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IV. Richtlinien für die Herbeiführung der Seelenherrschaft - Teil 2

c) Der innere Drang, einen Plan aufzustellen.

Der dritte göttliche Instinkt oder verborgene innere Grundzug ist der Drang, einen Plan aufzustellen. Es wird sich zeigen, dass sich dieser Antrieb aus den beiden erstbeschriebenen Tendenzen heraus entwickelt oder vielmehr von diesen abhängig ist. Dieser Grundzug findet seine mikrokosmische Parallele in den vielen Plänen und Projekten des sterblichen Menschen, der sein kleines Leben damit verbringt, sich auf diesem Planeten geschäftig mit seinen winzigen persönlichen Angelegenheiten zu befassen. Eben diese universale Fähigkeit, zu arbeiten und zu planen, ist die Garantie dafür, dass der Mensch die Befähigung besitzt, einmal - und dann sogar als Gruppe - auf Gottes Plan, der aus seiner Vision stammt, reagieren zu können. All diese fundamentalen, keimhaften göttlichen Instinkte und Ausdrucksformen von Gottes Bewusstsein und Bewusstheit finden in unserer heutigen Menschheit ihren embryonalen Abglanz. Es liegt nicht in meiner Absicht, anzudeuten, wieviel ich selbst von Gottes Plan verstehe. Meine Fähigkeiten ziehen mir begreiflicherweise Grenzen; nur dunkel ahne ich etwas von dem Plan, und nur gelegentlich und verschwommen dämmert der Umriss von Gottes gewaltigen Zielen in meinem Denken auf. Dieser Plan kann in Wahrheit nur von der Hierarchie erfühlt, erschaut und erkannt werden, und auch dann nur in Gruppenformationen und von jenen Meistern, die im Vollbesitz des monadischen Bewusstseins sind. Sie allein bekommen langsam ein Verständnis dafür, was dieser Plan wirklich ist. Für die übrigen Mitglieder der Hierarchie - die Eingeweihten und die Jünger in ihren entsprechenden Rangstufen und Graden - genügt es, wenn sie am unmittelbaren Aspekt des Planes mitwirken, den sie erfassen können und der ihnen zu gewissen festgelegten Zeitpunkten und in besonderen Jahren durch die inspirierten Gedanken ihrer geistigen Führer näher gebracht wird. Solche Jahre waren 1933, 1942. In solchen Zeitpunkten, wenn die Hierarchie [242] sich versammelt und schweigend berät, wird ein Teil von Gottes Vision und seine Formulierung dieser Vision für die nächsten neun Jahre enthüllt. Hierauf fassen die Mitglieder der Hierarchie in völliger Freiheit und in vollem gegenseitigem Einvernehmen ihre Pläne, um die von den Vorstehern der Hierarchie erwünschten Ziele zu erreichen, so, wie die hierarchischen Vorsteher ihrerseits wieder mit noch höheren Kräften und Wissenden zusammenarbeiten.

Die obigen Mitteilungen werden vermutlich bei jenen Studierenden grosses Interesse erwecken, die noch nicht auf die höheren Werte eingestellt sind. Für alle Leser ist dies jedoch der unwichtigste Abschnitt dieses Kapitels, da er für sie nur sehr geringen Nutzen hat; man kann praktisch damit nichts anfangen. Manch einer mag daher mit Recht fragen: Wozu werden dann solche Mitteilungen gegeben? Die Antwort lautet: Diese Abhandlung ist für zukünftige Jünger und Eingeweihte geschrieben; all das, was hier Erwähnung findet, ist ein Teilstück einer Wahrheitsenthüllung, die übermittelt werden soll, da es erwünscht ist. Diese Enthüllung kommt heute auf vielen Wegen und aus vielen Quellen an uns heran. Das ist ja das Wunderbare jener Kraft, die hinter den gegenwärtigen Neuordnungen im Weltgeschehen wirkt!

Der Instinkt der Gottheit ist eng verknüpft mit dem Gesetz zweckmässiger Wirtschaftlichkeit, und dieses ist ein Ausdruck des Prinzips der Materialisation (der stofflichen Formgebung). Soweit es den Menschen betrifft, muss er dies mit Hilfe des richtig benutzten Mentalkörpers, der unter dem Einfluss von Atma oder Geist steht, studieren, erfassen und ausarbeiten. Das Prinzip der Fortdauer muss zu bewusstem Wissen ausgearbeitet werden durch den rechten Gebrauch der astralen- oder Wunschnatur, die unter dem Einfluss von Buddhi steht. Der Zug zur Synthese muss hier endlich auf der physischen Ebene unter dem Einfluss der Monade zur Auswirkung gebracht werden; aber die wahre Ausdrucksform dieser Tendenz und eine volle Resonanz auf diesen Drang wird erst nach der dritten Einweihung möglich werden. Man kann also leicht feststellen, dass diese Abhandlung tatsächlich für die Zukunft geschrieben ist.

