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Kapitel VI - Das Problem internationaler Einheit

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Kapitel VI

Das Problem internationaler Einheit

Die Verteilung der Weltressourcen und eine gefestigte Einheit der Völker der Welt sind in Wirklichkeit ein und dasselbe, denn allen modernen Kriegen liegt ein grundsätzlich wirtschaftliches Problem zugrunde. Löst man dieses Problem, dann hören im wesentlichen die Kriege auf. Bei Betrachtung der von den Vereinigten Nationen unternommenen und betonten Bemühungen zur Aufrechterhaltung des Friedens wird sofort deutlich, dass Friede, Sicherheit und Stabilität primär mit dem wirtschaftlichen Problem verknüpft sind. Wenn Freiheit von Not und Mangel erreicht ist, wird eine der Hauptursachen des Kriegs verschwinden. Solange die Reichtümer der Welt ungleich verteilt sind und eine Situation vorherrscht, in der einige Nationen alles besitzen oder sich nehmen können, während es anderen am Lebensnotwendigsten mangelt, ist offensichtlich, dass dies ein unruhestiftender Faktor ist und etwas getan werden muss. Deshalb sollten wir uns mit der Einheit und dem Frieden der Welt vornehmlich aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten befassen.

Mit Beendigung des Zweiten Weltkrieges ergab sich die Gelegenheit, eine neuere und bessere Lebensweise einzuführen und jene Sicherheit und jenen Frieden herzustellen, nach dem sich alle Menschen immerfort sehnen. Drei Gruppen wurden sofort erkennbar:

1. Die mächtigen, reaktionären, konservativen Gruppen, die soviel als möglich am Vergangenen festhalten wollen; die zwar grosse Macht, aber keine Vision besitzen.

2. Die fanatischen Ideologen in jedem Land - Kommunisten, Demokraten und Faschisten.

3. Die indifferenten Volksmassen in jedem Land, grösstenteils unwissend, die nur Frieden nach dem Sturm wollen und Sicherheit anstelle des wirtschaftlichen Zusammenbruchs; sie sind die Opfer der jeweiligen Machthaber sowie der etablierten, veralteten Zustände und werden über die wahre Weltlage im unklaren gelassen.

Alle diese Faktoren führen zu den gegenwärtigen Störungen und sind für die derzeitigen Beratungen der Vereinten Nationen bestimmend. Wir haben zwar keinen grösseren Krieg, aber auch keinen Frieden, keine Sicherheit und auch keine unmittelbare Aussicht darauf.

Es ist für das künftige Wohl und den Fortschritt der Menschheit ausschlaggebend, nicht mehr zu den alten Methoden zurückzukehren, sei es auf politischem, religiösem oder wirtschaftlichem Gebiet. Deshalb sollten wir bei Betrachtung dieser Probleme auf jene Überstände hinzuweisen suchen, welche die Menschheit in den gegenwärtigen Zustand einer nahezu verheerenden Katastrophe geführt haben. Einmal waren diese Zustände das Resultat religiöser Glaubensrichtungen, die in ihrer Denkweise seit Jahrhunderten keinen Schritt vorwärts gekommen sind. Zum anderen waren sie auf Wirtschaftssysteme zurückzuführen, die das Hauptgewicht auf die Anhäufung von Reichtümern und materiellen Besitz legen und die alle Macht und allen Ertrag der Erde den Händen von relativ wenigen Menschen überlassen während der Rest der Menschheit um das nackte Überleben kämpft und schliesslich auf politische Regime, die von korrupten, totalitären und bestechlichen Menschen angeführt werden, welche die eigene Position und Macht mehr lieben als ihre Mitmenschen.

Es ist wichtig, diese Dinge einmal in Begriffen des geistigen Wohls der Menschheit darzustellen und dabei gleichzeitig die Bedeutung des Wortes «geistig» wahrheitsgemässer zu interpretieren. Die Zeit ist längst vorbei, in der man zwischen der religiösen und der politisch-ökonomischen Welt eine Trennungslinie ziehen konnte. Der Grund für die politische Korruption und die selbstsüchtige, ehrgeizige Planung so vieler führender Männer der Welt ist in der Tatsache zu suchen, dass die geistig orientierten Männer und Frauen eine Lenkung des Volkes - als ihre geistige Pflicht und Verantwortung - nicht übernommen haben. Sie überliessen die Macht den falschen Händen und die Führung den Selbstsüchtigen und Unerwünschten.

