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Siebtes Kapitel - Die Integrationsvorgänge

Wir wollen [505] dieses Geschehen, das von der in den drei Welten bewusst wirkenden Seele klug genutzt wird, in zwei Hauptabschnitten betrachten:

Erstens: Die Vorgänge, die den Inkarnationszyklus dadurch beenden, dass die Integration von Seele und Persönlichkeit vollständig abgeschlossen ist. Wir wollen dies von drei Gesichtspunkten aus studieren:

1. Die Bedeutung der Integration.

2. Die Geisteshaltung der Seele.

3. Die Ausmerzung der Gedankenform der Persönlichkeit.

Zweitens: Die Folgen davon:

Im Ashram des Meisters, soweit es den Jünger betrifft.

Hinsichtlich der Art und Weise, wie der befreite Jünger jetzt einen Körper für die Kontakte auf der physischen Ebene und für den Dienst in den drei Welten schaffen kann - diesmal nicht nach dem Gesetz der Notwendigkeit, sondern nach dem Gesetz des Dienstes, so wie es der Eingeweihte versteht.

Aus den bisherigen Ausführungen dürfte wohl klar geworden sein, welche Wirkungen der Tod im physischen Körper (ein uns [506] ausserordentlich vertrautes Ereignis) und ebenso in der astralen oder mentalen Hülle auslöst - in jenen Zusammenballungen bedingender Energie, die uns zwar objektiv nicht so bekannt sind, deren Vorhandensein jedoch selbst die Psychologie zugeben muss und die - wie wir glauben - mit dem Tode des physischen Körpers zerfallen und verschwinden müssen. Ist euch indes auch der Gedanke gekommen, dass der Hauptaspekt des Todes, um den es beim Menschen letzten Endes geht, der Tod der Persönlichkeit ist? Ich spreche hier nicht in abstrakten Begriffen, wie alle Esoteriker, wenn sie an der Auslöschung einer Qualität (oder mehrerer Qualitäten) arbeiten, die das persönliche Selbst kennzeichnen. Sie sprechen davon, diese oder jene Eigenschaft «auszurotten» oder «abzutöten», das niedere Selbst «vollständig zu unterdrücken» und was dergleichen mehr ist. Hier spreche ich von der tatsächlichen Zerstörung, Auflösung und endgültigen Zerstreuung dieses geliebten, wohlbekannten persönlichen Selbstes.

Man muss bedenken, dass das Leben einer Persönlichkeit die folgenden Abschnitte umfasst:

1. Den langsamen, allmählichen Aufbau der Persönlichkeit im Lauf einer langen Zeitepoche. Während vieler Inkarnationen ist der Mensch keine Persönlichkeit; er ist bloss Mitglied der Masse.

2. Auf dieser Stufe gibt es praktisch keine bewusste Identifizierung der Seele mit der Persönlichkeit. Der in den Hüllen verborgene Seelenaspekt wird lange, lange Zeit hindurch vom Leben dieser Hüllen beherrscht; er macht sich nur durch die sogenannte «Stimme des Gewissens» bemerkbar. Im Lauf der Zeit steigert sich indessen nach und nach das aktive intelligente Leben des Menschen und kommt in Harmonie durch die Energie, die aus den Erkenntnisblättern des egoischen Lotos oder aus der intelligenten Wahrnehmungsnatur der Seele auf ihrer eigenen Ebene ausströmt. Dies führt schliesslich zur Integration der drei niederen Hüllen zu einem einzigen wirksamen Ganzen. Damit ist der [507] Mensch eine Persönlichkeit.

3. Das Persönlichkeitsleben des nun in sich ausgeglichenen Einzelmenschen bleibt während vieler Leben bestehen und gliedert sich ebenfalls in drei Abschnitte:

a. Die Phase, in der das Leben der Persönlichkeit vorherrscht und angriffslustig ist; es wird geprägt durch den Strahltypus, ist von Natur aus selbstsüchtig und sehr individualistisch.

b. Eine Übergangsphase, in der ein Kampf zwischen Persönlichkeit und Seele tobt. Die Seele ist bestrebt, sich allmählich vom Formleben zu befreien und dennoch ist die Persönlichkeit letzten Endes von dem Lebensprinzip abhängig, das ihr von der Seele verliehen wurde. Mit anderen Worten: Der Kampf zwischen dem Seelenstrahl und dem Persönlichkeitsstrahl hat begonnen; es ist Krieg zwischen zwei konzentrierten Energieaspekten. Dieser Kampf findet mit der dritten Einweihung sein Ende.

c. Im letzten Abschnitt herrscht die Seele; das führt zum Tod und zur Zerstörung der Persönlichkeit. Dieser Tod beginnt, wenn die Persönlichkeit, der Hüter der Schwelle, vor dem Engel der Gegenwart steht. Das Licht des Sonnenengels löscht dann das Licht der Materie vollständig aus.

