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ZWEITER ABSCHNITT - DAS ALLGEMEINE WELTBILD - TEIL 5

1. Buddha, der verkörperte Mittler der Kräfte des Lichtes, kann erreicht werden, und so kann das, was diese Kräfte an die Menschheit weiterzuleiten suchen, bewusst aufgenommen und angeeignet werden.

2. Christus, die Verkörperung der Liebe und des göttlichen Willens, und das Werkzeug des Geistes des Friedens kann ebenfalls erreicht werden, und die Menschheit kann darin geschult werden, auch diese ausserplanetarische Energie aufzunehmen.

3. Durch Christus [163] und Buddha kann jetzt die Menschheit eine enge Verbindung mit Shamballa anbahnen, und sie kann dann - als ein Weltzentrum - einen eigenen Beitrag für das planetarische Leben leisten. Von Licht durchdrungen und vom Geist des Friedens beherrscht kann aus der Menschheit die Ausdrucksform des Willens zum Guten kraftvoll ausstrahlen. Die Menschheit wird dann zum ersten Male ihre bestimmungsgemässe Aufgabe übernehmen, ein verständnis- und liebevoller Mittler zu sein zwischen den höheren planetarischen Bewusstseinszuständen, den übermenschlichen Zuständen und den untermenschlichen Reichen. Auf diese Weise wird die Menschheit schliesslich zum Retter des Planeten werden.

Wenn ihr all das bedenkt und berücksichtigt, dann werden die ersten drei Sätze der Grossen Invokation sehr bedeutsam und inhaltsreich werden. Ich möchte einige dieser bedeutsamen Tatsachen in übersichtlicher Form anführen:

Mögen die Kräfte des Lichtes der Menschheit Erleuchtung bringen

Mittler - Die Hierarchie. Seelenbewusstheit.

Vollbringer - Buddha.

Ausdrucksmittel - Licht. Geistiges Verstehen. Erleuchtetes Denken.

Bereiche - Die zweite oder monadische Ebene.

- Die buddhische oder Intuitionsebene.

- Die Mentalebene.

Brennpunkt - Das Kopfzentrum.

Planetarisches Zentrum - Die Hierarchie.

Möge der Geist des Friedens sich überallhin verbreiten

Mittler - Shamballa. Spirituelles Bewusstsein.

Vollbringer - Christus.

Ausdrucksmittel - Der Wille Gottes als Liebe und Friede.

- Empfindende Resonanz.

Bereiche - Die logoische oder erste Ebene.

- Die buddhische oder Intuitionsebene.

- Die Emotional- oder Astralebene.

Brennpunkt - Das Herzzentrum.

Planetarisches Zentrum - Shamballa.

Mögen [164] alle Menschen guten Willens einander im Geist der Zusammenarbeit begegnen

Mittler - Die Menschheit selbst. Eigenbewusstsein.

Vollbringer - Der Herr der Zivilisation.

Ausdrucksmittel - Intelligente, in den Dienst des Planes eingestellte Liebe.

- Schöpferkraft. Der Wille zum Guten.

Bereiche - Die atmische oder Ebene des geistigen Willens.

- Die Mentalebene.

- Die physische Ebene.

Brennpunkt - Das Kehlzentrum.

Planetarisches Zentrum - Die Menschheit.

Auf diese Weise sind alle grossen Zentren und Ebenen miteinander verbunden. Die Vergangenheit hat ihren abgeschlossenen Anteil dazu beigetragen; die Gegenwart stimuliert die rechte und gehörige Weiterentwicklung dieses Prozesses; die Zukunft birgt Wunder und göttliche Möglichkeiten, und die Ergebnisse der Zukunft hängen von einem Geist rechten Verstehens und richtiger Anrufung ab. Im Neuen Testament stehen drei Aussprüche, deren tiefe esoterische Bedeutung und erstaunlich lebendige Wirkkraft jetzt ersichtlich werden:

Ich bin das Licht der Welt - Die Kräfte des Lichts.

- 1. Satz. 2. Aspekt.

Meinen Frieden gebe ich euch - Der Geist des Friedens.

- 2. Satz. 1. Aspekt.

Liebe deinen Nächsten wie Dich selbst - Die Menschen guten Willens.

- 3. Satz. 3. Aspekt.

Die drei Aspekte der Gottnatur im Menschen erhalten durch den Einfluss der Grossen Invokation praktischen Ausdruck sowohl in lebendiger Nützlichkeit als auch im wahren Erfassen; letzteres mindestens insofern, als die derzeitige Entwicklungsstufe dem Menschen erlaubt, den Sinn und die Bedeutung richtig zu erfassen. Guter Wille, die praktische und mögliche Ausdrucksform von Liebe, bekundet sich auf Erden und schafft rechte Beziehungen unter den Menschen. Licht, das Ausdrucksmittel der Hierarchie, strömt in das menschliche Bewusstsein, erhellt alle dunklen Stellen und weckt einen Widerhall in allen Lebensformen der drei Welten, [165] ja auch in den untermenschlichen Reichen durch die Vermittlung der Menschen. Friede, die Manifestation des Willens von Shamballa, bewirkt Ausgleich, Gleichgewicht, Synthese und gegenseitiges Verstehen und erweckt invokatorischen Geist, also den Impuls zu einer Aktion, die eine Rückwirkung auslöst. Das manifestiert sich als das erste grosse schöpferische und magische Werk, dessen die Menschheit fähig ist, da es ja alle drei göttlichen Aspekte gleichzeitig zu einer mit dem göttlichen Willen übereinstimmenden Wirksamkeit bringt.

Wir kommen nun zu den beiden letzten Sätzen, in denen die vereinigenden und ewig währenden Wirkungen angegeben sind, die sich aus einer direkten Verbundenheit mit Shamballa in den beiden anderen planetarischen Zentren (in der Hierarchie und in der Menschheit) ergeben werden. Ich meine damit die Wirkungen, die als Gruppentätigkeit in Erscheinung treten werden, die sich von den wesentlichen Werten der Selbstlosigkeit und beharrlichen Bemühens (also dauernder Konzentration) leiten lässt und Bedingungen schafft, auf die der Herr der Welt, der Alte der Tage, seit langem wartet. Unendlich sind die Geduld und die helfende Liebe Shamballas.

Der vierte Satz lautet: Möge das jetzige Leitmotiv aller Menschen Vergeben sein. «Vergeben» kommt einfach von «aufgeben», «dahingeben». Vergeben ist daher kein Synonym für Verzeihen, Nachsehen, obwohl das Wort in theologischen Kreisen dahingehend entstellt wurde; die Kirche hat die grundlegende treibende Kraft nicht verstanden, die als göttliche Wesensäusserung in unserem Sonnensystem wirkt. Theologen denken immer im menschlichen Sinn, nicht vom Standpunkt des Göttlichen. «Vergeben» heisst Opfer bringen, sich - ja sogar sein Leben - um anderer willen und für das Wohl der ganzen Gemeinschaft hinzugeben. Dieser Opfergeist tritt immer dann in Erscheinung, wenn die Shamballa-Kraft in der rechten Weise, selbst in bescheidenstem Masse erhascht wird und wenn der hinter dem liebenden Willen Gottes stehende Impuls verspürt und verstanden wird; damit verbindet sich stets der Wunsch, an diesem Willen und dessen göttlichem Opfergeist teilzuhaben. Die ganze sichtbare Schöpfung ist ja nichts anderes als [166] die Ausdrucksform grossen Opferwillens. Gewaltige, grosse Wesenheiten ausserhalb der sichtbaren Schöpfung erschienen freiwillig in der manifestierten Welt und gaben sich für die geringeren Lebewesen und Daseinsformen hin, damit diese befähigt würden, durch ständige Höherentwicklung einem nur der Gottheit bekannten Ziele näherzukommen und auf diese Weise schliesslich hohe Stätten geistiger Wesensäusserung zu erreichen. Das Vollbringen einer Leistung ist immer mit einem Opfer verbunden, wobei das Grössere für das Kleinere gegeben wird. Das ist ein charakteristischer Aspekt des Evolutionsgesetzes. Das ist der Grundton und Leitgedanke des ganzen Schöpfungsprozesses, das ist die grundsätzliche Bedeutung der Worte «Gott ist Liebe», denn Liebe bedeutet - zumindest in diesem Sonnensystem - geben und opfern.