Hier ist viel Material für sorgsame Erwägungen, Überlegungen und Betrachtungen. Darum wollen wir nach dem goldenen Faden [243] suchen, der uns mit wachem Bewusstsein in die Schatzkammer unserer Seele führen wird. Dort wollen wir lernen, mit allem was atmet, eins zu werden, die Vision für das ganze Schöpfungswerk zu er haschen, soweit es uns gegeben ist, und in Übereinstimmung mit Gottes Plan, soweit er uns durch die Grossen Wissenden enthüllt worden ist, zu wirken und zu arbeiten.

Diese uralten Regeln oder bestimmenden Faktoren, - die wesentlichen Gesetze, die das Leben der Seele prägen und gestalten - sind im Grunde psychologischer Natur. Daher verdienen sie studiert zu werden. Die Seele kennt auf ihrem eigenen Lebensgrund keine Absonderungstendenzen, denn der Faktor der Synthese beherrscht alle Beziehungen. Die Seele beschäftigt sich nicht nur mit der Form, die sich gemäss der Vision des erstrebten Zieles bilden mag, sondern mit der Qualität oder dem Sinn, der sich hinter der Vision verbirgt. Die Seele kennt den Plan; dessen äussere Gestaltung, Umriss, Arbeitsmethoden und Endziele sind ihr vertraut. Mit Hilfe der schöpferischen Vorstellungskraft erschafft die Seele. Sie bildet Gedankenformen auf der Mentalebene und kleidet auf der Astralebene ihre Wünsche in Astral-Substanz. Dann bringt sie ihre Gedanken und ihre Wünsche auf die physische Ebene, indem sie Kräfte heranzieht, die von der Vorstellungskraft des Äther- oder Vitalkörpers in schöpferischer Weise beeinflusst und angetrieben werden. Da die Seele von Liebe geleitete Intelligenz ist, so kann sie gleichwohl (im Rahmen der klar erkannten Synthese, die ihre Aktivitäten bestimmt) analysieren, unterscheiden und abteilen. Die Seele strebt aber auch nach dem, was grösser ist als sie selbst, und so streckt sie ihre Fühler in die Welt göttlicher Ideen aus. Auf diese Weise nimmt sie eine Mittelstellung ein zwischen der Welt der Ideenbildung und der Formenwelt. Das ist ihre schwierige Situation und zugleich ihre günstige Gelegenheit.

Auf diese Weise wird die Existenz der Seele von den sie prägenden und bestimmenden Faktoren her bestätigt. Der Wert dieser Tatsache liegt darin, dass auf dem Pfad der Jüngerschaft diese Faktoren im Leben der Persönlichkeit eine Rolle zu spielen haben. Sie müssen das niedere Selbst des Menschen derart beeinflussen und umgestalten, dass [244] sein Leben, seine Gewohnheiten, seine Wünsche und seine Gedanken mit den höheren, von der Seele verursachten Impulsen in Übereinstimmung gebracht werden. Das ist nur eine andere Art, über das geistige Leben zu sprechen, das jeder Eingeweihte führen muss.

Jeder Aspirant muss mit der Zeit die Fähigkeit erlangen, den ganzen Schöpfungshorizont und nicht nur ein Stück davon zu sehen. Er muss in seinem Leben und seinem Einflussbereich die Beziehungen sehen, die ihn mit der zugehörigen Gemeinschaft verbinden, darf sich also nicht als getrenntes Einzelwesen betrachten. Er muss nicht nur das visionäre Bild erschauen (denn das haben die Mystiker schon immer getan), sondern er muss weiter gehen und zu jenen wesentlichen Qualitäten vordringen, die hinter der Vision liegen und ihr einen Sinn und eine Bedeutung geben. An die Stelle des Instinktes, Pläne auszuarbeiten, der allen Menschen angeboren ist und bei hochentwickelten Personen so stark hervortritt, muss die Tendenz treten, Pläne in Übereinstimmung mit Gottes Plan zu machen, wie ihn die Hierarchie des Planeten kundtut. Dies wird mit der Zeit den Drang hervorbringen, solche Formen zu erschaffen, die einen Sinn vermitteln, eine Absicht erkennen lassen, die Übel in Gutes verwandeln und das ganze Leben verklären werden.

Um dies im Rahmen des Planes durchzuführen und gleichzeitig die fundamentale Synthese zu erkennen, in der wir leben und sind, muss der Jünger lernen, jene Aspekte, Qualitäten und Kräfte zu analysieren, zu unterscheiden und zu erfassen, die schöpferisch herangezogen werden müssen, um den visionär erschauten Plan äusserlich zu verwirklichen. Es wäre gut, über den Rapport (harmonischen Kontakt) des Menschen mit der Hierarchie, auf dem Wege über seine eigene Seele, nachzudenken. Die Hierarchie existiert deshalb, um den erahnten Plan und die göttliche Vision in einer äusseren Form möglich zu machen. Um also die Wahrheit ans Licht zu bringen, steht auch der Mensch auf einer Wegmitte; indem er sich mit den grossen Dualitäten des Lebens befasst und über sie Herr wird, muss er die neue Welt hervorbringen.

