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2. Die harmonische Gleichschaltung der Persönlichkeitskomponenten - Teil 3

1. Die Resonanz und Empfänglichkeit für die Weltseele und für die Umwelt, in welcher der Jünger lebt, nimmt zu und wird ständig stärker und besser.

2. Das kommt in der Hauptsache durch die Pflege der schöpferischen Vorstellungskraft zustande, die eines der grossen schöpferischen Attribute der Gottheit ist. Diese Eigenschaft entwickelt sich [388] durch Erweckung der Liebesnatur, wodurch, wie früher erwähnt, eine Hochflut von Seelenkraft einströmt. Die Seele ist in der Welt der Erscheinungsformen die schöpferische Wirkkraft, der Hauptfaktor bei der Manifestation, der Erbauer der Formen. Durch die Fusions-Methode wird die Kraft, sich etwas gedanklich vorzustellen, oder die Anwendung der schöpferischen Denkkraft, (in Verbindung mit der Fähigkeit, sich etwas bildlich zu vergegenwärtigen und Wünsche und Träume ins Leben zu rufen) zielbewusst und wissenschaftlich entwickelt.

3. Diese schöpferische Anspannung, dieses konzentrierte imaginative Träumen bringt den Astralkörper gänzlich unter die Kontrolle der Seele. Auf diese Tatsache wird in der Bhagavad Gita hingewiesen: auf dem Schlachtfeld von Kurukshetra sieht Arjuna plötzlich Gottes Ur-Form, in der alle Formen die Eine Form ausmachen. Damit ist der Kampf zu Ende. Die Seele besitzt die absolute Herrschaft; ein Gefühl des Abgesondertseins ist nicht mehr möglich.

4. Diese integrierende schöpferische Energie durchläuft beim Herabströmen folgenden Weg:

a) Von der Monade zu den Liebesblättern des egoischen Lotos.

b) Von dort zu dem Astralkörper; dabei wird die gesamte astrale Materie des körperlichen Menschen mit Energie erfüllt. «Der Geist Gottes schwebt über den Wassern.»

c) Von dort strömt die Energie zum Sonnengeflecht.

d) Von diesem Zentrum geht der Weg weiter zum Herzzentrum. Die erforderliche Dualität von Astralkörper und Herzzentrum tritt auf diese Weise in Erscheinung. Hier haben wir eine Analogie zu dem Vorgang, bei dem die Feuerkraft des Willens zum Ende der Wirbelsäule herabströmt und sodann entlang der Wirbelsäule zum Kopf emporsteigt.

Der Jünger des dritten Strahls, der diese Fusions-Methode anwendet, macht folgende Beobachtungen:

1. Sie bringt die göttliche schöpferische Fähigkeit zu voller Wirksamkeit. Hier [389] zeigt sich, wie wichtig das Motiv ist, denn es ist bestimmend für die Art der Tätigkeit und sondert die menschliche Aktivität (esoterisch ausgedrückt) in schwarze und weisse Magie. Es ist übrigens bemerkenswert, dass es nur ganz wenige Menschen gibt, die sich auf die Seite der sogenannten schwarzen Magie schlagen. Lässt dies nicht, mein Leser und Bruder, klar erkennen, dass das Wirken der Grossen Weissen Loge ausserordentlich erfolgreich ist und triumphiert?

2. Der Machtspruch, der diese schöpferische Aktivität hervorbrachte (so weit sie den Menschen betrifft) wurde in die unzulänglichen Worte gekleidet: «Lass die Erde im Überfluss hervorbringen #». So begann das Zeitalter des Schöpfungsdranges. Diese schöpferische Fruchtbarkeit hat sich während der letzten Jahrtausende ständig auf das Hervorbringen jener Wirkungen umgestellt, deren Ursachen abstrakte Ideen sind. Diese Ideen bringen im Rahmen des schöpferischen menschlichen Denkens hervor:

a) Alles Nützliche, das zur gegenwärtigen Zivilisation beiträgt.

b) Alles Schöne, das Stufe um Stufe das ästhetische Bewusstsein entfaltet, den Sinn für Farben entwickelt und den Gebrauch symbolischer Formen schätzen lernt, um Qualität und sinnvolle Absicht auszudrücken.