Das Wort «Geistig» ist kein Privateigentum der Kirchen oder Religionen der Welt. «Reine und makellose Religion» ist reine Nächstenliebe und selbstlose Nachfolge Christi. Die Kirchen sind aber selbst grosse kapitalistische Systeme, besonders die römisch-katholische Kirche, und sie bezeugen nur wenig von dem Geist, der in Christus war.

Die Kirchen haben ihre Gelegenheit gehabt, aber sie taten wenig, was die Herzen der Menschen geändert oder dem Volk gedient hätte. Jetzt haben unter dem zyklischem Gesetz politische Ideologien und nationale und internationale Planung die Aufmerksamkeit der Menschen beansprucht, und allerorten bemüht man sich, bessere mitmenschliche Beziehungen anzubahnen. In den Augen der geistig Gesinnten und der erleuchteten Helfer der Menschheit ist dies ein Beweis des Fortschritts und ein Hinweis auf die dem Menschen eingeborene Göttlichkeit. Wahrhaft geistig ist das, was rechte Beziehungen von Mensch zu Mensch und zwischen dem Menschen und Gott herstellt, was sich als eine bessere Welt auswirkt und den Vier Freiheiten über den ganzen Planeten hin Ausdruck verleiht. Für diese Freiheiten muss der geistige Mensch arbeiten.

Das Reich Gottes wird eine Weltepoche einleiten, in der man erkennen wird, dass - politisch gesprochen - die Menschheit als Ganzes von weit grösserer Bedeutung ist als irgend eine einzelne Nation; es wird eine neue Weltordnung sein, die auf anderen Prinzipien als denen der Vergangenheit aufgebaut ist, und in der die Menschen ihre geistige Vision in ihre nationalen Regierungen, in ihre wirtschaftliche Planung und alle jene Massnahmen einbringen werden, die auf Sicherheit und rechte mitmenschliche Beziehungen abzielen. Geistigkeit ist im Wesentlichen die Herstellung rechter menschlicher Beziehungen, Förderung des guten Willens und letztlich die Festigung eines wahren Friedens auf Erden als Resultat dieser beiden Wesensäusserungen des Göttlichen.

Die heutige Welt ist voll widerstreitender Stimmen; der Aufschrei gegen bestehende Zustände ist überall vernehmbar; alles wird ans Tageslicht gezerrt; Beschuldigungen werden von den Dächern geschrien, wie Christus es vorhergesagt hat. Der Grund für all diese Auflehnung, Diskussionen und lautstarke Kritik liegt darin, dass die Menschen, während sie sich der Tatsachen bewusst werden und zu denken und planen beginnen, dabei eine eigene Schuld in ihrem Inneren erkennen; ihr Gewissen beunruhigt sie; sie sind sich der ungleichen Chancen bewusst, der schwerwiegenden Missstände, der tief verwurzelten Unterschiede zwischen Mensch und Mensch sowie der rassischen und nationalen Diskriminierungen. Sie stellen ihre eigenen Ziele ebenso in Frage wie die nationalen Planungen. Die Masse der Menschen in jedem Land sieht allmählich ein, dass sie selbst weitgehend dafür verantwortlich ist für das, was falsch ist, und dass ihre eigene Indifferenz und ihr Mangel an rechtem Handeln und Denken zu den unerfreulichen Zuständen der heutigen Welt geführt hat. Das bedeutet daher eine Herausforderung, und keine Herausforderung ist jemals sehr willkommen.

Dieses Erwachen der Massen und die Entschlossenheit der reaktionären Kräfte sowie der Hochfinanz, das Alte zu erhalten und das Neue zu bekämpfen, sind hauptsächlich für die gegenwärtige Weltkrise verantwortlich. Der Kampf zwischen den alten, wohlverschanzten Kräften und dem sich allmählich geltend machenden neuen Idealismus bildet das heutige Problem; andere Faktoren - obwohl sie individuell oder national wichtig sein können - sind vom wahren und geistigen Standpunkt aus relativ unbedeutend.

