien des Veränderlichen Kreuzes hat eine umfassende Lebenserfahrung in der Form bewirkt.

2. Nun erfolgt ein allmähliches Wachstum und es entsteht eine tiefe Unzufriedenheit, die im Bewusstsein des im Übergang befindlichen Menschen erwacht. Er hat die materielle Begierde in sehr hohem Mass erschöpft und wird nicht länger von dem Weg in die Materie hinaus angezogen. Die Bedürfnisse der physischen Natur beherrschen ihn nicht mehr. Er fürchtet sich vor den von der Astralebene kommenden Impulsen, er ist mental eingestellt und als wirkende Persönlichkeit wach und aktiv. Aber er bleibt unbefriedigt und ist sich dessen mit Unbehagen bewusst.

3. Er wendet sich der Anrufung zu. Dieser Anrufungsprozess zerfällt in zwei Stadien:

a) Das Stadium der Aspiration; es ist ungleichmässig und vage, gewinnt aber schrittweise an Macht.

b) Das Stadium der Mystik, die im Okkultismus (dem Studium des Verborgenen) aufgeht. Die Dualität wird nun bewusst und mit Unbehagen erkannt. Der Mensch gewinnt Kontakt zu dem höheren Weg und der geistigen Schau. Das Verlangen weicht den unbestimmten Eingebungen dessen, was Liebe genannt werden könnte. Dies ist die Regung jenes auftauchenden Göttlichen Aspektes in der Persönlichkeit. Diesen sucht er anzurufen. Bei entsprechender Stärke dieses Bemühens findet dann ein wirkliches Hervorrufen der Kräfte statt und der Jünger (denn das ist der Mensch nun) besteigt das Fixe Kreuz.

Das oben [570] Gesagte gilt für den einzelnen Jünger und heute auch für die Menschheit als Ganzes; dieser Anrufungsprozess findet - wie ich oft gesagt habe - jetzt in der Menschheit statt. Dadurch entsteht die schreckliche Gegenwartskrise. Die beiden oben umrissenen Stadien sind heute in einem allgemein gültigen und mächtigen Sinn in der Menschheit gegenwärtig.

Es war die Erkenntnis dieser zwei Stadien in der Menschheit, welche mich auf Anweisung der Hierarchie dazu führte, zu ganz verschiedenen Zeitpunkten zwei Strophen eines grossen okkulten Mantrams herauszugeben. Die erste Strophe wurde 1936 angewandt und bezog sich auf die unbestimmte, allgemeine Aspiration der Menschenmassen in der Welt, welche heute mehr denn je an Kraft gewinnt und sich mehr auf wahres Wohlergehen konzentriert.

DIE GROSSE INVOKATION

Mögen die Kräfte des Lichtes der Menschheit Erleuchtung bringen.

Möge der Geist des Friedens sich über die Erde verbreiten.

Mögen die Menschen guten Willens einander im Geist der Zusammenarbeit begegnen.

Möge das jetzige Leitmotiv aller Menschen VERGEBEN sein.

Mögen die Anstrengungen der Grossen Helfer kraftvoll gefördert werden.

Lasst uns mit allen Kräften zum Gelingen beitragen. Amen.

Der Gebrauch dieser ersten Strophe war unmittelbar erfolgreich und traf auf einen vollen Widerhall bei jenen guten und wohlmeinenden Menschen, deren Brennpunkt vor allem astral und nach Höherem strebend und deren Ziel Friede und Ruhe ist. Dieser Friede und diese Ruhe erzeugen das «Bewusstseinsgebiet», in welchem geistiges Streben gedeihen kann, wo physische und emotionelle Zufriedenheit erlangt und die Erkenntnis der mystischen Schau möglich wird.

Die zweite Strophe [571] wurde später herausgegeben und sollte ein Versuch und «ein Entscheidungspunkt in einer Krisenzeit» sein.

INVOKATION

Mögen die Grossen Befreier hervortreten.

Mögen Sie den Menschensöhnen zu Hilfe kommen.

Möge der grosse Reiter aus der verborgenen Stätte hervorkommen und die Welt erretten.