3. Wenn der Jünger diese Methode anwendet, kommt das wesentliche, seelendurchdrungene Leben immer stärker zur Geltung, und es ergiesst sich ein dynamischer Strom spirituellen Lebens in das irdische Erfahrungsfeld. Der Jünger wird vom Feuer der Liebe «inspiriert», und dies führt - als Ausdruck dieser Liebe - zum «Dienst des Erschaffens».

4. Die Macht, die ihn inspiriert und ihn in seiner Umgebung kraftvoll und schöpferisch macht, kommt gleichfalls aus dem Willens-Aspekt der Monade. Das höhere Denkvermögen wird auf der höheren Mentalebene zur Tätigkeit angespornt. Das [390] ist die Ebene, auf der die schöpferischen Ideen Gottes als Gedankenformen auftauchen, die vom menschlichen Bewusstsein erfasst werden sollen.

5. Dieses Näherkommen oder Herabströmen verläuft wie folgt:

a) Vom Willensaspekt des monadischen Lebens zu jener Bewusstseins- und Kraftebene, die wir den Bereich des höheren Denkvermögens nennen.

b) Von hier strömt die Energie zu den Wissensblättern des egoischen Lotos.

c) Von diesen Kraftwirbeln geht es zu dem niederen, konkreten Denken - von dem der intelligente Durchschnittsmensch gewöhnlich Gebrauch macht -, weiter zum Kehl-Zentrum, und von hier unmittelbar zum Sakralzentrum, dem Generations- oder Reproduktionszentrum auf der physischen Ebene. Von dort werden die Energien wieder zum Kehl-Zentrum emporgehoben, wo der schöpferische physische Drang in künstlerisches oder literarisches Schaffen auf irgend einem Gebiet umgewandelt wird. Später entwickelt sich daraus die Kraft und Fähigkeit, Gruppen oder Organisationen zu bilden, die eine Idee oder einen besonderen Gedanken zum Ausdruck bringen, der aus der Gedankenwelt Gottes stammt und eine sofortige Verwirklichung auf Erden erfordert.

Wenn diese überaus hohen Energien eingeströmt sind, so ist dies ein Zeichen, dass die durch die Integrations-Methode eingeleiteten Vorgänge beendet und dass die Strahlen des niederen Menschen in den Persönlichkeitsstrahl zusammengeschweisst und verschmolzen sind. Der Persönlichkeitsstrahl wiederum vereinigt sich später mit dem egoischen Strahl. Dadurch wird es jener spirituellen Identität, die - wie wir wissen - hinter der menschlichen Erscheinungsform steht, möglich, durch diese beiden Strahlen zu wirken. Hier haben wir eine Parallele zu der Gruppierung göttlicher Wesensäusserung, die wir Haupt- und Nebenstrahlen nennen. Die Strahlen der dreifachen niederen Natur des Menschen bilden dann einen einzigen Leitungsweg, den die Seele und später die Energie des Geistes benützen kann, um mit dem grösseren Ganzen in Berührung [391] zu kommen, das sich in den physischen, astralen und mentalen Bereichen manifestiert. Wenn die Integrations- und Fusionsmethoden die gehegten Erwartungen erfüllt haben, kann diese spirituelle Identität im Dienst für die Menschheit wirken und am Plan mitarbeiten, und zwar in allen drei Welten menschlicher Bestrebungen und in den fünf menschlichen und übermenschlichen Bewusstseinszuständen. Das bringt den Jünger so weit voran, dass er die dritte Einweihung erhalten kann. Dann können noch viel grössere Kräfte herangeführt und eingesetzt werden; die Dualitäts-Methode kann nun in Betracht gezogen, gemeistert und benützt werden. Es leuchtet ein, dass ich die Vorschriften dieser Methode nicht bekannt geben kann, da sie einen Teil der Einweihungsgeheimnisse ausmachen. Obwohl der Nachdruck auf dem Worte «Dualität» liegt, so handelt es sich gleichwohl um eine Zweiheit, die eine Vereinfachung, eine Verschmelzung und eine Synthese hervorruft. Der Mensch erscheint dann als eine Dualität aus Geist und Materie und nicht mehr als die wohlbekannte Dreiheit aus Geist, Seele und Körper.

