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2. Die harmonische Gleichschaltung der Persönlichkeitskomponenten - Teil 1

Wir haben (nur flüchtig, das ist mir klar) die Tatsache besprochen, dass das Ego sich Formen aneignet, mit deren Hilfe es auf den verschiedenen Ebenen göttlicher Manifestation sich zum Ausdruck bringen kann. Wir haben gelernt, dass diese Formen zu gegebener Zeit Werkzeuge des Willens und der Zielsetzung der göttlichen Wesenheit werden, die in den Formen wohnt. Diese Wesenheit ist die Seele. Im Verlauf des Evolutionszyklus finden drei Entwicklungsvorgänge statt:

1. Die Ausdrucksformen werden nach und nach entwickelt als Ergebnis:

a) aufeinanderfolgender Inkarnationen;

b) des Wunsch-Impulses und der darauffolgenden Aktivität;

c) der Ausdeutung gemachter Erfahrungen, die mit der Zeit gründlicher, genauer und richtiger wird.

2. Das niedere Selbst, in - oder einsgeworden mit- der Formnatur

a) kommt langsam zum Bewusstsein und betätigt sich infolgedessen mit Intelligenz in den drei Welten menschlicher Evolution;

b) verlagert nach und nach den Schwerpunkt seines Bewusstseins von einem Körper in den anderen und kommt so in immer höhere Bewusstseinszustände, bis der Pfad des Jagens und Strebens zum Pfad der Rückkehr wird und der Wunsch, sich mit der Form zu identifizieren, in geistiges Streben nach Selbsterkenntnis umgewandelt wird. Später folgt das bewusste Erkennen der Wesensgleichheit mit dem höheren Selbst auf dessen eigener Bewusstseinsebene;

c) stellt sich um; es lässt damit - okkult gesprochen - «hinter sich, was bisher erstrebenswert erschien, und richtet sein Streben auf das, was bisher noch nicht wahrgenommen wurde.»

3. Der Aspirant geht im Verlauf der Evolution durch [343] ein Interimsstadium, in dem die «göttliche Anziehung» die Anziehungskraft der drei Welten verdrängt. Dieses Stadium zerfällt in fünf Abschnitte:

a) eine Periode, in der die Dualitäten und der Mangel an Beherrschung klar empfunden und erkannt werden;

b) eine Periode, in der die Selbstkontrolle sich geltend macht, und zwar durch folgende Prozesse:

1. Dezentralisierung.

2. Erfassen der künftigen Aufgabe.

3. Ein Erforschen des Wesens des Formlebens seitens des göttlichen Beobachters.

4. Göttliche Wesensart, die durch das Mittel der Form verständnisvoll zum Ausdruck gebracht wird;

c) eine Periode, in der die Körper gleichgeschaltet, aufeinander abgestimmt werden. Durch grösseres Verstehen und mehr Übung wird die Form allmählich den Bedürfnissen des höheren Selbstes untergeordnet und beginnt mit diesem im Einklang zu wirken;

d) eine Periode, in der die (immer öfter gleichgeschalteten) Formen

1. zu einer aktiv wirkenden Persönlichkeit integriert werden;

2. durch die Kraft ihres eigenen integrierten Persönlichkeitslebens angetrieben werden;

3. allmählich von dem höheren Selbst beherrscht und zu einem Werkzeug für wirksamen Weltdienst zusammengeschweisst werden;

4. mit der Seele hinsichtlich der Absichten und Ziele einig gehen;

e) eine Periode, in welcher der Persönlichkeits- und der Seelenstrahl zu einer einzigen Energie verschmelzen. Der Persönlichkeitsstrahl ist dann eine Qualität und Ergänzung des Seelenstrahls. Dadurch wird es der Seele möglich, ihr Vorhaben in den drei Welten auszuführen.

Auf diese Weise machen wir Fortschritte. So werden Form und [344] Bewusstsein, Erscheinung und Qualität zusammengebracht und göttliche Einheit erlangt. Die bisher verspürte Dualität, die so lange den Aspiranten behindert und belastet hat, hört auf.

Im Zusammenhang damit verdienen zwei Phasen unsere Aufmerksamkeit. Die eine betrifft den vergangenen Evolutionszyklus, der den Aspiranten bis zu dem Punkt gebracht hat, dass er Dualitäten verspürte, dass infolgedessen ein Ringen und Kämpfen begann und dass er mit schwerer Mühe eine neue Einstellung zur Wirklichkeit gewann. Die exoterische und esoterische Wissenschaft hat diese Periode in angemessener Weise zum Ausdruck gebracht, so dass ihre Feststellungen allen gegenwärtigen Bedürfnissen Genüge tun. Die andere Phase ist die Periode letzter Vollendung, die schliesslich nach grossen Anstrengungen erlangt wird. Die eine Periode liegt weit hinter uns. Die denkende Menschheit hatte einen langen Weg zu wandern, um der künftigen Vollendung näher zu kommen. Die andere Periode liegt noch in ferner Zukunft. Wir wollen unsere Erörterungen auf die Pflichten und Aufgaben des Aspiranten beschränken, der sich auf dem Probepfad geistig umstellt, und der sich der Welt höherer Werte und der Existenz des Reiches Gottes immer mehr bewusst wird. In diesem Stadium fühlt er seine Dualität in einer geradezu bedrückenden Weise, so dass er anfängt, nach Einheit zu streben. Das ist die Aufgabe, vor der heute sehr viele Weltaspiranten stehen. Die Sehnsucht nach einer solchen Umstellung hat so sehr um sich gegriffen, dass sie den gegenwärtigen Aufruhr in der Welt hervorgebracht hat; sie ist die geistige Ursache für die ideologischen Konflikte, die jetzt überall in Erscheinung treten.

