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KAPITEL VII - Der «Probepfad»

KAPITE VII

Der «Probepfad»

Die Vorbereitung zur Einweihung

Der «Probepfad» geht dem Pfad der Einweihung (oder der Heiligkeit) voraus und kennzeichnet jenen Abschnitt im Leben eines Menschen, in dem er sich endgültig auf die Seite der Evolutionsmächte stellt und damit anfängt, seinen eigenen Charakter zu bilden. Er nimmt sich selbst in die Hand, er kultiviert jene Eigenschaften, die seiner Veranlagung noch fehlen und er befleissigt sich, seine Persönlichkeit zu kontrollieren, d.h. zu beherrschen. Er baut sich seinen Kausalkörper frei und wohlüberlegt auf, füllt die möglicherweise noch vorhandenen Lücken aus und sucht, ihn für das Christusprinzip aufnahmefähig zu machen. Die Zusammenhänge zwischen den Phasen der vorgeburtlichen Periode eines menschlichen Wesens und den Phasen der Entwicklung des ihm innewohnenden Geistes sind ausserordentlich interessant. Wir können folgendes Schema aufstellen:

1. Der Augenblick der Empfängnis entspricht dem Zeitpunkt der Individualisation.

2. Neun Monate der Schwangerschaft entsprechen dem Lebensrad.

3. Die erste Einweihung entspricht der Stunde der Geburt.

Der Probepfad ist gleichsam der letzte Abschnitt der Schwangerschaft; er gleicht dem Werden im Herzen des Kindes in Christus. Bei der ersten Einweihung beginnt dieses Kind die Pilgerfahrt auf dem Pfad. Die erste Einweihung kann nur als ein Beginnen gelten. Ein gewisser Rohbau von «rechtem Leben, rechtem Denken, und rechter Lebensführung» ist aufgerichtet worden. Wir nennen diese Form: Charakter. Er will nun auf das Leben angewendet und ausgelebt werden. Thackeray hat diesen Werdegang in einem häufig zitierten Satz schön beschrieben:

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«Säe einen Gedanken und ernte eine Tat; säe eine Tat und ernte eine Gewohnheit; säe eine Gewohnheit und ernte einen Charakter; säe einen Charakter und ernte Schicksal.»

Die ewige Bestimmung eines jeden Menschen ist es, das Bewusstsein des Höheren Selbst und damit des göttlichen Geistes zu erreichen. Wenn die Form fertig, wenn der Tempel Salomons erbaut worden ist in dem Steinbruch des persönlichen Lebens, dann kann das Christus-Leben einziehen und die Glorie des Herrn liegt über seinem Tempel. Dann schwingt die Form mit. Darin liegt der Unterschied zwischen der Theorie - und dem, jene Theorie zu einem lebendigen Teil seiner selbst zu machen. Das Leben kann dem Göttlichen so genau wie irgend möglich nachgebildet sein, es kann ein vollkommenes Abbild des Göttlichen sein, aber es fehlt ihm das innewohnende Christusprinzip. Im Keim ist es da, aber es ruht. Nun aber, da es genährt wird und zum Durchbruch kommt, ist die erste Einweihung erreicht.

Solange der Mensch sich auf dem «Probepfad» (Pfad der Erprobung) befindet, lernt er vor allem, sich selbst zu erkennen, seine Schwächen zu sehen und sie zu korrigieren. Er wird angeleitet, zuerst als unsichtbarer Helfer zu wirken und mehrere Leben lang wird er bei dieser Aufgabe bleiben. Später, so, wie er Fortschritte gemacht hat, kann er zu einer höheren Aufgabe herangezogen werden. Ihm werden die Anfangsgründe des göttlichen Wissens beigebracht, und er wird in der «Halle des Lernens» in die finalen Grade eingeführt. Er ist nun einem Meister bekannt, und er kommt (zu bestimmtem Unterricht) in die Obhut eines der Jünger des Meisters oder wenn er, was selten vorkommt, vielversprechend ist, in die eines Eingeweihten.

Geisteswissenschaftliche Hochschulen.