Einheit, Friede und Sicherheit der Nationen, der grossen wie der kleinen, lassen sich nicht unter der Führung raffgieriger Kapitalisten oder ehrgeiziger Politiker irgend einer Nation erreichen; und doch wird eine solche Führung in vielen Situationen akzeptiert. Einheit, Friede und Sicherheit lassen sich nicht durch blinde Nachfolge irgend einer Ideologie gewinnen, wie gut diese auch denen erscheinen mag, die davon beeinflusst werden. Und doch gibt es jene, die ihre spezielle Ideologie der Welt aufzwingen wollen - und nicht nur in Russland. Einheit, Friede und Sicherheit lassen sich nicht dadurch erreichen, dass man sich bequem hinsetzt und eine Veränderung der Zustände dem lieben Gott oder dem Evolutionsprozess überlässt. Und doch gibt es Menschen, die keine Anstalten zur Abhilfe machen, obwohl sie über die Zustände gut unterrichtet sind, mit denen sich die Vereinten Nationen befassen müssen.

Einheit, Friede und Sicherheit werden durch eine intelligent gewonnene Erkenntnis der Übelstände zustande kommen, die zur gegenwärtigen Weltlage geführt haben, gefolgt von solchen weisen, hilfreichen und verständnisvollen Massnahmen, die zur Schaffung rechter menschlicher Beziehungen und zu Kooperation anstelle von Wettbewerb führen sowie durch Aufklärung der Massen in jedem Land über das Wesen eines echten guten Willens und seiner bisher ungenutzten Kraft. Das wird bedeuten, dass unzählige Millionen an Kapital in richtige Erziehungssysteme umgeleitet werden, anstatt den Mächten des Krieges zugute zu kommen und für Armeen und Rüstung verwendet zu werden.

Nur das ist geistig; nur das ist von Bedeutung, und dafür müssen alle Menschen kämpfen. Die geistige Hierarchie des Planeten ist hauptsächlich daran interessiert, jene Menschen zu finden, die in diesem Sinne wirken wollen; ihr ist es hauptsächlich um die Menschheit zu tun, weil sie weiss, dass die Schritte, die von der Menschheit in unmittelbarer Zukunft unternommen werden, das neue Zeitalter und das menschliche Schicksal bestimmen werden. Wird es ein Schicksal der Vernichtung sein, eines Krieges planetarischen Ausmasses, weltweiter Hungersnot und Seuchen, der Erhebung von Volk gegen Volk und des restlosen Zusammenbruchs alles dessen, was das Leben lebenswert macht? Das alles kann geschehen, sofern nicht grundlegende Änderungen stattfinden, und zwar mit gutem Willen und liebevollem Verständnis. Andererseits könnten wir eine (schwierige, aber erzieherische und daher fördernde) Periode der Anpassung, der Zugeständnisse und Verzichtleistung erleben, eine Periode der rechten Erkenntnis einer gemeinsamen Gelegenheit, eines vereinten Bemühens um rechte mitmenschliche Beziehungen und eines Erziehungsprogramms, das die Jugend aller Nationen dazu schult, als Weltbürger wirksam zu sein und nicht als nationalistische Propagandisten. Was wir vor allem anderen - als das Ergebnis geistiger Reife - erleben müssen, ist die Abschaffung jener zwei Prinzipien, die so viel Unheil in der Welt angerichtet haben und in den beiden Worten: Souveränität und Nationalismus zusammengefasst sind.

Welt- Uneinigkeit.