Wir werden uns mit der Arbeit der Jünger beschäftigen, die nach der erwünschten Umstellung darauf kommen, dass es grundsätzlich notwendig ist, die Persönlichkeits-Komponenten in harmonischer Weise zu vereinheitlichen, und die sodann dazu übergehen, den Kontakt und die Vereinigung mit dem höheren Selbst, dem Ego oder der Seele, zu erlangen. Man sollte diese drei Stadien sorgfältig beachten, denn die vielen psychologischen Probleme der modernen Zeit sind auf die folgenden Vorgänge zurückzuführen:

1. Auf die [345] Neuorientierung, die für die Persönlichkeit Aufruhr und Störungen mit sich bringt.

2. Auf den Integrations-Prozess, der im niederen Selbst des denkenden Menschen stattfindet und unvermeidlich zu Zwiespalt und Konflikten führt.

3. Auf die bewusste Verschmelzung der Persönlichkeit mit der Seele, mit den sich daraus ergebenden physiologischen und Persönlichkeits-Auswirkungen, welche die verwirrenden Probleme und psychologischen Zwangslagen des hochentwickelten Aspiranten und Jüngers heraufbeschwören. Das ist das Stadium, in dem die sogenannten «Krankheiten der Mystiker» deutlich hervortreten.

Schliesslich werden wir ganz kurz auf das angestrengte Bemühen des Eingeweihten zu sprechen kommen, der mit dem Instrument der unterworfenen Persönlichkeit dem grossen Plan dient. Als ein Mensch, dessen Seele und Körper vereint, in Übereinstimmung gebracht und nutzbar gemacht wurden, wird er sich allmählich einer noch höheren Synthese bewusst. Nach der dritten Einweihung unternimmt er eine neuerliche Anstrengung, um eine noch umfassendere Verschmelzung und Integration zu erreichen, - dieses Mal mit der Monade, dem Lebensaspekt. Über dieses spätere Stadium kann nicht viel gesagt werden, was von Nutzen wäre. Eine Lehre, die für einen Eingeweihten dritten Grades klar verständlich ist, wäre selbst für einen hochintegrierten und hochintelligenten Jünger wertlos und unverständlich, besonders wenn man bedenkt, dass solche Belehrungen nur mit Hilfe höchst abstrakter und komplizierter Symbole erteilt werden, die einer sorgfältigen Analyse und Deutung bedürfen. Solche höheren Lehren werden nicht durch Worte, seien sie gesprochen oder geschrieben, vermittelt.

a) Sieben Methoden der Integration.

Wir wollen nun die sieben Methoden der Integration betrachten und dabei beachten, dass wir es mit der Eingliederung der dreifachen niederen Natur in die bewusst tätige Persönlichkeit zu tun haben, also mit einem Vorgang, welcher der völligen Verschmelzung der Persönlichkeit mit der Seele vorausgeht. Wir müssen uns stets vor Augen halten, dass wir über den Bewusstseinsaspekt der Manifestation [346] sprechen, dessen Ziele und Wahrheitsgehalt wir zu begreifen und zu würdigen suchen. Wir denken ja so gerne in Formen und im Sinne körperlicher Aktivität, so dass es notwendig erscheint, immer wieder darauf zu dringen, in Begriffen von Bewusstsein und Gewahrsein zu denken, die uns schliesslich Klarheit bringen. Wenn man diese Absicht und deren Richtigkeit erfasst hat, kommt der Wille der Persönlichkeit (des sich absondernden Einzelmenschen, der vom konkreten, analysierenden Denkvermögen beherrscht wird) mit dem Willen der Seele, (der mit dem Willen der Hierarchie der Seelen oder des Reiches Gottes übereinstimmt) in unmittelbaren Konflikt. Im vierten Naturreich (im Menschenreich) ist die alles beherrschende Triebfeder das Verlangen, das schliesslich in Aspiration endet. Im fünften Naturreich (im geistigen Reich) sind die Absicht und der Wille Gottes die bestimmenden Faktoren. Diese Absicht erhält, obwohl sie von keinem sogenannten Begehren diktiert ist, ihren Impuls von der Liebe, die sich in hingebungsvollem Dienst auf der physischen Ebene auswirkt.

Wie man ganz natürlich vermuten darf, gibt es für jeden der sieben Strahlen eine besondere Arbeitsmethode. Es ist der Strahl des Ego oder der Seele - in den Frühstadien tief in der Form schlummernd -, der auf okkulte Weise die Integrations-Methoden anwendet. Die Seele ist zuinnerst die integrierende Wirkkraft. In den frühen Stadien, in denen noch kein Bewusstsein vorhanden war, zeigt sich dies als Kohäsionskraft - eine Eigenschaft des Lebensprinzips, - durch welche die Formen während der Inkarnation zu einem festen Gefüge zusammengehalten werden. In den späteren, bewussten Stadien beweist die Seele ihre Kraft dadurch, dass sie die Methode des Beherrschens und Zusammenfügens auf die Persönlichkeit anwendet. Doch werden diese Methoden nicht eher angewendet und der Mensch kann von ihnen erst dann Gebrauch machen, bis er eine integrierte Persönlichkeit ist. Man hat dies oft vergessen, und manch einer hat auf die Rechte eines Jüngers und auf die Attribute einer Einweihung Anspruch erhoben, ehe er überhaupt integriert war. Das hat zu Unheil geführt, und hat das ganze Problem der Jüngerschaft und Einweihung in Misskredit gebracht.

Es ist schwierig, Wesen und Ziel dieser Strahlmethoden leicht verständlich zu machen. Man kann lediglich andeuten, wie diese [347] sieben Methoden für die sich rasch angleichenden Körper des niederen Menschen zur Anwendung kommen. Um der Klarheit willen und des besseren Verständnisses wegen wollen wir dieses Thema in zwei Teile teilen. Der erste Abschnitt handelt von der Methode des ersten Strahls, die, auf die Formnatur angewandt, Zerstörung auf dem Wege der Verhärtung bringt. Das verursacht «den Tod der Form», auf dass sie sich «wieder erhebe und lebe». Der zweite Abschnitt behandelt die Methode des zweiten Strahlaspekts. Hier wird die Form aufs neue geschaffen und absorbiert, und sie kommt zu neuer Geltung in dem Licht, das sich um, auf und über die Persönlichkeit ergiesst. In diesem Licht sieht der Mensch himmlisches Licht und wird schliesslich ein Lichtträger.

