Navigieren durch die Kaptitel von diesem Buch

Brief 8 Annäherung an die Meister auf dem Weg der Meditation - Teil 2

19. September 1920

Wir kommen heute zu unseren letzten zwei Punkten, die praktisch zusammenfallen. Sie betreffen die Methode der Annäherung, an die Meister und die objektiven Wirkungen auf den drei Ebenen menschlicher Evolution. Einige von den besprochenen Punkten sind bereits wohlbekannt. Andere mögen unter den Schülern nicht allgemein bekannt sein. ... In diesen Briefen haben wir uns mit dem Schüler selbst beschäftigt und mit dem, was er zur Arbeit mitbringen muss; wir haben ausserdem auf sein Ziel und - sehr oberflächlich - auf die Formen und Methoden hingewiesen, die zum Erfolg führen könnten. Wir haben auch die Hilfsmittel für die Meditation besprochen wie das Heilige Wort, Farbe und Laut und haben auf das hingewiesen, was (durch schweigendes Nachsinnen) den Schüler zu gewissen eigenen Entdeckungen führen dürfte. Schliesslich haben wir versucht, die Meister und deren Wirklichkeit dem Schüler näherzubringen und dadurch seine Annäherung an jene zu erleichtern.

Was bleibt nun noch zu tun übrig? Auf fünf Ergebnisse hinzuweisen, die derjenige Schüler mit Bestimmtheit erwarten darf, der bestrebt war, sein Leben den in diesen Briefen festgelegten Richtlinien anzupassen. Wenn der Schüler nur für die richtigen Vorbedingungen sorgt und sich an die notwendigen Regeln hält, wenn er [282] stets nach Regelmässigkeit, Gemütsruhe und nach jener inneren Konzentration strebt, die das Mysterium der Hohen Bereiche in sich birgt, dann wird er bei bestimmten Gelegenheiten und später immer häufiger zu einigen ganz klaren Erkenntnissen kommen. Diese Wahrnehmungen sind das äussere Erkennungszeichen innerer Resultate und geben ihm die Gewissheit, dass er auf dem rechten Weg ist. Dabei möchte ich jedoch erneut darauf hinweisen, dass diese Ergebnisse erst nach langer Praxis, nach mühsamem Streben, nach sorgfältiger Disziplinierung des dreifachen niederen Menschen und nach aufopferndem Dienst an der Welt erreicht werden.

Annäherungsmethoden und deren Wirkungen.

Es gibt im wesentlichen drei Annäherungsmethoden, und man könnte auf fünf Resultate hinweisen, die sich aus der Anwendung dieser Methoden ergeben. Diese drei Methoden sind:

1. Geheiligter Dienst.

2. Liebe, die sich als Weisheit zeigt.

3. Verständige Anwendung.

Alle drei sind nur verschiedene Verfahren, um ein und dasselbe zum Ausdruck zu bringen - nämlich unbeirrte, tätige Wirksamkeit, die sich durch Liebe und Weisheit im Dienst an der Menschenrasse Ausdruck verschafft. Dieser Ausdruck nimmt aber bei den einzelnen Menschen verschiedene Formen an; einige bringen den Intellekt und andere die Liebe zur äusseren Erscheinung; ehe jedoch eine Vollendung möglich wird, muss sich die Verstandeskraft auf Liebe begründen, während andererseits die Liebe leicht unausgeglichen und unweise ist, wenn es ihr an mentaler Entwicklung und an jenem kritischen Unterscheidungsvermögen mangelt, das nur durch Denken erreicht wird. Liebe sowohl als Denkvermögen müssen sich im Dienen ausdrücken, ehe beide zur vollen Blüte gelangen.