Was scheint zu diesem Zeitpunkt die Einheit der Welt zu verhindern und die Vereinten Nationen davon abzuhalten, jene notwendigen Regelungen zu treffen, die der Mann auf der Strasse so sehnlich erwartet? Die Antwort ist nicht schwer zu finden und gilt für alle Völker: Nationalismus, Kapitalismus, Wettbewerb und blinder, törichter Eigennutz. Ein starker, emotionaler Nationalismus machte die polnische Nation zu einem so schwierigen Mitglied der Völkerfamilie; Materialismus und Furcht sowie Mangel an geistigem Interesse verleiten Frankreich zu so anhaltender Obstruktion gegen gemeinsames weltweites Handeln; fanatisches Festhalten an einer Ideologie und nationale Unreife erklären weitgehend das Verhalten Russlands am Konferenztisch; ausufernder Kapitalismus macht die Vereinigten Staaten zu einer der gefürchtetsten Nationen, und dazu kommen die Drohungen mit Waffengewalt; ein im raschen Abklingen begriffener Imperialismus beschwert heute Grossbritannien und lässt es an Verantwortlichkeiten und Gebieten festhalten, von denen es selbst weiss, dass sie ebenso gut den Vereinten Nationen übergeben werden könnten; die Hoffnung Grossbritanniens liegt in seinen sozialistischen Tendenzen, die es ihm ermöglichen, den «Mittelweg» zwischen dem Kommunismus Russlands und dem Kapitalismus der Vereinigten Staaten zu gehen. Der selbstzufriedene Eigennutz der Nationen, die dem Kriege entkamen, ist es, was den Fortschritt behindert; das abwegige Vorgehen der Juden und der Hass, den sie nähren, tragen ebenfalls zur Unterminierung der Friedenshoffnung bei; das Chaos in Indien und China erschwert die guten Absichten derer, die helfen möchten. Die unchristliche und undemokratische Behandlung der Negerbevölkerung in den Vereinigten Staaten und in Afrika trägt zur Gärung bei; blinde Trägheit und Mangel an Interesse auf seiten der breiten Masse lassen es zu, dass die falschen Leute an der Macht sind. Furcht vor der übrigen Welt veranlasst die russischen Machthaber, ihre Völker über die Haltung anderer Nationen in Weltangelegenheiten völlig im Dunkeln zu lassen. Falsche Verwendung von Geldmitteln beeinflussen Presse und Rundfunk in Grossbritannien und noch weit mehr in den Vereinigten Staaten, wodurch dem Volke viel von der Wahrheit vorenthalten wird. Die Erhebung der Arbeiterschaft überall trägt zur Unruhe bei und legt der Öffentlichkeit unnötige Beschwernisse auf; starkes politisches und internationales Misstrauen, Lügenpropaganda und die Apathie der Kirchen tragen weiterhin zur Komplizierung des Problems bei. Es liegt vor allem an dieser Öffentlichkeit, weil sie sich weigert, das Leben zu sehen, wie es ist, und die Tatsachen als das zu erkennen, was sie sind. Die Masse der Menschen muss zu dem Verständnis aufgerüttelt werden, dass das Gute allen Menschen gleichermassen zukommt und nicht nur einigen wenigen bevorzugten Gruppen; und sie müssen auch lernen, dass «Hass nicht durch Hass beendet wird, sondern durch Liebe». Diese Liebe ist keine Gefühlsduselei, sondern praktischer guter Wille, der sich durch Einzelne, in Gemeinden und unter den Nationen auswirkt.

So sieht das trübe und traurige Bild der heutigen Welt aus, und nur die Blinden und Abgestumpften werden das leugnen. Nur durch deutliche Vergegenwärtigung der Lage und der Quellen des Übels kann die Menschheit zum notwendigen Handeln angetrieben werden. Das Bild hat aber auch eine andere Seite, und dort zeigt sich etwas, was das Übel - wenn auch im Augenblick noch nicht gänzlich - aufwiegen und ausgleichen wird.

Es gibt heute überall Männer und Frauen - an hoher und niederer Stelle, in jeder Nation, Gemeinde und Gruppe - die eine Vision rechter menschlicher Beziehungen darbieten, die zum Standard für die Zukunft der Menschheit werden muss. Sie decken überall die Missstände auf, die beseitigt werden müssen und unterrichten ständig über die Prinzipien des neuen Zeitalters. Diese Menschen sind es, auf die es ankommt. In der Politik gibt es grosse und weise Staatsmänner, die ihr Volk klug zu lenken bemüht sind, denen aber noch zu viele Widerstände begegnen. Ein hervorragendes modernes Beispiel dafür war Franklin D. Roosevelt, denn er gab sein Bestes und starb im Dienste der Menschheit. In jedem Land gibt es erleuchtete Erzieher, Schriftsteller und Redner, die der Bevölkerung zu zeigen versuchen, wie praktisch das Ideal, wie verfügbar guter Wille in der Menschheit ist und wie leicht diese Ideale anzuwenden sind, sobald es genügend Männer und Frauen guten Willens in der Welt gibt, um diesen Gedanken zum Durchbruch zu verhelfen. Das ist der wichtige Faktor. Es gibt auch Wissenschaftler, Ärzte und Agrarexperten, die ihr Leben der Verbesserung der menschlichen Lebensumstände gewidmet haben; es gibt Geistliche in allen Glaubensrichtungen, die aufrichtig den Fussstapfen Christi folgen (obgleich sie nicht die führenden Persönlichkeiten ihrer Kirche sind) und den Materialismus ablehnen, der die Kirchen ruiniert hat; es gibt ungezählte Millionen von Männern und Frauen mit wahrer Einsicht, die klar denken und in ihrer Gemeinde hart arbeiten, um rechte mitmenschliche Beziehungen herzustellen.