Unsere bisherigen Studien über die Richtlinien der Seelenherrschaft sollten es nicht notwendig machen, die drei grundlegenden Seelenbeziehungen dauernd zu betonen, nämlich:

1. Die Beziehung der Seele zu anderen Seelen, innerhalb des [245] umfassenden, alles einhüllenden Lebens der Allseele. Nur wenn wir diese ursächliche Verbundenheit verstehen, kommen wir zu dem praktischen Wissen, dass alle Seelen nur eine Seele sind.

2. Die Beziehung der Seele zu der Hierarchie lenkender Seelen. Obwohl diese Hierarchie in sich alle die sieben Elemente aufweist, welche die Hauptdifferenzierungen darstellen, denen sich das Eine Leben - als Bewusstsein - unterwirft, so ist dennoch zu beachten, dass diese Hierarchie im wesentlichen eine Verkörperung des Willensaspektes des planetarischen Logos ist - des Willens zum Guten, des Willens zur Liebe, des Willens zum Wissen, des Willens zu erschaffen. Dieser Wille wird von dem Universalen Denken der Gottheit genährt, kommt aber aus einem noch höheren Bewusstseinsbereich, an dem die Gottheit teil hat. Diese Vorstellung übersteigt begreiflicherweise unser Fassungsvermögen, doch müssen wir bedenken, dass dieser Teil des Buches für zukünftige Tage und nicht bloss für unsere Zeit mit ihrer begrenzten Fassungskraft bestimmt ist.

3. Die Beziehung der Seele zu dem Plan Gottes, wie er sich in der Gegenwart auswirkt. Diese Gedanken sind eine Vorbereitung für die Erörterungen des folgenden Abschnitts. Es ist manchmal von Nutzen, unser Bewusstsein zum Mittelpunkt zurückschwingen zu lassen, da die Bahn, auf der unsere Gedanken kreisen, von so grossem Umfang ist. Die Synthese von Gottes Grundidee, die Vision ihres strukturellen Umrisses und der Plan für ihre Verwirklichung - das sind die Faktoren, von denen sich Seelen auf ihrer eigenen Ebene leiten lassen und von denen ihre Tätigkeit bestimmt wird; sie sind auch jene Faktoren, die in Zeit und Raum und in dem ihnen zugeteilten Wirkungsbereich die Gottheit beeinflussen und begrenzen; denn so ist es Gottes Wille. Betrachtet man dieses ganze Thema von einem anderen Gesichtswinkel, so sind es diese Grundsätze für den Seelenkontakt, die den Rhythmus angeben und den Pulsschlag des Lebens Gottes bestimmen, der ständig auf die niederen Schwingungen einhämmert und diese schliesslich vollständig auslöschen wird. So ist es beim Einzelmenschen und das gleiche wird sich eines Tages bei der [246] Menschheit als Ganzes ereignen; und schliesslich wird dies das Leben, das Vorhaben und die Tätigkeit aller Lebensformen in und auf dem Planeten bestimmen und bedingen.

d) Der Antrieb zu schöpferischem Wirken.

Diese Erkenntnis bringt uns zu dem vierten Punkt, den wir nun etwas eingehender betrachten wollen: den Antrieb zu schöpferischem Leben durch Anwendung der göttlichen Vorstellungsgabe. Wie wir gesehen haben, ist für die Menschheit die Erkenntnis notwendig, dass es hinter der Welt der äusseren Formen und Erscheinungen, der «Welt des Scheins», eine Welt sinnvoller Absicht gibt. Die Enthüllung dieser inneren Welt, die der Sinn der Dinge ist, steht der Menschheit unmittelbar bevor. Bis heute haben wir uns - als Menschengeschlecht - nur mit dem Symbol beschäftigt, nicht aber mit dem, was es bedeutet und darstellt und wofür es nur die äussere Erscheinung ist. Unser Interesse an gegenständlichen Symbolen ist jetzt aber ziemlich erschöpft, und wir - wiederum als Gesamtmenschheit - forschen und suchen nach dem, was die äussere Welt der Erscheinungen zum Ausdruck bringen soll.

Man hört heute viel über das Neue Zeitalter, über die kommenden Enthüllungen, über den bevorstehenden «Sprung» in das intuitive Erkennen dessen, was bisher von Mystikern, Sehern, inspirierten Dichtern, intuitiven Wissenschaftlern und okkulten Forschern, die sich nicht mit technischen Einzelheiten und verstandesmässigen akademischen Belangen besonders befasst haben, nur dunkel erahnt und empfunden worden ist. Doch wird in dieser grossen Erwartung ein Umstand häufig vergessen. Man braucht nicht ständig in den Himmel zu schauen oder an Türen anzuklopfen (um Ausdrücke zu gebrauchen, die einem begrenzten Verstand einleuchten), denn das, was enthüllt werden soll, liegt überall um uns herum und in uns selbst. Es ist die Bedeutung all dessen, was in einer Form verkörpert ist, der tiefere Sinn hinter der äusseren Erscheinung, die Wirklichkeit, die vom Symbol verschleiert wird, die Wahrheit, die sich durch das Mittel der Substanz manifestiert.