Wir wollen jede Methode getrennt betrachten und die darauf beruhende Meditation andeuten:

Geheiligter Dienst. Es ist dies die Methode des Menschen, der das [283] Gesetz handhabt, die Methode des Okkultisten, deren Anfangsgründe in der Raja-Yoga niedergelegt sind. ... Das Wort «Heiligung» bedeutet bekanntlich im Grund die volle Hingabe des ganzen Wesens an ein Ziel, den Herrn oder Regenten. Es bedeutet, dass man alles dafür gibt, was man verehrt und ersehnt. Es bedeutet, dass der ganze dreifältige Mensch sich der zu leistenden Arbeit weiht. Es bedingt also den Einsatz aller verfügbaren Zeit und der eigenen Person für die Unterwerfung jedes Trägers unter die Kontrolle des Egos und zur restlosen Beherrschung jeder einzelnen Ebene und Unterebene. Dazu gehört Verständnis für jede Evolution und jede Form göttlichen Lebens, die sich auf jenen Ebenen und Unterebenen befindet, mit dem einzigen Ziel: die Förderung des Plans der Hierarchie des Lichts. Die zu befolgende Methode besteht in der intensivsten Hingabe an die Aufgabe, die einzelnen Träger zu vervollkommnen und sie zu geeigneten Dienstwerkzeugen zu machen. Das ist vielleicht der härteste Weg, den ein Mensch gehen kann. Keine Phase des Lebens bleibt davon unberührt. Alles wird dem Gesetz unterstellt. In der Meditation wird demnach deren Aufbau ein dreifaches Gefüge haben:

a. Man studiert die Gesetze, denen der physische Körper unterliegt und denkt darüber nach. Dieses Nachdenken findet seinen Ausdruck in der strengen Disziplinierung des physischen Körpers. Er wird ganz und gar für den Dienst bereitgestellt und demzufolge einer Behandlung unterworfen, die ihn schneller anpasst und entwickelt.

b. Der Gefühlskörper wird wissenschaftlich untersucht, und die Gesetze des Wassers (im okkulten Sinn) werden begriffen. Die Bedeutung des Ausdrucks «es wird keine See mehr geben» wird offenbar und an Stelle des Meeres der Stürme und Leidenschaften wird die gläserne See treten, welche die höhere Intuition direkt zurückstrahlt [284] und sie mit vollendeter Genauigkeit widerspiegelt, da sie glatt und unbeweglich ist. Der Gefühlskörper wird ganz und gar dem Dienst gewidmet, und seine Stellung im dreifachen Mikrokosmos wird als Entsprechung derjenigen angesehen werden, die er im Makrokosmos einnimmt. Gleichzeitig wird man die okkulte Bedeutung der Tatsache verstehen, dass er die einzige komplette Einheit im Rahmen der dreifachen niederen Natur ist, und diese Tatsache wird zur Erzielung gewisser Wirkungen verwendet werden. Darüber sollte man nachdenken.

c. Man wird die Stellung erforschen, die das niedere Denkprinzip im Rahmen des Gesamtplans einnimmt und die Qualität des kritischen Unterscheidungsvermögens entwickeln. Unterscheidungsvermögen und Feuer sind okkult verbündet, und gleichwie der Logos das Werk eines jeden Menschen durch Feuer erprobt, so muss auch der Mikrokosmos dasselbe im kleineren Rahmen tun. So wie es der Logos hauptsächlich in der fünften Runde des Urteils und der Trennung tut, genau so macht es der Mikrokosmos in kleinerem Massstab in der letzten und fünften Periode seiner Evolution - wie das schon an früheren Stellen dieser Briefe angedeutet wurde. Die gesamte Denkkraft wird restlos eingesetzt, um die Evolutionspläne zu fördern; zunächst geschieht das in der eigenen Entwicklung des Menschen, sodann auf dem Sondergebiet seines Wirkens, in dem er sich Ausdruck verschafft, und schliesslich in seiner Beziehung zu anderen Einheiten der Rasse, indem er sich zu deren Leiter und Diener entwickelt.

Erkennt der Leser die Synthese, die darin liegt? Zuerst ist da die angestrengte Ausrichtung, das Kennzeichen des Okkultisten; sie wird abgestimmt auf die Weisheit und Liebe, die sich von oben her im Gefühlskörper abspiegelt, und dann wird der Intellekt gezwungen, in unbeirrtem, von Liebe und Weisheit beseeltem Streben als Diener des Egos in Aktion zu treten. Daraus erwächst der wahre Yogi.