Wir wollen nun ganz kurz die Fusions-Methode besprechen. Die Stichworte der drei Methoden sind folgende:

Erster Strahl                        abgesonderte Einheit.

Zweiter Strahl                     allumfassende Vernunft.

Dritter Strahl                       dargebotene Eigenschaften.

Wenn ein Jünger diese Methoden anzuwenden sucht, so geht er zuerst daran, das für seinen Strahl zutreffende Stichwort praktisch, experimentell und innerlich verstehen zu lernen. Ich will die drei Stichworte umschreiben und erläutern, notgedrungen in einer unzulänglichen Weise, denn dem Durchschnittsjünger mangelt es auf seiner begrenzten Evolutionsstufe am nötigen Verständnis! Immerhin versuche ich, eine Andeutung dessen zu geben, was gemeint ist.

Abgesonderte, allverbundene Einheit kennzeichnet einen Bewusstseinszustand, der das Ganze als Einheit sieht und sich, nicht theoretisch, sondern tatsächlich als wesenseins mit diesem Ganzen erkennt. Im Bewusstsein des Menschen ist ein Ganzes «isoliert», und nicht der Mensch selber, der sich als isoliert, als abgesondert [392] betrachtet. Das Wort «isoliert» bezieht sich auf jenen vollständigen, planvoll gestalteten Organismus, von dem sich der Mensch als ein Teil empfindet und erkennt. Das Wort «Einheit» drückt des Menschen Verbundenheit mit dem Ganzen aus. Es ist daher ersichtlich, dass dieses «Ganze» etwas ist, das nur stufenweise erkannt wird Um dieses fortschreitende Erkennen schneller hervorzubringen, sind die grossen Bewusstseinserweiterungen, Einweihungen genannt, vorübergehend als Beschleunigungsprozesse eingeführt worden. Dieses stufenweise Erkennen von «Isolierungen innerhalb einer Einheit» mag mit des Jüngers Gruppe, Umgebung oder Nation seinen Anfang nehmen und nach richtigem Verstehen dieses Begriffs damit enden, dass er dann imstande ist, das ganze göttliche Schema oder lebendige Gefüge zu isolieren und sich damit in einer wirksamen, gehörigen Weise zu identifizieren.

Eine Meditation über dieses Thema bringt folgende Ergebnisse:

1. Das Denkvermögen erfährt eine endgültige Erleuchtung, denn es ist dann eins mit den Gedanken des Universalen Denkers, und dem Jünger offenbaren sich die Wege und Pläne Gottes.

2. Die schöpferische Vorstellungsgabe wird infolge dieser Enthüllung machtvoll erweckt, die Arten und Methoden der Mitarbeit werden durch empfindendes Reaktionsvermögen entwickelt und der Jünger wird zu einem schöpferischen Mitarbeiter, und nickt bloss ein gehorsamer Diener des Planes.

3. Das Verlangen, der Menschheit zu dienen, wird dann sein Leben inspirieren, und es treibt ihn, mit den Hütern des Planes zusammenzuarbeiten. Dadurch strömt eine volle Flut von Seelenimpulsen in ihn hinein, die zeitweilig einen heftigen Konflikt zwischen dem Persönlichkeits- und dem Seelenstrahl heraufbeschwört, gleichzeitig jedoch ständig das Niedere dem Höheren, das Geringere dem Bedeutenderen unterordnet.