Von Eingeweihten des ersten und zweiten Grades werden für die angenommenen Jünger und für solche Aspiranten, die noch auf dem Pfade der Erprobung sind, Lehrgänge abgehalten, und zwar zwischen zehn und fünf Uhr in der Nacht in allen Teilen der Welt, so dass die Kontinuität des Lehrens gewahrt ist. Die Suchenden versammeln sich in der Halle des Lernens; die Lehrweise ist ähnlich den Studiengängen an den grossen Universitäten: Unterrichtsstunden zu festgesetzten Zeiten, praktische Arbeiten, Examina und allmähliches Aufrücken in höhere Grade, wenn die [65] Prüfungen bestanden sind. Eine Anzahl von Egos, die sich auf dem Pfad der Erprobung befinden, lernt noch in einer den Höheren Schulen analogen Abteilung, während andere bereits die Abgangsprüfungen abgelegt und die Universität bezogen haben. Die Promotion erfolgt mit der Einweihung und der so Eingeweihte gelangt in die Halle der Weisheit.

Fortgeschrittenere Egos und solche Aspiranten, die zwar den Geisteswissenschaften zuneigen, sich jedoch noch nicht auf dem Pfad der Erprobung befinden, erhalten ihre Anweisungen von Jüngern, wobei aber gelegentlich auch grosse Schulklassen zu ihrem Vorteil von Initiaten geleitet werden.

Ihre Arbeit beschränkt sich auf die Anfangsgründe, ist allerdings - vom Laienstandpunkt aus betrachtet - auch schon okkult; sie werden unter Anweisung gelehrt, unsichtbare Helfer zu sein. Diese unsichtbaren Helfer rekrutieren sich gewöhnlich aus den fortgeschritteneren Egos. Die am weitesten Fortgeschrittenen und jene, die auf dem «Pfad der Erprobung» sich der Einweihung nähern, betätigen sich vorzüglich in dem sogenannten Departementswerk; sie bilden hier eine Helfergruppe für die Mitglieder der Hierarchie.

Die Methoden des Unterrichts

Drei Instruktions-Abteilungen wachen über drei Zweige der menschlichen Entwicklung.

Erstens: Es werden Richtlinien gegeben, die auf die Disziplinierung des Lebens zielen, auf die Entfaltung des Charakters und die Entwicklung des Mikrokosmos auf der kosmischen Linie. Dem Menschen wird seine eigentliche Bedeutung klargemacht. Er lernt sich selbst als vollständige Einheit erkennen, als eine Wiederholung der grossen Welt im Kleinen (Miniatur-Abdruck). Indem er die Gesetzmässigkeit seines eigenen Seins erfährt, kommen ihm das Verständnis seines Selbst und Einsicht in die Grundgesetze des Systems.

Zweitens: Es werden Kollegien über den Makrokosmos gehalten und der Einblick in das Wirken des Kosmos wird vertieft. Die Aspiranten werden über die Reiche der Natur, über die darin herrschenden Gesetze, über die Auswirkung dieser Gesetze in allen [66] Reichen und auf allen Ebenen belehrt. Sie erhalten einen reichen Fundus an Allgemeinwissen; und wenn sie die Grenzen dieses Wissens erreicht haben, so werden sie auf jemanden stossen, der sie weiterführt zu enzyklopädischem Wissen. Und nachdem sie auch dieses Ziel erreicht haben, werden sie zwar nicht alles und jedes, was man in den drei Welten wissen kann, im Kopf haben, aber sie werden den Weg zum Wissen kennen, sie werden die Quellen wissen, es wird ihnen bekannt sein, wo die Speicherkammern des Wissens liegen. Ein Meister vermag zu jeder Zeit, alles über jedes nur mögliche Thema ohne irgendwelche Schwierigkeiten in Erfahrung zu bringen.

Drittens: Es wird Belehrung erteilt über das, was wir «Synthese» nennen. Bei der Unterweisung über diesen Gegenstand muss allerdings die Intuition mitspielen. Es handelt sich hierbei um den okkulten Begriff des Gravitationsgesetzes oder der Anziehungskraft, welches das Grundgesetz unseres, des zweiten solaren Systems ist und zwar mit allen seinen Ergebnissen.

Der Jünger lernt die okkulte Bedeutung des Begriffes der Kohäsion und jener internen Einheit kennen, die das System als homogenes Ganzes im Innersten zusammenhält. Der Hauptteil dieser Unterweisung wird zumeist nach der dritten Einweihung gegeben; aber die Vorschulung dafür beginnt bereits früher.