Hier möchte ich klarmachen, dass derjenige ein wahrer Yogi ist, der nach Einhaltung der festgesetzten Meditationszeit und Formel diese Meditation in sein Alltagsleben hinübernimmt, um schliesslich den ganzen Tag hindurch in der meditativen Haltung [285] zu verharren. Meditation ist das Mittel, durch das man mit dem höheren Bewusstsein in Berührung kommt. Wenn diese Berührung zum Dauerzustand wird, dann wird die Meditation, im landläufigen Sinn, durch etwas anderes ersetzt. Mit dieser ersten Methode arbeitet sich der okkulte Schüler von der Peripherie zum Zentrum vor, vom Objektiven zum Subjektiven, von der Erscheinungsform zum Leben innerhalb der Form. Indem also das Raja-Yogasystem den physischen Körper und die Bedeutung seiner Beherrschung betont, überzeugt es den Okkultisten von der wesentlichen Wichtigkeit des Physischen und von der Nutzlosigkeit all seines Wissens, solange es nicht in einem physischen Körper zum Ausdruck kommt und der Menschheit dient. Das ist die Richtung, der Weg des ersten Strahls und des ihm verwandten Komplementärstrahls.

Liebe und Weisheit. Die Befolgung dieser Methode liegt den Menschensöhnen am nächsten und fällt ihnen am leichtesten. Sie ist der Unterstrahl des synthetischen Strahls einer analogen Schwingung, deren objektive Manifestation unser Sonnensystem ist. Dabei muss ich aber darauf hinweisen, dass die vom Meditationsschüler erreichte Liebe nicht der sentimentale Begriff des allgemeinen Sprachgebrauchs ist. Es ist nicht die unkritische Liebe, die keine Unzulänglichkeiten sieht und keine Mängel zugesteht. Es ist nicht die Liebe, die keine Missstände zu berichtigen sucht und sich allem Lebendigen gegenüber unweise verhält. Es ist nicht die Liebe, die alle, ob geeignet oder nicht, in den Dienst hineinzwingen will und die in der Entwicklung des Einzelnen keine Unterschiede anerkennt. Viel von dem, was sich Liebe nennt, würde - bis zur letzten Konsequenz durchgeführt - zweifelsohne die Stufenleiter der Evolution unberücksichtigt lassen und alle als gleichwertig behandeln. Das sind sie der Möglichkeit nach alle, aber im heutigen Sinn des Dienens sind es nicht alle.

Wahre Liebe oder Weisheit erkennt klar die Mängel an irgendeiner Form und setzt alles daran, um dem innewohnenden Leben bei seiner Befreiung von den Fesseln zu helfen. Sie erkennt weise, [286] wer der Hilfe bedürftig ist und wer nicht. Sie hört genau und sieht den Gedanken des Herzens und versucht stets, die Arbeiter auf dem Feld der Welt zu einem Ganzen zu verschmelzen. Das geschieht nicht durch Blindheit, sondern durch Unterscheidungsvermögen und Weisheit, welche die disharmonischen Schwingungen auseinanderhält und ihnen getrennte Plätze anweist. Man hat der sogenannten Liebe (wie sie der Mensch vom Standpunkt seiner gegenwärtigen Entwicklung auslegt) zu viel Bedeutung beigemessen, aber zu wenig Wert gelegt auf Weisheit, die Liebe ist, welche sie im Dienen ausdrückt, in einem Dienen, welches das okkulte Gesetz, die Bedeutung von Zeit und die in der Evolution erreichte Stellung in Betracht zieht.

Dies ist die Richtlinie des zweiten Strahls und der ihm verwandten Komplementärstrahlen. Später wird er zum allumfassenden Strahl, zum Lösemittel und Sammelbecken. Da er synthetisch ist, kann man ihm entweder durch Raja Yoga oder auf dem Weg des christlichen Gnostizismus folgen, der ja auch synthetische Bedeutung hat. ...

Verständige Anwendung. Hier ist die Reihenfolge umgekehrt. Der Schüler, der häufig in seinem Mentalkörper polarisiert ist, muss lernen, vermittels des Denkprinzips die beiden anderen zu verstehen, zu beherrschen und zu überwachen sowie die dem dreifältigen Menschen innewohnenden Kräfte bis zum äussersten nutzbar zu machen Vielleicht ist diese Methode in mancher Beziehung nicht so schwierig, aber es müssen erst die Beschränkungen des fünften Prinzips überwunden werden, bis ein wirklicher Fortschritt möglich ist. Diese Beschränkungen liegen in der Hauptsache in einer Verknöcherung und in dem, was man Stolz nennt. Beide müssen gebrochen werden ehe der Schüler, der durch verständige Anwendung Fortschritte macht, seiner Rasse so dienen kann, dass Liebe und Weisheit die Triebfedern seines Handelns sind.