Die Phase der «Herrschaft» ist durch die völlige Identifizierung der Persönlichkeit mit der Seele gekennzeichnet; das ist eine Umkehrung des früheren Zustandes, als sich die Seele mit der Persönlichkeit identifiziert hatte. Das ist auch gemeint, wenn wir von der Integration oder Verschmelzung dieser beiden reden; sie sind nun eins. Von diesem Entwicklungsstadium sprach Paulus, als er (in dem Brief an die Epheser) darauf hinwies, dass «Christus aus zweien einen neuen Menschen macht». Es handelt sich dabei hauptsächlich um die letzten Stadien auf dem Probepfad, wenn die bewusste Arbeit beginnt, die dann auf dem Pfad der Jüngerschaft bis zur Vollendung fortgesetzt wird. Es ist die Stufe des praktisch und erfolgreich Dienenden, jene Phase, in der alles [508] Sinnen und Trachten, die Lebensarbeit des Menschen ganz der Erfüllung hierarchischer Absichten geweiht ist. Der Mensch beginnt dann, auf Ebenen und von Ebenen aus zu wirken, die nicht zu den drei Welten der gewöhnlichen Evolution gehören, aber dennoch ihre Wirkungen und erstrebten Ziele in diesen drei Welten haben.

Die Bedeutung der Integration.

Von den meisten Lehrern und Aspiranten wird der Nachdruck auf die Verschmelzung der Persönlichkeit und deren richtige Einstellung zur Welt der geistigen Werte gelegt. Man sollte bedenken, dass dies zwar richtig, aber nur eine Anfangsstufe ist. Die Integration des Denkvermögens, der Gefühlsnatur und des Gehirns ist das Hauptmerkmal aller fortgeschrittenen Menschen - der bösen, der sehr bösen, der guten und der sehr guten. Sie ist aber noch kein Zeichen geistigen Lebens, ja häufig ganz das Gegenteil davon. Ein «Hitler» oder irgendein ehrgeiziger Mensch, der ein durch und durch egoistisches oder auf Grausamkeiten gerichtetes Leben führt, ist eine Persönlichkeit, die alle Kraft ihres Denkvermögens für böse Ziele einsetzt; die emotionelle Natur ist so beschaffen, dass sie diesen egoistischen Zielen kein Hindernis in den Weg legt; und das sehr leistungsfähige Gehirn ist bei einem solchen Menschen empfänglich für die Pläne und Methoden der beiden feineren Hüllen und führt die Befehle der Persönlichkeit aus.

Ich möchte darauf hinweisen, dass die meisten Menschen keine Persönlichkeiten sind, wie gedankenlos sie auch über ihre Persönlichkeit reden mögen. So ist zum Beispiel das Anfangsziel der grossen Masse der Aspiranten und Schüler vor allem einmal das, den niederen dreifachen Menschen zu integrieren, so dass sie wirksame Persönlichkeiten werden, bevor sie wirksame Seelen werden können. Ihre Arbeit hat den Zweck, das Bewusstseinsleben in der Persönlichkeit zu konzentrieren, wobei sie jenen Inkarnationszyklus übergehen, in dem die Persönlichkeit sich niederen, egoistischen Zielen widmet. Weiter fortgeschrittene Schüler widmen sich der Aufgabe, eine noch höhere Integration [509] von Seele und Persönlichkeit zu erreichen, die zu jener letzten Integration führt, durch welche der höchste Aspekt, der des monadischen Lebens, wirksam wird.