Meister und Jünger

Jünger und die auf dem «Probepfad» fortgeschritteneren Egos erhalten ihre Unterweisungen gerade zur Jetztzeit aus zwei ganz besonderen Gründen:

a. Damit ihre Eignung für eine besondere bevorstehende Aufgabe geprüft werden kann, eine Aufgabe, deren Natur nur den Führern des Menschengeschlechtes bekannt ist. Sie werden auf ihre Eignung für ein Gemeinschaftsleben geprüft und zwar unter Auswahl der Geeigneten unter ihnen für die Einbeziehung in die Kolonie der sechsten Unter-Rasse. Sie werden für verschiedene Wirkungsgebiete geprüft, deren uns heute noch viele vollkommen unbegreiflich sind, jedoch wenn die Zeit dafür gekommen ist, alltägliche Methoden der Entwicklung darstellen werden. Die Meister suchen auch nach solchen, in denen die Intuition einen Punkt der Entwicklung erreicht hat, der einen Anfang der Koordinierung des buddhischen Körpers oder - um es genau zu sagen - jenen [67] Punkt erreicht hat, wo in der Aura des Egos Moleküle der siebenten Unter-Ebene der buddhischen Ebene erkannt werden können. Wenn solche Moleküle vorhanden sind, dann können die Meister zuversichtlich mit ihren Unterweisungen fortfahren, da sie dann wissen, dass bestimmte in den Unterweisungen enthaltene Fakten richtig verstanden werden.

b. Es werden ausserdem zurzeit Unterweisungen an eine besondere Gruppe von Menschen erteilt, die sich jetzt, in dieser kritischen Periode der Weltgeschichte, inkarniert haben. Sie sind alle zur selben Zeit gekommen, über die ganze Welt verstreut und sollen die physische und die astrale Ebene über die ätherische verbinden.

Dieser Satz wolle genau überlegt werden, denn er birgt die Aufgabe in sich, die eine ganze Anzahl von jungen Menschen der jetzigen Generation zu vollbringen hat. Für diese Aufgabe werden Menschen verlangt, die in ihrem mentalen Körper polarisiert sind - oder, falls noch nicht polarisiert, so wenigstens ausgeglichen und abgerundet sind - und die auf solche Weise mit Sicherheit und Intelligenz an dieser Aufgabe arbeiten können. Sie bedingt vor allem aber Menschen, in deren Körper eine ganz bestimmte Menge atomarer Materie der Unter-Ebenen vorhanden ist, damit eine direkte Verbindung zwischen dem Höheren und dem Niederen - und zwar über den atomaren Abschnitt (Querschnitt) des Kausalkörpers - erzielt werden kann. Es ist nicht leicht, dies zu erklären. Eine genaue Betrachtung des Diagramms in Annie Besants «Study in Consciousness», Seite 27, wird zum Verständnis all dieser recht schwierigen Dinge viel beitragen.

Wir müssen zweierlei bedenken, wenn wir das Thema «Die Meister und ihre Jünger» behandeln wollen. Erstens, dass in der Hierarchie nichts verloren geht, da die Hierarchie nach dem Gesetz der Erhaltung der Energie handelt. Jeder Aufwand an Kraft, ob von einem Meister oder von einem Lehrer, wird von der Hierarchie mit weiser Voraussicht bemessen. Ebenso, wie kein Universitätsprofessor an die Stelle eines jungen Dozenten gesetzt würde, so arbeiten auch die Meister so lange nicht selbst mit Schülern, als bis diese ein gewisses Stadium der Evolution erreicht haben und somit aus der Unterweisung des Meisters Nutzen ziehen können.

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Das innere Licht - Massstab der geistigen Entwicklung.

Zweitens müssen wir uns stets erinnern, dass jeder von uns an dem Glanz seines Lichtes erkannt wird. Dies ist ein okkultes Faktum. Je feiner die in unserem Körper eingebaute Materie, umso leuchtender wird das innewohnende Licht scheinen. Licht ist bekanntlich Schwingung; und aus dem Massstab der Schwingungszahl ergibt sich die Einstufung des Aspiranten. Nichts kann daher den Fortschritt eines Menschen hindern, wenn dieser um die Läuterung seiner Körperhüllen bestrebt ist. Das innere Licht wird mit immer grösserer Klarheit in dem Mass hervorscheinen, in welchem der Verfeinerungsprozess vor sich geht. Und wenn endlich die atomare Materie vorherrscht - gross wird dann die Glorie des inneren Menschen sein. Wir werden alle eingereiht nach der - um es so auszudrücken - Grösse unseres Lichts, nach der Schwingungsfrequenz, nach der Reinheit des Tones und nach der Klarheit der Farbe. Wer uns als Lehrer gesetzt wird, das hängt davon ab, welchen Grad wir erreicht haben. In der Gleichartigkeit der Schwingungen liegt das Geheimnis. Häufig wird uns gesagt, dass der Lehrer dann erscheine, wenn das Verlangen nach ihm mächtig und dringend genug geworden sei. Wenn wir in der richtigen Schwingungszahl bauen, wenn wir uns auf den richtigen Ton abgestimmt haben, dann werden wir unweigerlich unseren Meister finden.