Er muss den Wert der Gefühle kennenlernen, und dabei muss er die Wirkung von Feuer und Wasser in ihrem okkulten Sinn meistern. Er muss das Geheimnis dieser Ebene ergründen, das ihm (sobald es erkannt ist) den Schlüssel liefert zum Niederströmen der Erleuchtung von der Triade aus über die Kausal- und von dort zur Astralebene. Es birgt auch den Schlüssel zur vierten ätherischen [287] Unterebene. Das dürfte dem Leser noch unverständlich sein, enthält jedoch einen für den Schüler sehr wertvollen Wink.

Dies ist die Linie des dritten Strahls und dessen vier Hilfsstrahlen. Er ist sehr aktiv, veranlasst oft eine Übertragung auf andere Strahlen und entfaltet in den niederen Welten pompöse Denkergebnisse.

Erst wenn der Schüler, der durch vernünftige Anwendung Fortschritte macht, das Geheimnis der fünften Ebene ergründet hat, wird er ein Leben geheiligten Dienstes führen und so die drei Strahlen verschmelzen. Immer muss eine Synthese erreicht werden, obwohl stets die Grundfärbung oder der Grundton verbleibt. In der nächsten oder fünften Runde wird diese Methode den Höhepunkt ihrer Anwendung finden. Dies wird die Runde höchster mentaler Entwicklung sein, welche die sich entwickelnden Monaden in jetzt noch ungeahnte Höhen führen wird.

Die jetzige Runde kennzeichnet den Höhepunkt der zweiten Methode, der Liebe und Weisheit. Es ist die vierte Runde, in der das Gefühlsleben einen hohen Schwingungsgrad erreicht; es besteht eine direkte Verbindung zwischen der vierten Ebene der Harmonie, zwischen dem Gefühlskörper oder dem vierten Prinzip, der Quaterne und der vierten oder atlantischen Stammrasse, welche die Astralebene in Übereinstimmung brachte. Damit gebe ich wiederum viel Stoff zum Nachdenken.

21. September 1920

Fünf Wirkungen der Meditation in den drei Welten.

Heute kommen wir zu den fünf Wirkungen in den drei Körpern der niederen Welten, die der Meditationsschüler spüren wird, wenn er die festgelegten Vorschriften befolgt hat.

Ich meine [288] jetzt nicht die ausgeprägten Wirkungen im Leben des Betreffenden, wie sie der beobachtenden Umwelt etwa als grössere Liebe, Geistigkeit oder Dienstbereitschaft erkennbar werden. Was ich heute hervorheben möchte, sind vielmehr die Anzeichen im physischen Gehirnbewusstsein des Schülers dafür, dass er tatsächlich die notwendige Vorarbeit geleistet hat und dem erwünschten Ziel mehr oder weniger nahekommt. Das muss man sich klar vor Augen halten. Ich will hier nicht die vielen und verschiedenartigen Ergebnisse erläutern, welche die erfolgreiche Einhaltung der okkulten Meditationsgesetze mit sich bringt. Ich befasse mich hier nur mit einem Teil des Gegenstandes, nämlich mit der sich im physischen Gehirnbewusstsein ergebenden Erkenntnis gewisser Ergebnisse im Sinn unseres vorliegenden Themas: der Annäherung an die Meister.