Ich kann nicht stark genug betonen, dass ich hier nicht über normale Dienstleistungen spreche, die ein Aspirant sich selbst als Mitarbeiter auferlegt. Diese Mitarbeit hat ein theoretisches Fundament und basiert auf der Entschlossenheit, Theorie, Plan und Dienst als Evolutionstatsachen selbst zu prüfen und zu beweisen. Daran denke [393] ich hier nicht, sondern an jene spontane Erleuchtung, jene Schöpferkraft und Inspiration, die sich dadurch ergeben, dass die Seele die Fusions-Methode anwendet - und nicht der höherstrebende, kämpfende Jünger. Hierin liegt der Schlüssel für den tieferen Sinn. Wir sprechen demnach von jenem Entwicklungsstadium, in welchem sich der Mensch, in tiefer kontemplativer Betrachtung, bewusst in der Seele verliert und diese in Meditation versunkene Seele Entscheidungen trifft, Pläne entwirft und wirksam tätig ist. Der Jünger wirkt und handelt als Seele, und er ist unzweifelhaft darin erfolgreich, auf der physischen Ebene bewusst als Seele zu leben.

Für diese besondere Meditationstechnik wird das Kopfzentrum benötigt. Es muss die Fähigkeit vorhanden sein, das Bewusstsein in der Seelenform, im spirituellen Körper zu konzentrieren und gleichzeitig drei Bewusstseinsarten aufrechtzuerhalten - das Bewusstsein der Seele, des Denkens und des Gehirns - ; das ist keine leichte Aufgabe für einen Novizen, und für die meisten Studierenden, die diese Worte lesen, ein Zukunftstraum. Dieser Zustand wurde beschrieben als «die intensivste Widerspiegelung eines in Gott isolierten Menschen, in Gott, der Isolierung nicht kennt und dennoch jenes Ganze darstellt, das von anderen Welten abgesondert ist». Wenn der Jünger diesen Bewusstseinszustand erlangt hat (worauf Patanjali in dem letzten Buch der Sutras hinweist), wird er auf der physischen Ebene unbesiegbar; er ist ja mit all seinen Aspekten vollkommen vereint und verbunden in dem grösseren Ganzen, von dem er ein Teil ist; er verschmilzt alle Attribute und ist mit dem Ganzen eins, nicht bloss subjektiv und unbewusst (wie alle Menschen), sondern bei vollem, erkennendem Wachbewusstsein.

Allesumfassende Vernunft ist das Thema für die Meditation, die der Jünger des zweiten Strahls einzuleiten hat. Sie ruft jene innewohnende göttliche Fähigkeit hervor, die es dem Jünger ermöglicht, das Detail des gewahrten organischen Ganzen vollständig und mit grösster Genauigkeit zu begreifen. Dieser umfassende, und dennoch in Einzelheiten aufgelöste Gesichtskreis, dieses universale Erkennen ist für mich ausserordentlich schwer zu erklären und für den Leser schwer zu verstehen. Der zweite Strahl wurde der Strahl [394] detaillierten Wissens genannt. Wenn dieser fachliche Ausdruck gebraucht wurde, legte der Anfänger die Betonung natürlich auf das Wort «Detail». Treffender könnte man folgende Umschreibungen geben: Strahl detaillierter Einheit, oder Strahl des göttlichen Urbildes, oder Strahl der Schönheit gegenseitiger Beziehungen. Es verlangt von Seiten eines Jüngers einen sehr hohen Grad von Fassungskraft, um alles dies in der Einheitsschau zu begreifen.