Was ich über jeden Strahl zu sagen habe, wie er auf die einzelnen Menschen einzuwirken versucht, um deren Persönlichkeit zu integrieren, soll durch eine Integrationsformel angedeutet werden. Diese besteht ihrerseits wieder aus zwei Teilen, die sich mit jenen Vorgängen in Zeit und Raum befassen, durch welche die Persönlichkeits-Integration zustande kommt.

Die Kennworte, die für jeden Menschen Gültigkeit haben, lauten: Angleichung, Krise, Licht, Enthüllung, Integration. Wir werden daher bei jedem einzelnen Strahl folgende Punkte behandeln:

1. Die Integrationsformel.

2. Deren doppelte Anwendung für Zerstörung und Wiederaufbau, nebst einer kurzen Bemerkung über den Vorgang und das Ergebnis.

3. Das letzte Stadium des Entwicklungsprozesses, in dem ein Mensch

a) seine drei Körper in Übereinstimmung bringt,

b) durch eine Evokations-Krise geht, wodurch er, wie es in der Bhagavad Gita heisst, «sich durch die magische Kraft der Seele manifestiert»,

c) in eine Lichtphase hineinkommt, in der er den nächsten [348] Schritt klar vor sich sieht,

d) den Plan enthüllt bekommt und erfährt, worin seine persönliche Mitarbeit besteht,

e) die drei Körper in ein einheitliches Ganzes integriert, so dass er für die Fusions-Methode, die seinem Strahltypus angepasst ist, vorbereitet ist.

Das wird uns zu unserem zweiten Punkt bringen, der mit der Fusions-Methode und dem Inkrafttreten des Persönlichkeitsstrahls zu tun hat.

Was meinen wir eigentlich mit dem Wort Integration? Wir neigen dazu, leichthin mit Worten zu spielen, gedankenlos und ohne Sorgfalt. Da wir es hier jedoch mit einer Entwicklung zu tun haben, die für den Menschen immer stärker in den Vordergrund tritt, mag es von Nutzen sein, dieses Wort zu definieren und zu versuchen, ein oder zwei Hauptauswirkungen zu verstehen. Man muss die Integration als einen wesentlichen Schritt betrachten, ehe der Mensch mit vollwachem Bewusstsein in das fünfte oder geistige Naturreich eintreten kann. Wir betrachten den physischen Körper als eine funktionierende Anhäufung physischer Organe, von denen jedes seine besonderen Aufgaben und Zwecke hat. Wenn alle Organe harmonisch zusammenarbeiten, sprechen wir von einem lebenden Organismus. Die vielen Teile bilden ein einheitliches Ganzes, das sich (beim Menschen) unter der Leitung des intelligenten, bewussten Denkers, der Seele, betätigt. Diese bewusstseinserfüllte Form kommt langsam zu einem Punkt, wo die Integration in ein grösseres Ganzes wünschenswert wird und schliesslich auch erreicht wird - abermals mit Wachbewusstsein. Dieser Prozess bewusster Assimilierung geht ständig vor sich. Stufenweise gliedert und ordnet sich der einzelne ein: in die Familie, in die Nation, in eine soziale Ordnung, in die jeweilige Zivilisation, in einen Verband von Nationen und schliesslich in die Menschheit. Diese Integration ist daher ihrem Wesen nach zweifach: ein physisches Geschehen und eine Geisteshaltung. Progressiv [349] wird das Bewusstsein des Menschen erweckt, so dass er die Beziehung des Teils zum Ganzen sowie die Wechselbeziehungen aller Teile innerhalb der grossen Einheit erkennt.

Der Mensch, der zum vollen Bewusstsein der verschiedenen Aspekte seiner Natur - der emotionellen, mentalen und egoischen - erwacht ist, erkennt und empfindet sich in erster Linie als eine Persönlichkeit. Er integriert seine verschiedenartigen Körper und deren verschiedenen Bewusstseinsgrade in eine einzige aktive Wirklichkeit. Er ist dann endgültig eine Persönlichkeit und hat einen entscheidenden Markstein auf dem Pfad der Rückkehr erreicht. Das ist der erste grosse Schritt. Dieses wichtige Ereignis muss durch den Evolutionsprozess bei jedem menschlichen Wesen eintreten; das ist unvermeidlich. Es kann aber auch - wie es heute immer häufiger vorkommt - dadurch herbeigeführt werden, dass man sich in Gedanken planmässig mit dieser Aufgabe befasst und verständnisvoll über die Beziehung nachdenkt, die ein einzelner zu der Gesamtheit hat. Man wird erleben, dass eine völlig egoistische, auf materielle Dinge eingestellte Persönlichkeit schliesslich in eine Verfassung kommt, in der sich der Mensch der integrierten Aktivität und Macht bewusst wird, weil er

1. seine getrennten «Teile» zu einem einheitlichen «Ganzen» entwickelt und zusammengeschlossen hat;

2. seine Umwelt, also das «Ganze», von dem seine Persönlichkeit nur ein «Teil» ist, erforscht und in einer Weise nutzbar gemacht hat, dass sie seinen Wünschen nachkommt, zu seinem Erfolg beiträgt und ihm dazu verhilft, in eine hervorragende Position zu kommen. Dabei musste er notgedrungen der Gesamtheit Dienste leisten, um die integrierende Kraft dieser Gesamtheit zu erwecken und in Bewegung zu setzen. Da aber seine Motive und Ziele völlig egoistisch und materiell sind, kann er auf dem Wege zur höheren Integration nur einen kleinen Schritt vorankommen.