Das beschränkt unser Thema auf die Frage, ob und inwieweit ein Schüler in seinem physischen Gehirn der Meister oder eines besonderen Meisters gewahr wird. Dieses Erkennen ist meistenteils unabhängig davon, wie weit er auf dem Pfad vorangeschritten und wie nahe oder wie fern er der Einweihung ist. Einige weit fortgeschrittene Egos mögen an diesem Problem arbeiten und ihrem Meister wirklich nahe sein, ohne indes seine Nähe dem physischen Gehirn durch spezifische Tatsachen beweisen zu können. Manche Menschen erwirken diese Erkenntnis in einem früheren Entwicklungsstadium als andere. Das hängt von der Art des Körpers ab, den sie momentan benützen und von der in vergangenen Inkarnationen geleisteten Arbeit, wodurch sie sich einen physischen Körper schufen, der den inneren Menschen einigermassen getreu darzustellen vermag. Oft ist der Wert und die Errungenschaft eines Menschen auf den inneren Ebenen weit grösser als auf der physischen. So viele von unseren ernsthaftesten Mitarbeitern wickeln gerade in dieser Hälfte des Jahrhunderts ihr böses Karma dadurch ab, dass sie unzulängliche Körper besitzen. Durch Fleiss, Hingabe, hohes Streben und stetige, geduldige Befolgung der festgelegten Regeln kommt einmal die Zeit, da dem Schüler plötzlich - direkt im physischen Gehirn - gewisse unerwartete Vorgänge zum Bewusstsein kommen und er eine Erleuchtung erfährt oder etwas bislang Unbekanntes sieht. Es ist etwas, das - obwohl im Augenblick überraschend - so wirklich [289] ist, dass spätere wiederholte Versuche scheinbarer Widerlegung ihm doch nicht das Bewusstsein rauben können, dass er sah, dass er eine Verbindung aufnahm, dass er fühlte.

Wie ich schon oft erwähnte, ist es im Rahmen dieser Schrift nicht möglich, weitgehende Verallgemeinerungen zu vermeiden. Sechzig Milliarden Seelen, die in Entwicklung begriffen sind und von denen jede Seele ganz bestimmte Lebensreihen durchmacht, die wiederum von den anderen grundverschieden sind, machen eine Auswahl ungeheuer schwer, denn keine einzige Lebenserfahrung gleicht genau einer anderen. Immerhin lässt sich verallgemeinernd sagen, dass es (von vielen anderen Möglichkeiten) fünf Erfahrungen gibt, die verhältnismässig so häufig vorkommen, dass sie erwähnenswert erscheinen. Alle wurden bereits angedeutet, aber ich möchte dem Gesagten einiges hinzufügen.

Vision des Meisters und des eigenen Selbst in der Herzgrube. Bekanntlich ist der Schüler wiederholt angewiesen worden, sich innerhalb des Umkreises des ätherischen Herzens ein - etwa sechs Millimeter grosses - Bild von sich selbst und vom Meister vorzustellen. Er soll sich gegen Ende seiner Meditation das ätherische Herz bildlich vorstellen und darin eine Miniaturform des Meisters, zu dem er sich hingezogen fühlt und seiner selbst errichten. Das tut er dann mit gebührendem Fleiss und mit Sorgfalt, mit Hilfe seiner Einbildungskraft und mit viel Liebe, indem er täglich an seinen Figuren arbeitet, bis sie für ihn volle Wirklichkeit annehmen und ihre Gestaltung und Errichtung fast zum automatischen Bestandteil seiner Meditationsformel wird. Dann kommt einmal ein Tag (gewöhnlich wenn astrologische Bedingungen passend sind und der Mond seinem vollen Umfang nahe ist), da er sich in seinem Gehirn dessen bewusst wird, dass jene Figuren nicht die bisher gedachten kleinen Puppen sind, sondern dass er in der Figur steckt, die ihn selbst darstellt und dass er buchstäblich und wahrhaftig vor seinem Meister steht. Zuerst ereignet sich das nur selten, und das Bewusstsein der Tatsache hält nur einige wenige Sekunden an; im Verlauf weiteren Fortschritts und in dem Mass, in dem sich jeder [290] Bereich seines Wesens und seines Dienstes entfaltet, wird sich die Erfahrung öfters wiederholen und immer länger dauern, bis die Zeit kommt, wo der Schüler auf diese Weise mit seinem Meister ebenso leicht in Verbindung treten kann, wie er früher seine Figuren formte.

Was ist nun in Wirklichkeit geschehen? Es ist dem Schüler gelungen, dreierlei zu tun:

1. Sich mit der Figur im Herzen zu identifizieren und dem Meister nachzustreben.

2. Eine bestimmte Verbindung herzustellen zwischen dem Herzzentrum (in dem er sein Bewusstsein zu konzentrieren bestrebt ist) und dem ihm entsprechenden Kopfzentrum. Bekanntlich hat jedes der sieben Körperzentren ein Gegenstück innerhalb des Kopfes. Wenn das Zentrum mit dem ihm entsprechenden Kopfzentrum verbunden wird, dann erfolgt eine Erleuchtung. Das hat - im vorliegenden Fall - der Schüler bewerkstelligt. Er hat das Herz- mit seinem Kopfzentrum verbunden.