O komm zu uns, Du Mächtiger.

Mögen die Menschenseelen zum Licht erwachen

und mit geballtem Willen standhalten.

Möge das Fiat des Herrn ergehen:

Die Zeit des Leidens ist vorbei!

O komm zu uns, Du Mächtiger.

Die Stunde zum Einsatz der rettenden Kraft ist gekommen.

Verbreite die Kraft in der Welt, o Mächtiger.

Mögen Licht und Liebe, Macht und Tod

Den Plan des Kommenden verwirklichen.

Der Wille zu retten ist da.

Die Liebe, das Werk zu vollbringen,

ist überall vorhanden.

Und die Wissenden stehen bereit,

um wirksam zu helfen.

O komm zu uns, Du Mächtiger und vereinige diese drei.

Erricht» einen starken, schützenden Wall.

Die Herrschaft des Übels muss jetzt zu Ende kommen.

Diese Invokation wurde als Versuch den Massen dargeboten, war aber vor allem für den Gebrauch jener Aspiranten und Jünger bestimmt, die nicht nur Mystiker sind, sondern mindestens einen kleinen Schritt auf dem okkulten Wege zu gehen versuchten. Sie sind in ihrer geistigen Haltung mental bestimmt; sie erkennen den höheren Weg. Sie erschauten das geistige Zukunftsbild und sind nun für näherliegende und mehr reale Dinge bereit. Die letzte Strophe wurde deshalb vornehmlich zum Gebrauch jener gegeben, die das Fixe Kreuz bestiegen haben oder sich im Aufstieg dahin befinden.

Aus diesem [572] Grunde war der Gebrauch des zweiten Teiles der Grossen Invokation verhältnismässig begrenzt. Er wurde manchmal beinahe heftig von Menschen des emotionellen Typs abgelehnt, die nicht weiter als die Schönheit des Friedens sehen konnten - das Endziel der Wesensäusserung auf der Astralebene.

Ihre Schau des grösseren Ganzen und des Hervorrufens des Willens zum Guten (was nicht der Wille zum Frieden ist) war äusserst begrenzt, doch nicht einmal durch ihre eigene Schuld. Es wies lediglich auf ihren Platz auf der Evolutionsleiter hin und bezeichnete eine verhältnismässig nützliche Stufe des Dienstes, jedoch eine, die nun überwunden werden muss. Die Menschen in der Welt kommen jetzt (durch Leiden und das darauffolgende Nachdenken) zu der Erkenntnis, dass es etwas Grösseres als den Frieden gibt, nämlich das Wohl des Ganzen und nicht nur individuelle, friedliche Zustände oder nationalen Frieden. Diese Neu-Orientierung des menschlichen Bewusstseins wird durch die entschlossene Haltung der menschlichen Seelen bewirkt, massiert, vereint, organisiert und konzentriert durch die Vision des allgemeinen Wohlergehens für die Menschheit.

Es war jedoch wesentlich, dass diese Unterschiede in der Haltung klar hervortreten sollten und deshalb gaben wir die zwei Strophen der Grossen Invokation getrennt und zu verschiedener Zeit heraus. Man lernte dadurch den Unterschied in der Haltung zwischen der Masse wohlmeinender Menschen und der richtig orientierten Einstellung der intelligenten Aspiranten und Jünger kennen. Es war notwendig, bevor eine weitergespannte Aktion stattfinden konnte. Ich möchte hier innehalten und daran erinnern, dass beide Gruppen notwendig sind: die erste - emotional und idealistisch - hat die Aufgabe, die unbeständige Aspiration der Massen zu konzentrieren: ihre Verantwortlichkeit besteht der allgemeinen Öffentlichkeit gegenüber. Die andere Gruppe von geschulten Denkern und von Menschen, die hauptsächlich vom Willen zum Guten beseelt sind (der Wille zum Guten ist in diesem Weltzyklus von grösserer Bedeutung als der Wille zum Frieden), hat die Aufgabe, die hierarchische Resonanz als Antwort auf die Bestrebungen der ersten Gruppe [573] hervorzurufen. Diese Denker konzentrieren diese Aspiration auf der Mentalebene, schaffen eine dem Ziel entsprechende Gedankenform und senden den «Ruf» hinaus, der die Ohren der Herren der Befreiung erreichen kann.