Der Leser wird bemerkt haben, dass die drei Stichworte für diese höhere Meditation des Jüngers Aufmerksamkeit auf jene zusammengehörigen Teile lenken, die das Ganze ausmachen, wenn sie miteinander in Beziehung gebracht werden. Die Bezeichnungen «isoliert», «Detail» und «dargeboten» scheinen eine stückweise Erkenntnis anzudeuten, aber das ist ganz gewiss nicht gemeint. Sie kennzeichnen und beziehen sich einfach auf die Kompliziertheit des inneren Lebens der planvoll gestalteten Schöpfung Gottes. Wenn sich das Bewusstsein von allen kleinlichen materiellen Dingen und von egozentrischer Einstellung freigemacht hat, dann wird nicht nur die Peripherie des grossen Ganzen sichtbar, sondern es wird auch die Schönheit und der Zweck jedes einzelnen Aspekts der inneren Struktur wahrgenommen. So, wie der nicht denkende Durchschnittsmensch weiss, dass er ein kompliziertes Gefüge ist, das sich aus vielerlei inneren Organen zusammensetzt, die ein Aggregat lebender Zellgruppen produzieren, die biologisch in wechselseitiger Beziehung stehen und als Einheit funktionieren (worüber er indessen weiter nichts weiss), ebenso mag auch der Aspirant auf dem Probepfad den ganzen Organismus sehen, von dem auch er nur ein Teil ist. Gleich wie der geschulte Menschenkenner und hochgebildete Denker eingehender die allgemeine Ausstattung und die spezifischen Zwecke jenes organischen Ganzen kennt und versteht, das wir einen Menschen nennen, so sieht und erfasst auch der Jünger am Anfang seiner Laufbahn umfassendere Aspekte der inneren Beziehungen in dem organisierten Organismus, dessen sich die Gottheit bedient, um ihre Pläne und Absichten auszuführen. So, wie ein tüchtiger Arzt, der gleichzeitig ein geschulter Seelenkenner ist (jetzt noch eine Seltenheit), den menschlichen Körper und dessen Energien [395] anschaut und mustert, genau so erfasst auch der Jünger in den späteren Stadien die Pläne, Absichten und materialisierten Ideen Gottes. Diese Vergleiche sind nur ein schwacher Versuch, darauf hinzuweisen, welch' enorme Kenntnisse notwendig sind, um die drei Saatgedanken für eine Meditation zu benützen. Dem Menschen, der erlaubterweise über solche Wortprägungen wie «allesumfassende Vernunft» als Seele meditieren kann, offenbaren sich: die lebendige Struktur, die bildhafte Ideen ausdrückt, die komplizierte Schönheit der inneren Beziehungen in der Ausdrucksform des organischen Ganzen, der Kreislauf der Energien, welche die göttliche Idee ausarbeiten sowie die Kraftzentren und energetischen Brennpunkte, die als Kraft- und Lichtstationen in dem grossen Organismus fungieren.

Die hier gemeinte Vernunft ist jene reine, intuitive und unfehlbare Erkenntniskraft, die imstande ist, Ursache und Wirkung gleichzeitig zu erfassen, und die erkennen kann, warum und von wo aus und zu welchem Endzweck alle Dinge in Bewegung sind. Ein Aspirant kann unmöglich diese Saatgedanken in seine Meditation aufnehmen und viel davon profitieren, weil er als strebsamer Denker und nicht als Seele meditiert. Wieviel Mühe er sich auch geben mag, es werden ihn weniger der Bewusstseinsaspekt und die Archetypen (Urbilder), sondern mehr der materielle Aspekt beschäftigen und fesseln. Wenn er das Stadium erreicht hat, dass er sowohl als Seele als auch als Denker meditieren und auch das Gehirn mit einbeziehen kann, dann wird er den Zweck dieser Worte verstehen; er wird sowohl das Symbol, die innere lebendige Struktur als auch die auftauchenden bewussten Ideenbilder mit synthetischer Erkenntniskraft und gleichzeitiger Einheitsschau erfassen, was ich unmöglich in Worte kleiden kann.

Man mag mit Recht an mich die Frage richten: Welchen Zweck hat es denn, diese Dinge überhaupt niederzuschreiben und so vieles zu sagen, wie ich es in dieser Abhandlung tat? Darauf möchte ich folgendes antworten: Es gibt heutzutage nur wenige Menschen, aber ihre Anzahl wird in den nächsten zwanzig Jahren ständig zunehmen, welche die Schönheit der aufgezeigten Idee erfassen und von [396] ihren Seelen angetrieben werden, auf diese Ziele hinzuarbeiten. Dadurch wird es ihnen gelingen, das Bewusstseins-Niveau der ganzen menschlichen Familie zu heben.

Diese Meditation über das Synthese-bringende Detail der manifestierten Lebenseinheit wird folgende Resultate zeitigen:

1. Die wahre Bedeutung von Licht wird erkannt, und es wird der tiefere Sinn dessen offenbar, was in esoterischen Büchern «das Herz der Sonne» genannt wird. Dieser Ausdruck bezeichnet den inneren Lebenskern in allen manifestierten Formen. Man wird erleben und erkennen, dass die Erleuchtung des Denkens unmittelbar und unfehlbar ist, und diese Erleuchtung wird an die Stelle des gegenwärtigen theoretischen Wissens und blossen Fürwahrhaltens treten.