Sicherheit, Glück und friedliche Beziehungen werden von allen gewünscht. Solange jedoch die Grossmächte nicht im Zusammenwirken mit den kleinen Nationen das Wirtschaftsproblem gelöst haben und sich darüber klar geworden sind, dass die Hilfsgüter der Welt keiner einzelnen Nation, sondern der gesamten Menschheit gehören, so lange wird es keinen Frieden geben. Die Ölvorkommen der Welt, die Mineralschätze, Kohle, Weizen, Zucker und Getreide gehören allen Menschen überall. Sie sind wesentlich für den täglichen Lebensbedarf des Alltags.

Das wahre Problem der Vereinten Nationen ist ein zweifaches: Erstens die gerechte Verteilung der Hilfsgüter der Welt, um Freiheit von wirtschaftlicher Not zu erreichen, und zweitens, eine wirkliche Chancengleichheit und gleiche Bildungsmöglichkeiten für alle Menschen zu bewerkstelligen. Die an Hilfsquellen reichen Nationen sind nicht deren Eigentümer; sie sind die Treuhänder der Reichtümer der Welt und verwalten sie für ihre Mitmenschen. Die Zeit kommt unvermeidlich, da - im Interesse des Friedens und der Sicherheit - die Kapitalisten in den verschiedenen Ländern zwangsläufig zu dieser Einsicht kommen müssen und genötigt sein werden, anstelle des alten Prinzips gieriger Raffsucht (das sie so lange beherrscht hat) das Prinzip des Miteinander-Teilens zu setzen.

Es gab eine Zeit, - vor hundert oder mehr Jahren - in der eine gerechte Verteilung der Weltressourcen unmöglich gewesen wäre. Das trifft heute nicht mehr zu. Es sind Statistiken und genaue Untersuchungen über alle Hilfsgüter der Erde gemacht worden, und diese wurden veröffentlicht und sind der Öffentlichkeit zugänglich. Die leitenden Männer in jeder Nation wissen genau, was an Nahrungsmitteln, Mineralien, Erdöl, Kohle und anderen Erfordernissen zu gerechter und angemessener Verteilung auf der Welt verfügbar ist. Die betreffenden Nationen behalten sich jedoch diese Güter als «Verhandlungsvorteile und Handelsobjekte» vor. Das Verteilungsproblem bietet keine Schwierigkeit mehr, sobald das Ernährungspotential der Welt von Politik und Kapitalismus unabhängig gemacht ist; nicht zu vergessen, dass für die Verteilung hinreichende Transportmittel zu Wasser, zu Land und in der Luft verfügbar sind.

Es wird jedoch nichts geschehen, solange nicht die Vereinten Nationen anfangen, von der Menschheit als einer Gesamtheit zu sprechen anstatt in Begriffen von Grenzen, technischen Zielen und Befürchtungen, vom Handelswert des Öls, wie im Mittleren Osten, oder in der Sprache des Misstrauens und Argwohns. Russland misstraut dem Kapitalismus der Vereinigten Staaten und - in geringerem Ausmass - auch dem Grossbritanniens; Südamerika lernt rasch, den Vereinten Staaten wegen ihres Imperialismus immer stärker zu misstrauen; Grossbritannien und die Vereinigten Staaten wiederum misstrauen Russland, weil es seine Zusagen nicht einhält, von seinem Vetorecht Gebrauch macht und über den westlichen Idealismus nichts weiss.

Dennoch darf man nicht vergessen, dass es in Grossbritannien, in den Vereinigten Staaten und in Russland Staatsmänner gibt, die sich bemühen, für den Mann auf der Strasse zu wirken und in den Beratungen der Nationen zu seinen Gunsten zu sprechen. Bisher hat selbstsüchtige Opposition ihre Arbeit wirkungslos gemacht, und die Hochfinanz in vielen Ländern hat ihre Bestrebungen vereitelt. Russland hat keine Hochfinanz, aber es besitzt umfangreiche Reserven an Menschen und Waffen und spielt sie gegen die kapitalistischen Interessen aus. So geht der Krieg weiter, und der Mann auf der Strasse wartet hoffnungslos auf eine Entscheidung, die zum Frieden führen wird - zu einem Frieden, der auf Sicherheit und rechten menschlichen Beziehungen gegründet ist.