Es gibt heute in der Welt viele wirklich integrierte Persönlichkeiten. Diese können - da Seele und Persönlichkeit integriert sind - den Pfad der Angenommenen Jüngerschaft beschreiten. Das ist eine ausserordentlich hoffnungsvolle Entwicklung, wenn ihr deren Bedeutung und Tragweite nur erkennen könntet. So erhebt sich die Frage, wie denn die anderen, die jetzt erst eine neue geistige Einstellung gewinnen, eine angemessene Integration ihrer Persönlichkeit entwickeln können. Dies wird ihnen niemals gelingen, wenn sie sich über- oder unterschätzen. Viele sind geneigt, sich wegen ihres natürlichen Eigenwillens oder weil sie okkulte Studierende sind, als Persönlichkeiten zu betrachten. Sie vergessen, dass ein okkulter Aspirant nach dem forscht, was verborgen ist - in ihrem Falle also nach jenem verborgenen, integrierenden Faden, der es ihnen ermöglicht, die drei Körper zu verschmelzen und sich somit den Namen «Persönlichkeit» wirklich zu verdienen. Einige von ihnen können in diesem Leben keine Persönlichkeiten werden, doch können sie die gedankliche Vorstellung von der Möglichkeit und dem Wesen der Persönlichkeit entwickeln; sie sollten an das Wort denken: «So, wie ein Mensch in seinem Herzen denkt, so ist er.» Es ist keine Zeitverschwendung, sondern ein sehr notwendiger Werdegang, den ein jedes Mitglied der Hierarchie durchgemacht hat.

Studium und Meditation zusammen sind die Faktoren, die von allen Aspiranten angewandt werden sollten, wenn sie die notwendige Integration zustande bringen und in der Folge ein Leben des Dienstes führen wollen. Auf diese Weise kann der Aspirant beides prüfen: den Grad seiner Integration und den Grad der Dienstbefähigung, der durch diese Integration zustande kam. Wenn die Aspiranten ihr Leben auf der physischen Ebene mit Sorgfalt studieren wollten, dann würden sie entdecken, dass sie entweder auf die herkömmlichen Vorstellungen von gutem Willen oder Gutsein automatisch reagieren oder dass sie sich gefühlsmässig betätigen, weil sie gerne helfen; weil sie es gerne sehen, dass man sie gern hat; weil sie gerne Leiden lindern (da sie das Unbehagen verabscheuen, das sich bei ihnen durch das Leiden anderer einstellt); weil sie an die Lehren Christi glauben, der [510] umherging und Gutes tat - oder aus einer natürlichen, tiefliegenden Lebensneigung heraus. Das ist eine hoffnungsvolle und zu einem guten Ende führende Entfaltung.

Sobald die Phase der physischen und emotionellen Integration vorüber ist, kommen die Aspiranten schliesslich darauf, dass nun eine Zeit verständnisvollen Dienstes folgt; zuerst werden sie aus Mitleid dazu bewogen, dann sind sie von dessen grundsätzlichem Wert überzeugt; danach kommt ein Stadium rein geistigen Ehrgeizes, dann folgen sie demütig dem Beispiel der Hierarchie und schliesslich werden sie durch die Wirksamkeit der reinen Liebe dazu bewogen. Diese reine Liebe kommt immer mehr zum Ausdruck, je weiter die Integration von Seele und Persönlichkeit fortschreitet. Alle diese Entwicklungsphasen der Absichten und Methoden sind an ihrer Stelle richtig und zwar gerade so lange, als sie einen Lehrwert besitzen und solange die nächsthöheren Stufen verschwommen und nebelhaft bleiben. Sie werden unrichtig, wenn sie beibehalten und fortgesetzt werden, obgleich die nächste Stufe schon klar erschaut, jedoch nicht befolgt wird. Denkt darüber nach. Es ist wertvoll, wenn man sich die wahre Bedeutung dieser verschiedenartigen Integrationsphasen klarmacht, wie sie nach dem Gesetz der Evolution in Erscheinung treten.

Alle diese Stufen auf dem Weg der Integration führen zu jenem Höhepunkt, wo die Persönlichkeit - reich an Erfahrung, machtvoll in ihrer Äusserung, neu orientiert und hingebungsvoll - einzig und allein zum Mittler des Seelenlebens zwischen Hierarchie und Menschheit wird. Auch darüber solltet ihr nachdenken.

Die Geisteshaltung der Seele.