Daher betont die esoterische Lehre die Tatsache, dass die Seele des Menschen ein Herr des Opfers und beharrlich liebender Hingabe ist; das sind die beiden markanten Qualitäten der grossen Lebensträger in Shamballa, die den Lebensprozess in Gang halten und neues Leben verleihen. Es ist die immerwährende Bereitschaft, sich für das Wohl aller Geschöpfe hinzugeben, die Manifestation des Geistes der Synthese und Opferfreude, damit alle kleineren Lebenseinheiten (wie z.B. Die in der Persönlichkeit des Menschen verkörperten) zur «Auferstehung in Christus» dadurch gelangen können, dass die Seele ans Kreuz der Materie geschlagen wird, sich selbst aufopfert.

Gerade dieser Gedanke verleiht dem Leben Christi auf Erden eine besondere Bedeutung, denn er führte uns einen ewigen Werdegang vor Augen, den er in einer Weise sichtbar machte, dass er zum Symbol für das Motiv des ganzen manifestierten Universums und für den Impuls wurde, von dem sich ein jeder von uns leiten lassen sollte: Kreuzigung und Tod, Auferstehung und höheres Leben; das ist der Heilsweg für die gesamte Schöpfung.

Dieser Gedanke liegt in der Aufforderung des vierten Satzes dieser Grossen Invokation, und er bedeutet wörtlich: «Möge das Leitmotiv oder der Grundton des Universums in allen Menschen einen Widerhall finden, so dass sie sich für andere hingeben.»

Ist dies nicht - ganz schwach und undeutlich - das jetzige Leitmotiv der menschlichen Bemühungen? Obgleich die grossen Massen in allen Ländern wirklich unfähig sind, richtig, wirksam und intuitiv zu denken, so findet dennoch dieser Grundton (Opfer zu bringen) bei ihnen einen klaren und deutlichen Widerhall. Die Führer der grossen Nationen machen von diesem Leitmotiv Gebrauch und rufen jetzt ihre Völker auf, Opfer zu bringen. Mit dem [167] Appell, Opfer zu bringen, wurden die Männer in Deutschland zum Kampf gerufen; es wurde ihnen von ihren Führern gesagt, sie müssten ihr Leben hingeben, damit Deutschland leben könne. Wenn man die Reden der deutschen Führer studiert, findet man immer wieder diesen Leitgedanken. Aber auch die andere Völkergruppe, die ihr die Alliierten nennt (weil sie mehr für das Wohl der Gesamtheit und nicht für eine bestimmte Nation einsteht), ruft die Massen ihrer Völker auf, für das Wohl der Zivilisation und für die Erhaltung jener Werte zu kämpfen, die auf der Stufenleiter der Evolution am nächsten stehen und für das Wohl der Allgemeinheit von wesentlicher Bedeutung sind. Der Wortlaut und die Formulierung dieser Appelle und der erstrebten Ziele mögen verschieden sein, aber das Thema ist das gleiche: Der Geist der Opferbereitschaft soll in den Nationen geweckt werden. Obgleich die Motive solcher Appelle gemischt sein mögen und obwohl die Führer sich in gleichem Masse sowohl von Nützlichkeitserwägungen, egoistischen und nationalen Interessen als auch vom Wohl der Allgemeinheit leiten lassen mögen, so wissen sie dennoch, dass dieser Leitgedanke, der in jedem sofort einen Widerhall findet, grundsätzlich das Wohl der grösseren Einheit (der Nation oder Völkergruppe) umfasst. Daher wird in der heutigen Zeit die Grundidee, Opfer zu bringen, um andere zu retten, immer mehr als notwendiges Leitmotiv anerkannt; und in dieser Anerkenntnis liegt vieles, was die bedauerlichen Vorkommnisse vergangener Entwicklungsprozesse und Methoden rechtfertigen könnte. Wenn sich einmal die Erkenntnis durchgesetzt hat, dass «Opferbringen» und «Hingabe» eine richtige Lebensweise, nicht (wie es so oft ausgelegt wird) das Sterben des physischen Körpers, bedingen und bedeuten, dann wird die Welt einen neuen Lebensimpuls erhalten. Der lebendige Christus (der lebensvolle Welterlöser) ist es, der die Menschheit errettet. Das im täglichen Leben Tag für Tag dargebrachte oder auf sich genommene Opfer kann die Welt der Menschen erretten; der Mensch muss seine egoistischen persönlichen Interessen dem Wohl des Ganzen opfern und sein gewohntes Leben aufgeben, um der Welt zu helfen. Das bedeutet so zu leben, dass auch andere leben können. Das ist das Thema des Neuen Testaments. Wenn sich also die Gewohnheit oder Praxis, Opfer zu bringen, im Bereich subtiler und innerlicher Werte einbürgert und wenn die Menschen den wahren Sinn des Wortes «Vergeben» intellektuell, praktisch und geistig erfasst haben, dann wird das Neue Zeitalter in seiner ganzen Fülle Wirklichkeit werden. Eine [168] wahrhaft menschliche Zivilisation und Kultur werden dann sowohl die Wahrheiten der esoterischen Lehre als auch das Beste aus der sichtbar gewordenen Vergangenheit zum Ausdruck bringen. Die neue Esoterik wird erst dann offenbar werden, wenn die Menschheit ihr geistiges Streben im äusseren Leben verwirklicht.

Die Geisteshaltung der Massen in dem gegenwärtigen Konflikt ist die Gewähr dafür und verbürgt auch den Erfolg der Mission Christi.

Die derzeitigen Ereignisse werden und müssen früher oder später zu einem Zusammenschluss aller Nationen und Völker führen. Diese Integrierung ist (gemäss dem Evolutionsgesetz) eine Folgeerscheinung des Opferbringens. Das Opfer Christi war das Symbol und die Garantie dafür, denn sein Leben und sein Handeln waren vom Geist des Friedens erfüllt und inspiriert. So wie er «aus zweien einen neuen Menschen schuf und Frieden machte» (Epheser 2, 15), so ist heute die Menschheit im Begriff, aus der Dualität von Seele und Körper dasselbe Ziel zu erreichen; das letzte Stadium des Fische-Zeitalters wird als Endergebnis die bewusst empfundene Verschmelzung von Seele und Körper erbringen. Das Wassermann-Zeitalter wird dieses Einswerden mit immer grösserer Deutlichkeit manifestieren, das Einswerden, das durch die heutige Kreuzigung der Menschheit erarbeitet und erreicht wurde. Der Unterschied zwischen diesem zukünftigen und dem vergangenen Stadium ist folgender: In der Vergangenheit hat die Seele diese Entfaltung und dieses Einswerden angestrebt, und sie hat dieses Ziel langsam und schrittweise erreicht; in der Zukunft wird diese Integration auf der physischen Ebene vom Menschen bewusst erstrebt, erlangt und erkannt werden, weil er in der heutigen Zeit das Beste, das er zu geben vermag, zum Wohl der Gesamtheit opfert.