Der selbstlose, geistig eingestellte Mensch integriert gleichfalls seine verschiedenen Aspekte in ein wirksames Ganzes ein, aber seine Tatkraft richtet sich darauf, einen Beitrag zu leisten, nicht materielle [350] Dinge zu erwerben. Durch die Auswirkung des höheren Gesetzes, des Gesetzes des Dienens, ordnet er sich nicht nur als Mensch in den Rahmen der vorherrschenden Zivilisation ein, sondern auch in jene grössere und umfassendere Welt bewusster Aktivität, die wir das Reich Gottes nennen.

Die Menschheit schreitet von einer klar erkannten Integration zur anderen weiter; die fundamentale Geeintheit oder Ganzheit des Menschen liegt jedoch im Reiche des Bewusstseins. Das ist eine wichtige Feststellung. Man könnte ganz allgemein etwa folgendes sagen:

1. Im lemurischen Zeitalter erlangte die Menschheit die Integration des Lebens- oder Ätherkörpers mit dem physischen Körper.

2. In den Tagen von Atlantis fügte die Menschheit zu der bereits erreichten Synthese einen neuen Teil, nämlich die astrale Natur hinzu, und so trat der psychische Mensch endgültig in Erscheinung. Er war lebhaft, aber gleichzeitig auch sensitiv und fähig, auf seine Umwelt deutlicher und stärker zu reagieren.

3. In unserer heutigen, arischen Rasse ist die Menschheit damit beschäftigt, noch einen weiteren Aspekt, den des Denkvermögens, hinzuzufügen. Zu der bereits erreichten Lebenstüchtigkeit und Empfindungsfähigkeit fügt der Mensch nun noch Verstand und Vernunft, gedankliche Wahrnehmung und andere Qualitäten des Denkvermögens und Gedankenlebens hinzu.

4. Die fortgeschrittene Menschheit, die sich auf dem Probepfad befindet, vereint nun diese drei göttlichen Aspekte zu einem Ganzen, das wir Persönlichkeit nennen. Viele Hunderttausende stehen jetzt auf diesem Pfad; sie handeln, fühlen und denken gleichzeitig und verschmelzen diese Funktionen zu einer einzigen Tätigkeit. Diese zur Synthese gebrachte Persönlichkeit entsteht auf dem Pfad der Jüngerschaft unter der Leitung der innewohnenden Wesenheit, des geistigen Menschen.

Diese Integration bringt und ist die Gleichschaltung, und nach deren Erlangung macht der Mensch schliesslich einen Prozess geistiger Umstellung durch. Dadurch erschliesst sich ihm allmählich die noch grössere Einheit, die ganze Menschheit. [351] Später, auf dem Pfad der Einweihung, wird in ihm die Vision der Gesamtheit aufdämmern, von der die Menschheit selbst nur eine Wesensäusserung ist. Das ist die innere Welt der Wirklichkeit, in die wir endgültig eintreten, wenn wir Mitglieder des Reiches Gottes werden.

5. Auf dem Probepfad - jedoch nur in den letzten Stadien - beginnt der Aspirant mit seiner integrierten Persönlichkeit bewusst der Menschheit zu dienen. So tritt allmählich an die Stelle des individuellen Sonderbewusstseins das Bewusstsein für das grössere und umfassendere Ganze. Er erkennt, dass er selbst nur ein Teil ist.

6. Die Integrierung, das Hereinwachsen in das Reich Gottes setzt sich während der Jüngerschaft fort, bis die dritte Einweihung vollzogen ist.

Alle diese verschiedenen Integrationen wirken sich in einer bestimmten Art von Tätigkeit aus. Zuerst dient der Mensch seiner selbstsüchtigen und eigenwilligen Persönlichkeit und bringt für seine Wünsche grosse Opfer. Dann folgt der Dienst an der Menschheit, und schliesslich der Dienst für den Plan. Die Integrationsart, mit der wir uns vornehmlich beschäftigen werden, wenn wir die sieben Integrations-Methoden besprechen, ist jedoch die Integration der Persönlichkeit, die sich durch den Dienst an der Menschheit und für den Plan in das grosse Ganze eingliedert, von dem sie ein Teil ist. Man muss aber im Auge behalten, dass diese Strahl-Methoden von der Seele der Persönlichkeit aufgezwungen werden, sobald letztere einigermassen zu einer wirksamen Einheit zusammengeschweisst und daher fähig ist, auf den Einfluss der leitenden Intelligenz, der Seele, etwas zu reagieren.

Erster Strahl

«Die Liebe zur Macht muss im Vordergrund stehen. Jene Formen, die keine Macht ausüben, müssen verworfen werden.

Das Wort geht aus von der Seele zur Form: «Erhebe dich. Dränge dich hinaus ins [352] Leben. Erreiche ein Ziel. Für dich soll es keinen Kreis, sondern eine gerade Linie geben.

Bereite die Form. Richte die Augen geradeaus und schaue nicht nach beiden Seiten. Schliesse die Ohren für alle Stimmen der Aussenwelt und halte die Hände geballt, den Körper in Spannung und den Geist wachsam. Bei der Förderung des Planes wird kein Gefühl in Anspruch genommen. Liebe nimmt dessen Platz ein.

Das Symbol eines beweglichen Lichtpunktes erscheint auf der Stirne. Der Grundton des Lebens, obwohl nicht ausgesprochen, ist dennoch klar vernehmbar: «Ich setze Kraft in Bewegung. Ich bin der Eine. Wir sind eine Machteinheit. Und alles dient der Macht und Herrlichkeit des Einen.»