Nur zwei Anstrengungen werden den Menschen befähigen, in dieses innere Reich von Ursachen und Offenbarungen einzudringen. Diese sind:

[247] Erstens, das ständige, auf einem inneren Impuls beruhende Bemühen, jene Formen zu erschaffen, die irgendeine erfühlte Wahrheit zum Ausdruck bringen; dadurch wird die Bedeutung, der Schwerpunkt ständig von der äusseren Scheinwelt in die innere Seite der Phänomene verlagert. Auf diese Weise wird eine Bewusstseins-Konzentration entwickelt, die mit der Zeit fest und beständig wird und sich aus der jetzigen starken Verankerung in der Aussenwelt freimacht. Ein Eingeweihter ist seinem Wesen nach ein Mensch, dessen Bewusstseinsbereich mit inneren Kontakten und Einwirkungen erfüllt ist, der sich also nicht vorwiegend mit der Welt abgibt, die man mit äusseren Sinneseindrücken erfasst. Dieses kultivierte Interesse für die innere Welt sinnvoller Absichten wird nicht nur eine starke Rückwirkung auf den geistigen Sucher selbst haben, sondern wird schliesslich nachdrücklich allen zum Bewusstsein bringen (und das ganze Menschengeschlecht wird es in ihr Gehirnbewusstsein aufnehmen), dass die innere Welt der Sinngebung die einzige wirkliche Welt ist. Aus dieser Erkenntnis werden sich zwei Folgen ergeben:

1. Die Form wird sich eng den bedeutsamen Faktoren anpassen, von denen sie hier auf der äusseren Ebene ins Dasein gebracht wurde.

2. Wahrere Schönheit wird in der Welt erschaffen werden, und daher werden die erschaffenen Formen der aus dem Inneren quellenden Wahrheit immer ähnlicher werden. Göttlichkeit verhüllt und verbirgt sich in einer Vielheit von Formbildungen, die unendliche Variationen aufweisen. In der Einfachheit der Formen, die wir einmal erleben und verstehen werden, wird sich ein neues Schönheitsideal und ein stärkerer Sinn für das Wahre auftun; in allem, was Gott durch alle Schöpfungsperioden hindurch geschaffen und vollbracht hat, werden sich seine Absichten und Ziele widerspiegeln.

Zweitens, das ständige Bemühen, sich für die Welt der bedeutsamen Wirklichkeiten empfänglich zu machen, damit jene Formen auf Erden ins Dasein kommen, die mit dem verborgenen Impuls harmonisieren. Die Pflege der schöpferischen Vorstellungskraft wird das zustande bringen. Bis heute weiss die Menschheit noch so wenig über diese Fähigkeit, die in allen Menschen schlummert. Im Menschen, der [248] von sehnenden Gedanken erfüllt ist, flammt ein Lichtblitz auf. Für einen kurzen Moment durchflutet den Aspiranten, der gespannt auf eine Enthüllung wartet, das Empfinden eines enthüllten Glanzes. In hohen Augenblicken hingebungsvoller Aufmerksamkeit nimmt der Künstler plötzlich eine Farbe wahr, erkennt eine Schönheit, eine Weisheit, und es tritt ein unbeschreiblich grossartiges Bild vor sein hochgestimmtes Bewusstsein. Für eine Sekunde vermag er das Leben so zu sehen, wie es wirklich ist. Doch bald entschwindet diese Vision, die Hochspannung klingt ab und das liebliche Bild verblasst. Ein Gefühl schmerzlichen Verlustes bleibt zurück, es ist ihm etwas genommen. Und doch behält er die Gewissheit des Erlebnisses, und er fühlt sich getrieben, dem, was er erhascht und nie zuvor erfahren hatte, Ausdruck zu geben. Er versucht das Geschehene sich wieder vorzustellen. Es drängt ihn, das Erlebnis seiner Offenbarung anderen mitzuteilen, die noch keines hatten. Er muss es in irgend einer Form zum Ausdruck bringen, um seinen Mitmenschen verständlich zu machen, welchen Sinn, welche bedeutsame Tatsache er hinter der Erscheinungsform erkannt hat. Wie kann er das bewerkstelligen? Wie kann er das wiedergewinnen, was ihm einmal gehört hat, was scheinbar wieder entschwunden ist und sich aus dem Bereich seines Bewusstseins zurückgezogen hat? er muss erkennen, dass das, was er gesehen und von dem er einen Hauch verspürt hat, als Verkörperung der Wirklichkeit immer noch da ist er muss einsehen, dass er es war, der sich von der Wirklichkeit zurückzog, und dass es nicht die Vision war, die sich entzog. Er muss den Schmerz in aller Intensität ertragen und immer wieder erleiden, bis sich der Kontakt-Mechanismus an die erhöhten Schwingungen gewöhnt hat und er diese verborgene Welt der Schönheit nicht nur verspüren und erhaschen, sondern auch nach Belieben festhalten kann. Die Kultivierung dieser Kraft, diese Wunderwelt zu betreten, sie festzuhalten und die Eindrücke andern zu vermitteln, hängt von drei Dingen ab:

1. Von der Bereitschaft, den Schmerz zu ertragen, den die Enthüllung kostet.

2. Von der Kraft, den hohen Bewusstseinszustand, in dem die Enthüllung sich einstellt, festzuhalten.

3. Von der Fähigkeit, die Einbildungskraft auf die Enthüllung oder wenigstens auf so viel davon zu konzentrieren, als das Gehirnbewusstsein imstande ist, ins Licht des äusseren Wissens durchzubringen. Es ist die Imaginationskraft oder [249] die Fähigkeit sich Bilder vorzustellen, die das Denkvermögen und Gehirn miteinander verkettet und dadurch das verhüllte Leuchten nach aussen projiziert.

Wenn der schaffende Künstler über diese drei Erfordernisse - Ausdauer, Meditation und Vorstellungskraft - nachdenkt, so wird er in sich die Kraft entwickeln, auf die vierte Regel der Seelenherrschaft zu reagieren; und er wird schliesslich wissen, dass die Seele das Geheimnis der Beharrlichkeit ist, dass sie die Belohnungen der Kontemplation offenbart und alle Formen auf der physischen Ebene erschafft.

Die Heranziehung der schöpferischen Vorstellungsgabe wird Früchte bringen und sich auf vielen Gebieten der Kunst auswirken, entsprechend dem Strahl, auf dem der schaffende Künstler sich befindet. Künstler sind auf allen Strahlen anzutreffen; es gibt keinen speziellen Strahl, der mehr Künstler hervorbrächte als andere Strahlen. Die künstlerische Ausdrucksform wird augenscheinlich spontan geboren, sobald das innere Leben des Künstlers geordnet ist, das wiederum die äussere Gestaltung seiner Lebensführung bestimmt. Wahre schöpferische Kunst ist eine Funktion der Seele. Daher besteht des Künstlers Hauptaufgabe darin, die Harmonie seiner Persönlichkeit zu erarbeiten, Meditation zu üben und seine Aufmerksamkeit auf die innere Welt der Sinngebung zu richten. Sodann versucht er, göttlichen Ideen in entsprechenden Formen Ausdruck zu geben, so, wie es seine inneren Fähigkeiten und die Richtung seiner Strahlen gestatten, auf dem von ihm gewählten Gebiet, das für ihn die beste Ausdrucksmöglichkeit darstellt. Gleichzeitig ist er auf der physischen Ebene ständig bemüht, den Mechanismus des Gehirns, der Hand und der Stimme, durch welche die Inspiration ihren Weg nimmt, besser auszurüsten und auszubilden, damit er die richtige Ausdrucksform findet und die innere Wirklichkeit genau in die äussere Welt übertragen kann.

Das erfordert eine strenge Selbstdisziplin, und gerade darin versagen viele Künstler. Ihre Misserfolge beruhen auf verschiedenen Ursachen. Sie befürchten z.B., dass der Gebrauch der Denkkräfte ihre künstlerischen Bestrebungen vermindern könnte, da ja die spontane [250] schöpferische Leistung vor allem dem Gefühlsleben und der Intuition entspringen müssen. Daher dürfe - so folgert man - der gedanklichen Schulung nicht zu viel Aufmerksamkeit gewidmet werden, damit der Ideenborn nicht versiege. Solches Versagen beruht auf Trägheit, die schöpferische Arbeit als Weg des geringsten Widerstandes empfindet. Ein träger Künstler versucht gar nicht zu verstehen, wie es zur Inspiration kommt, oder wodurch es möglich wird, die Vision in die äussere Welt zu verpflanzen, oder welche Methoden benützt werden müssen, um die inneren Kräfte zu mobilisieren ? Er folgt einfach einem momentanen Impuls. Das ist bezeichnend für einen Menschen, dessen Entwicklung uneinheitlich und unausgeglichen ist, und zwar aus folgendem Grund: Wenn sich jemand über mehrere Inkarnationen in einem Fach spezialisiert oder dafür ein besonders starkes Interesse an den Tag gelegt hat, erwirbt er die Fähigkeit, eben dadurch mit der Seele in Berührung zu kommen; aber er erlangt nicht die Fähigkeit, mit der Seele Kontakt zu haben. Diese Anbahnung ist leichter, wenn der Künstler seit mehreren Inkarnationen unter dem Einfluss eines besonderen Persönlichkeitsstrahl steht. Daraus resultiert die obige okkulte Feststellung (die einen scheinbaren Widerspruch enthält), welche die Aufmerksamkeit der Künstler verdient. Ein anderer Faktor, auf den oft ein künstlerisches Versagen zurückzuführen ist, ist der ungeheure Eigendünkel und grosse Ehrgeiz vieler Künstler. Die Fähigkeit, sich in einem besonderen Fach auszuzeichnen und gerade auf diesem einen Gebiet mehr zu leisten als ein Durchschnittsmensch, ist gewiss vorhanden; aber die überdurchschnittliche Leistung, mit der er sich brüstet, liegt nur in einer Richtung, und die Fähigkeit als Seele zu leben, geht ihm völlig ab. Häufig zeigen Künstler keine Disziplin in ihrem Leben und keine Selbstbeherrschung. Als Ersatz fungieren geniale Einfälle und enormes Können in ihrem erwählten Fach; ihre Lebensführung steht in direktem Gegensatz zu dem göttlichen Funken, den ihre Kunstwerke erkennen lassen. Es ist eine der Aufgaben der neuen Psychologie, die Ausdruckskraft und Betätigungsweise eines Genies verstehen zu lernen. Ein Genie ist stets die Wesensäusserung der Seele in schöpferischer Betätigung und enthüllt auf diese Weise die Welt sinnvoller Absichten, die Welt der Göttlichkeit und der verborgenen Schönheit, die in unserer Erscheinungswelt gewöhnlich mit Schleiern verhängt ist; aber eines Tages wird man diese innere Welt so sehen, wie sie wirklich ist.