Ich möchte noch auf folgenden Punkt hinweisen: So wie die Energien, die durch die Anwendung der ersten drei Sätze der Invokation freigesetzt werden, sich auf das Kopf- (Shamballa), auf das Herz- (die Hierarchie) und auf das Kehlzentrum (die Menschheit) beziehen, genauso bringt der richtig angewandte vierte Satz das Zentrum zwischen den Augenbrauen (das Ajnazentrum) sowohl im Einzelmenschen als auch in der gesamten Menschheit in bewusste wirksame Tätigkeit. Sobald die Persönlichkeits-Integration tatsächlich einigermassen erreicht wurde, beginnt dieses Zentrum dynamisch wirksam zu werden; es beherrscht und lenkt die individuellen Energien. Es ist bekanntlich im menschlichen Körper das [169] vierte Zentrum oberhalb des Zwerchfells, und es wird (individuell und in der Gruppe) durch diesen vierten Satz erweckt. Es besteht daher eine zahlenmässige Beziehung. Wenn der vierte Satz weise und verständnisvoll von Menschen angewendet wird, dann werden viele der vermischten Wirkkräfte, die durch die drei ersten Sätze erschlossen wurden, angerufen und stehen also Einzelmenschen und Gruppen zur Verfügung; sie können dann im Ajnazentrum konzentriert werden. Dieser vierte Satz der Grossen Invokation ist daher in vielerlei Hinsicht sowohl für den Einzelmenschen als auch für die Menschheit von überragender Bedeutung, denn er ruft grosse und lebenswichtige Wirkkräfte an, weist auf Opferbringen und Absicht hin und deutet das bewusste Einswerden des Menschen oder der Gruppe mit der grundsätzlichen Zielsetzung der Manifestation an.

Der fünfte Satz: Mögen die Anstrengungen der Grossen Seelen kraftvoll gefördert werden, hat eine deutlich erkennbare Beziehung zu der Wirkung, die in der Hierarchie durch die konstruktive Anwendung der Grossen Invokation ausgelöst wird, genauso, wie der vierte Satz sich auf die Wirkung in der Menschheit bezieht. Diese Wirkung in der Hierarchie ist verhältnismässig neu und darauf zurückzuführen, dass auch die Menschheit die Anrufung anwendet und dadurch neue Wirkungen und Kontakte hervorbringt. Gerade dieses gemeinsame Bemühen der beiden grossen Zentren ist von überragender Bedeutung, und darauf solltet ihr euer Hauptaugenmerk richten. Infolge der gemeinsamen Anwendung der Grossen Invokation werden die jahrhundertelangen Anstrengungen der Hierarchie durch den menschlichen Appell und Wunsch verstärkt, und das ist jetzt zum ersten Male in grossem Massstab wirklich möglich. Seit Äonen hat sich die Hierarchie allein abgemüht, um der Menschheit zu helfen, sie höherzubringen und die Wirkkraft des planetarischen Zentrums Menschheit zu stimulieren, damit deren Vibration schliesslich einmal genügend stark würde, um den magnetischen Wirkungsbereich der Hierarchie zu erreichen. Das ist nun endlich gelungen. Hierarchie und Menschheit haben endlich miteinander Kontakt. Das ist die höhere Entsprechung zu dem, was im Bewusstsein eines Menschen vor sich geht, der die Jüngerschaft erreicht hat und dabei ist, das Licht der Persönlichkeit mit dem Licht der Seele zu vereinen. Das Licht der Persönlichkeit manifestiert sich durch das Ajnazentrum und durch dessen äussere Erscheinungsform, die Hypophyse; das Seelen-Licht [170] manifestiert sich durch das Licht im Kopf, also durch das Kopfzentrum, und durch dessen äussere Erscheinungsform, die Zirbeldrüse.

Ihr könnt daher von neuem die praktische Bedeutung des vierten und fünften Satzes der Grossen Invokation feststellen. Der vierte Satz verfolgt das Ziel, die Menschheit (als planetarisches Zentrum) zur Aktivität und Verwirklichung anzuspornen, und der fünfte Satz unterstützt die unablässigen Anstrengungen der Hierarchie; auf diese Weise werden diese beiden magnetischen Kraftfelder miteinander verbunden, so dass sie ineinander übergehen. Das wird dazu führen, dass die Seele durch die Menschheit die Gottnatur in vollerem Masse zum Ausdruck bringen wird.

Dieser Vorgang spielt sich im Leben des Esoterikers ab, wenn durch einen Willensakt das Zentrum am Ende der Wirbelsäule erweckt wird, und wenn das Feuer und das Licht des dreifachen persönlichen Lebens (dessen einer Aspekt oft auch das Kundalini-Feuer genannt wird) emporgehoben werden und mit der Kraft und dem Licht der Seele verschmelzen. Dadurch werden die beiden Grundenergien der Form und der Seele (als Wesensäusserung des Geistes) im Menschen miteinander verbunden. Es findet die «Hochzeit im Himmel» statt, der schöpferische Vorgang der Inkarnation oder die individuelle Manifestation ist auf dem Weg der Erfüllung. Innerhalb des planetarischen Lebens finden wir den gleichen Vorgang. Das Leben der Menschheit als ein Ganzes (intelligentes Leben in der Form) und das Leben der Hierarchie (das Leben der Seele) vermischen und vereinigen sich unter dem Antrieb des Geistes oder Willensaspekts (dessen Symbol Shamballa ist), und es kann dann eine neue Phase im Evolutionsprozess beginnen. Das Reich Gottes (das Reich der Seelen) und das Menschenreich, die durch gegenseitige Wesensäusserung miteinander verbunden sind, werden eine vollkommene Einheit bilden, die auf Erden verankert ist. Dann kann die Herrlichkeit des Einen, die erhabene Grösse von Shamballa schwach erschaut werden. Der Hüter auf der Schwelle der Göttlichkeit und der Engel der Gegenwart stehen einander von Angesicht zu Angesicht gegenüber.

Das ist die heutige Situation. Morgen werden sich die beiden Reiche zu einer Einheit verbinden, und es wird die Herrlichkeit Gottes auf Erden sichtbar werden. Dann wird die zweite grosse Annäherung erreicht und [171] vollbracht sein.

Aufruf zu einer gemeinsamen Dienstaktion

November 1939

Die Situation ist ernst. Luft, Land und Meer sind zum Kampf gegen die Kräfte des Lichtes angetreten; sie sind die Vollzugsorgane der materiellen Substanz und können gegen die geistigen Kräfte machtvoll eingesetzt werden. Die Kräfte der Luft sind jedoch zunehmend auf unserer Seite. Die Mitglieder der Hierarchie haben ihre liebe Not, um eine Wendung zugunsten der wahren und mehr geistigen Zivilisation herbeizuführen, die im Kommen ist. Diese Zivilisation wird eine Verbindung des Besten, was bisher geschaffen wurde, mit dem Neuen sein, das jetzt von den besten Denkern in der Welt nur undeutlich empfunden wird. Der Lauf der Dinge muss zugunsten dessen gelenkt werden, was wir Rechtmässigkeit oder Gerechtigkeit nennen.

Die Keime des Bösen sind in jedem Land vorhanden. In allen Ländern sind in grosser Anzahl diejenigen zu finden, die gegen das Gute kämpfen, sei es durch Aggression und in geplanter Absicht, sei es durch eine passive und beifällige Einstellung oder durch eine beabsichtigte Neutralität (wie in Amerika); ebenso gibt es überall Kämpfer gegen die materiellen Kräfte.

