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3. Buch - Die erreichte Vereinigung und ihre Resultate - Teil 5

Die göttlichen Ebenen.

Ebene I. Logoische oder
göttliche................

Das Feuermeer .........................

Gott der 
Vater...............

          Wille.

 

 

 

 

Ebene II.  Monadische 

Akasha 

Gott der Sohn.....

           Liebe-Weisheit.

 

 

 

 

Ebene III. Geistige oder 
                  atmische

Äther 

Gott der Heilige Geist

           Aktive  Intelligenz.

(335)

Ebene der Vereinigung oder Eins-Werdung.

 

 

 

 

 

Ebene IV. Christus oder
               buddhische Ebene.............

Luft.............

Vereinigung........

Harmonie.........

Eins-Sein.

 

 

 

 

 

Die Ebenen des menschlichen Bemühens.

 

 

 

 

 

Ebene V. Mentale ..............................

Feuer.................

 

Spiegelbild des
Feuermeeres.....

Menschlicher Wille.

 

 

 

 

 

Ebene VI. Emotionale oder Astrale

Astrallicht......

 

Spiegelbild
der Akasha.........

Menschliche Liebe
und Verlangen.

 

 

 

 

 

Ebene VII. Physische ..........................

Äther..............

 

Spiegelbild
des Äthers............

Menschliche Aktivität.

Auf allen diesen Ebenen manifestiert sich Bewusstsein, und die (exoterischen und esoterischen) Sinne erzeugen Kontakte.

Ebene

 I.    

Feuer...............................................

Der Atem.

 

 

 

 II.  

Akasha.............................................

Der Ton ................

Hören.....

Das Ohr.

 

III.

Äther................................................

schwingende Resonanz ...

Tastsinn ........

Die Haut.

 

IV.

Luft....................................................

geistige Schau ........................

Sehen.........

Das Auge.

 

 V.

Feuer..................................................

Unterscheidungsvermögen...........

Geschmack........

Die Zunge.

 

VI.

Astrallicht ...........................................

Verlangen .......................

Geruch........

Die Nase
 

       

VII. 

Die Physischen Gegenstücke dazu.

 

 

 

 

 

 

 

Eine andere [336] Darstellungsweise ist folgende:

 

VII. Physische Ebene                  Geruch                          Äther.

VI. Astralebene                            Geschmack                  Astrallicht.

V. Mentalebene                           Gesichtssinn                Feuer.

IV. Buddhische Ebene                 Tastsinn                       Luft.

III. Atmische Ebene                      Hören                          Äther.

II. Monadische Ebene                  Denken                       Akasha.

I. Logoische Ebene                       Synthese.

 

Daraus ist ersichtlich, dass die eine Darstellung den mikrokosmischen Standpunkt, die andere den makrokosmischen Standpunkt wiedergibt; und da der Aspirant bestrebt ist, «frei im Makrokosmos» zu wirken und seine mikrokosmischen Begrenzungen zu überwinden, ist es die erste Kategorie, mit der wir uns befassen müssen.


Wenn wir über diesen Lehrspruch nachdenken, um die Natur oder Wesensart der Ebenen, deren Symbole und Substanzen besser zu begreifen, wird uns klar werden, dass ein Mensch, der das Wesen des Wortes und des zweiten Aspekts versteht, zur Verwirklichung des Hörens gelangt,

Das kann auch mystisch verstanden werden, wenn dem Aspiranten folgendes klar wird: Wenn die Stimme des Verlangens (die astralen Stimmen oder die Schwingungsresonanz auf die drei niederen Ebenen) verdrängt wurde durch die Stimme der Stille oder den Christus im Innern, dann wird das Wort oder der Ton erkannt, und es kommt ein Kontakt mit dem zweiten Aspekt der Göttlichkeit zustande.

1. Die Akasha                           Das Wort                                            Der Ton                               Der zweite Aspekt in Manifestation.