Was das Problem noch weiter kompliziert, ist die unübersehbare Tatsache, dass der Osten und der Westen dem Leben gegenüber unterschiedliche Standpunkte einnehmen. Die östliche Einstellung ist negativ und subjektiv; die westliche dagegen positiv, wissenschaftlich und daher objektiv. Weiter erschwerend wirkt die Tatsache, dass Westeuropa und Osteuropa das Leben und die modernen Probleme von ganz verschiedenen Gesichtspunkten aus betrachten; das macht jede Zusammenarbeit schwierig und kompliziert die von den Vereinten Nationen zu lösenden Probleme. Kirche und Staat leben nicht im Einvernehmen; Kapital und Arbeit befinden sich ständig im Kriegszustand; inzwischen bezahlt der Mann auf der Strasse die Rechnung und wartet weiter auf Gerechtigkeit und Freiheit.

Welt-Einheit

Es gibt keinen perfekten Ratschlag, den man der Welt geben oder irgend eine Lösung, die unmittelbar Abhilfe schaffen könnte. Den geistigen Führern der Menschheit erscheinen gewisse Aktionslinien als gerechtfertigt und könnten eine konstruktive Einstellung gewährleisten.

1. Die Vereinten Nationen müssen vermittels ihrer Vollversammlung und ihrer Kommissionen unterstützt werden; es gibt bisher noch keine andere Organisation, auf die der Mensch seine Hoffnung setzen könnte. Deshalb muss er die Vereinten Nationen unterstützen, aber gleichzeitig diese Gruppe von Weltführern wissen lassen, was vonnöten ist.

2. Die breite Öffentlichkeit in jeder Nation muss im Sinne rechter menschlicher Beziehungen geschult werden. Vor allem muss den Kindern und Jugendlichen der Welt guter Wille gelehrt werden gegenüber allen Menschen überall, ohne Rücksicht auf Rasse oder Glaube.

3. Den notwendigen Anpassungen muss Zeit gelassen werden, und die Menschheit muss lernen, in vernünftiger Weise Geduld zu haben; sie muss mit Mut und Optimismus dem langwierigen Aufbauprozess der neuen Zivilisation begegnen.

4. Eine intelligente und kooperative öffentliche Meinung muss in jedem Land entwickelt werden, und diese Aufgabe ist eine hervorragende geistige Verpflichtung. Das wird viel Zeit erfordern, aber wenn die Menschen guten Willens und die geistig Eingestellten wirklich aktiv werden, dann ist es innerhalb von fündundzwanzig Jahren zu bewerkstelligen.

5. Der Weltwirtschaftsrat (oder welche Körperschaft auch immer die Ressourcen der Welt repräsentiert) muss sich frei machen von betrügerischer Politik, kapitalistischem Einfluss und dessen ränkevollen Machenschaften; er muss die Hilfsgüter der Welt für die Nutzniessung der ganzen Menschheit freimachen. Das wird eine langwierige Aufgabe sein, aber sie wird möglich werden, sobald für die Bedürfnisse und die Not in der Welt ein besseres Verständnis da ist. Eine erleuchtete öffentliche Meinung wird die Entscheidungen des Wirtschaftsrates praktisch durchführbar und möglich machen. Die Idee des Teilens und der Kooperation muss gelehrt werden, anstelle von Besitzstreben und Konkurrenz.

6. Es muss die Freiheit gewährleistet werden, überallhin reisen zu können; mit dieser freien Verkehrsmöglichkeit können sich die Mitglieder der menschlichen Familie kennen und schätzen lernen; Pässe und Visa müssten wegfallen, denn es sind Symbole der grossen Irrlehre des Separatismus.

7. Die Menschen guten Willens überall müssen mobilisiert und zur Tätigkeit gebracht werden; von ihren Anstrengungen hängt die Zukunft der Menschheit ab; sie finden sich zu Millionen überall, und wenn sie planmässig erfasst und aufgerüttelt werden, bilden sie einen erheblichen Teil der denkenden Öffentlichkeit.