Die Weltkrise war, wie ihr wisst, unausbleiblich, aber der physische Krieg hätte vermieden werden können, wenn man richtige psychologische Methoden angewendet hätte. Die Krise hätte überwunden werden können, wenn eine korrekte Umbildung und Übertragung erfolgt wären, und wenn sich bei den Weltaspiranten der Geist der Opferbereitschaft bekundet hätte. Die Notwendigkeit, als Gruppe Opfer zu bringen, hat keinen genügenden Widerhall gefunden, ausgenommen nur dort, wo dies von den Regierungen erzwungen wurde. Das traurige Ergebnis davon erleben wir heute.

Was kann derzeit getan werden, um eine Niederlage der Kräfte des Lichtes zu verhindern? Ich denke hier nicht an einen äusseren physischen Sieg. Solange nicht die höheren Werte, welche die menschliche Zivilisation bestimmen sollten, klar und stark hervortreten, so lange wird sich auch kein wahrer Sieg abzeichnen. Ich möchte hier noch folgenden Umstand nachdrücklich betonen: die Wendung muss unbedingt bis zum Jahresende herbeigeführt werden, andernfalls ist ein längerer Krieg unvermeidlich. Ich möchte euch daher [172] bitten, euch an dem subjektiven Zusammenschluss der Weltdenker zu beteiligen; im besonderen aber wende ich mich an die Leiter von Organisationen, Gruppen und Kirchen jeder Art und Richtung, die ihre vielen Anhänger zu einer einheitlichen Aktion veranlassen könnten.

Die Meister der Weisheit haben jetzt keine Zeit, um diese Aufgabe selbst auszuführen; sie haben alle Hände voll zu tun, um die Kräfte des Materialismus zu bekämpfen. Diese Kräfte sind in jedem Land aktiv. Die Hierarchie sondert in ihrem Bewusstsein Deutschland nicht ab, obwohl die dunklen Kräfte dieses beklagenswerte Land zum Ausgangspunkt und Hauptfeld ihres Unternehmens erwählt haben. In Deutschland sind die Werkzeuge dieser Kräfte ebenso an der Arbeit wie in anderen Ländern. Die Meister der Weisheit sind jetzt stark damit beschäftigt, die Niedergeschlagenheit und die schreckliche Furcht unter ihren Mitarbeitern in der äusseren Welt zu zerstreuen, die mühsam darum ringen, unter dem Ansturm falschen Denkens und weltweiter Verzweiflung unbeirrt standzuhalten. Überdies verspüren diese Mitarbeiter infolge der erreichten Integration die gedanklichen Ängste und Nöte, die emotionellen Spannungen und die verheerenden physischen Schmerzen derer, denen der Krieg diese schrecklichen Leiden auferlegt. Eine solche Sensitivität und ein solches Mitempfinden erzeugen unter den Mitarbeitern leicht einen Zustand der Negativität, so dass sie sich psychisch nur mit der unmittelbaren Situation beschäftigen. Sie werden dadurch taub für ihre derzeitigen Pflichten oder in sonstiger Weise verwirrt in ihrem doppelten Bemühen, einerseits wirksam zu dienen, andererseits ihre emotionellen Reaktionen zu bekämpfen. Daher ist die Fähigkeit der Mitarbeiter, auf die innere Stimme zu hören und leidenschaftslos, selbstlos dienen zu können, ernsthaft beeinträchtigt.

Ich rufe daher alle Mitarbeiter und Mitglieder der Neuen Gruppe der Weltdiener auf, ihre persönlichen Probleme zurückzustellen. In der heutigen Krisenzeit müssen solche Probleme durch völlige Hintansetzung der eigenen Person gelöst werden. Ich bitte euch, mit erneutem Eifer in freudigem dienen wieder ans Werk zu gehen. Vergesst frühere Schwächen und Misserfolge, denn die Arbeit für die Welt ist dringend notwendig. In letzter Zeit mangelt es bei dem für die Welt geleisteten Dienst sehr an Freude. Damit meine ich nicht physisches Glücksgefühl, das eine Reaktion der [173] Persönlichkeit ist, sondern jene frohe Zuversicht in das Gesetz und in die Hierarchie, die den biblischen Worten «Die Freude am Herrn ist unsere Stärke» zugrunde liegt. «Steh auf und kämpfe, Arjuna!» Bewahre die Flamme der Liebe unversehrt! Erlaube keinem Hauch des Hasses, die heitere Gelassenheit der Liebe oder das innere Gleichgewicht zu stören, die Dich befähigen, den Grundton weltweiter Verständigung erklingen zu lassen, der alle Männer und Frauen guten Willens zur Unterstützung der Hierarchie herbeirufen und sammeln wird. Das wird allen Hass und Separatismus und jede Aggression - die drei Hauptsünden der Menschheit zu einem Ende bringen. Alle Menschen haben gehasst; alle Menschen haben separatistisch gedacht und gehandelt; alle waren einmal - und viele sind noch - materialistisch, voll Stolz und erfüllt von dem Wunsch, das zu gewinnen, was ihnen rechtmässig nicht zusteht. Dieser Geist der Gewinnsucht ist nicht das Merkmal einer einzigen oder bestimmten Gruppe; er ist seit jeher ein universaler und allgemeiner Fehler gewesen und hat die derzeitige unheilvolle wirtschaftliche Lage geschaffen. Dadurch entstanden Krieg, Hass und Grausamkeit.

Der Zusammenschluss vieler Denker für eine einheitlich gelenkte Aktion ist heute von allergrösster Wichtigkeit. Ein Symbol dafür ist die derzeitige Union zwischen Frankreich und Grossbritannien. Einheitliches gelenktes Denken und Vorhaben sind die Garantie für den unausbleiblichen künftigen Erfolg. Die Macht geballten Denkens ist allgegenwärtig. Die Wirkkraft konzentrierter gelenkter mentaler Aktivität lässt sich im voraus nicht überschauen. Wenn ihr diese Behauptung akzeptiert, dann handelt danach.

Der Geist des Friedens schwebt nahe über der Menschheit und sucht die Gelegenheit, seine Anwesenheit verspüren zu lassen. Dieser Geist des Friedens ist keine abstrakte Vorstellung, sondern eine mächtige Individualität, die Kräfte lenkt und handhabt, die unserem Planeten bisher unbekannt waren. Grosse Kräfte erwarten die Stunde, in der sie als Befreier und Erlöser wirken können. Aber das Tor, das diese grossen Kräfte hereinlässt, muss von der Menschheit selbst geöffnet werden; und dieses Öffnen wird durch einen vereinten Willensakt erfolgen, der durch eine laut gesprochene Wortformel Ausdruck erhält. Er wird durch eine Aktion zustande kommen, die gleichzeitig von allen Menschen guten Willens und von allen Weltaspiranten und Jüngern durchgeführt wird. Das Tor wird sich nur dann öffnen, wenn die Anrufung durch [174] konzentrierten Willen unterstützt wird. Wenn die vorgeschlagene Formel (Invokation oder Gebet) gesprochen wird, dann ist es von wesentlicher Bedeutung, dass der betreffende Mensch oder die Gruppe dies mit gelenkter Entschlossenheit tut.