2. Das Astrallicht                      Die Stimmen des Verlangens         Die Wiederspiegelung des zweiten Aspekts.

Auf allen Ebenen [337] sind viele Töne zu vernehmen, aber die grösste Vielfalt besteht auf der physischen Ebene. Der Aspirant muss die Fähigkeit entwickeln, zu unterscheiden zwischen:

1. den Stimmen der Erde                                                                                                  physisch

2. den Stimmen des Verlangens                                                                                      astral,

3. der Sprache oder den formulierten Gedanken des Denkvermögens                   mental,

4. der stillen, leisen Stimme des Christus im Innern                                                    buddhisch,

5. den Stimmen der Götter                 den schöpferischen Worten                            atmisch, 

6. dem Wort oder Ton                          dem AUM                                                           monadisch,

7. dem Atem                                                                                                                       logoisch.

Mit diesen Unterschieden ist symbolisch das Problem des richtigen Hörens auf den verschiedenen Ebenen und in den verschiedenen Bewusstseinszuständen angedeutet. Nur der wahre Mystiker und Aspirant wird das Wesen dieser Unterschiede begreifen.

So wie alle Stoffe unseres manifestierten Sonnensystems Differenzierungen der Akasha (der ersten Differenzierung der Ursubstanz) sind, genau so sind alle diese Lautunterschiede Differenzierungen des einen Tones; alle sind göttlich in Zeit und Raum. Aber alle müssen richtig gehört werden, und alle führen schliesslich zum Aum, das sie in ihrer Gesamtheit bilden, zum Wort der Herrlichkeit, zum makrokosmischen Wort.

Für den Schüler des Raja Yoga sind es jedoch drei Hauptstimmen oder Töne, mit denen er sich einstweilen befassen muss:

1. Die Sprache der Erde, damit er sie richtig anwendet.

2. Die Stimme der Stille, damit er sie hört. Das ist die Stimme seines inneren Gottes, des Christus.

3. Das Aum, das Wort [338] des Vaters, das durch den Sohn zum Ausdruck kommt; wenn der Schüler es hört, bringt es ihn in Berührung mit dem Wort Gottes, das in der ganzen Natur inkarniert ist.

Wenn die Sprache richtig angewendet wird, und wenn auch die Stimmen der Erde zum Schweigen gebracht werden können, dann kann die Stimme der Stille vernommen werden. Hier wäre zu bemerken, dass Hellhören das Wahrnehmen der Stimme der grossen Illusion ist und dem Menschen die Fähigkeit gibt, auf der Astralebene zu hören. Wenn Hellhören am rechten Platz angewendet und durch Wissen vom Denken her überprüft wird, offenbaren sich ihm gewisse Aspekte göttlicher Wesensäusserung in den drei Welten. Es ist noch nicht das geistige Hören, das in diesem Lehrspruch genannt ist. In seinem Kommentar zu diesem Satz sagt Charles Johnston:

«Die Übermittlung eines Wortes durch Gedankenübertragung ist die einfachste und früheste Form «geistigen Hörens» des geistigen Menschen; wenn diese Fähigkeit zunimmt, und wenn der geistige Mensch durch vollkommen konzentrierte Meditation eine grössere Vollkommenheit darin erreicht hat, kann er die Sprache der grossen Gefährten, die ihn auf seinem Weg beraten und ermutigen, hören und klar unterscheiden. Sie können zu ihm in wortlosen Gedanken oder in ganz klaren Worten und Sätzen sprechen».

42. Durch konzentriertes Meditieren über die Beziehung zwischen dem Körper und der Akasha wird die Fähigkeit erlangt, aus der Materie (den drei Welten) aufzusteigen und sich im Raum zu bewegen.

Die Akasha ist überall. In ihr leben wir, wirken wir und haben [339] wir unser Dasein. Es ist alles nur eine Substanz, und im menschlichen Körper finden wir die Entsprechungen zu den verschiedenen Differenzierungen.

Wenn ein Mensch sich selbst kennt und sich der Beziehungen bewusst ist, die zwischen den durch die sieben Zentren wirkenden Energien und den sieben Zuständen der Materie und des Bewusstseins bestehen, dann ist er frei geworden und kann nach Belieben und ohne zeitliche Begrenzung mit allen diesen Zuständen in Kontakt kommen. Eine der sieben Zustände der Materie hat stets eine Beziehung zu dem einen oder anderen Zentrum; durch ein jedes dieser Zentren öffnet sich der Zugang zu einer bestimmten Ebene der planetarischen Sphären. Wenn der Jünger in seinem Leben die verschiedenen Yogamittel, die in den vorhergehenden Büchern behandelt wurden, richtig durchgearbeitet hat, können ihm bestimmte Kenntnisse, gewisse Worte und Formeln anvertraut werden, die ihm durch konzentriertes Meditieren den Himmel öffnen und ihm das Recht geben, durch gewisse Zugänge in das Reich Gottes einzutreten.