2. Die schöpferische Vorstellungsgabe wird sich mit jenen Massnahmen befassen, die «Licht hineintragen» in das Dunkel und in jene Winkel, die in dem noch nicht abgeschlossenen Schöpfungsprozess der Durchlichtung harren. Der Mensch arbeitet dann bewusst in dem Licht, als Lichtträger. Vielleicht wird es einigen meiner Leser klar werden, was ich meine, wenn ich darauf hinweise, dass sich der Jünger meistens als einen verstärkten Lichtpunkt inmitten des Lichtstroms der Welt betrachtet und deshalb versucht, dieses Licht (das in ihm vorhandene, atomische, ätherische und als Seele erworbene Licht) zur Förderung des Plans zu benützen.

3. Das ruft notwendigerweise grössere Dienstleistungen für jene hervor, die «an dunklen Orten» leben. Der Jünger wird bestrebt sein, ihnen zu allererst das Licht des Wissens und dann das Licht des Lebens zu bringen. Über diesen Unterschied möge man tief nachdenken.

Dargebotene Attribute - dieser Leitgedanke mag dem Durchschnittsaspiranten einfacher und leichter erscheinen, um darüber Meditationen und Betrachtungen anzustellen und den Sinn zu erfassen. Vielleicht lässt sich diese scheinbare Einfachheit darauf zurückführen, dass der Leser den Sinn und die Bedeutung des Wortes «Attribut» nicht erfasst hat.

Diese Meditation für Menschen des dritten Strahls hat im wesentlichen innewohnende Kräfte zum Gegenstand. Daher würden Studierende gut daran tun, die Tatsache anzuerkennen, dass es in Gottes [397] grosser Welt innewohnende oder angeborene, seit Anbeginn vorhandene Eigenschaften und Attribute gibt, die noch verhüllt bleiben und ebenso wenig zum Vorschein gekommen sind wie die göttlichen Neigungen und Bestrebungen bei den meisten Menschen. Gerade mit diesen mysteriösen und langsam in Erscheinung tretenden Energien muss sich der Mensch, der für die Einweihung vorbereitet ist, befassen, denn er wird sich ihrer in zunehmendem Masse bewusst. Er muss sich mit der Aufgabe befassen, mitarbeiten zu lernen mit jenen grossen Lebewesen, die auf gestaltlosen Ebenen wirken und emsig damit beschäftigt sind, eine innere, bisher unerkannte Entfaltung innerhalb der ganzen Schöpfung herbeizuführen. Mit diesen grossen Wesen können nur diejenigen in Kontakt kommen, die auf oder nahe dem Einweihungspfad sind. Hier ist ein Geheimnis innerhalb eines Geheimnisses. Die vier Neben- oder Attribut-Strahlen haben mit den Attributen zu tun, die langsam, aber unverkennbar zum Ausdruck und zur Reife kommen - Wissen, Synthese, Schönheit, Wissenschaft, Idealismus und Ordnung. Aber es gibt, weit hinter den Kulissen, noch andere, die für die rechte und geeignete Zeit (in moderner Sprache ausgedrückt) in Bereitschaft bleiben, und die bilden das Thema für diese hökere Meditation. Nur diejenigen, die sich von der Knechtschaft der Sinne freigemacht haben, können wirklich auf diese Art meditieren. Die Attribute der Gottheit können in drei Hauptgruppen eingeteilt werden:

1. Zum Ausdruck kommende Attribute, die ständig in Erscheinung treten, deren wir uns bewusst werden und die dereinst die Haupteigenschaften und Attribute des vierten Naturreiches darstellen werden, wenn der Evolutionszyklus sein Werk vollendet hat.

2. Dargebotene Attribute, die sich (wieder in menschlichen Worten) dem Bewusstsein eines fortgeschrittenen Jüngers «präsentiert» haben, die aber noch nicht gedeutet und erklärt oder vom Durchschnittsmenschen verstanden werden können. Es [398] handelt sich hier um Attribute, die dem Reich der Seelen zugehören und die dieses Reich in seinem letzten Entwicklungsstadium auszeichnen werden. Diese latenten Attribute können nur allmählich verstanden und wirksam gemacht werden von denen, die sich als Seelen betätigen können.