Ich möchte euch bitten, möglichst viele Menschen zu einer festgelegten Aktion aufzurufen, und zwar - wenn möglich - für den Weihnachtstag, und dann noch einmal für den Vollmondtag im Januar. An diesen beiden Tagen sollen die Kräfte des Friedens und des Lichtes angerufen werden, der Menschheit zu helfen. Versucht, mit den (wichtigen und unwichtigen) Führern und Mitarbeitern in jedem Land in Kontakt zu kommen; bittet sie, sich auf ihre Weise und mit ihren Anhängern mit euch zu verbünden. Das sollte in möglichst grossem Massstab erfolgen, zumindest in dem Ausmass eurer Anstrengungen im Mai 1936.

Die Zeit für einen Widerhall auf diese Ideen ist reif; das Wissen um den Schmerz und das Unglück in der Welt wird die Herzen und Geldbeutel öffnen. Die Idee, am Weihnachtstag zum Friedensfürst zu beten und ihn anzurufen, wird einen starken und erwünschten Widerhall finden; sie wird auch dazu beitragen, alle jene enger miteinander zu verbinden, die erkennen, welche Aktion die Hierarchie jetzt unternehmen will. Ersucht um Hilfe von allen Seiten und versucht, diese Ideen dadurch zur Verwirklichung zu bringen, dass ihr auf deren Nützlichkeit und darauf hinweist, dass sie gerade jetzt angebracht und zweckmässig sind. Appelliert an jeden, den ihr kennt, denn dadurch können Millionen Menschen erreicht und zur erwünschten Tätigkeit gebracht werden.

Jenen von euch, welche die Grosse Invokation richtig einschätzen und benützen können, empfehle ich deren wiederholte und ernsthafte Anwendung. Als Alternative könnte sich auch folgende Invokation als nützlich erweisen:

«O Herr der Liebe und des Lichts, komm hervor und führe die Welt.

Möge der Friedensfürst erscheinen und den Krieg unter den Völkern beenden.

Möge die Herrschaft des Lichts, der Liebe und Gerechtigkeit beginnen.

Möge auf Erden Friede sein, und lasst uns damit bei uns selbst anfangen.»

Die kommende Weltordnung

April 1940

Diese Analyse der Weltzustände ist in Amerika geschrieben worden, wo bis jetzt noch eine verhältnismässig physische Sicherheit [175] besteht. Es ist daher noch Zeit für eine Überprüfung der Ansichten und es besteht auch die Möglichkeit (zusammen mit Grossbritannien und dessen Verbündeten) einer Welt, die Führung und Weitblick bitter nötig hat, die Richtung zu weisen. Die Stimmen, die laut werden, sind verworren und unklar. Diejenigen, die am wenigsten wissen, schreien am lautesten und können mit Leichtigkeit sagen, wer am Geschehen schuld hat. Die Gedanken der Menschen sind sehr bedrückt, teils infolge des Krieges, teils deshalb, weil manche Leute in bester Absicht verlangen, dass gerade ihre Vorschläge für die Lösung des Weltproblems besonders beachtet und betont werden sollten.

Es ist daher notwendig, ganz offen zu sprechen, die versteckten Gefahren der gegenwärtigen Situation anzudeuten, auf die besonders günstige Gelegenheit für die Herbeiführung der notwendigen Veränderungen hinzuweisen und die Grenzen abzustecken zwischen rechter und unrechter Lebensweise, zwischen dem visionären Erschauen der neuen Weltordnung und den rückläufigen Plänen der sogenannten «neuen Ordnung», mit der die totalitären Mächte die Menschheit zu verwirren suchen.

Wir beginnen mit der Tatsache, dass sich der Menschheit zwei entgegengesetzte Weltanschauungen und zwei verschiedene Weltordnungen darbieten. Zwischen diesen beiden muss die Menschheit wählen, und diese Wahl wird die Zukunft bestimmen.

Die Jahre 1941 und 1942 werden kritische Jahre und voller Spannungen sein. Diejenigen, welche die Gefahren, die günstige Gelegenheit und die Wichtigkeit der zu treffenden Entscheidung sehen und erkennen, sind in fast rasender Eile bemüht, den Massen bewusst zu machen, welch einzigartige Gelegenheit sich ihnen jetzt bietet. Die Entscheidung, welche die Menschheit im Lauf der nächsten zwölf Monate treffen wird, wird für die Zukunft derart bestimmend sein wie keine andere bisherige Entscheidung in der menschlichen Geschichte.

In der Geschichte der Menschheit hat es immer Krisen gegeben, aber keine hat bisher die Bevölkerung der ganzen Erde in Mitleidenschaft gezogen. Es hat Zeiten der Gefahr, der Schwierigkeiten, des Krieges, Hungers und der Trübsal gegeben, aber zu keiner Zeit wurde das Leben von so vielen Millionen Menschen davon betroffen wie in der Gegenwart. Immer wieder erschienen auf der Weltbühne Führer, Eroberer, Diktatoren und grosse Gestalten, aber ihr Einfluss blieb infolge der unzulänglichen Verkehrs- und Verbindungsmittel und der nationalen Grenzen beschränkt. Ihre Macht reichte nicht über die ganze Welt, und ihr Vordringen [176] wurde durch die Zustände der Zeit, in der sie lebten, aufgehalten. Heute sind alle Völker der Erde in Mitleidenschaft gezogen.

Es werden da Schutzwehren und Hindernisse gebaut, um sich aus dem bösen Schicksal herauszuhalten und dem Krieg zu entgehen. Herrschende Gruppen bringen viele Nationen unter ihre Fahnen, so dass diese Nationen Verbündete entweder der totalitären Mächte oder der Gegenseite werden. Die nicht Krieg führenden Nationen sind ebenfalls eifrig damit beschäftigt, ihre nationale Unversehrtheit zu bewahren.

Der Kampf ist heute weltweit, und folgende Völkergruppen sind davon betroffen:

1. Die angreifenden Nationen, die von ehrgeizigen Diktatoren beherrscht werden.

2. Die Nationen, die sich und die Freiheit der Menschheit zu verteidigen suchen.

3. Die neutralen Nationen, die sehen, um was es geht, und die sich vor die Notwendigkeit gestellt sehen, sich für eine Seite zu entscheiden.

Die Heftigkeit und die Schwere des Kampfes nehmen täglich zu. Jede Woche werden neue Gebiete in den Krieg hineingezogen.

Der wirkliche Sachverhalt, die drohenden wirtschaftlichen Folgen und die politischen Auswirkungen werden mit immer grösserer Deutlichkeit in jedem Land erkannt, ja sogar in jenen Ländern, die wie betäubt unter der Herrschaft der Eroberer leiden. Unter diesen Nationen besteht ein stiller, derzeit noch lautloser Aufruhr. Diese innere unausgesprochene Revolte ist selbst eine Bedrohung des Weltfriedens, und wenn diese Empörung zu voller Auswirkung kommt, dann mag sie vielleicht die Welt noch tiefer in den Kampf treiben.

Zwei grosse Gefahren bedrohen heute die Menschheit. Erstens die Gefahr, dass sich der Krieg derart in die Länge zieht, dass die Menschheit völlig erschöpft sein würde; es käme zu einem Stillstand und zu einer Situation, die allen zivilisierten Beziehungen und der Hoffnung, ein geordnetes Leben in Schönheit, Frieden und Kultur führen zu können, ein Ende bereitet. Die zweite Gefahr besteht darin, dass die am Krieg noch nicht beteiligten Nationen die wahre Situation nicht erkennen und denen nicht zu Hilfe kommen, die für die Erhaltung der nationalen und individuellen Freiheit [177] kämpfen. Wenn dieser Fall einträte, dann würden sie - ohne es zu beabsichtigen, aber unvermeidlich - der Partei des Bösen helfen und mit die Verantwortung auf sich nehmen, über die Welt Unglück zu bringen.