43. Wenn das, was das Licht verhüllt, beseitigt ist, tritt der Seins-Zustand ein, der körperlos genannt wird, der frei ist von den Modifikationen des Denkprinzips. Das ist der Zustand der Erleuchtung.

Hier haben wir wieder eine freie Übersetzung, die mehr Wert auf die sinngemäss richtige Wiedergabe des Urtextes, als auf akademische Genauigkeit legt. Der Grund dafür wird uns klar werden, wenn wir einige bekannte Übersetzungen betrachten. Es sind korrekte Übersetzungen, aber sie weisen doppeldeutige Unklarheiten [340] auf, die sich zwangsläufig ergeben, wenn die Sanskritbegriffe wörtlich übersetzt werden.

«Ein äusserliches, nicht angepasstes Fluktuieren ist die grosse Körperlosigkeit; dadurch entsteht ein Dahinschwinden der Verhüllung des Lichts». Woods.

«Die externe, von Gedanken freie Modifikation (des inneren Organs) wird die grosse unkörperliche Modifikation genannt; sie bewirkt die Zerstörung dessen, was die Erleuchtung (des Verstandes) verdunkelt». Tatya.

Vivekananda drückt den Lehrspruch mit folgenden Worten aus: «Durch Anwendung des sanyama (konzentrierter Meditation) auf die «wirklichen Modifikationen» der Denksubstanz ausserhalb des Körpers, "grosse Körperlosigkeit" genannt, schwinde das den Lichtglanz Verhüllende».

Daraus werden die grossen Schwierigkeiten ersichtlich, mit denen alle Übersetzer zu tun haben, und darum die freie Wiedergabe des Satzes.

Zwei Gedanken sind es, die durch diesen Lehrspruch ausgedrückt werden sollen. Der eine bezieht sich auf den Vorhang oder die Verhüllung, welche die Erleuchtung des Denkens verhindert, und der andere auf den Erkenntniszustand, der erreicht wird, wenn ein Mensch sich von dieser Verhüllung frei gemacht hat. Das, was das Licht überdeckt (der «Scheffel», von dem Christus im Neuen Testament spricht) sind die sich wandelnden, fluktuierenden Hüllen oder Körper. Wenn diese umgewandelt und überwunden sind, kann das Licht Gottes (der zweite göttliche Aspekt) den Menschen durchfluten, und er erkennt sich wie er ist. Erleuchtung strömt ein, und er erkennt sich als etwas, das anders ist als die Formen, durch die er [341] wirkt. Er ist nicht mehr in seinen Formen polarisiert oder verankert, sondern ist tatsächlich in einem Bewusstseinszustand der Körperlosigkeit. Sein Bewusstsein ist das eines Menschen, der sich ausserhalb des Körpers befindet, des wahren Menschen auf der ihm eigenen Ebene, der Ebene des wirklichen, entkörperten Denkers. Paulus kannte diesen Seinszustand, denn in seinem 2. Brief an die Korinther (12/2,4) weist er mit folgenden Worten darauf hin:

«Ich kenne einen Menschen in Christo; vor 14 Jahren (ist er in dem Leibe gewesen, so weiss ich's nicht; oder ist er ausser dem Leibe gewesen, so weiss ich's auch nicht; Gott weiss es) ward derselbe entzückt bis in den dritten Himmel.

Und ich kenne denselben Menschen ... er ward entzückt in das Paradies und hörte unaussprechliche Worte, welche kein Mensch sagen kann».

Dieser «dritte» Himmel kann auf zweifache Weise verstanden werden: erstens als Mentalebene, auf der die wahre Heimat des geistigen Menschen, des Denkers, ist; oder als ein ganz bestimmter Zustand, der nur auf der dritten oder höchsten der drei abstrakten Unterebenen der Mentalebene erfahren werden kann.

44. Konzentriertes Meditieren über die fünf Formen eines jeden Elements führt zur Beherrschung der Elemente. Die fünf Formen sind: Die grobstoffliche Form, der arteigene Zustand, die Qualität, das Wesenhafte, der primäre Zweck.