Und wie ist nun die Haltung der Seele auf ihrer eigenen Ebene, während alle diese Phasen, Stufen und Erkenntnisse im Leben der Persönlichkeit vor sich gehen? Eine Betrachtung dessen setzt vor allem einmal die Anerkenntnis der drei Aspekte des Denkvermögens voraus, die auf der mentalen Ebene (wie wir sie [511] nennen) zu finden sind:

1. Das niedere, konkrete Denken ist das gedankliche Verhalten des winzigen Seelenaspektes, der ursprünglich zur Zeit der Individualisierung in die Manifestation «eingesenkt» wurde. Dieser Aspekt wurde während der langen Reihe von Inkarnationen immer mehr empfänglich für das ihn überschattende Selbst. Dieses sagt zu seinem inkarnierten Aspekt: «Nachdem ich dieses ganze Universum mit einem Bruchteil meiner Selbst durchdrungen habe, bleibe Ich.» Der «Zug» dieses überschattenden «bleibenden Selbstes» ist das, was den Bruchteil zu seinem Ursprung zurückzieht.

2. Der Sohn des Denkens, die Seele, die Frucht des Denkens des Universalen Geistes, die denkende, wahrnehmende, unterscheidende, zergliedernde Wesenseinheit oder geistige Wesenheit. Dieser Aspekt des Einen Lebens ist gekennzeichnet durch reines Denken, durch reine Vernunft, reine Liebe und reinen Willen. Ein «Meister des Opfers», der durch Inkarnationserfahrung, durch Integration und Wesensäusserung die Aufgabe übernommen hat, die Materie zu erlösen und die Substanz in den Himmel zu erheben. Das sind bekannte Wahrheiten und alte Redensarten und doch bleiben sie für euch grösstenteils nur Theorie. Ihr könnt diesen theoretischen Tatbestand prüfen, indem ihr euch selbst fragt: Was tue ich als Seele (wenn ich überhaupt als Seele wirke), um meinen stofflichen Aspekt, meine drei Körper und die Substanz, aus der sie bestehen, auf höhere Ebenen der Wesensäusserung zu erheben?

3. Das höhere, abstrakte Denkvermögen ist für die Seele das, was der - in den Wissensblättern des egoischen Lotos verkörperte - niederste Seelenaspekt für das konkrete Denkvermögen ist. Dieses abstrakte Denken ist der niederste Aspekt der Geistigen Triade.

Sobald einmal die Integration von Persönlichkeit und Seele stattgefunden hat, kann die Seele - in ihrem eigenen Körper und Wesen und auf ihrer eigenen Ebene - beginnen, eine höhere Integration (oder verbindende Beziehung) zu pflegen, die sie schliesslich zwischen sich und der Geistigen Triade herstellen muss. [512] Eine auf einer niederen Ebene vollbrachte Leistung ermöglicht stets eine andere Leistung auf einer höheren. Es kann keine echte höhere Vervollkommnung geben, solange nicht der niedere, widergespiegelte Aspekt Schritt für Schritt bemeistert und als Werkzeug für noch höhere Wirksamkeiten benutzt und erkannt worden ist.

Die Geisteshaltung der Seele im Verlauf der niederen Integration kann folgendermassen kurz zusammengefasst werden:

1. In den Anfangsstadien des Inkarnationskreislaufes besteht eine völlige Teilnahmslosigkeit. Der sogenannte «eingebettete» Aspekt entspricht durchaus der langwierigen, ermüdenden Aufgabe, die Körper zu entwickeln, ihre Haupteigenschaften zu entfalten und die bittere Erfahrung der Blindheit und Unwissenheit durchzumachen. Dieser Zeitraum ist weitaus der längste, und währenddessen befasst sich die Seele mit ihren eigenen Lebensinteressen auf ihrer eigenen Erfahrungsebene, auf ihrem eigenen Strahl und unter dem Einfluss des Meisters, der schliesslich einmal das Denken der sich entwickelnden Wesenheit leiten wird - wenn und sobald diese sich willig beeinflussen lässt. Vergesst nicht, dass dieses Reich oder diese Ansammlung von Seelen von den Christen das Reich Gottes genannt wird und beim Okkultisten die geistige Hierarchie unseres Planeten heisst. Bedenkt auch, dass der Zweck dieses geballten Lebens darin besteht, die geistige Polarisation des planetarischen LEBENS bewusst zu erkennen.