Heute gibt es nur zwei Parteien in der Welt: die eine kämpft für rechte menschliche Beziehungen und die andere für eine egoistische, grausame Machtpolitik. Die totalitären Mächte sind im Vormarsch, rücksichtslos, egoistisch, grausam und aggressiv. Die Mächte, die für die menschliche Freiheit und für die Rechte der wehrlosen kleinen Nationen kämpfen, stehen mit dem Rücken zur Wand und bieten der stärksten Machtentfaltung, welche die Welt jemals erlebt hat, die Stirn. Die noch nicht in den Krieg verwickelten Nationen bereiten irgendeine Aktion vor, einen Widerstand gegen die Mächte der Diktatoren, aber nicht gegen die kämpfenden Demokratien.

Der Krieg wird zu Land, auf dem Meer und in der Luft geführt. Vom wirtschaftlichen Standpunkt aus ist jedes Land in Mitleidenschaft gezogen, Ruin und Vernichtung folgen den Fussstapfen des Krieges. Der verhinderte Warenverkehr vieler Länder bedeutet für Tausende den finanziellen Zusammenbruch. Jedes Land hat wirtschaftliche Not, Hunger und Krankheit zu gewärtigen und ist ständig in Gefahr, Kriegsschauplatz zu werden. Bei den kriegführenden Nationen kommt dazu noch die Angst, besiegt zu werden, Tod und Unrecht zu erleiden und alle Besitztümer zu verlieren.

Die Menschheit muss diesen Tatsachen ins Auge schauen. Auf welche Weise immer die Menschen der Wahrheit ausweichen und sich in eine Traumwelt des Wunschdenkens zurückziehen möchten, so bleibt dennoch die unabänderliche Tatsache bestehen, dass die Welt Krieg führt und dass ein jeder davon betroffen wird.

Das Werk «Guter Wille»

Vor 1939 waren wir neun Jahre lang bestrebt, in aller Welt den guten Willen zu verbreiten, überall die Männer und Frauen guten Willens zu entdecken und Sinn und Bedeutung des Willens zum Guten zu lehren. Das ist die Hauptaufgabe der Neuen Gruppe [178] der Weltdiener. Wir schärften eine nicht-separatistische Geisteshaltung ein und betonten nachdrücklich die Notwendigkeit rechter menschlicher Beziehungen. Wir bemühten uns klarzumachen, dass verschiedene Regierungsformen und verschiedenartige ideologische Systeme richtig und möglich seien, vorausgesetzt, dass die Menschen miteinander in gutem Willen leben und ihre Blutsbruderschaft anerkennen.

Die Menschheit entschied sich für den Kampf, und es kam zum Krieg. Die eine Völkergruppe, die Anstifter des Krieges, kämpft, um materielle Macht zu gewinnen, für die Nation Ruhm zu erwerben und die Wehrlosen zu unterjochen. Die andere Gruppe kämpft, um ihre Aktionsfreiheit und Unversehrtheit zu bewahren, und sie kämpft für das Recht der kleinen Nationen und für geistige Werte. Im Denken derer, die mit den Angelegenheiten der Menschen zu tun hatten, wurde der wahre Sachverhalt sogleich ganz klar erkannt. Unverzüglich nahmen einige Nationen Partei gegen die Aggressoren; ebenso schlossen sich andere Nationen, von ähnlichen verzerrten Ideologien und egoistischen Absichten geleitet, sofort den Angreifern an. Von Panik erfasst wurden die übrigen Nationen, die zu kurzsichtiger Neutralität und zu Verteidigungsprogrammen (die sich als ganz nutzlos erwiesen) Zuflucht nahmen.

Welchen Standort sollte aber die Neue Gruppe der Weltdiener beziehen? Was sollten die Männer und Frauen guten Willens tun? Sollen sie sich an die Seite der totalitären Mächte stellen, um dadurch den Krieg rascher zu beenden? Oder sollten sie für die neutralen Mächte eintreten, die fieberhaft unwirksame Friedensprogramme machen, Beschwichtigungspolitik betreiben und damit den totalitären Mächten in die Hände arbeiten?

Nachdem sich die Menschheit dafür entschieden hat, den Kampf auf der physischen Ebene auszutragen, blieb nichts anderes übrig als die Männer und Frauen guten Willens aufzufordern, für eine Aktion einzutreten, welche die Menschheit durch Vernichtung der bösen Kräfte befreien würde. Diese letzteren hatten beschlossen zu beweisen, dass Macht recht hat. Daher mussten die Kräfte, die für Fortschritt und Zivilisation kämpfen, der Gewalt mit Gewalt begegnen.

Die Herausforderung wurde von den Demokratien, die sich für [179] Menschenrechte und Freiheit einsetzen, angenommen. Aufgrund des Beschlusses, an der Seite des geistigen Fortschrittes zu kämpfen, blieb den geistigen Kräften des Planeten keine andere Wahl als sich den alliierten Demokratien anzuschliessen und zu versuchen, den neutralen Nationen die wahre Sachlage klarzumachen. Die geistigen Kräfte des Planeten nahmen Stellung gegen die Führer der angreifenden Nationen, aber nicht gegen die armen betrogenen oder unterjochten Völker dieser Führer. Auch diese Völker müssen von den alliierten Demokratien befreit werden.

Geleitet vom aktiven Willen zum Guten und von der Inspiration der Neuen Gruppe der Weltdiener hatten die Männer und Frauen guten Willens keine andere Wahl als sich auf die Seite der geistigen Kräfte zu schlagen und sich denen anzuschliessen, die dafür kämpfen, die Menschheit von totalitären Machtbestrebungen und den Absichten einer Gruppe böser Menschen zu befreien. Aber unerschütterlich und unwandelbar muss der Geist des guten Willens das Leitmotiv bleiben. Hassgefühle dürfen keinen Einlass finden. Das grösstmögliche Wohl für die grösstmögliche Anzahl liegt heute darin, die Nationen von der Herrschaft der totalitären Mächte zu befreien.

Der Standpunkt der Pazifisten

Als nächsten Punkt möchte ich kurz die von den Pazifisten vorgebrachten Argumente erörtern. Alle redlichen und guten Menschen sind friedlich gesinnt, alle hassen den Krieg. Das wird von akademischen Idealisten und Pazifisten oft vergessen. Diese Leute sagen uns, dass aus zwei unrechten Handlungen keine rechte oder gerechte wird; Mord mit Mord zu vergelten (das ist ihre Definition des Krieges) ist sündhaft; Krieg ist ein Übel (was niemand bestreitet), und niemand darf daran teilnehmen. Sie behaupten, dass das Denken an Frieden und Liebe die Welt in Ordnung bringt und den Krieg beendet. Solche Leute, welche die Tatsache des Krieges nicht wahrhaben wollen, unternehmen meistens nur wenig oder gar nichts, um das Unrecht, das den Krieg verursacht, gutzumachen; sie überlassen die persönliche, kommunale, nationale und internationale Verteidigung andern. Die Aufrichtigkeit dieser Leute kann nicht bezweifelt werden.