3. Er hat nicht nur die beiden oben genannten Ziele erreicht, sondern er hat den Teil des physischen Gehirns, der dem betreffenden Kopfzentrum entspricht, so geläutert, dass er imstande ist, auf die erforderliche höhere Schwingung zu reagieren und damit das Gesehene getreu zu registrieren.

Das Erkennen einer Schwingung. In diesem Fall ist die Methode nicht ganz die gleiche. Während seiner Meditation und in den Augenblicken höchster Aspiration wird sich der Schüler einer gewissen eigentümlichen Schwingung oder Empfindung im Kopf bewusst. Das mag an einer von drei Stellen stattfinden:

a. Am obersten Ende der Wirbelsäule.

b. In der Stirn.

c. Oberhalb des Kopfes.

Ich spreche hier nicht von der Empfindung, die mit der Entwicklung psychischer Fähigkeiten zusammenhängt, obwohl eine gewisse Verwandtschaft zwischen beiden besteht, sondern von einer ganz bestimmten Schwingung, die den Kontakt mit einem der Grossen begleitet. Der Schüler bemerkt anfänglich nur, dass er sich momentan erhoben fühlt und verspürt dabei eine leichte Wellenbewegung im Kopf. Im Anfang mag damit einiges Unbehagen verbunden [291] sein; wenn das Gefühl in der Stirn auftritt, mag es Tränen oder Weinen verursachen; am oberen Ende der Wirbelsäule oder am unteren Schädelende mag es zu Fröhlichkeit oder sogar zu einem Schwindelgefühl führen; und wenn oberhalb des Kopfes, zu einem Gefühl der Ausdehnung, der Fülle, als sei der Schädel zu eng dafür. Mit der Zeit gibt sich das. Alles das wird durch einen anfangs flüchtigen Kontakt mit einem der Meister verursacht. Mit der Zeit lernt der Schüler, diese Schwingung mit einem bestimmten Grossen in Verbindung zu bringen, denn jeder Meister hat seine eigene Schwingung, die auf seine Schüler in einer besonderen Weise einwirkt. Ein solcher Kontakt ist oft mit einem Wohlgeruch verbunden. Mit der Zeit lernt der Schüler, seine Schwingung auf eine bestimmte Höhe zu bringen. Wenn er das erreicht hat, so hält er die Schwingung fest, bis der Meister darauf mit seiner Schwingung oder mit Wohlgeruch antwortet. Sodann bemüht er sich, sein Bewusstsein so weit als möglich mit dem des Meisters zu verschmelzen, des Meisters Willen zu erkunden und zu verstehen, was der Meister mitzuteilen hat. Im Lauf der Zeit wächst die Empfänglichkeit des Schülers, und dann mag der Meister von sich aus die Aufmerksamkeit des Schülers erregen oder ihm (beispielsweise durch Erregung jener Schwingung im Kopf) seine Zustimmung zum Ausdruck bringen. ...

23. September 1920

... Damit bleiben uns noch drei Punkte, nachdem wir bereits die beiden besprochen haben, die den Kontakt mit dem Meister in der Herzgrube und das Erkennen seiner Schwingung zum Gegenstand hatten. Es gibt aber noch drei andere (wohlgemerkt unter vielen möglichen) Arten, wodurch der ernsthafte Schüler im physischen Gehirn inne wird, dass er mit seinem Meister in Verbindung getreten ist.

Beeindruckung des physischen Gehirnbewusstseins mit der Erinnerung an das Ashram des Meisters und an die dort empfangenen Lehren

Dadurch dass der Schüler in [292] seiner Meditation beharrlich bleibt und die Fähigkeit erhöht, sich auf die richtige Schwingung einzuschalten, erbaut er einen Pfad (wenn man so sagen darf), der ihn direkt zu seinem Meister führt. Das ist buchstäblich die Feststellung einer Tatsache. Gute Leistungen erwirken dem Menschen allmählich das Recht, zu gegebenen Zeitpunkten mit dem Meister verweilen zu dürfen. Die Voraussetzung dafür ist eine gute Meditationsarbeit, verbunden mit aktivem Dienst an der Menschenrasse. Zunächst ereignet sich das in längeren Zeitabständen, aber später, je nach dem erreichten Fortschritte, immer häufiger. Der Schüler wird dann beim Aufwachen die Erinnerung dieses Kontaktes bewusst mitbringen. Er wird dann den Hörsaal des Meisters vor sich sehen und sich der anderen Mitglieder erinnern, die mit ihm in der Klasse arbeiten. Er wird sich an bestimmte Sätze erinnern, die der Meister sprach, an Vorschläge hinsichtlich der zu leistenden Arbeit oder an Ermahnungen. Dies ist für den Schüler eines der Anzeichen dafür, dass seine in der Meditation erreichten Fähigkeiten ihm zu einer erfolgreichen Annäherung an den Meister verhalfen.