2. Mit fortschreitender Evolution werden die drei - nun erschaffenen und entwickelten - Körperhüllen stark, und ihre Schwingung wird mächtig genug, um die Aufmerksamkeit der mit sich selbst beschäftigten Seele bis zu einem gewissen Grad auf sich zu lenken. Die erste Reaktion ist eine Reizung. Das okkulte Gereiztsein ist nicht schlechte Laune, wie sie bei Menschen zum Ausdruck kommt, sondern die Reaktion auf einen Kontakt - eine Reaktion, die nicht angenehm ist. Mit anderen Worten: es gibt eine Reibung. Ihr werdet daher die Bedeutung der Aussage besser verstehen, dass nämlich die letzte Fessel, die vom Meister [513] abgeworfen wird, die Reizung ist. Die Persönlichkeit zieht nicht länger die Aufmerksamkeit auf sich; also hört die Reibung auf, und nichts bleibt bestehen als ein reiner Leitungsweg, durch den geistige Energie strömen kann. Reizung in eurem Sinne findet dann statt, wenn euer Persönlichkeitswille, eure Selbstachtung, eure Ideen und Pläne von jemand anderem beeinträchtigt werden. Es ist nicht diese Form der Reizbarkeit, die vom Meister abgeworfen wird.

Die zweite Reaktion besteht darin, dass eine Meditation stattfindet und dadurch Kraft erzeugt wird; diese soll später in den drei Welten dazu benützt werden, die Seelenenergie innerhalb der Form zu steigern und jenen Wissensbereich zu schaffen, der von den Gedankenformen bevölkert wird, in die sich die Persönlichkeit später hineinwagt. Die Seele bereitet sich also auf ihre eigene Neuorientierung zum LEBEN hin sowie auf ihre Wesensäusserung in den drei Welten vor, nicht aber darauf, Lebenserfahrung zu gewinnen.

3. Wenn die Persönlichkeit die Oberhand gewinnt, bringt die Seele einen neuen Faktor in das Leben ihres Spiegelbildes hinein: die sich inkarnierende Seele. Sie mobilisiert und konzentriert die Energie des Seelenstrahles und bringt diesen durch einen Willensakt in direkten Kontakt mit dem Persönlichkeitsstrahl. Dies löst bei den drei Strahlen des dreifachen niederen Menschen einen Reflex aus, wobei diese Strahlen stimuliert und erweckt werden und der Ätherkörper in einen solchen Zustand kommt, dass die Zentren, durch welche die Persönlichkeitsstrahlen strömen und das Kopfzentrum, das für den Seelenstrahl empfänglich ist, eine grössere Aktivität entfalten können. Das Ajnazentrum, durch das die Persönlichkeit wirkt, verstärkt seine Aktivität und es geschieht zweierlei:

a. Das Persönlichkeitsleben wird immer stärker, und der Mensch entwickelt sich zu einer kraftvollen Individualität.

b. Das Kopfzentrum beginnt, auf das Ajnazentrum und ganz allmählich auch auf das Zentrum an der Basis der Wirbelsäule einen Einfluss auszuüben. Der Eigenwille wie [514] auch alle anderen Eigenschaften nehmen zu.

4. Die Seele befindet sich nun, wie die Esoteriker sagen, in einem «Umkehrprozess»; sie zeigt jetzt grosses Interesse für ihr Spiegelbild in den drei Welten, und dann geschehen drei Dinge:

a. Das niedere konkrete Denken wird für die von der Seele kommende Erleuchtung zugänglich.

b. Die Energie des Seelenstrahles strömt in zunehmendem Mass in die Persönlichkeit ein und verstärkt deren Konflikte.

c. Der Pfad des Menschen um den Tierkreis - vom Widder über die Fische zum Stier - kehrt sich um und der Mensch schreitet nun links herum vorwärts.

