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1. Buch - Das Problem der Vereinigung - Teil 2

Das Wort «überliefert» bringt [30] die Gedanken des Lesers von dem ab, was für gewöhnlich als Objekt sinnlicher Wahrnehmung angesehen wird, und führt ihn hinein in die Welt der Gedankenformen, in jenes «Gestrüpp der Täuschungen», das durch die Vorstellungen des Menschen von Gott, Himmel und Hölle entstanden ist. Die Sublimierung all dessen und ihr höchster Ausdruck in den drei Welten ist das «Devachan», das Ziel für die meisten Menschen. Devachanisches Erleben muss jedoch schliesslich in nirvanische Erkenntnis oder Bewusstheit umgewandelt werden. Der Leser sollte indes beachten, dass der Himmel, das Objekt sehnsüchtigen Verlangens, das Ergebnis überlieferter Lehren und der Formulierungen doktrinärer Glaubensbekenntnisse, für den Okkultisten mehrere Bedeutungen hat. Des klaren Verstehens wegen sollen hier folgende angeführt werden:

1. Himmel, jener Bewusstseinszustand auf der Astralebene, der die Verwirklichung sehnsüchtigen Verlangens des Aspiranten nach Ruhe, Frieden und Glück ist. Er ist auf «Formen der Freude» begründet. Er ist ein Zustand der Sinnenfreude, und da er von jedem Einzelwesen für sich selbst errichtet wird, ist er ebenso verschiedenartig wie die Menschen, die an ihm teilhaben. Die Loslösung von diesem Himmel muss erreicht werden. Es ist erkannt worden, dass sich das niedere Selbst und der des physischen Körpers ledige Mensch vor seinem Übergang aus dem Astralkörper zur Mentalebene an diesem Himmel erfreut.

2. Devachan ist jener Bewusstseinszustand auf der Mentalebene, in den die Seele eintritt, wenn sie den Astralkörper abgelegt hat und sich im Bereich ihres Mentalkörpers betätigt. Das Devachan ist von höherer Rangordnung als der gewöhnliche Himmel, und die darin [31] erlebte Glückseligkeit ist mehr mentaler Art als das, was wir im allgemeinen darunter verstehen; sie ist aber immer noch ein Erlebnis der niederen Formenwelt und wird überschritten, wenn das Nicht-Anhangen erreicht wurde.

3. Nirvana ist der Zustand, in den der Adept eingeht, wenn ihn seine Neigungen oder sein Karma nicht mehr an die drei niederen Welten fesseln; er erlebt diesen Zustand, wenn er:

a. gewisse Einweihungen erwirkt,

b. sich von den drei Welten befreit und

c. seinen Christus-Körper systematisch aufgebaut hat.

Genau genommen sind jene Adepten, die das Nicht-Anhangen erreicht, aber das Opfer auf sich genommen haben, bei den Menschen zu bleiben, um ihnen zu dienen und zu helfen, keine Nirvanis im eigentlichen Sinn. Sie sind Herren des Mitleids, die sich verpflichtet haben, gewisse Zustände zu ertragen und sich Bedingungen zu unterwerfen, die zwar denen der Menschen, die noch an der Formwelt hängen, entsprechen, aber nicht die gleichen sind.

16. Das Erringen dieses Nicht-Anhangens führt zu einer genauen Kenntnis des geistigen Menschen, der sich von den Eigenschaften der Materie, den Gunas, freigemacht hat.

Beim Durchdenken dieses Lehrspruchs müssen vom Leser gewisse Punkte beachtet werden:

1. Dass der geistige Mensch die Monade ist.

2. Dass der Höhepunkt des Entwicklungsprozesses nicht nur die Befreiung der Seele von den Begrenzungen der drei Welten mit sich bringt, sondern auch den geistigen Menschen von allen Begrenztheiten [32] freimacht, sogar von denen der Seele. Das Ziel ist Formlosigkeit, das Freisein von der objektiven und greifbaren Manifestation; und die wahre Bedeutung dessen wird dem Schüler klar, wenn er sich vor Augen hält, dass Geist und Materie in der Manifestation eins sind. Unsere sieben Ebenen sind ja die sieben Unterebenen der niedrigsten kosmischen Ebene, der physischen. Folglich wird erst «das Ende der Zeiten» und die Auflösung eines Sonnensystems die wahre Bedeutung der Formlosigkeit enthüllen.