Das ist das Gedankenbild und der Lebensprozess des Menschen auf dem ersten Strahl, der in erster Linie versucht, seine Persönlichkeit in die Gewalt zu bekommen und dann seine Umwelt zu beherrschen. Sein Fortschritt besteht darin «Beherrschung erlangt zu haben, beherrscht zu werden und dann wieder andere zu beherrschen». Zuerst sind seine Beweggründe egoistisch und separatistisch. Hierauf stellt sich Unbefriedigtsein ein. Dann vollbringt er höhere Leistungen, weil er dem Plan dient. Schliesslich kommt die Zeit, da man einem Menschen des ersten Strahls zutrauen kann, als Gottes zerstörender Engel zu wirken, der durch Formzerstörung Leben bringt. Derartige integrierte Persönlichkeiten sind anfangs unbarmherzig, selbstsüchtig, ehrgeizig, egozentrisch, grausam, zielstrebig, unversöhnlich, unbeirrbar; sie nehmen jede Auswirkung, jede Frage von Bedeutung wahr und sind sich der Folgen ihrer Handlungen bewusst; dennoch ändern sie sich nicht, weichen von ihrem Kurs nicht ab und gehen auf ihre Ziele los. Sie zerstören und schlagen in Stücke, um auf den Ruinen, die sie verursacht haben, immer höher emporzusteigen. Das ist der Weg ihres Aufstiegs. Sie schreiten brutal über andere hinweg und setzen ihren Fuss auf die Schicksale kleiner Leute. Sie kneten ihre Umgebung zu einem Werkzeug ihres Willens und verfolgen schonungslos ihre eigenen Ziele. Diesem Menschentyp mit den genannten Eigentümlichkeiten begegnet man auf allen Lebenswegen und Tätigkeitsgebieten; er ist eine zerstörende Kraft in seinem Heim, seinem Beruf, seiner Nation.

Wie ist das zu erklären? Der erste Strahl hat auf dieser Stufe die [353] drei Persönlichkeitsträger integriert und sie gleichzeitig unter seine Herrschaft gebracht. Dieser Mensch wirkt und handelt als organische Einheit, als eine Ganzheit.

Diese Praxis und Arbeitsmethode bringt ihn schliesslich in eine Krise, die ihren Grund in der unabänderlichen Tatsache hat, dass seine Natur oder Existenz im Wesen göttlich ist; sie kann sich auf die Dauer nicht mit persönlichem Machtzuwachs inmitten einer materiellen Welt zufrieden geben. Wer Macht für selbstsüchtige Zwecke ausübt, erschöpft sich und setzt einen Machtfaktor in Bewegung, der sich gegen ihn selbst richtet. Da er andere zerstört hat, wird er nun selbst vernichtet. Er ist von seinen Mitmenschen abgesondert, weil er eine eigenwillige und separatistische Wesensart an den Tag legte. Er wandert einsam seines Weges, weil er in die Welt posaunte: «Ich werde niemanden an meiner Seite dulden; ich bin einer, der allein steht.»

Diese Krise ruft in ihm eine innere Wandlung hervor, die seine Richtung ändert, einen Wechsel in der Methode und eine neue geistige Einstellung mit sich bringt. Diese drei Veränderungen werden im Alten Kommentar (wo diese Methoden erwähnt sind) folgendermassen beschrieben:

«Derjenige, der geradewegs seiner Richtung folgt, kehrt auf seinem Weg um. Er geht den Weg zurück zum Mittelpunkt seines Lebens, und dort wartet er. Er streckt seine Arme aus und ruft laut: Ich kann nicht für mich allein bleiben und allein meines Weges gehen. Und während er so dasteht, wird ein Kreuz gezimmert, und auf diesem Kreuz nimmt er seinen Platz ein - mit anderen.»

Die Richtungsänderung bringt ihn zurück zum Zentrum seines Seins, zum Herzen. Die Methode wird geändert. Anstatt sofort vorwärtszustürmen, wartet er in Geduld und lässt das Gefühl mitsprechen. Er ändert seine Haltung und streckt seine Arme seinen Mitmenschen - dem grösseren Ganzen - entgegen und so wird er inklusiv, alles einbeziehend.

Während er so still im Zentrum steht und in seinem Inneren nach Empfänglichkeit für seine Umwelt forscht, verliert er sich selbst aus dem Auge, und das Licht strömt ein. Es ist, als ob ein Vorhang aufgegangen wäre. Das erste, was dieses Licht ihm zeigt, ist der verheerende Anblick dessen, was er zerstört hat. Er ist «dem Licht, das [354] einen Schock versetzt» (wie es in esoterischer Sprache heisst) ausgesetzt. Indem er alle Kräfte seiner gleichgeschalteten Persönlichkeit einsetzt und voller Verzweiflung die Macht seiner Seele anruft, geht er daran, langsam und mühselig, aber zielbewusst wieder das aufzubauen, was er zerstört hat. Bei diesem Wiederaufbau bringt er das ganze Gefüge auf ein höheres Niveau als jemals zuvor. Das sind die Aufgaben der Zerstörer und der Pioniere der Zivilisation, denen man vertrauen kann, dass sie gemäss dem Plan als Vollzugsorgane der Zerstörung wirken.