Durch den stetigen, planmässigen, beharrlichen Einsatz der Menschen guten Willens in der ganzen Welt wird Welteinheit zustandekommen. Gegenwärtig sind diese Menschen erst im Begriff, sich zu organisieren; sie neigen noch zu dem Gefühl, die zu leistende Aufgabe sei zu gewaltig und die gegen sie aufgebotenen Kräfte seien zu stark, sodass ihre vereinzelten Anstrengungen keinerlei Aussicht hätten, die im Wege stehenden Schranken der Habsucht und des Hasses niederzureissen. Sie sind sich darüber klar, dass das Prinzip des guten Willens, als der Schlüssel zur Lösung des Weltproblems, bisher keine systematische Verbreitung erfahren hat; sie haben noch immer keine Vorstellung von der zahlenmässigen Stärke der ihnen Gleichgesinnten. Sie stellen sich dieselben Fragen, die das Denken aller Menschen bewegen: Wie kann Ordnung wiederhergestellt werden? Wie kann es zu einer gerechten Verteilung der Hilfsgüter der Welt kommen? Wie können die Vier Freiheiten verwirklicht werden, anstatt wie bisher ein schöner Traum zu bleiben? Wie kann wahre Religion wiedererstehen und eine wahrhaft geistige Lebensführung die Herzen der Menschen bestimmen? Wie kann echter Wohlstand erzielt werden als Folge von Einheit, Friede und Überfluss?

Dahin führt nur ein wahrer Weg und es gibt Anzeichen dafür, dass viele Millionen Menschen sich diesem Wege zuwenden. Einheit und rechte menschliche Beziehungen - auf individuellen, kommunalen, nationalen und internationalen Ebenen - können durch vereintes Handeln der Männer und Frauen guten Willens in jedem Lande zuwege gebracht werden.

Diese Männer und Frauen guten Willens müssen gefunden und organisiert werden. Auf diese Weise können sie ihre zahlenmässige Potenz entdecken, denn sie ist vorhanden. Sie müssen eine Weltgruppe bilden, die für rechte menschliche Beziehungen und für die Aufklärung der Öffentlichkeit über die Macht des guten Willens eintritt. Auf diese Weise werden sie eine öffentliche Weltmeinung erzeugen, die so machtvoll und eindeutig zugunsten der menschlichen Wohlfahrt Stellung bezieht, dass die führenden Leute, Staatsmänner, Politiker, Wirtschaftler und Kirchenführer gezwungen werden, zuzuhören und die Forderungen zu erfüllen. Beharrlich und regelmässig muss die Allgemeinheit zu einem Internationalismus und einer Welteinheit erzogen werden, die auf einfachem gutem Willen und auf kooperativer Interdependenz beruht.

Dies ist kein mystisches oder unpraktisches Programm; es bedient sich keiner Mittel wie Blossstellung, Unterminierung oder Angriff; es betont vielmehr eine neue Art von Politik, die sich auf das Prinzip der Schaffung rechter menschlicher Beziehungen gründet. Zwischen den Ausgebeuteten und den Ausbeutern, den Kriegstreibern und den Pazifisten, den Massen und den Regierenden wird diese Gruppe von Menschen guten Willens mit ihren organisierten Millionen stehen, ohne Parteilichkeit oder Parteigeist zu demonstrieren, ohne politische oder religiöse Unruhe zu stiften und Hass zu nähren. Sie werden keinen negativen Faktor bilden sondern eine positive Gruppe, welche die Bedeutung rechter menschlicher Beziehungen interpretiert, und für die Einheit der Menschheit und eine praktische, nicht theoretische Bruderschaft eintritt. Die Propagierung dieser Ideen mit allen verfügbaren Mitteln und die Verbreitung des Prinzips des guten Willens wird eine machtvolle, organisierte, internationale Gruppe hervorbringen. Die öffentliche Meinung wird gezwungen sein, die Macht dieser Bewegung zur Kenntnis zu nehmen; schliesslich wird dann die zahlenmässige Stärke der Menschen guten Willens in der Welt so gross sein, dass sie das Weltgeschehen beeinflussen werden. Ihre vereinte Stimme wird sich zugunsten rechter menschlicher Beziehungen Gehör verschaffen.

Diese Bewegung gewinnt schon an Schwungkraft. Dieser Plan für die Formierung einer Gruppe von Leuten, die in gutem Willen geschult sind und klare Einsicht besitzen in die Prinzipien, von denen menschliche Beziehungen in Weltangelegenheiten beherrscht sein sollten, ist bereits über das Planungsstadium hinausgewachsen. Die Kerngruppe für diese Arbeit ist heute schon vorhanden, und ihre Funktionen lassen sich wie folgt zusammenfassen:

1. Weltweites Vertrauen wiederherzustellen, indem bekanntgemacht wird, wieviel - organisierter und unorganisierter - guter Wille heute schon vorhanden ist.