Man sollte beachten, dass diese Aussage über die Formen der Elemente sowohl den Makrokosmos als auch den Mikrokosmos betreffen kann. Sie kann sich auf die fünf Ebenen der monadischen Entwicklung beziehen, oder auf die fünf Formen, die jedes Element [342] auf jeder einzelnen Ebene annimmt, was ja auf die Denkfähigkeit und die Modifikationen des Denkprinzips zutrifft; denn das Denkvermögen ist das fünfte Prinzip, und der Mensch ist der fünfstrahlige Stern und kann darum (als Mensch) nur eine fünffache Erleuchtung erreichen. Es gibt jedoch zwei höhere Formen und zwei andere Arten der Wahrnehmung, nämlich die intuitive und die geistige Erkenntnis. Damit hat aber dieser Lehrspruch nichts zu tun. Das Kopfzentrum ist an sich zweifältig und besteht aus dem Zentrum zwischen den Augenbrauen und dem höchsten Chakra, der tausendblättrigen Lotosblüte.

Das Studium und Verstehen dieses Lehrspruchs würde die vollständige Ausrüstung des weissen Okkultisten für alle Arten magischen Wirkens ergeben. Hier sind nicht die Elemente gemeint, wie wir sie kennen, sondern die elementare Substanz, aus der alle groben Formen gemacht sind. Gemäss der zeitlosen Weisheit gibt es Substanz in fünf Abstufungen, die gewisse Eigenschaften haben. Diese fünf Grade der Substanz sind die fünf Ebenen der monadischen Entwicklung; sie bilden die fünf Schwingungsbereiche, in denen sich Menschen und übermenschliche Wesen befinden. Eine jede dieser fünf Ebenen hat eine besondere Eigenschaft, deren Entsprechung die fünf Sinne sind.

Ebene                                    Natur                                          Sinn                                  Zentrum

Irdische                                 Physische                                   Geruch                             Basis der Wirbelsäule

Astrale                                   Emotionale                                Geschmack                      Sonnengeflecht

Manasische                           Mentale                                      Gesicht                             Kopf

Buddhische                           Intuitive                                      Gefühl                               Herz

Atmische                                Geistige                                      Gehör                               Kehle

In dem [343] Werk «Eine Abhandlung über kosmisches Feuer» wird darauf hingewiesen, dass diese Sinne und ihre Entsprechungen von der Entwicklungsstufe des Menschen abhängig sind; H.P. Blavatsky hat bei der Aufzählung der Prinzipien genau dasselbe gesagt.

Der obige Lehrspruch kann daher sowohl auf die Meisterung einer jeden Ebene, als auch auf die Meisterung der Elemente, aus denen diese Ebene besteht, angewendet werden. Er bezieht sich auf die Beherrschung und Nutzbarmachung aller feinstofflichen Hüllen, vermittels deren ein Mensch mit einer Ebene oder einer bestimmten Schwingungsfrequenz in Kontakt kommt.

Ganganatha Iha sagt in seinem guten Kommentar: «Die spezifischen Eigenschaften, Schall und alles übrige, was zur Erde gehört, desgleichen die Eigenschaften der Form oder Gestalt, alles das wird als «grob» bezeichnet. Das ist die erste Form der Elemente. Die zweite Form ist das Wesensmerkmal eines jeden Elements. Feste Gestalt für das Element Erde, Flüssigkeit für das Wasser, Hitze für das Feuer, Windesschnelle für die Luft und Allgegenwart für die Akasha. Die spezifischen Formen dieser Gattungsarten sind Schall und die übrigen zur Erde gehörenden». Er gibt dann eine Übersetzung des vierundvierzigsten Lehrspruchs, die (mit Ausnahme der Version Johnston) mit allen anderen übereinstimmt und folgenden Wortlaut hat:

«Die Beherrschung der Elemente durch Sanyama bezieht sich auf die Grobstofflichkeit, die Wesensmerkmale, die Feinstofflichkeit, das anhaftende Wesen und die Zweckdienlichkeit».

1. Grobstofflichkeit, grobe Natur.

Gehör und die anderen Sinne, so wie sie auf der physischen Ebene bestehen. Man muss beachten, dass diese Ebene die grobe Summierung aller anderen Ebenen ist. Geist ist an seinem tiefsten Punkt Materie.