Wenn dieses Stadium (das Stadium des Wiederaufbaus, wie es der Mensch des ersten Strahls versteht) erreicht ist, wird er - das ist interessant - in der Regel durch vier Inkarnationen gehen. In der ersten ist er «der Mann im Mittelpunkt», ein Sammelpunkt unbeweglicher Kraft. Er ist sich seiner Macht wohl bewusst, die er sich als egoistischer Zerstörer angeeignet hatte, aber er weiss ebenso um vereiteltes und vergebliches Mühen. In der zweiten Inkarnation beginnt er, sich auf eine ganz andere Aktivität umzustellen; in diesem Fall hat er meistens eine Persönlichkeit auf dem dritten oder siebten Strahl. In der dritten Inkarnation beginnt er deutlich mit dem Neuaufbau, und zwar als Persönlichkeit auf dem zweiten Strahl. In der vierten Inkarnation kann er dann ungefährdet durch eine Persönlichkeit des ersten Strahls wirken, ohne sein geistiges Gleichgewicht zu verlieren (wenn man es so ausdrücken will). Durch diesen Persönlichkeits-Typ kann sich seine Seele, die zum ersten Strahl gehört, manifestieren, denn der Jünger hat «sein Gefühl wiedergefunden, hat göttliche Gefühlsregungen gewonnen und sein erwartungsvolles Herz mit Liebe erfüllt.» In solchen Fällen gehört der Astralkörper gewöhnlich zum zweiten Strahl, der Mentalkörper zum vierten und der physische Körper zum sechsten. Diese Struktur zielt natürlich darauf ab, die Intensität der Vibrationen des ersten Strahls, auf dem sich Persönlichkeit und Seele befinden, auszugleichen oder ihr ein Gegengewicht zu geben. Im dritten Leben, in der Periode geistiger Neuorientierung, erhält er die Belohnung dafür, dass er seine selbstsüchtigen Anstrengungen eingestellt hat, und es werden ihm dann Aspekte des Planes enthüllt.

Zweiter Strahl

«Wieder verharre [355] ich; ein Punkt inmitten eines Kreises, und doch ich selbst.»

Die Liebe zu lieben muss vorwalten, nicht die Liebe, geliebt zu werden. Die Kraft, zu sich heranzuziehen, muss vorherrschen, aber eines Tages muss diese Kraft aufhören, in die Welten der Formen einzudringen. Das ist der erste Schritt in der Richtung tieferen Forschens.

Das Wort geht aus von der Seele zur Form: «Befreie dich von allem, was sich um dich herum befindet, denn es hat keinen Wert für dich. Deshalb blicke auf mich. Ich bin der Eine, der baut, erhält und dich heran- und hinaufzieht. Blicke auf mich mit Augen der Liebe und suche den Pfad, der vom äusseren Kreis zum Mittelpunkt führt.

Ich, im Mittelpunkt, stütze und erhalte. Ich, im Mittelpunkt, ziehe an. Ich, im Mittelpunkt, leite und wähle und herrsche. Ich, im Mittelpunkt, liebe alle. Ich ziehe sie zu dem Zentrum hin und gehe mit den wandernden Punkten dem grossen Zentrum zu, wo der Eine Punkt verharrt. Was sagt dir dieses Wort?»

Mit Bezug auf den zweiten Strahl sollte man sich ins Gedächtnis zurückrufen, dass alle Strahlen nur Unterstrahlen des zweiten Strahls der Liebe-Weisheit sind. Der Eine im Zentrum, welcher der «Punkt inmitten des Kreises» der Manifestation ist, hat drei Haupteigenschaften: Leben oder Aktivität in der Form, Liebe, und die Fähigkeit der Abstraktion (der Wegräumung des Konkreten). Diese beiden letzten Eigenschaften der Gottheit sind es, mit denen wir uns in diesen Formeln beschäftigen. Im Zusammenhang mit dem zweiten Strahl kommen die Dualitäten der Anziehung und des Wegstossens zum Vorschein, die beide latent, aber beide zu vollkommener Aktivität in ihrem eigenen Tätigkeitsbereich fähig sind.

Im Leben jedes Aspiranten kommt einmal die Zeit, da er verwundert darüber nachsinnt, was wohl diese bekannte Reaktion, in alltäglichen Dingen keine Befriedigung mehr zu empfinden, besagen will. Das alte Leben mit seinen Wünschen für gewohnte Existenz- und Betätigungsformen erweckt nicht mehr sein Interesse. Der Zug oder die Anziehungskraft des Einen im Zentrum (Der sein wahres Selbst ist) versagt gleichfalls. Es ist noch kein vertrauter «Appell». Der Aspirant bleibt unbefriedigt, und sein Gefühl der Unzulänglichkeit und Leere vertieft sich. Er «schwebt an der Peripherie» des [356] «göttlichen Wirkungsbereiches», den er sich selbst geschaffen hat.

Wenn er an diesem Punkt angelangt ist und sich in dieser Situation befindet, dann muss er diese Formel überdenken und sie anwenden.

Eine Frage könnte hier eingeworfen werden: Wie soll man nun vorgehen und wie benützt man die Formel richtig? Es ist nicht möglich, hier darauf eine ausführliche Antwort zu geben; man kann höchstens darauf hinweisen, dass alle Meditationen, die mit dem Raja-Yoga System zusammenhängen, darauf abzielen, den Aspiranten zu einer solch intensiven inneren Konzentration und wachsamen mentalen Loslösung zu bringen, dass er in der Lage ist, diese Formeln verständnisvoll, entsprechend seinem Strahltyp anzuwenden und davon wirksamen Gebrauch zu machen. Seine Meditation hat ihm die erforderliche Gleichschaltung gebracht. Es besteht hier also (symbolisch gesprochen) ein direkter Weg, eine direkte Linie zwischen dem denkenden, meditierenden, nachsinnenden Menschen - an der Peripherie des seelischen Einflussbereiches - und der Seele selbst, dem Einen, der sich im Zentrum befindet. Wenn einmal diese Verbindungslinie, diese Antahkarana-Brücke, hergestellt und als solche erkannt ist, kommt es zur Evokationskrise. Darauf folgt eine Krise intensiver Aktivität, während der sich der Mensch - im okkulten Sinn - «vom fernsten Rand des äusseren Lebenssaumes loslöst und zielbewusst zum Zentralpunkt hintreibt.» So spricht der Alte Kommentar, den wir so häufig in diesem Buch zitieren.