2. Die Masse der Menschen in den Prinzipien und der Ausübung guten Willens zu erziehen. Die Verwendung des Wortes «Goodwill» ist heute weitverbreitet und ist von allen Parteien sowohl im nationalen als auch internationalen Kontext zu hören.

3. Alle Menschen guten Willens in der Welt, welche diese Prinzipien als ihr persönliches Leitbild anerkennen wollen und sich bemühen, diese Grundsätze auf die aktuellen nationalen oder Weltangelegenheiten anzuwenden, zu einem synthetischen, funktionsfähigen Ganzen zu koordinieren.

4. In allen Ländern Adressenlisten der Männer und Frauen guten Willens aufzustellen, von denen zu erwarten ist, dass sie sich für Welteinheit und rechte mitmenschliche Beziehungen einsetzen, und die dann ihrerseits im eigenen Land mit Hilfe der Presse, des Rundfunks und durch Vorträge versuchen werden, andere mit dieser Idee zu erreichen. Mit der Zeit sollte diese Weltgruppe ihre eigene Zeitung oder Zeitschrift haben, um auf diesem Wege den Erziehungsprozess zu intensivieren, damit guter Wille als universales Prinzip und eine universale Anwendungstechnik erkannt wird.

5. In jedem Land und schliesslich in jeder grossen Stadt ein Zentralbüro einzurichten, in dem Informationen bezüglich der Aktivitäten der Menschen guten Willens in aller Welt erhältlich sind sowie über jene Organisationen, Gruppen und Personen, die ebenfalls im Sinne internationaler Verständigung und rechter menschlicher Beziehungen arbeiten. So wird es vielen möglich sein, diejenigen zu finden, die mit ihnen in ihrem eigenen, spezifischen Bemühen zur Förderung der Welteinheit zusammenarbeiten wollen.

6. Als Männer und Frauen guten Willens mit allen Gruppen zusammenzuarbeiten, die ein Weltprogramm verfolgen, das bestrebt ist, Differenzen auf weltweiter Ebene und nationale Streitigkeiten beizulegen und Rassenunterschiede zu beseitigen. Wenn sich herausstellt, dass solche Gruppen in konstruktivem Sinne arbeiten, persönliche Beleidigungen und aggressive Aktionen vermeiden, von gutem Willen gegenüber allen Menschen beseelt und von aggressivem Nationalismus und Parteigängertum frei sind, dann kann ihnen die Mitarbeit der Menschen guten Willens angeboten und in vollem Umfang gewährt werden.

Man braucht nicht viel Phantasie, um zu sehen, dass durch diese Arbeit der Verbreitung guten Willens und der Erziehung der öffentlichen Meinung, wenn sie als Machtfaktor zustandekommt, und wenn die Menschen guten Willens in allen Ländern gefunden und organisiert werden können, schon innerhalb von fünf Jahren viel Gutes erreicht werden kann. Tausende können die Reihen der Menschen guten Willens verstärken. Das ist die erste Aufgabe. Die Macht einer solchen, von der öffentlichen Meinung getragenen Gruppe wird gewaltig sein. Sie wird erstaunliche Resultate erzielen.

Wie das Gewicht dieses guten Willens zu nutzen und wie der Wille zur Schaffung rechter menschlicher Beziehungen anzuwenden ist, wird sich allmählich aus den Erfahrungen der geleisteten Arbeit ergeben und dem Bedürfnis der Weltlage anpassen. Die Möglichkeit eines geschulten Machteinsatzes seitens des guten Willens zugunsten rechter menschlicher Beziehungen wird praktisch bewiesen und die gegenwärtige unerfreuliche Weltlage kann geändert werden. Das wird nicht durch die in der Vergangenheit üblichen kriegerischen Massnahmen oder durch Aufzwingen des Willens einer aggressiven oder finanzkräftigen Gruppe erreicht werden, sondern durch das Gewicht einer geschulten öffentlichen Meinung, die auf gutem Willen beruht, auf intelligentem Verständnis für die Bedürfnisse der Menschheit, auf der Entschlossenheit, rechte menschliche Beziehungen zu erreichen und auf der Erkenntnis, dass die Probleme, vor denen die Menschheit heute steht, durch guten Willen gelöst werden können.