Wenn man solchen Ideen entgegentreten und den kämpferischen Geist der christlichen Demokratien rechtfertigen will, sollte man [180] niemals vergessen, dass einzig und allein das Motiv zählt. Krieg ist und kann Massenmord sein, wenn der Beweggrund falsch ist; er kann aber auch ein Opfer und eine gerechte Aktion sein, wenn das Motiv richtig ist. Wenn ein Mann getötet wird, der gerade dabei ist, einen Wehrlosen umzubringen, dann wird das nicht als Mord angesehen. Das Prinzip bleibt das gleiche, ob es sich um das Töten eines Mörders oder um die Bekämpfung einer Nation handelt, die gegen Wehrlose Krieg führt. Die materiellen Mittel, die vom Bösen für egoistische Ziele eingesetzt werden, können auch für gute Zwecke angewendet werden. Der Tod des physischen Körpers ist ein kleineres Übel als der Rückschritt der Zivilisation, als die Vereitelung der göttlichen Absichten des menschlichen Geistes, als die Verneinung jeder geistigen Lehre und als die Beherrschung der menschlichen Gedanken und Freiheiten. Krieg ist immer ein Übel, aber er kann, wie es jetzt der Fall ist, das kleinere von zwei Übeln sein.

Wenn dieser Krieg weitergeführt wird, um schliesslich die totalitären Mächte zu schlagen und zu vernichten, dann ist er ein bei weitem kleineres Übel, als wenn viele Nationen von den Achsenmächten mit ihrer beispiellosen Habgier, ihren erschreckenden Erziehungsmassnahmen und mit ihrem trotzigen Leugnen aller anerkannten geistigen Werte unterjocht würden. Wenn die totalitären Mächte Sieger blieben, dann würde das jahrelange Unruhe und Empörung bedeuten; ihr Sieg würde unsagbares Elend bringen.

Es ist zweifellos eine unleugbare geistige Wahrheit, dass rechtes Denken die Welt ändern und retten kann, aber es ist ebenso wahr, dass es nicht genug Leute gibt, die fähig sind, richtig zu denken. Ausserdem fehlt dafür jetzt auch die Zeit. Die Friedensgedanken basieren hauptsächlich auf einem halsstarrigen Idealismus, der das Ideal mehr liebt als die Menschheit. Diese Gedanken wurzeln auch in einer nicht erkannten Furcht vor dem Krieg und in persönlicher Trägheit, die lieber Wunschträume träumt, als die Verantwortung für die Sicherheit der Menschheit zu übernehmen.

Ich habe versucht, den Standpunkt der neuen Gruppe der Weltdiener klarzumachen, die für die Menschenrechte, für Die geistige Zukunft der Menschheit und für die neue Weltordnung kämpft. Meine weiteren Ausführungen umfassen vier Abschnitte:

I. Die Welt [181] von heute. Die heutige Situation ist das Ergebnis früherer Tendenzen, früherer Bedrückung und Drangsal sowie menschlicher Entscheidungen.

II. Die neue Weltordnung. Wir wollen diese mit der alten Ordnung und auch mit der sogenannten «Neuordnung» der totalitären Mächte vergleichen.

III. Einige diesbezügliche Probleme. Vier grosse Weltprobleme bedürfen der Erörterung, und diese müssen wir sorgfältig betrachten.

IV. Die bevorstehenden Aufgaben. Wir werden uns dann mit der Zwischenphase bis zum Kriegsende befassen und einige Vorschläge für den künftigen Wiederaufbau besprechen.

I. Die Welt von heute

Welche Ursachen führten zu den Zuständen der heutigen Welt? Welche Bedrängnisse schufen das derzeitige Chaos und bringen jene Menschen hervor, die schliesslich die Ordnung herstellen können? Eine Besserung ist nur dann möglich, wenn der Irrtum genau erkannt ist. Man muss die bedingenden Ursachen verstehen, welche die Notlage geschaffen haben; man muss die gemeinsame Schuld an den schlimmen Zuständen und die gemeinsame Verantwortlichkeit dafür erkennen; man muss entschlossen sein, die Dinge wiedergutzumachen, und man muss aufhören, Böses zu tun.
 

Die Tendenz, den Krieg nur als ein Werk Hitlers und seiner üblen Mannschaft anzusehen, sollte uns nicht blind machen für die Ursachen, die sein böses Werk ermöglicht haben. Er hat hauptsächlich die Auslösung beschleunigt, denn durch ihn wurden der Egoismus und die Grausamkeit in der Welt ins Gesichtsfeld gerückt. Wie hat doch Christus gesagt? «Wehe der Welt der Ärgernis halber! Es muss ja Ärgernis kommen; doch wehe dem Menschen, durch welchen Ärgernis kommt!» (Matth. 18, 7). Die Ursachen für dieses überhandnehmende Böse liegen in der Menschheit selbst.

Seit jeher ist eingewurzelter und hemmungsloser Egoismus ein Hauptmerkmal des Menschen gewesen; das Verlangen nach Macht und Besitztümern war schon immer die treibende Kraft bei Einzelmenschen und Nationen; jahrtausendelang waren Grausamkeit, sinnliche Begierden und die Preisgabe höherer Werte tief eingewurzelte menschliche Gewohnheiten. An diesen uralten Gewohnheiten des Denkens und Verhaltens sind alle Völker und alle Nationen [182] schuld. In dem Mass, in dem die Welt beengter wurde, verstärkten sich auch die Spaltungen und Gegensätze unter den Nationen. Daher ist der gegenwärtige Krieg, der 1914 begann, die unausbleibliche Folge falschen Denkens, egoistischer Ziele und uralter Hassgefühle. Eigenbrötlerische Interessen, separatistische Bestrebungen und aggressive Begierden marschieren ihrem unausbleiblichen Finale zu: Krieg und Chaos.

Auch die Wirtschaftslage ist ein Sinnbild dieser Situation. Die Nationen scheiden sich in «Besitzende» und «Habenichtse», und auf diese Weise geben sie den Anstoss zum Gangstertum. Infolge dieser Tendenzen im nationalen Leben entstanden in den Vereinigten Staaten organisierte Verbrecherbanden. In der internationalen Welt spielen jetzt drei Nationen eine ähnliche Rolle. Die Alliierten und die Vereinigten Staaten erkennen die drohende Gefahr des nationalen und internationalen Verbrechertums und suchen dieses zu zermalmen. Der Kern der Sache ist aber die Tatsache, dass diese Zustände durch die gesamte Menschheit selbst ermöglicht wurden.

Materialismus und Geistigkeit

Drei menschliche Grundtendenzen sind heute erkennbar: erstens die Tendenz, ein geistiges und von Zwang freies Leben zu führen; zweitens ein Streben nach intellektueller Entfaltung; und drittens ein starker Zug zu einer materiellen Lebensweise und zu Angriffslust. Derzeit sitzt die dritte Tendenz fest im Sattel, und die zweite, die intellektuelle Einstellung, erstrebt vor allem materielle Ziele. Eine verhältnismässig kleine Gruppe richtet ihr Streben auf geistige Werte. Der Kampf zwischen dem Gegensatzpaar - Materialismus und Geistigkeit - ist heftig entbrannt. Erst wenn die Menschen die materielle Angriffslust und Streitsucht aufgeben und sich geistigen Zielen zuwenden, wird sich die Weltlage ändern; dann werden die vom guten Willen geleiteten Menschen die Angreifer auf die Ausgangspunkte zurückdrängen und die Menschheit von Furcht und Gewalt befreien. Wir ernten heute, was wir selbst gesät haben. Sobald die Menschheit die Ursachen des Problems erkennt, kann sie es auch lösen. Die Zeit ist gekommen, in der es möglich ist, jene Veränderungen im Denken und Verhalten anzubahnen, die zu einer Ära des Friedens und guten Willens führen und sich auf rechte menschliche Beziehungen gründen wird.