e) Der Faktor Analyse.

Die fünfte Qualität oder Tätigkeit, die auf die Seele einwirkt und sie prägt, ist der Faktor der Analyse. Er stellt ein Gesetz dar, das [251] die Menschheit lenkt und leitet. Man muss sich stets darüber klar sein, dass die Fähigkeiten zu analysieren, Unterscheidungen zu machen und Unterschiede zu erkennen göttliche Attribute sind. Wenn diese Eigenschaften die Tendenz hervorrufen, sich abzusondern, sich also von anderen verschieden zu fühlen, so wecken und verstärken sie die Persönlichkeitsreaktionen und werden folglich für persönliche Zwecke missbraucht. Wenn sie jedoch im Sinne der Synthese beibehalten und für den Plan der grossen Einheit herangezogen werden, dann sind sie Seelenqualitäten und Gesetze, die für die rechte Entfaltung der göttlichen Absicht wesentlich sind. Der Plan Gottes kommt dadurch ins Dasein, dass man den rechten Akzent darauf legt. Wenn wir einen Aspekt oder eine Qualität besonders betonen und pflegen, so schliessen wir vorübergehend einen anderen Aspekt oder andere Aspekte aus oder lassen sie eine Zeitlang ruhen. Das ist ein Hauptteil der Wirksamkeit des Gesetzes der Zyklen, das die Meister sich zunutze machen. Das bedeutet, dass sie dauernd von der analytischen Fähigkeit und vom scharfsinnigen Urteilsvermögen Gebrauch machen.

Die Tatsache, dass die Gegensatzpaare in Zeit und Raum wirksam sind und von den Meistern gehandhabt werden, um das Lebensgewebe zu flechten, ist bezeichnend für die erste Differenzierung des Einen in zwei, und der zwei in drei, der drei in die grundlegenden sieben, und dieser sieben in die vielen. Die ursprüngliche Einheit entfaltet sich stufenweise in Vielheit, und alles das erfolgt nach dem Gesetz der Seele - dem Gesetz der Analyse im Bereich der Synthese.

Die «Samen der Verschiedenheit», wie sie genannt werden, sind Hauptfaktoren, durch welche die Welt der Erscheinungen zustande kommt. Die Hierarchie bedient sich dieser Samen, wie ein Gärtner es tut, der seine Blumensamen in das Erdreich bettet. Aus diesen Samenkörnern sprossen die benötigten differenzierten Formen hervor, aus denen sich immer weitere Abarten entwickeln. Das Aussäen dieser Samen, sie zu pflegen und aufzuziehen, ist ein Teil der grossartigen Aufgabe der Hierarchie, insbesondere beim Anbrechen eines Neuen Zeitalters, wie es heute der Fall ist. Die Meister müssen vor allen Dingen einen Begriff davon bekommen, welche tiefere Absicht nach dem Willen Gottes in einem bestimmten Weltzyklus zum Ausdruck gebracht werden soll. Sie müssen die Impulse verstehen, die aus höheren Quellen stammen, als es ihr eigenes [252] Ausdrucksgebiet und ihr persönliches Dharma ihnen an Hand geben. Sie müssen dahin wirken, dass die Samen der neuen Formen dem gewünschten Zweck angepasst werden. Sie müssen ferner die besondere Eigenart jener Wirklichkeit richtig einschätzen können, die in jeder Zeitepoche durch fortschreitende Entfaltung der göttlichen Absicht enthüllt werden muss. Und schliesslich ruht auf ihnen die Verantwortung, dass die Wirklichkeit in der Aussenwelt - in Erscheinung und Qualität - der Wahrheit der Innenwelt nahe kommt. All dies wird durch ein Verstehen des Faktors oder der Regel der analytischen Zergliederung möglich gemacht, die als ein Gesetz zu betrachten ist, das die Seelenherrschaft zur Geltung bringt, sowohl auf den Ebenen der Seelen als auch in der sichtbaren Welt. Das ist eine der Hauptaufgaben der Hierarchie, und dazu gehört strengste Gedankenkontrolle, intuitive Fassungskraft und genaueste Analyse der Wünsche. Diese drei Begriffsinhalte sollte man sich durch den Kopf gehen lassen.