3. Undefinierbare Attribute. Christus, der Logos des Planeten und jene grossen Wesen, deren Bewusstsein uns unfasslich ist, werden jetzt dieser Attribute gewahr. (Man beachte die Wortwahl). Für diese Attribute fehlen uns die Worte und es ist völlig zwecklos, eine Vermutung darüber auszusprechen oder darüber nachzusinnen, was sie wohl bedeuten könnten. Sie liegen unserem Verständnis genau so fern wie dem Bewusstsein eines primitiven Wilden die Begriffe Ästhetik, philanthropische Gruppenbestrebungen und Weltzustände.

Im Zusammenhang mit dem Problem «hervorgetretener Attribute» mag erwähnt werden, dass solche Attribute, welche die Seele charakterisieren und die sich erst dann manifestieren können, wenn die Seele bewusst erkannt wird und ständig mehr zur Herrschaft kommt, durch das Wort Liebe erklärt werden können. Liebe ist solch ein dargebotenes, aufgezeigtes Attribut. Ein grosser Avatar wie Christus war notwendig, um der Menschheit die Bedeutung dieses Attributs vorzuführen, so dass die Menschen es erfassen konnten. Es brauchte zweitausend Jahre, um diesem vorgeführten Attribut eine Form zu geben, die im Menschenbewusstsein haften mochte. Doch wer mit dem Weltgeschehen vertraut ist, weiss zur Genüge, wie unbekannt wahrhafte Liebe noch immer ist. Von der gesamten Bevölkerung dieses Planeten gibt es heute nur eine sehr kleine Gruppe (einige Millionen vielleicht, wenn man optimistisch ist), die erst einen Anfangsbegriff davon hat, was Gottes Liebe in Wahrheit ist.

Liebe ist das aufgezeigte Attribut, das sich gegenwärtig zur Manifestation durchringt. Weisheit begann zur Zeit Buddhas aufzutauchen, als spezifischer Vorläufer des Liebes-Attributs. Synthese ist ein weiteres der vorgeführten Attribute und fordert erst jetzt zur Anerkennung auf - ein Appell, der nur bei höheren Menschentypen einen Widerhall erwecken kann, obgleich schon viele Jahrhunderte [399] vergangen sind, seit Plato sich bemühte, die Vollständigkeit des ganzen Schöpfungswerkes darzulegen und die Kompliziertheit der Ideen aufzuzeigen, die als Ausdruck dieses Ganzen zutage getreten sind. Solch' grosse Enthüller wie Plato, Buddha oder Christus sind grundsätzlich verschieden von anderen Avataren. Sie sind so konstituiert, dass sie Brennpunkte bilden, aus denen ein neupräsentiertes Attribut als Gedankenform hervorbrechen und so auf das Denkvermögen der Denker einhämmern kann. Diese Avatare sind von dem Attribut besessen; sie erfassen es verständnisvoll und sind dann erkoren, es im menschlichen Bewusstsein zu «verankern». Es folgt dann eine lange Periode des Umstellens, Entfaltens und Sichtbarwerdens, bis das «präsentierte» Attribut zum Ausdruck gebracht wird. Diese wenigen Hinweise mögen dazu dienen, die gedankliche Annäherung an diese schwer verständlichen Dinge etwas zu vereinfachen und über die wirkliche Reichweite dieser höheren Meditationen einen besseren Begriff zu geben.