Alle diese Faktoren bringen auf dem Probepfad heftige Kämpfe mit sich, die sich noch verstärken, sobald der Mensch den Pfad der Jüngerschaft betritt. Die Wirkungskraft der Persönlichkeit, die herrscht und selbst beherrscht wird, ist das, was eine intensive karmische Wirksamkeit auslöst. Die Ereignisse und Umstände in der Erfahrung des Jüngers häufen sich schnell und stürmisch an. Seine Umwelt ist von der höchsten Qualität, die in den drei Welten zur Verfügung steht; seine Erfahrung schwankt zwischen den Extremen hin und her; er arbeitet seine karmischen Verpflichtungen ab und zahlt in rascher Folge die Strafe für seine früheren Fehler.

Während dieser ganzen Zeit folgt Inkarnation auf Inkarnation; und der wohlbekannte Vorgang des Todes, der zwischen den Erfahrungszyklen eintritt, geht weiter. In dem Mass aber, wie sich das niedere Denkvermögen entwickelt, gehen alle drei Tode - der physische, astrale und mentale - in einem immer wacheren Gewahrseinszustand vor sich. Der Mensch verlässt seine ätherische, astrale und mentale Hülle nicht mehr schlafend und unwissend, sondern das Verlassen jeder dieser Hüllen wird zu einem ebensolchen Ereignis, wie es der physische Tod ist.

Schliesslich kommt einmal die Zeit, da der Jünger mit überlegter Absicht, bei vollem Bewusstsein und mit wirklichem Wissen seine verschiedenen Hüllen verlässt. Unbeirrbar übernimmt die Seele die Herrschaft und dann führt der Jünger durch einen Akt des Seelenwillens den Tod herbei und weiss genau, was er [515] tut.

Die Ausmerzung der Gedankenform «Persönlichkeit».

Bei der Besprechung dieses Themas, die nur sehr kurz sein kann, muss man zweierlei bedenken:

1. Dass wir lediglich nur eine Idee im Denken der Seele betrachten und es zu tun haben mit der Grundtatsache der Illusion, die den ganzen Lebenszyklus beherrscht und so die Seele als Gefangenen in der Form festgehalten hat. Für die Seele bedeutet die Persönlichkeit zweierlei:

a. Die Fähigkeit der Seele, sich mit der Form zu identifizieren; dies wird von der Seele zuerst erkannt, wenn die Persönlichkeit beginnt, auf ein gewisses Mass an wirklicher Integration zu reagieren.

b. Eine Gelegenheit zur Einweihung.

2. Dass die Ausmerzung der Persönlichkeits-Gedankenform - die bei der dritten Einweihung beendet ist - für die Seele auf ihrer eigenen Ebene eine grosse Einweihung bedeutet. Aus diesem Grund wird die dritte Einweihung als die erste Haupteinweihung angesehen, da die beiden vorigen kaum eine Wirkung auf die Seele haben und nur die inkarnierte Seele betreffen, das «Bruchstück» des Ganzen.

Das sind Tatsachen, die wenig erkannt und in bisherigen Veröffentlichungen nur selten hervorgehoben werden. Bis jetzt wurde der Nachdruck auf die Einweihungen gelegt, da sie den Jünger in den drei Welten betreffen. Aber ich befasse mich speziell mit den Einweihungen, insofern sie eine Wirkung auf die Seele ausüben oder nicht ausüben, - auf die Seele, die ihr Spiegelbild, die Persönlichkeit in den drei Welten, überschattet. Was ich gesagt habe, wird daher für den durchschnittlichen Leser wenig Bedeutung haben.

Vom Blickpunkt des persönlichen Selbstes aus, das sich als den Hüter der Schwelle betrachtet, hat man die mentale Verfassung (oder den mentalen Zustand) unzureichend so geschildert, als ob eine völlige Auslöschung im Licht der Seele stattfände; der [516] Glanz der Gegenwart, der von dem Engel umgewandelt wird, sei derart, dass die Persönlichkeit mit ihren Forderungen und Bestrebungen vollständig verschwindet. Nichts bleibe übrig als die leere Schale, die Hülle und das Werkzeug, durch welches das Sonnenlicht strömen kann, um der Menschheit zu helfen. Dies stimmt bis zu einem gewissen Grad, ist jedoch letzten Endes nur ein Versuch des Menschen, die umwandelnde und verklärende Wirkung der dritten Einweihung in Worte zu fassen - was man gar nicht kann.