2. Der arteigene Zustand, die elementare Form.

Die Art der [344] spezifischen Merkmale der Elemente.

3. Feinstofflichkeit oder Qualität.

Der atomare Grundstoff eines jeden Elements. Das, was seine sinnenfällige Wirkung hervorruft. Es ist das, was hinter aller Wahrnehmung und allen fünf Sinnen liegt. Ein anderes Wort für diese «feinstoffliche» Form ist Tanmatra.

4. Das eingepflanzte Wesen oder Gepräge.

Das ist die alles durchdringende Natur oder Wirkkraft eines jeden Elements; seine innewohnende Beschaffenheit. Es ist die Gesamtheit der drei Gunas-Tamas, Rajas und Sattva. Jedes Element ist entsprechend seinem Platz im Gesamtplan der Schöpfung gekennzeichnet durch Trägheit, Aktivität oder Rhythmus. Die Eigenschaften wohnen der Substanz inne. Nur die Schwingungsfrequenz ist verschieden. Auf einer jeden Ebene gibt es eine Entsprechung zu einem jeden Element.

5. Zweckdienlichkeit, oder der zugrundeliegende Zweck.

Das ist die richtige Nutzanwendung eines jeden Elements im grossen Werk der Evolution. Es ist tatsächlich die in jedem Substanz Atom verborgene Kraft, die es (durch alle Naturreiche hindurch) zum Selbstausdruck antreibt und befähigt, die ihm gestellte Aufgabe in Zeit und Raum durchzuführen und schliesslich zu vollenden.

Wenn der Wissende durch konzentriertes Meditieren über die fünf unterschiedlichen Formen aller Elemente zur Erkenntnis all ihrer Eigenschaften und Wesensmerkmale gelangt ist, dann kann er in verständnisvoller Weise am grossen Plan mitarbeiten und ein weisser Magier werden. Die meisten Menschen können jetzt höchstens drei der Formen erkennen; das wird in «Licht auf dem Pfad» [345] mit folgenden Worten angedeutet: «Erforsche die Erde, die Luft und das Wasser, und dringe ein in ihre Geheimnisse. Die Entwicklung des inneren Sinnes wird dich dazu befähigen».

45. Durch diese Meisterung werden die Fähigkeit, sich mit dem kleinsten Teilchen zu identifizieren, und die übrigen Siddhis (oder Kräfte) erlangt, dazu noch körperliche Vollkommenheit und Freisein von allen Behinderungen.

Gegen Ende eines jeden dieser drei Bücher über Raja Yoga kommt ein Lehrspruch, der die Resultate zusammenfasst und einen Ausblick gibt auf das, was dem beharrlich strebenden, intelligenten Menschen möglich ist. Es sind folgende Sätze:

«So erstreckt sich die Erkenntnis des Menschen vom unendlich Kleinen zum unendlich Grossen, und sein Wissen vom Annu (dem Atom oder kleinsten Teilchen) bis zum Atma (oder Geist) vervollkommnet sich». (Buch I, Lehrspruch 40)

«Diese Mittel bewirken die völlige Beherrschung der Sinnesorgane». (Buch II, Lehrspruch 55)

«Durch diese Meisterung werden die Fähigkeit, sich mit dem kleinsten Teilchen zu identifizieren, und die übrigen Siddhis (oder Kräfte) erlangt, auch körperliche Vollkommenheit und Freisein von allen Behinderungen». (Buch III, Lehrspruch 45)

Daraus ist zu ersehen, dass zuerst die geistige Schau und die innere Vergegenwärtigung Gottes erreicht werden muss; dann folgt die völlige Unterwerfung der niederen Natur und die Beherrschung der Sinne und ihrer Organe, so dass die Erkenntnis zu einer Tatsache im Leben auf der physischen Ebene wird; und dann folgt als Auswirkung dieser Beherrschung die Entfaltung gewisser Kräfte.