Erreichung eines gewissen Masses von Kausalbewusstsein. Das deutet darauf hin, dass der Schüler (vielleicht in geringem Mass, aber immerhin bewusst) die Fähigkeit entwickelt hat, ein wenig in ihre Welt einzudringen. Die Fähigkeit des abstrakten Denkens und der geistigen Betrachtung, ferner die Kraft, die Beschränkungen von Zeit und Raum zu überwinden sind Fähigkeiten und Kräfte des egoischen Körpers; und da nun - wie vorher erwähnt - alle egoischen (Gruppen unter der Kontrolle eines Meisters stehen, so ist die Entwicklung von kausalem Bewusstsein (wenn man dessen bewusst inne wird) ein Anzeichen für Kontakt und Annäherung. Viele Seelen kommen unbewusst mit ihrem Ego in Berührung und haben manchmal egoische Bewusstseinsblitze; wenn sich der Schüler aber bewusst erhöhen, wenn er die Intensität seiner Schwingung durch einen Willensakt verstärken und dadurch seine Polarisierung, wenn auch nur für einen kurzen Augenblick, in den egoischen Körper verlegen kann, dann weiss er, dass während dieses kurzen Augenblicks seine eigene Schwingung der des Meisters seiner Gruppe entspricht. Er hat den Kontakt erhascht. Er mag sich im Anfang nicht der Einzelheiten dieses Kontakts in seinem physischen Gehirn entsinnen, [293] und er mag sich vielleicht die Erscheinung des Meisters oder die Worte, die von seinen Lippen kamen, nicht mehr vergegenwärtigen können, aber wenn er sich bewusst an die Regeln gehalten hat und in die Stille der Erhabenheit eingegangen ist, dann erfüllt sich stets das Gesetz, und er hat die Verbindung gehabt. Auf den inneren Ebenen kennen einige Jünger ihren Meister ganz genau und arbeiten unter seiner Anleitung; aber es bedarf oft vieler Inkarnationen, bis sie das Gesetz verstehen und mit Vorbedacht, auf Grund der in der Meditation erlangten Kraft, die Annäherung anbahnen können.

Im Lauf der Zeit wächst die Fähigkeit, den Kontakt aufzunehmen, bis der Schüler so weit kommt, dass er jederzeit den Willen des Meisters ergründen kann und Zutritt zu seinem Herzen hat.