Unendlich schwieriger ist der Versuch, den ich hier mache, nämlich die Haltung und die Reaktionen der Seele zu schildern, des einen Selbstes, des Meisters im Herzen, wenn sie die erstaunliche Tatsache ihrer eigenen Wesensbefreiung feststellt und ein für allemal erkennt, dass sie nun unfähig ist, in irgendeiner Weise auf jene niederen Schwingungen in den drei Welten zu reagieren, die ihr durch ihr Kontaktwerkzeug, die Persönlichkeitsform, übermittelt werden. Diese Form ist nun zu einer solchen Übertragung unfähig.

Wenn die Seele diese Erkenntnis endgültig gewonnen und angenommen hat, besteht ihre zweite Reaktion darin, dass diese gewonnene Freiheit jetzt ihre eigenen Forderungen mit sich bringt, nämlich das Verlangen:

1. Nach einem Leben des Dienens in den drei Welten, die ihr so vertraut und die nun vollständig überwunden sind.

2. Nach einem überschattenden Gefühl ausstrahlender Liebe gegenüber denen, die bis jetzt noch nach Befreiung streben.

3. Nach einer Erkenntnis des wesentlichen Dreiecks, das nun zum Mittelpunkt des Vorstellungslebens der Seele geworden ist:

                                     Hierarchie

Seele

                                     Menschheit

Die Seele [517] schwingt jetzt zwischen den beiden Punkten oder dem Gegensatzpaar hin und her und wirkt als invokatives und zugleich evokatives Zentrum.

Es kann sein, dass keine der obigen Erkenntnisse im Gehirnbewusstsein oder im Denken der erleuchteten Persönlichkeit registriert wird. Theoretisch mag vielleicht etwas von den im Menschen wohnenden Möglichkeiten undeutlich erschaut werden, doch das Bewusstsein ist nicht mehr das des dienenden Jüngers in den drei Welten, der sein Denkvermögen, die Gefühle und den physischen Körper dazu verwendet, um Befehle und hierarchische Absichten so weit wie möglich auszuführen. Das ist mit dem Tod des Persönlichkeitsbewusstseins verschwunden. Das Bewusstsein ist jetzt das der Seele selbst, das keine Absonderung kennt, das instinktiv tätig und geistig besessen ist von den Plänen des Reiches Gottes; auch ist es völlig frei von den Verlockungen oder auch nur dem geringsten Zwang der Materie und Form. Die Seele jedoch ist immer noch empfänglich für die Substanzenergie und darin eingebettet, und ihre höhere Entsprechung wirkt immer noch auf den Unterebenen der kosmisch-physischen Ebene, auf den Ebenen des Buddhi, des Atma, der Monade und des Logos.

Was muss also stattfinden, damit das Leben der Seele reich und vollständig und so völlig inklusiv (oder universal) werde, dass die drei Welten einen Teil ihres Bewusstseins- und ihres Dienstbereiches darstellen? Die einzige Möglichkeit, um euch klarzumachen, was die Seele nach der dritten Einweihung tun muss, ist die, das Geschehen auf zweierlei Art zusammenzufassen:

1. Die Seele wird nun ein bewusster Schöpfer, da der dritte Aspekt - der während des langen Inkarnationszyklus durch die Erfahrungen in den drei Welten entwickelt und bemeistert wurde - eine Stufe vollkommener Wirksamkeit erreicht hat. Um es technisch auszudrücken: Die Energie der Wissensblätter und die Energie der Liebeblätter sind jetzt so wirksam verschmolzen und vereinigt, dass zwei der inneren Blätter, die das Juwel im Lotos umgeben, nicht mehr als [518] Schleier vor diesem Juwel wirken. Ich spreche hier symbolisch. Infolge dieses Ereignisses ist der Tod oder die Ausmerzung der Persönlichkeit die erste Tätigkeit im Drama der bewussten Schöpfung; und die erste Form, die von der Seele geschaffen wird, ist ein Ersatz für die Persönlichkeit. So wird ein Werkzeug für den Dienst in den drei Welten geschaffen. Dieses Mal ist es jedoch ein Werkzeug ohne eigenes Leben, ohne eigenes Verlangen, ohne eigenen Ehrgeiz und ohne eigene Denkkraft. Es ist einfach nur eine Substanzhülle, die vom Seelenleben erfüllt, gleichzeitig jedoch empfänglich und geeignet ist für die Zeitepoche, die Rasse und die Umweltbedingungen, unter denen die schaffende Seele arbeiten will. Denkt diese Aussage zu Ende und hebt die Worte «geeignet für» hervor.