Gruppen von Egos werden gebildet:

1. je nach ihrem Strahl,

2. je nach ihrem Unterstrahl,

3. je nach dem Grad ihrer Schwingung.

Sie werden andererseits auch zum Zweck der Klassifizierung eingeteilt in:

1. Egos, je nach ihrem Egoischen Strahl,

2. Persönlichkeiten, je nach dem Unterstrahl, der ihre Persönlichkeit beherrscht.

Alle sind sie nach Graden eingereiht und registriert. Die Meister haben ihre Archivhallen, die nach tabellarischen Systemen angelegt sind, die für uns ihres gewaltigen Umfangs und der hieraus bedingten Verwickeltheit wegen, unter denen diese Registraturen geführt werden, praktisch unerfasslich sind. Sie sind dem Chohan eines Strahles anvertraut, und jeder Strahl hat seine [69] eigenen Karteien. Diese Karteien, die viele Unterteilungen haben (sie umfassen die Inkarnierten, die Desinkarnierten (Körperlosen) und die reinen Egos), werden von untergeordneten Hütern verwaltet. Die Lipika-Herren und ihre zahlreiche Schar von Helfern benutzen die Karteien am häufigsten. Viele Desinkarnierte, solche Egos, die ihrer Wiedergeburt entgegensehen oder solche, die eben erst von einem Erdenleben zurückgekommen sind, opfern ihre Zeit im Jenseits für derartige Aufgaben. Diese Archivhallen befinden sich meist auf den unteren Sektionen der mentalen und auf den höheren der astralen Ebene, weil sie dort am ehesten zugänglich und am leichtesten benutzbar sind.

Eingeweihte erhalten ihre unmittelbare Unterweisung von den Meistern, in anderen Fällen von einigen der grossen Devas oder Engel. Diese Lehrstunden werden gewöhnlich nachts in kleineren Zirkeln oder gar (wenn die Umstände es erfordern) als Einzelunterricht in des Meisters privatem Studierzimmer gegeben. Das oben Gesagte bezieht sich auf Eingeweihte, die inkarniert oder aber auf der inneren Ebene sind. Diejenigen, welche auf der kausalen Ebene sind, empfangen ihre Weisungen zu jeder beliebigen Zeit und ohne weiteres direkt vom Meister zum Ego auf Kausalebenen.

Jünger in Inkarnation werden gruppenweise zur Nachtzeit im «Ashram» (dem Klassenzimmer) des Meisters unterrichtet. Manchmal geschieht es auch, dass ein Jünger zum Zweck einer persönlichen Unterweisung (aus besonderen Anlässen) in das Arbeitszimmer des Meisters gerufen wird und zwar, wenn ein Meister einen Jünger zu sehen wünscht, um ihm ein Lob zu erteilen, eine Verwarnung zu geben oder zu entscheiden, ob eine Einweihung angezeigt ist. Der Hauptteil des Unterrichts liegt in den Händen eines Eingeweihten oder eines fortgeschritteneren Jüngers, der über seinen jüngeren Bruder wacht, dem Meister für dessen Fortschritt verantwortlich ist und ihm regelmässig Bericht zu erstatten hat. Die Beziehung zwischen Lernendem und Lehrendem kommt in erster Linie durch Karma zustande.

Im Augenblick wird, verursacht durch die grosse Not der Welt, eine leicht abgewandelte Politik verfolgt. Es wird von einigen [70] Meistern, die bislang keine Schüler annahmen, einigen Jüngern eine intensive Ausbildung gegeben. Weil die Arbeitslast der Meister, die Jünger annehmen, so schwer ist, haben sie einige ihrer begabtesten Schüler anderen Meistern zur Ausbildung abgegeben, indem sie diese für kurze Zeit in kleinere Gruppen zusammengezogen haben. Man macht den Versuch einer Intensivierung des Unterrichtes, lässt Jünger (nicht Eingeweihte) den häufig starken Schwingungen eines Meisters ausgesetzt sein. Zwar birgt dies Gefahren in sich, doch werden, wenn der Versuch gelingt, dem Menschengeschlecht umso grössere Dienste geleistet.

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