Diese fünfte Methode ist seltener, aber es gibt Naturen, die sie erfahren. Durch einen Ton wird der Aspirant seines Erfolges gewahr. Er folgt seiner gewöhnlichen Meditationsformel. Von Tag zu Tag macht er beharrlich das Pensum der zu leistenden Arbeit auf allen drei Ebenen durch. Er erhöht ständig seine Schwingung und bemüht sich nach besten Kräften, wobei er alles innere Streben mit einem äusseren Leben liebevollen Dienens verbindet. Während einer seiner Meditationen wird er plötzlich eine musikalische Note hören, die in seinem Kopf zu tönen oder aus seinem Herzen herzurühren scheint. Sie wird nicht durch Anstimmen des Heiligen Wortes hervorgerufen (obwohl dieses Wort - in einer bestimmten Tonlage angestimmt - ein musikalisches Echo beim Ego auslösen mag; die Note wird vielmehr das Resultat oder der Höhepunkt der Meditation sein, und ihr Ton wird innerhalb des Zentrums mit unvergesslicher Deutlichkeit vibrieren. Das ist wiederum ein Anzeichen des Erfolges. Der Meister ist erreicht worden und hat geantwortet, indem er die egoische Note des Betreffenden anstimmte. Darauf beruht in Wirklichkeit der alte Brauch, demzufolge der Türhüter dem [294] Aspiranten antwortet, der Einlass zu den Mysterien der Gruppe begehrt. Wenn dieser richtig gehandhabt wird, stimmt der Aspirant das Losungswort in seiner eigenen Tonart an und versucht dabei genau den Ton zu treffen, der das Ego hervorruft. In seiner Antwort wird der Türhüter den gleichen, vollen Ton anstimmen und durch die Macht dieses Tones den Aspiranten mit dem Meister der bevorstehenden Zeremonien verbinden. Auf diese Weise wird jedes Gruppenmitglied - durch eigenes Bemühen und durch den Türhüter als dritten Faktor - mit dem Meister in Verbindung gebracht. Mit der Zeit wird man das besser verstehen und sich bemühen, den Ton zwischen den Einlass Suchenden und den Wächtern an der Schwelle stetig widerhallen zu lassen. Wenn das (was jetzt noch unmöglich ist) genau und sorgfältig ausgeführt wird, dann bietet es vollkommenen Schutz. Gruppen werden sich je nach egoischer Formation und je nach dem entsprechenden Meister zusammenfinden. Die Gruppennote wird dem bekannt sein, der den Eingang hütet, und niemand kann Einlass erhalten, der nicht die Note entweder in der höheren oder in der niederen Oktave anstimmt. Das bezieht sich auf Gruppen, die sich der inneren geistigen Entfaltung widmen und die sich direkt mit dem Werk eines Meisters mit den ihm zugehörigen Schülern, Jüngern und Probejüngern befassen. Andere Gruppen, die sich aus andersgearteten Einheiten unter verschiedenen Strahlen und Meistern zusammensetzen, werden ihre Tür wieder auf andere Weise schützen, die später einmal enthüllt werden wird.

Wenn ein Schüler in der Meditation diese innere musikalische Note hört, so sollte er versuchen, sich diese einzuprägen und die Fähigkeit entwickeln, sie wiederzuerkennen und auch anzuwenden. Das ist am Anfang nicht leicht, da der Ton nicht nur unerwartet kommt, sondern auch zu kurz ist, um ihn gleich festzuhalten. Im Lauf der Zeit wird es dem Schüler jedoch immer häufiger gelingen, ein ähnliches Echo zu erwecken; dabei wird er allmählich feststellen können, wie die Schwingung in Gang gebracht und durch welche Ursachen sie hervorgerufen wird.

Wie ich bereits sagte, gibt es viele Methoden, auf Grund deren ein Schüler merken kann, dass er auf dem Pfad der Annäherung Erfolg hat. Die obigen sind nur fünf unter vielen. Später, wenn [295] einmal die Schulen organisiert sind und unter Leitung eines Meisters im vollen Bewusstsein der physischen Ebene stehen, wird man über den Zeitpunkt und über die Art und Weise solcher Kontakte Protokoll führen und daraus viel lernen. Abschliessend möchte ich darauf hinweisen, dass das Hervorrufen des Echos stets Aufgabe des Schülers sein muss und dass der Zeitpunkt jenes Echos von der Ernsthaftigkeit seines Bemühens, von seiner Hingabe an den Dienst und von seinen karmischen Verpflichtungen abhängt. Wenn er ein bestimmtes Echo verdient hat, so werden seine Gestirne darauf hindeuten, und nichts kann es dann verhindern oder verzögern. Andererseits kann es aber auch nicht wirklich beschleunigt werden, so dass der Schüler keine Zeit damit zu vergeuden braucht, über das Ausbleiben der Antwort traurig nachzusinnen. Sein ist die Aufgabe, den Regeln zu gehorchen, die festgelegten Formeln zu befolgen, die vorgeschriebenen Anweisungen weise zu überdenken und einzuhalten, sich rückhaltlos ans Werk zu machen und seinen Mitmenschen mit allen Kräften zu dienen. Wenn er all das getan, wenn er in seine drei niederen Träger die notwendigen Schwingungen eingebaut und jene (wenn auch nur für einen kurzen Augenblick) mit dem egoischen Körper gleichgeschaltet hat ,dann mag er plötzlich entdecken, dass er sieht, dass er hört oder dass er seine Schwingung verspürt; und dann darf er fortab sagen, dass aus dem Glauben die Anschauung und aus dem Streben die Erkenntnis erwuchs.