Es sei daran erinnert, dass der Faktor der Analyse für das Auftreten des Reiches Gottes - des fünften Naturreiches - in der sichtbaren Welt von massgeblicher Bedeutung ist. Dieses Auftreten setzt einen Unterschied zwischen den fünften Naturreich und den anderen vier Reichen voraus. Der Unterschied besteht jedoch nur in einer Hinsicht, nämlich in bezug auf das Bewusstsein. Das ist von besonderem Interesse, denn darin unterscheidet sich das fünfte Naturreich von den anderen Reichen. Die anderen vier Reiche weisen unterschiedliche Gattungen oder Arten, verschiedene Kategorien von Erscheinungsformen auf. Das Pflanzenreich z.B. ist in seiner äusseren Gestalt von der des Tierreiches sehr verschieden. Im fünften Reich ist jedoch ein neues Prinzip festzustellen. Die äussere Körperform wird als Modell beibehalten, aber ihre Zellen werden verfeinert und ihre Qualität gesteigert. Das Reich Gottes verwirklicht und verkörpert sich in der Menschheit und durch die Menschheit. Aber der massgebende Unterschied liegt im Bereich des Bewusstseins.

Ein Meister der Weisheit scheint der äusseren Erscheinung nach ein Mensch zu sein. Er besitzt die physischen Merkmale, Funktionen, [253] Gewohnheiten und die organische Struktur, wie sie für das vierte Naturreich charakteristisch sind, aber innerhalb der typischen Menschengestalt lebt ein völlig anderes Bewusstsein. Der analytische Faktor, auf den hier hingewiesen wird, bezieht sich demnach auf den Unterschied in der Bewusstseinssphäre und nicht der äusseren Gestalt. Die Erscheinungsform bleibt als Symbol unverändert, wenngleich sie eine irdische Vervollkommnung erfahren hat. Aber von Grund auf geändert sind die innere Qualität und die Stufe der Bewusstheit. Der Unterschied ist so gross wie zwischen Mensch und Pflanze. Das ist ein durchaus neuer Gedanke, aus dem sich erstaunliche Folgerungen ergeben. Darin liegt das Geheimnis, dass sich gegenwärtig eine völlige Verschiebung zur Welt der inneren Bedeutung hin vollzieht. Ein neuer Bewusstseinsbereich tut sich auf, und die Menschheit beginnt, die Welt grösserer Werte von neuem zu würdigen. Doch dieses Bewusstsein - und das ist der interessante Punkt - wird in ein neues Naturreich verlagert, bleibt jedoch ein Teil des alten. Auf dem alten Boden vollzieht sich die neue Synthese und Verschmelzung.

Es ist nicht in dem Plan Gottes vorgesehen, dass im zyklischen Geschehen neue und unvorhergesehene Formen endlos in Erscheinung treten. Die Menschheit wird ihren menschlichen Organismus auch weiterhin vervollkommnen, um mit dem wachsenden göttlichen Bewusstsein im Menschen Schritt zu halten. Da sich aber in ihm die drei Ströme des Göttlichen begegnen und innig verbinden, besteht kein Bedürfnis für weitere drastische Veränderungen und Neuerungen in der äusseren Struktur, sobald neue Bewusstseinsstadien erreicht sind. In der Vergangenheit hat jede grosse Bewusstseinsentfaltung zur Bildung neuer Formen geführt. Das wird nicht mehr der Fall sein. Das Bewusstsein Gottes, das in der Substanz des Mineralreiches wirkte und auf sie einwirkte, rief ganz andere Formen hervor als jene, die dasselbe Bewusstsein - auf eine höherwertige Substanz einwirkend - in dem Tier- und Menschenreich entwickelte. In dem göttlichen Plan, der für dieses Sonnensystem festgelegt ist, hat die Formdifferenzierung ihre Grenzen und kann über einen gewissen Punkt nicht hinausgehen. Dieser Punkt wurde für das Menschenreich in diesem Weltzyklus erreicht. In Zukunft wird nur der Bewusstseinsaspekt der Gottheit weitere Verbesserungen der Formen des vierten Naturreiches vornehmen und zwar durch Vermittlung [254] derer, die in sich das Bewusstsein des fünften Naturreiches tragen. Das ist die Aufgabe der Hierarchie der Meister. Es ist ferner ein Auftrag, welcher der Neuen Gruppe der Weltdiener übertragen ist, die auf der physischen Ebene das Instrument des Willens der Meister werden können. Durch diese Gruppe können die inneren göttlichen Qualitäten des guten Willens, des Friedens und der Liebe zunehmen und durch Menschen zum Ausdruck kommen, die im vierten Naturreich wirken und arbeiten.