[183] diese beiden Kräfte - Materialismus und Geistigkeit - stehen sich heute einander gegenüber. Was wird das Ergebnis sein? Werden die Menschen dem Übel Einhalt gebieten und eine Zeit der Verständigung, Zusammenarbeit und rechter Beziehungen einleiten? Oder werden sie das egoistische Pläneschmieden und den wirtschaftlichen und kriegerischen Wettkampf fortsetzen? diese Frage muss vom klaren Denken der Massen sowie durch eine ruhige und unerschrockene Stellungnahme der Demokratien beantwortet werden.

Die Notwendigkeit einer neuen Weltordnung wird von allen Seiten anerkannt. Die totalitären Mächte sprechen von einer «Neuordnung in Europa». Die Idealisten entwickeln vorausschauend neue Projekte und Pläne mit völlig neuen Zuständen, die der alten schlechten Ordnung ein Ende bereiten werden. Ständig werden die Alliierten aufgefordert, ihre Friedensziele bekanntzugeben und klar anzugeben, welche Berichtigungen oder Neugestaltungen nach dem Krieg erfolgen werden, denn ein geistiges Bild der zukünftigen Weltpolitik wird der Menschheit helfen, die derzeitige Krise zu überstehen.

Der geschichtliche Hintergrund

Die markanten Merkmale des Mittelalters waren mächtige Monarchen, das Entstehen von Weltreichen und nationale Eroberungen. Nur eine verhältnismässig kleine Anzahl von Leuten war daran beteiligt. Die Kirche hatte damals in allen europäischen Ländern eine ungeheure Macht; sie beherrschte die Erziehung des Volkes, schuf aber keine Grundlage für rechtes politisches Denken. Die historische Vergangenheit weist viele Regierungsformen auf. Rassen und Nationen kamen und gingen. Politische Systeme und religiöse Bewegungen spielten ihre Rolle, blieben bestehen oder verschwanden. Die traurige Menschheitsgeschichte ist die Geschichte von Königen und Potentaten, von Herrschern und Kriegern, von Präsidenten und Diktatoren, die auf Kosten des eigenen Volkes oder anderer Völker zur Macht kamen. Eroberer kamen und gingen - Akbar, Dschingis-Khan, die Pharaonen, Alexander der Grosse, Cäsar, Karl der Grosse, Wilhelm der Eroberer, Napoleon, Hitler und Mussolini. Sie alle haben den Rhythmus ihrer Zeit [184] gewaltsam geändert und sind durch Aggression und Blutvergiessen an die Macht gekommen. In dem Mass, in dem die Völker miteinander in nähere Beziehungen kamen, nahmen ihr Einfluss und ihr Wirkungsbereich zu. Die zunehmenden Verkehrsmittel ermöglichten dies. Grossbritannien wusste nichts von Alexanders Feldzügen; die Völker in Amerika wussten nichts von Dschingis-Khan; aber die marschierenden Armeen Napoleons waren über weit grössere Gebiete hin zu hören, und die diplomatischen und militärischen Triumphe Hitlers sind in der ganzen Welt bekannt.

Die totalitären Mächte haben die Welt in ein Heerlager - zum Angriff und zur Verteidigung - verwandelt. Die treibende Kraft aller dieser Eroberer war die Gier nach Gold, Land, Macht und persönlichem Triumph. Die heutigen Diktatoren bilden keine Ausnahme, sie bringen nichts Neues.

Die Zerrüttung in der Welt

Das Grundthema der Weltgeschichte ist Krieg; die Krisen waren die grossen Schlachten. In einigen Nationen lebt der Gedanke an Revanche; andere verlangen, dass altes Unrecht gutgemacht werde; wieder andere betreiben die Rückerstattung eines Landes, das ihnen einmal gehört hatte. Beispiele: die einstige Grösse des Römischen Imperiums muss wiederhergestellt werden - auf Kosten hilfloser kleiner Nationen; die französische Kultur muss alle anderen überragen, und die französische Sicherheit muss alle anderen Erwägungen hintanstellen; der britische Imperialismus hat in der Vergangenheit anderen Nationen Gewalt angetan; deutsche Führung und deutscher «Lebensraum» müssen Europa beherrschen, und der deutsche Übermensch muss der Schiedsrichter menschlichen Lebens sein; der amerikanische Isolationismus möchte die Menschheit in ihrer Not schutzlos lassen und die Menschen der Herrschaft Hitlers überlassen; Russland schweigt, man kann ihm nicht trauen; Japan stürzt das Gleichgewicht der Macht in Asien um. Das ist das Bild von heute. Gesetzlosigkeit herrscht in der Welt; in Europa leiden Menschen Hunger; die Zivilbevölkerung in den Städten, die Frauen und Kinder sind in grosser Gefahr, verletzt oder getötet zu werden, und sie sind gezwungen, unter der Erde in Schutzräumen zu leben; Seuchen treten auf; nirgends gibt es Sicherheit, weder auf dem Land noch zur See oder in der Luft. Die Nationen [185] stehen vor dem finanziellen Ruin, die Wissenschaft ist bestrebt, neue Mittel des Tötens zu erfinden; die Bevölkerung von Städten und ganzen Landstrichen wird in andere Gebiete verschickt; Familien werden auseinandergerissen, die Heime verfallen. Überall herrschen ungeheure Angst, Bestürzung und Zweifel, Mord und Selbstmord; die Menschen schauen hoffnungslos in die Zukunft. Der Rauch unzähliger Feuersbrünste schwärzt den Himmel. Die Meere sind mit Toten und Schiffstrümmern bedeckt. Der Donner der Geschütze und explodierenden Bomben ist in etwa zwanzig Ländern zu hören. Der Krieg taucht aus dem Wasser auf, marschiert über die Länder und kommt aus den Lüften herab.

Das ist die Situation, in welche die Menschheit durch die alte Ordnung gekommen ist. Das ist das Unglück, auf das die menschliche Grausamkeit und Selbstsucht hingearbeitet haben. Keine Nation ist von dieser Kritik ausgenommen, alle lassen sich viel schneller von egoistischen Motiven als vom Opfergeist leiten.

Sogar das idealistische Amerika kann nur durch einen Appell an seine eigene Sicherheit und seinen Eigennutz zu einer Aktion bewogen werden.

Es sollte uns aber die folgende Erkenntnis neuen Mut geben: dieselbe Menschheit, welche diese schrecklichen Zustände herbeigeführt hat, ist auch imstande, eine neue Welt, die neue Ordnung und die neue Lebensart zu erschaffen. Die selbstsüchtige böse Vergangenheit kann einer Zukunft gegenseitigen Verstehens, der Zusammenarbeit, des Guten und rechter menschlicher Beziehungen Platz machen. An die Stelle von Separatismus muss der Geist der Einigkeit treten. Die Mischung von totalitären Angreifern, alliierten Demokratien und besorgten neutralen Nationen muss umgestaltet werden in eine Welt, die einzig und allein bestrebt ist, jene Beziehungen herzustellen, die dem Glück und Frieden der Gesamtheit, nicht bloss eines Teiles dienen.

II. Die neue Weltordnung

Ich setze voraus, dass meine Leser irgendeine intelligente und geistige Führung der Menschheit anerkennen. Es ist mir gleich, wie sie dieses leitende Prinzip, diese grosse Absicht nennen. Einige mögen sie den Willen Gottes nennen, andere wieder die zwangsläufige Grundtendenz des Entwicklungsprozesses. Einige mögen an die geistigen Kräfte des Planeten glauben, andere mögen sie als Die geistige Hierarchie des Planeten, die grosse Weisse Loge ansehen.