Man kann nicht mehr tun, als diese Ideen in symbolische Form zu kleiden. Die Mysterien der Seele müssen von denen erfasst werden, deren Seeleneinfluss schon bis zu dieser Peripherie reicht und dort als das erkannt wird, was er ist. Diese Krise dauert gewöhnlich eine lange Zeit an, viel länger als bei einem Aspiranten, dessen Aktivität auf dem ersten Strahl liegt. Hat jedoch der Aspirant des zweiten Strahls verstanden und die günstige Gelegenheit genützt, und vermag er die Verbindungslinie zwischen sich und den Zentren zu erkennen, dann «bricht das Licht herein».

Diese Krisenperiode stellt für den fortgeschrittenen Aspiranten von heute das Hauptproblem dar und erweckt begreiflicherweise [357] das Interesse der Psychiater und Psychologen. Anstatt den Symptom-Komplex als ein Zeichen des Fortschritts und als Anzeichen für einen relativ hohen Entwicklungsgrad anzusehen, der ein Grund zur Ermutigung ist, diagnostiziert man solche Fälle als Geisteskrankheit und Persönlichkeitszerfall. Anstatt zu sagen, dass diese psychische Verfassung eine Erklärung verlangt und unser Verständnis verdient, aber keinen wirklichen Grund zur Beunruhigung abgibt, versucht man therapeutisch der Schwierigkeit durch Eliminierung Herr zu werden, nicht aber durch Erklärung. Die Gemütsverfassung des Patienten mag zeitweise erleichtert werden, aber die Erziehungsarbeit der Seele wird für dieses betreffende Leben aufgehalten, und Verzögerung in der Entwicklung ist die Folge. Mit diesem Problem wollen wir uns später beschäftigen.

Das Stadium, das nun folgt, ist das Stadium der Enthüllung. Licht hat enthüllende Kraft. Dieses Licht auf dem Weg ruft geistiges Schauen hervor; es zeigt sich:

1. Zu allererst als geistiges Erschauen der bestehenden Mängel. Das Licht zeigt dem Menschen sein eigenes Bild, oder wie die Seele seine Persönlichkeit sieht.

2. Als Erschauen des nächstfolgenden Schrittes. Wenn dieser Schritt getan ist, lässt er das weitere Vorgehen erkennen.

3. Als Erschauen all derer, die denselben Weg wandern.

4. Als ein flüchtiges Erblicken des «Schutzengels», der ein schwaches Abbild des Engels der Gegenwart, des Sonnen-Engels ist, der mit jedem Menschen von der Wiege bis zum Grabe wandert und so viel von dem verfügbaren Licht spendet, als der Mensch - jeweils auf dem Entwicklungspfad - gebrauchen und bezeigen kann.

5. Als ein ganz flüchtiges Erblicken (in hohen, seltenen Augenblicken) des Engels der Gegenwart selbst.

6. Als ein kurzes Erblicken (nur zu bestimmten Zeiten und wenn es notwendig erscheint) des Meisters, dessen Gruppe zum selben Strahl gehört wie der betreffende Mensch. Gewöhnlich sind hier zwei Kategorien von Erfahrungen und Ursachen zu nennen:

a) In den Frühstadien, wenn noch Illusion und Verblendung einwirken, ist das, was durch den «Kontakt» erhascht wird, ein astrales Phantasiegebilde, das auf den Gefilden der [358] Täuschung und Phantome erschaut wird. Es handelt sich daher nicht um ein Bild des Meisters selbst, sondern um sein astrales Symbol, oder um eine Figur, die seine ihm ergebenen Jünger und Anhänger gedanklich aufgebaut haben.

b) Eine Begegnung mit dem Meister selbst. Das hat zur Voraussetzung, dass der Jünger die nötige Integration der dreifachen niederen Natur zustande gebracht hat.

Wenn «Integration als Resultat von Enthüllung» erreicht ist, kommt es zur Verschmelzung des Persönlichkeitsstrahls mit dem Seelenstrahl. Darüber wollen wir später mehr sagen. Aber eine andere Tatsache soll hier erwähnt werden, die bisher weder betont noch erläutert wurde, nämlich, dass der Persönlichkeitsstrahl stets ein Unterstrahl des Seelenstrahls ist. Das gilt in demselben Sinne wie die Tatsache, dass die sieben Hauptstrahlen unseres Sonnensystems die sieben Unterstrahlen des kosmischen Strahls der Liebe-Weisheit sind, oder dass die sieben Ebenen unseres Systems die sieben Unterebenen der kosmisch-physischen Ebenen darstellen. Nehmen wir beispielsweise an, dass der Seelenstrahl eines Menschen der dritte Strahl der aktiven Intelligenz oder des Anpassungsvermögens sei, und dass sein Persönlichkeitsstrahl zum zweiten Strahl der Liebe-Weisheit gehöre. Dieser Persönlichkeitsstrahl ist dann der zweite Unterstrahl des dritten Strahls der aktiven Intelligenz. Ausserdem könnten wir annehmen, dass die folgenden Strahlen die drei Persönlichkeitsträger beherrschen; wir hätten dann folgende Übersicht:

Egoischer Strahl - dritter Strahl aktiver Intelligenz

1                   2                              3                            4                             5                                  6                        7
            Persönlichkeit                                                                               .                                   .                         .
                                                                                                                    .                                   .                         .
                                                                                                                    .
                                                                                                        Mentaler Körper                   .                        .
                                                                                                                                                         .                        .   
                                                                                                                                               Astraler Körper        .
                                                                                                                                                                        Physischer Körper                                             

Das ist ein wertvoller Hinweis, den alle ernsthaften Leser im Sinn [359] behalten und erfassen sollten. Man denke über diesen Punkt gründlich nach, denn er bedarf keiner weiteren Erläuterung; ein Verstehen dessen wird die Lösung folgender Probleme ermöglichen:

1. Gleichschaltung.

2. Die Linien des geringsten Widerstandes.

3. Die Vorgänge der Substitution (Ersetzung durch andere Kräfte).

4. Die Alchemie der Energie-Umwandlung.

5. Die Arbeitsbereiche

a) des Dienstes,

b) der Nebenbeschäftigung,

c) des Berufs und der Berufung.