Das ganze [346] vierte Buch behandelt die grosse Vollendung, die aus den oben angeführten drei Resultaten erwächst, und die folgendes bewirkt:

1. Sorgen und Mühen hören auf. (Lehrspruch 30)

2. Unbegrenztes Wissen wird erlangt. (Lehrspruch 31)

3. Der Erlöste geht in die Ewigkeit ein. (Lehrspruch 33)

4. Das Bewusstsein kehrt zu seinem Mittelpunkt zurück. (Lehrspruch 34)

Nun zu unserem Lehrspruch. Die acht Siddhis oder psychischen Kräfte werden häufig die acht Vollkommenheiten genannt; zusammen mit den beiden anderen sind es die zehn Vollkommenheiten, soweit sie den niederen Menschen betreffen.

1. Kleinheit ... Anima. Das ist das Vermögen des Yogi, «sich so klein zu machen wie ein Atom», d.h. sich mit dem kleinsten Teilchen des Universums zu identifizieren, weil er weiss, dass das Selbst in diesem Atom eins ist mit ihm selbst. Das ist der Tatsache zuzuschreiben, dass die Anima Mundi (oder die Weltseele) in allen Aspekten göttlichen Lebens im ganzen Universum enthalten ist.

II. Grösse ... Mahima. Das ist die Fähigkeit, sein Bewusstsein auszudehnen und auf diese Weise sich in das grössere Ganze genauso hineinzuversetzen wie in den kleineren Teil.

III. Schwere ... Garima. Das betrifft Gewicht und Masse und hängt mit dem Gesetz der Schwerkraft zusammen, das ein Aspekt des Gesetzes der Anziehungskraft ist.

IV. Leichtigkeit ... Laghima. Das ist die Wirkkraft, die dem Phänomen der Levitation zugrunde liegt. Es ist die Fähigkeit des [347] Adepten, die Anziehungskraft des Planeten zu überwinden und die Erde zu verlassen. Sie ist das Gegenteil der dritten Fähigkeit.

V. Die Kraft, das Ziel zu erreichen ...Prapti. Das ist die Fähigkeit des Yogis, das Erstrebte zu erringen, mit seiner Erkenntniskraft bis zu jedem beliebigen Ort hin vorzudringen und alles, oder jeden Ort, den er erreichen will, zu erreichen. Daraus ist ersichtlich, dass sich die Anwendung dieser Kraft - wie aller Siddhis - auf alle Ebenen in den drei Welten bezieht.

VI. Unwiderstehlicher Wille ... Prakamya. Diese Kraft wird manchmal als Machtvollkommenheit bezeichnet. Es ist jene treibende, unwiderstehliche Kraft in jedem Adepten, welche die Durchführung seiner Pläne, das Erreichen seiner Wünsche und die Verwirklichung seiner Ideen zustande bringt. Diese Qualität ist das herausragende Merkmal sowohl des schwarzen wie des weissen Magiers. Sie manifestiert sich zwangsläufig am stärksten auf jener Ebene in den drei Welten, die den Willensaspekt der Göttlichkeit widerspiegelt - auf der Mentalebene. Alle Elemente gehorchen dieser Willenskraft, wenn sie vom Yogi angewendet wird.

VII. Schöpferische Kraft ... Isatsa. Diese Kraft bezieht sich auf die Fähigkeit des Adepten, mit den Elementen in ihren fünf Formen umzugehen und mit ihnen objektive Wirklichkeiten zu schaffen, und so auf der physischen Ebene schöpferisch tätig zu sein.

VIII. Befehlsgewalt ... Vasitsa. Der Magier, der die Elementarkräfte der Natur beherrscht, übt diese Macht aus; sie ist die Grundlage des Mantra Yoga, des Yoga des Tones oder des schöpferischen Wortes. Schöpferische Kraft, die siebente der psychischen Kräfte, betrifft die Elemente und deren Belebung, so dass sie zu «wirkenden Ursachen» werden. Diese Kraft, die achte, bezieht sich [348] auf die Macht des Wortes, die aufbauenden Kräfte der Natur zur Kohäsion anzutreiben, damit Formen entstehen.

Wenn diese acht Kräfte wirksam sind, ergibt sich die neunte, die körperliche Vollkommenheit, denn der Adept kann sich einen Körper schaffen, der seinen Bedürfnissen angepasst ist; er kann damit machen, was er will, und so sein Ziel erreichen. Schliesslich wird die zehnte Kraft zur vollen Auswirkung kommen, und keine Form wird den Yogi an der Durchführung seines Wollens hindern können. Er ist befreit von der Form und deren Eigenschaften.