2. Dann bereitet sich die Seele auf die kommende vierte Einweihung vor. Diese ist grundsätzlich eine monadische Erfahrung und führt, wie ihr wisst, zum Verschwinden oder zur Zerstörung des Seelenträgers, des Kausalkörpers; damit wird - über die Antahkarana - eine direkte Beziehung zwischen der Monade auf ihrer eigenen Ebene und der neugeschaffenen Persönlichkeit hergestellt.

Diese beiden Punkte sind hier in der Reihenfolge okkulter Lehren, die jetzt herausgegeben werden, zum ersten Mal dargestellt; allerdings haben frühere Hinweise schon den Weg für diese beiden Tatsachen vorbereitet. Ebenso sind Mitteilungen gegeben worden über den Mayavirupa-Körper, durch den ein Meister wirkt und mit den drei Welten in Kontakt kommt und den er mit Vorbedacht als Werkzeug für seine Pläne und Absichten erschafft. Er ist ein ausgesprochener Ersatz für die Persönlichkeit und kann nur dann erschaffen werden, wenn die alte Persönlichkeit (die während des Inkarnationszyklus aufgebaut und entwickelt wurde) ausgemerzt worden ist. Ich ziehe das Wort «ausgemerzt» dem Wort «zerstört» vor. Das Gefüge bleibt zur Zeit der Ausmerzung bestehen, sein abgesondertes Leben ist jedoch [519] dahin. Wenn ihr über diese Aussage verständig nachdenkt, werdet ihr erkennen, dass jetzt eine ganz vollständige Integration möglich ist. Das Persönlichkeitsleben ist absorbiert worden; die Persönlichkeitsform ist noch da, aber sie besteht jetzt ohne wirkliches eigenes Leben; dies bedeutet, dass sie zum Empfänger von Energien und Kräften werden kann, die der tätige Eingeweihte oder Meister braucht, um die Errettung der Menschheit weiterzuführen. Für Studierende ist es wertvoll, die drei «Erscheinungen Christi» zu studieren, wie sie im Evangelium berichtet werden:

1. Seine verklärte Erscheinung auf dem Berg der Verklärung. Diese Episode schildert symbolisch die strahlende Seele und auch die drei verlassenen Körper der Persönlichkeit; sie weist auch auf den künftigen Aufbau eines Manifestationskörpers hin. Petrus sagt: «Herr, lass uns hier drei Hütten bauen» oder Tabernakel (Hüllen).

2. Seine Erscheinung als die Wahrheit selbst (schweigend, jedoch anwesend) vor den Schranken des Richterstuhles des Pilatus - verworfen von der Welt der Menschen, aber anerkannt von der Hierarchie.

3. Seine strahlenden Erscheinungen nach der Einweihung der Auferstehung:

a. Den Frauen am Grabe - womit seine Verbundenheit mit der Menschheit symbolisiert wird.

b. Den beiden Jüngern auf dem Weg nach Emmaus - als Symbol für seine Verbundenheit mit der Hierarchie.

c. Den zwölf Jüngern in dem oberen Saal - als Symbol für seine Verbindung mit der Ratshalle des Herrn der Welt in Shamballa.

So könnt ihr daraus das tatsächliche Wesen der Ereignisse erkennen, auf die ich früher in dieser Unterweisung hingewiesen habe. Der Jünger, der (im technischen ebenso wie im mystischen Sinne) den Einfluss der Persönlichkeit ausgemerzt hat, besitzt nun die sogenannte «Freiheit des Ashrams»; er kann sich nach Belieben unter seinen Mitjüngern und Eingeweihten bewegen. In seiner Vibration und Wesensart gibt es nichts mehr, was den Rhythmus [520] des Ashrams stören könnte; es gibt nichts, was das «beruhigende Dazwischentreten» des Meisters erfordert, wie es häufig in den Frühstadien der Jüngerschaft der Fall ist; nichts kann jetzt diese höheren Kontakte und Einflusssphären stören, die bisher dem Jünger verschlossen blieben, weil sich seine eigene Persönlichkeit so störend hineingedrängt hatte.