Man kann aus der gegebenen Übersicht auch ersehen, dass ein Mangel an Gleichgewicht besteht; der Mensch kann dann zu einem Verstehen dessen kommen, was er zu tun hat. Studiert man die Formeln des ersten und zweiten Strahls, so wird es klar, warum in der Menschheit (und auch im Sonnensystem) diese beiden Hauptstrahlen so eng miteinander verbündet sind, und warum alle esoterischen Schulen in der ganzen Welt vorwiegend Ausdrucksformen dieser Strahlen sind. Auf einer bestimmten Entwicklungsstufe verschieben alle Strahlen, die den Mentalkörper steuern, ihren Brennpunkt zu dem ersten und zweiten Strahl hin; das erfolgt auf dem Wege über den dritten Strahl. Dieser Strahl hat nämlich gegenüber den anderen Strahlen die gleiche Stellung inne wie das Sonnengeflecht gegenüber den anderen sechs Zentren, denn er stellt eine grosse Sammel- und Transferstelle dar. Der erste Strahl stösst und dringt durch, und er bahnt sich den Weg, durch den Licht einströmt. Der zweite Strahl ist der «Licht-Träger» und er ergänzt die Funktion des ersten Strahls. Wenn wir die Tätigkeiten und die gemeinsamen Bemühungen des Meisters M. und des Meisters K. H. als Beispiel nehmen, so mag das Gesagte klarer werden. Ihre Arbeit ist für einander so unentbehrlich wie Leben und Bewusstsein, die unbedingt zusammengehören; ohne diese Wechselwirkung würde die Form wertlos sein.

Dritter Strahl

«Ich spinne [360] die Fäden des Lebens. Ich stehe da, verstrickt in meiner selbstgeschaffenen Verblendung. Ich bin umgeben von dem Gespinst, das ich gewoben habe. Ich sehe nichts anderes.

Die Liebe zur Wahrheit muss vorherrschen, nicht Vorliebe für meine eigenen Gedanken oder Verliebtsein in meine Ideen oder Formen; die Liebe zum ordnungsgemässen Verlauf muss herrschen, nicht die Vorliebe für meine eigene wilde Aktivität.»

Das Wort geht aus von der Seele zur Form: «Sei stille. Lerne dich schweigend zu verhalten, ruhig und furchtlos. Ich, im Zentrum, Bin. Blicke empor in der rechten Art und Weise, nicht aber den vielen Wegen und Zielen folgend, die du im Raum von Äonen ersonnen hast. Diese halten dich fest. Sei stille. Stürme nicht von einem Punkt zum andern; lass dich nicht irreführen durch äussere Formen und das, was vergänglich ist. Hinter den Formen steht der Weber und webt schweigend.»

Diese erzwungene Ruhe ist es, welche die wahre Gleichschaltung zuwege bringt. Gemeint ist nicht die Stille der Meditation, sondern die ruhige Lebensführung. Der Aspirant des dritten Strahls ist geneigt, viel Energie damit zu vergeuden, die trügerischen Formen, mit denen er sich hartnäckig umgibt, dauernd zu erneuern. Wie kann er sein Ziel erreichen, wenn er unaufhörlich hin und her rennt, Möglichkeiten ersinnt und Manipulationen vornimmt, Pläne schmiedet und Anordnungen trifft? er bringt nichts fertig. Stets ist er mit Dingen beschäftigt, die sich vielleicht in einer dunklen fernen Zukunft verwirklichen lassen. Er ist nicht imstande, die nächstliegenden Ziele zu erreichen. Er ist oft ein lebendiges Beispiel vergeudeter Energie. Er macht Projekte für die Zukunft und vergisst, dass sein winziges Programm in Wirklichkeit nur ein Bestandteil des grossen Ganzen ist, und dass im Lauf der Zeit Veränderungen eintreten können, die seine sorgfältig ausgedachten Pläne und langgehegten Träume durchkreuzen und vereiteln. Die Folge ist daher ein Gefühl vergeblichen Mühens.

Um dies unwirksam zu machen, muss er ruhig im Zentrum verbleiben und (jedenfalls für eine gewisse Zeit) das Plänemachen einstellen. Er darf nicht mehr hinter seinen eigenen Chancen herlaufen, sondern muss die sich bietenden Gelegenheiten wahrnehmen (was etwas ganz anderes ist) und seine Gedanken darauf richten, das jetzt Notwendige zu tun. Das ist eine völlig andere Einstellung, [361] die eine ganz andere Psychologie aktiviert. Wenn er das tun kann und gewillt ist, göttliche Untätigkeit aufzubringen (vom Standpunkt der verblendeten Denkweise eines Menschen vom dritten Strahl), dann wird er entdecken, dass er plötzlich Gleichschaltung erreicht hat. Diese Gleichschaltung bringt naturgemäss eine Krise hervor, die durch zwei Besonderheiten charakterisiert ist:

a) Tiefste Entmutigung. Das ist eine schwierige und schmerzliche Zeit, weil in seinem Bewusstsein die Erkenntnis aufdämmert, wie verhältnismässig unnütz und unproduktiv sein Planen und Wirken ist, und was für ein schwieriges Problem er für die anderen Diensttätigen ist.

b) Den festen Entschluss, im geistigen Sein zu verharren und die Bedeutung des alten Aphorismus zu verstehen, der häufig den Aspiranten des dritten Strahls nahegelegt wird:

«Lasse ab von Deinem Tun. Schreite nicht auf dem Pfad, solange du noch nicht die Kunst gelernt hast, dich still zu verhalten.
  Beobachte die Spinne, Bruder. Sie ist nicht in ihrem eigenen Netz verstrickt, wie du heute in deinem.»