46. Ebenmass der Form, Schönheit der Farbe, Stärke und diamantene Festigkeit gehören zur körperlichen Vollkommenheit.

Viele Erklärer geben diesem Lehrspruch eine rein physische Deutung, aber er umfasst viel mehr. In sorgfältig gewählten Worten (die in unserer Sprache nur umschrieben werden können) ist hier der Zustand des dritten Aspekts, des Formaspekts, beschrieben, durch den der zweite Aspekt, der Christus-Aspekt, sich manifestiert. Dieser dritte Aspekt ist selbst dreifältig, bildet aber ein zusammenhängendes Ganzes; und darum werden vier Bezeichnungen gebraucht, um dieses persönliche Selbst zu beschreiben. Der Okkultist befasst sich niemals mit dem dichten physischen Körper. Er betrachtet den Ätherkörper als die wahre Form, und den dichten Körper nur als das Material, das die Form ausfüllt. Der Ätherkörper ist die eigentliche wesentliche Form, das Grundgefüge oder Gerüst, an das sich der dichte Körper notwendigerweise anpasst. Diese Form [349] muss symmetrisch sein, das heisst genau nach den Massen des Entwurfs geschaffen sein, und ihr Hauptmerkmal ist die geometrische Genauigkeit ihrer vielen Einheiten. Der Emotional- oder Astralkörper zeichnet sich bekanntlich durch Farbenreichtum aus, und je nach der Entwicklungsstufe sind die Farben entweder schön, klar und durchsichtig, oder aber hässlich, dunkel und wolkig. Der Astralkörper des Adepten ist von strahlender Schönheit; in ihm sind keine Farben von niederer Schwingung. Der höchste Aspekt des persönlichen Selbstes, der Mentalkörper, schwingt dann nach dem höchsten Aspekt des Geistes, der Wille, Macht oder Stärke ist - es ist gleich, welches dieser Worte dafür gebraucht wird. Stärke, Schönheit der Form, die Widerspiegelung von Macht, Liebe und Tätigsein, das sind die Merkmale der Erscheinungsform eines jeden Gottessohnes, der in sein Reich eingetreten ist. Die vierte Bezeichnung weist auf die Idee der Einheit hin, auf den Zusammenhang der drei, das heisst, dass sie als ein Ganzes und nicht unabhängig voneinander wirken. Der Mensch ist also die Drei in Einem und der Eine in Dreien, so wie es sein Vater im Himmel ist. Er ist «gemacht nach dem Bilde Gottes».

Zwei Worte werden von Übersetzern gebraucht, um den Gedanken der fest zusammenhaltenden Kraft zu vermitteln, nämlich Diamant und Blitzstrahl. Von dem Menschen, der die höchste aller planetarischen Einweihungen empfangen hat, wird gesagt, dass er «klar wie ein Diamant» ist; er kann in vollkommener Weise das reine weisse Licht durchlassen und dennoch alle Farben des Regenbogens (die sieben Farben der chromatischen Skala) reflektieren. Seine Persönlichkeit wird hier mit dem gleichen Ausdruck bezeichnet, denn sie ist ein Instrument geworden, um das innere Licht weiterzuleiten und auszustrahlen.

Die Bezeichnung «Blitzstrahl» ist [350] ebenfalls zutreffend, da sie den Begriff der elektrischen Kraft vermittelt. Was wir bestenfalls von Gott oder dem Menschen wissen können, ist die Qualität seiner Energie, die sich kundtut in Kraft und Wirksamkeit. In der Geheimlehre wird darum der höchste Aspekt der Göttlichkeit elektrisches Feuer genannt,

47. Meisterung der Sinne wird erreicht durch konzentriertes Meditieren über ihr Wesen, ihre besonderen Attribute, ihre Ich-Bezogenheit, ihre Durchdringungsfähigkeit und ihre Zweckdienlichkeit.

Lehrspruch vierundvierzig behandelte vorwiegend die Objektivität und die Natur der fünf Formen, die jedes Element annimmt. Dieser Lehrspruch befasst sich mit dem, was subjektiv ist, und mit dem subtilen Werkzeug, vermittels dessen Formen wahrgenommen und auch für besondere Zwecke verwendet werden können. Wir befassen uns hier mit den Indriyas oder den Sinnen, die von den Hindu-Philosophen gewöhnlich in zehn statt in fünf eingeteilt werden. Sie teilen die fünf Sinne in zwei Gruppen ein, in die der Sinnesorgane, wie zum Beispiel das Auge, die Nase etc., und in die Fähigkeiten, die es dem Auge möglich machen, zu sehen, und der Nase, zu riechen.