Wenn über die vorgeführten Attribute meditiert wird, so bringt dies folgende Ergebnisse:

1. Die Attribute, die bereits einigermassen zum Ausdruck kommen, machen sich im täglichen Leben des Jüngers immer stärker bemerkbar, und dieselbe Wirkung zeigt sich auch bei all denen, mit denen er in Berührung kommt. Sie bilden die Schrittsteine, die über den Strom des Lebens führen, auf dessen Wellen die neuen Attribute herankommen können. Sie bieten sich durch die Personen jener dar, deren Bestimmung es ist, sie dem Menschen zur gegebenen Zeit zu enthüllen. So, wie die Meditation über «allesumfassende Vernunft» (symbolisch gesprochen) den Weg zum «Herzen der Sonne» öffnet, genau so bringt diese Meditation gewisse Faktoren und Wirkkräfte von der «zentralen spirituellen Sonne» herein, und diese Energien konzentrieren sich in der Person eines Vermittlers, der sie [400] bekannt gibt. Auf diese Weise wird das Problem der Avatare, der Boten des Allerhöchsten, der Verkörperer hoher Prinzipien und der Verkünder göttlicher Attribute, allmählich in einem neuen Licht erscheinen; man wird dieses Problem als ein mögliches Ziel für gewisse Menschentypen erkennen und begreifen.

2. Dieses Thema öffnet der schöpferischen Vorstellungskraft ein weites Feld der Betätigung und ist für das Aufblühen besonderer göttlicher Qualitäten ein fruchtbarer Boden. Je lauterer der Vermittler, desto besser arbeitet seine Vorstellungsgabe, die im wesentlichen die Fähigkeit ist, planmässig Vorstellungsbilder zu erschaffen. Mit ihrer Hilfe können hohe göttliche Attribute und Ziele in irgend einer Form dem Verständnis der Menschen nahegebracht werden und mit der Zeit greifbare Gestalt annehmen. Das setzt eine höhere Feinfühligkeit voraus, die Kraft, intuitiv zu reagieren, die intellektuelle Fähigkeit, die Wahrnehmung oder Empfindung richtig zu deuten, konzentrierte Aufmerksamkeit, um die neue, noch latente Kraft oder das neue göttliche Attribut «herab zur Manifestation zu bringen», und es verlangt von dem Betreffenden, dass er sein Leben gefestigt und geläutert hat. Man überdenke dies.

3. Es dürfte dem Leser sofort einleuchten, dass die Anwendung der schöpferischen Vorstellungskraft an sich schon ein unverkennbares Feld für Menschheitsdienste darstellt. Die höchsten derartigen Dienste, die man sich vorstellen kann, werden von der Gruppe der Kontemplativen geleistet, die mit der inneren Hierarchie des Planeten verbunden sind, die in alten Schriften Nirmanakayas genannt werden. Sie beschäftigen sich ausschliesslich mit der Aufgabe, die dargebotenen Attribute zu erfühlen und zum Ausdruck zu bringen. Solche Gotteseigenschaften werden dem Menschen eines Tages (zumindest theoretisch) genau so vertraut sein wie heute die Attribute der Liebe, Schönheit oder Synthese, die immer mehr zum Ausdruck kommen. Diejenigen meiner Leser, die - auf einer viel tieferen Ebene - bestrebt sind, in ihrem Leben Seeleneigenschaften zu manifestieren, beginnen auf ihrem Bewusstseinsniveau eine (401) ziemlich ähnliche Aufgabe durchzuführen wie die der göttlichen Kontemplativen. Es ist eine gute Schulung für die Vorbereitung zur Einweihung. Wenn die kleine Lektion gemeistert ist (viele finden, dass es eine harte sei), dann ergeben sich von selbst grössere Möglichkeiten für Dienstleistungen.

Ich habe hier viel Informationen gegeben, über die es sich lohnt, gründlich nachzudenken und nachzusinnen. Ich habe ein Ziel aufgezeigt, das einstweilen noch unerreichbar ist, aber einmal zu jenem überzeugenden Glauben führt, der auf unmittelbarem Wissen und visionärer Schau beruht. Ich habe kurz die dreifache Methode der Integration, Fusion und Dualität dargelegt und gezeigt, wie durch deren Anwendung die drei Strahlen der Persönlichkeit, des Egos und der Monade vereint und verbunden werden können, bis die Gottheit - der wesenhafte göttliche Lebensträger - sich enthüllt und die materialisierte Dreiheit schliesslich als die eine und einzige Einheit erkannt wird. Im folgenden werden wir nun einige psychologische Probleme besprechen, die wir vom Gesichtspunkt der Seele aus studieren wollen.