Diese zusammengefasste Anrufung und der vereinte Ruf von allen menschlichen Bewusstseinsebenen aus werden einen mächtigen Appell an die verborgenen Zentren der «Erlöserkraft» richten und herantragen. Dieser einmütige Appell muss nun organisiert werden. Auf diese Weise wird die Masse der Menschheit dazu angeregt, vom Veränderlichen Kreuz auf das Fixe Kreuz überzugehen. Der neue Weltzyklus, der im Wassermann beginnt (einem Arm des Fixen Kreuzes), wird endgültig durch die Menschheit selbst eingeleitet werden.

Man könnte daher sagen, dass die Grosse Invokation so, wie sie zuerst ausgegeben wurde, zum Gebrauch der Menschen auf dem Veränderlichen Kreuz, dem Kreuz des Wechsels, bestimmt war, während die zweite Invokation zum Gebrauch der auf dem Fixen Kreuz, dem Kreuz der rechten Orientierung, Gekreuzigten dient. Sie ist für jene Männer und Frauen bestimmt, deren Ziel der Wille zum Guten ist, die in Begriffen des weltweiten Dienstes denken und sich dem Licht zugewandt haben - dem Licht des Wissens, dem Licht der Weisheit und des Verstehens und dem Licht des Lebens selbst.

Wenn der vereinte Einfluss der vier Energieströme des Fixen Kreuzes durch einen individuellen Jünger und durch die Hierarchie voll zum Ausdruck kommt, bewirkt er gleichfalls drei Zustände:

1. Es kommt zu einer umfassenden Erfahrung über Gruppenleben, Gruppen-Aktivität und Gruppen-Gewahrsein. Der seiner selbst bewusste Mensch im Löwen wird zum gruppenbewussten Menschen im Wassermann.

2. Im Bewusstsein des Jüngers steigt eine Vision des «endlosen Weges» auf, «auf dem das Nirvana nur der erste Anfang ist».

3. Er erkennt [574] seine Aufgabe der Mittlerschaft, die Hauptaufgabe der Hierarchie, zwischen der Menschheit und Shamballa zu vermitteln. Er weiss, dass er die zweifache Aufgabe - Anrufung und Hervorrufung - gleichzeitig durchführen muss, sowohl die Hervorrufung des Willens zum Guten in den Weltdenkern und Aspiranten (durch rechte Anrufung) als auch den Willen zu erretten der Herren von Shamballa. Dies muss über die Hierarchie geschehen, der er sich direkt nähern kann. Ich rühre hier an tiefste Mysterien.

Deshalb erwacht in ihm eine zuerst unbestimmte Entschlossenheit, die mit der Zeit einem Hervorruf des in ihm selbst wohnenden Willens weicht. Dies bringt ihn schliesslich in Verbindung mit dem Willens-Aspekt der Gottheit, der von Shamballa ausgestrahlt und von der Hierarchie abgeschwächt wird. In diese spirituelle Organisation (die Hierarchie) wird er allmählich durch Erfahrung auf dem Fixen Kreuz eingegliedert. Es könnte hier folgendes angedeutet werden:

a) Erfahrung auf dem Veränderlichen Kreuz gliedert einen Menschen in das Zentrum ein, das wir Menschheit nennen.

b) Erfahrung auf dem Fixen Kreuz bezieht den Jünger ein in das zweite planetarische Zentrum, das wir Hierarchie nennen.

c) Erfahrung auf dem Kardinalkreuz bringt den Eingeweihten hinein in das oberste planetarische Zentrum, dem wir den Namen Shamballa geben.

Er wird zuletzt ein strahlendes Zentrum spirituellen Willens, wirkt auf die Menschheit ein und ruft ihren Willen zum Guten auf. Soweit es ihm möglich ist, integriert er diesen in die Hierarchie und verschmilzt diesen menschlichen Willen mit der hierarchischen Aktivität, um eine Resonanz aus Shamballa hervorzurufen.