Wenn also der Aspirant die Sinne betrachtet, erforscht er sie in fünffacher Hinsicht und ausserdem ihre Beziehung zu den Entsprechungen auf der Astral- und Mentalebene. Diese fünf Gesichtspunkte sind folgende:

1. Ihr Wesen. Er studiert jeden Sinn in seiner zweifachen Aufgabe; einmal als äusseres Instrument, und zum anderen die innere [351] Fähigkeit dieses Instruments, auf gewisse Schwingungseindrücke zu reagieren. Er weiss zum Beispiel, warum das Sinnesorgan Auge nur auf jene Einwirkungen reagiert, welche den Zustand des Sehens hervorrufen, nicht aber auf jene Einwirkungen, die den Duft oder Geruch verursachen. Er unterscheidet daher zwischen den Sinnen und lernt dadurch, den Kontaktweg eines Schwingungsimpulses bis zu seinem Ursprung zurück zu verfolgen; und er tut das in intelligenter Weise, nicht nur blindlings.

2. Ihre besonderen Attribute. Dann erforscht er die Qualität der Sinne und legt dabei weniger Wert auf den betreffenden einzelnen Sinn, als auf das besondere Attribut des Sinnes und auf das, was uns dieses Merkmal im Makrokosmos erschliesst.

3. Ichbezogenheit bezieht sich auf die «Ich»-erzeugende Fähigkeit, die für den Menschen so ausserordentlich bezeichnend ist und so den sechsten Sinn hereinbringt, das Denkvermögen, das die anderen fünf Sinne zusammen interpretiert. Der Mensch hat die Fähigkeit, zu sagen: «ich sehe», «ich rieche» - ein Tier kann das nicht.

4. Durchdringungsfähigkeit. Alle Sinne können sich unendlich ausdehnen; jeder Sinn, dessen Weg bewusst verfolgt, und der nutzbar gemacht wird, kann den Menschen in drei Hauptrichtungen führen:

a. Zum Mittelpunkt aller Dinge, zurück zum Herzen Gottes.

b. Zu einer engen Verbundenheit mit einem Mitmenschen, so dass er sich mit ihm telepathisch in Verbindung setzen kann, wenn es wünschenswert erscheint.

c. Zum Kennenlernen aller Formen.

Für den [352] Durchschnittsmenschen gibt es nur das, was er hören, fühlen, sehen, schmecken und riechen kann; nur fünf Wege, wie er etwas erfahren und wissen kann. Es gibt für ihn nur fünf Reaktionsmöglichkeiten auf Schwingungen irgendwelcher Art; und in unserem Sonnensystem gibt es nichts anderes als vibrierende Energie, Gott in wirkender Bewegung. Diese fünf Wahrnehmungsarten bringen ihn mit den fünf Elementen in Verbindung. Wenn der Aspirant das erkannt hat, eröffnen sich ihm unendliche Möglichkeiten. Dem fortgeschrittenen Menschen erschliessen sich später andere und höhere Schwingungsbereiche, wenn er das Denken nicht nur als ein die fünf Sinne integrierendes Instrument, sondern auch als sechsten Sinn benutzen kann. Das ist das Ziel aller Raja-Yoga-Übungen. Durch das Denken wird das Seelenreich genau so wahrgenommen wie durch die Sinne die objektive Welt.

5. Zweckdienlichkeit. Wenn der Adept die Beziehung der fünf Sinne zu den fünf Elementen erkannt und das Gesetz der Schwingung erforscht und gemeistert hat, kann er dann alle Kräfte und Fähigkeiten seines Wesens für nützliche Zwecke einsetzen. Er kann dann nicht nur mit allen Teilen unseres planetarischen Systems in Verbindung treten, sondern er kann auch einsichtsvoll und weise alle jene Teile seines eigenen Wesens nutzen, die mit dem Wesen Gottes verbündet und in Übereinstimmung sind, wie es sich im Makrokosmos offenbart.