Diese wichtigen Hinweise wurden aus dem Grunde gegeben, weil es wesentlich ist, dass ein gewisses Verständnis für den Faktor Analyse im Bereich der Synthese erlangt werde. Das Wort «Analyse» (Zerlegung, Untersuchung) wird zu oft mit Absonderung (einen Unterschied machen) verwechselt. Das Problem ist gewiss verwickelt und schwierig, doch wird der Mensch mit zunehmender Weisheit und grösserem Wissen mehr Verständnis für die gegebenen Hinweise entwickeln. Die Gedankengänge über den Plan, wie wir sie hier gaben, sind die, wie sie Eingeweihte erfasst haben.

f) Die dem Menschen angeborene Fähigkeit, Ideale zu bilden.

Es ist interessant, dass die bisher besprochenen Faktoren, welche die Seelenherrschaft herbeiführen, uns ganz automatisch und naturgemäss zum sechsten Gesetz oder zur sechsten Regel bringen, nämlich zu der dem Menschen angeborenen und auf geistigem Instinkt beruhenden Fähigkeit zu idealisieren. Instinkt, Intellekt, Intuition, Ideenbildung und Erleuchtung sind nur Differenzierungen und besondere Aspekte einer einzigen grossen, angeborenen Fähigkeit des Menschen. Sie sind in verschiedenen Graden und Abstufungen auch in allen Formen aller Naturreiche anzutreffen. Ob es sich nun um die Kraft des winzigen Samenkornes handelt, das tief verborgen im dunklen Erdreich ruht und sich durch alle umgebenden Hindernisse zum Licht drängt, oder ob es sich um die Kraft im Menschen handelt, sich aus dem Tod - im Mantel der Materie - zum Leben in Gott zu erheben und aus dem Reich der Unwirklichkeit in die Welt der Wirklichkeit vorzustossen, so handelt es sich in allen Fällen um den gleichen fundamentalen Faktor des Idealismus. Menschenkunde und Geschichte berichten uns über die Entwicklung des Einzelmenschen und von Nationen, über ihr Tun und Treiben in der Welt der Erscheinungen. Doch gibt es noch [255] eine andere Geschichtswissenschaft, die sich allmählich abzuzeichnen beginnt. Das ist die Geschichte des Bewusstseinssamens in der Natur und der zunehmenden Fähigkeit, Ideen zu erfassen und sie zur Erfüllung zu bringen. Das ist die neue Geschichtsepoche, die uns, wie man erwartet, immer weiter in die Welt der Sinngebung führt und uns allmählich enthüllen soll, welcher Art jene Impulse und Tendenzen sind, die das Menschengeschlecht unentwegt vom tiefsten Punkt primitiver, materieller Existenz bis hinauf in die Welt feinsten Wahrnehmungsvermögens vorwärts gebracht haben.

Gerade das ist das Arbeitsfeld, auf dem sich die Meister betätigen, und sie rufen ihre Jünger zu tätiger Mitarbeit auf diesem Gebiet auf. Man beginnt erst heute die Macht der Ideen und Gedanken zu verstehen. Die Kraft und Fähigkeit, Ideen zu bilden, welche Formen die Ideen annehmen müssen, und die Förderung und Pflege richtiger Ideen, - das sind Hauptprobleme, die im Neuen Zeitalter angepackt werden müssen.

g) Die Wechselwirkung der Grossen Gegensätze.

Die siebte dieser Regeln - das Wechselspiel der grossen Dualitäten - ist eine der Grundregeln für Seelenherrschaft und ist keinesfalls leicht zu verstehen. Sie ist ein fundamentales Gesetz des Seelenlebens. Der Grund, warum es so schwer ist, die paradoxe Feststellung zu verstehen, dass Seelen-Einheit durch eine Zweiheit zustande kommt, liegt darin, dass seit undenklichen Zeiten die astralen Dualitäten hervorgehoben wurden, wenn von den Gegensatzpaaren die Rede war, und dass man die Notwendigkeit betonte, den engen Pfad zwischen diesen Paaren zu wählen. Der Mensch steht auf dem Kampfplatz dieser Dualitäten und hat den schmalen, messerscharfen Pfad zu finden, der sich vor ihm auftut und ihn zur Pforte der Einweihung bringt. Doch sind im Prinzip diese Gegensatzpaare nur Widerspiegelungen höherer, göttlicher Gegenstücke. Das Gesetz, das wir hier betrachten, reguliert die Beziehungen zwischen Leben und Form, zwischen Geist und Materie. Wir können darüber hier nicht [256] mehr sagen, denn nur jene Eingeweihten, die in ihrem eigenen Leben über die niedere Widerspiegelung der Dualitäten hinausgekommen sind, können eben erst beginnen, die wahre spirituelle Bedeutung dieser Regel für Seelenherrschaft in ihrem weiteren und wesentlicheren Sinn zu begreifen. Daher ist es nicht notwendig, in dieser Abhandlung auf diese schwerverständliche Frage näher einzugehen.

Unsere Aufgabe besteht vielmehr darin, ein richtiges Verständnis von der Vision zu gewinnen. soweit es die Fähigkeiten jedes einzelnen von uns zulassen. Nur so werden wir uns schliesslich innerlich frei machen und auch die Kraft bekommen, in dieser Welt zu leben und unseren Mitmenschen zu dienen.