3. Die Gunas sind die drei Eigenschaften der Materie, die drei Wirkungen, die hervorgerufen werden, wenn makrokosmische Energie, das Leben Gottes, das unabhängig vom Annehmen einer Form besteht, die Materie durchkraftet und in Bewegung setzt. Die drei Gunas sind:

1. Sattva        Energie des Geistes/Monade                              Vater                                       Rhythmus oder harmonische Schwingung.

2. Rajas          Energie der Seele/Ego                                          Sohn                                        Beweglichkeit oder Aktivität.

3. Tamas        Energie der Materie/Persönlichkeit                   Heiliger Geist                         Trägheit (Schwere, Dunkelheit).

Diese drei Qualitäten entsprechen der Qualität eines jeden der drei Aspekte, die das eine Leben ausdrücken.

In einer so kurzen Erläuterung wie dieser ist es nicht möglich, dieses Thema weiter auszuführen; man bekommt aber eine Ahnung von dem Sinn und Zweck des vollendeten Nicht-Anhangens, wenn man es auf den Makrokosmos oder Mikrokosmos anwendet. Alle drei Gunas wurden benützt, volle Erfahrung wurde mittels der Form erworben; durch das Anhangen und Gebundensein an Erscheinungsformen wurden Bewusstsein und Wahrnehmungsvermögen entwickelt; alle Hilfsmittel wurden nutzbar gemacht, und der [33] geistige Mensch (sei es ein Logos oder ein Erdenbürger) hat keine weitere Verwendung dafür. Er ist daher frei geworden von den Gunas und vom Zwang, eine Form annehmen zu müssen, an die ihn nichts mehr bindet; er hat einen neuen Bewusstseinszustand erreicht, über den zu spekulieren für uns zwecklos wäre.

17. Ein sicheres Wissen über ein Objekt wird durch Konzentration auf dessen vierfältige Natur erlangt; die Form wird durch genaue Prüfung, die Qualität (der Guna) durch scharfsinnige Beobachtung und Einfühlung, der Zweck durch Inspiration (beglückende Erfahrung), und die Seele durch Einswerden mit ihr erkannt.

Daraus wird ersichtlich, dass die Aussage «wie der Mensch denkt, so ist er», auf okkulten Tatsachen beruht. Eine jede Form hat eine Seele, und diese Seele (das bewusste Prinzip) ist identisch mit der in der menschlichen Form; sie ist identisch im Wesen, wenn auch nicht im Grad der Entwicklung. Das gilt auch für die grossen Lebenszentren, die übermenschlichen Existenzen, in denen der Mensch selbst «lebt, webt und ist» (Apostelgeschichte 17:28) und deren Entwicklungsgrad er erstrebt.

Dadurch, dass der Aspirant sorgfältig die «Objekte» wählt, über die er meditieren will, schafft er sich eine Leiter, auf der er schliesslich zum Formlosen gelangt. Wenn sein Denken in zunehmendem Mass die meditative Haltung der Seele annimmt, unterwirft sich auch das Gehirn immer mehr dem Denkvermögen, so wie sich dieses dem Geheiss der Seele unterwirft. Auf diese Weise identifiziert sich der niedere Mensch allmählich mit dem geistigen Menschen, der allwissend und allgegenwärtig ist.

Diese meditative [34] Haltung wird durch einen vierfachen Prozess erreicht:

1. Meditation über die Natur irgendeiner besonderen Form; dabei wird einem klar, dass die Form nur das Symbol einer inneren Wirklichkeit ist; dass unsere ganze greifbare objektive Welt aus Formen jeglicher Art (menschlichen, untermenschlichen und übermenschlichen) besteht, die das Leben unzähliger empfindender Wesen zum Ausdruck bringen.

2. Meditation über die Qualität irgendeiner besonderen Form, so dass man zu einem Verständnis ihrer subjektiven Energie kommt. Dabei muss man berücksichtigen, dass man die Farbe eines Objektes als dessen Energie ansehen oder werten kann. In diesem Zusammenhang sind die Worte Patanjalis in Buch IV, 17 aufschlussreich und können als Erläuterung dieses zweiten Punkts dienen. Das ist das «scharfsichtige Interesse», und dadurch kommt der Schüler zu dem Wissen um die in ihm selbst vorhandene Energie, die eins ist mit der Energie im Gegenstand der Meditation.

3. Meditation über den Zweck irgendeiner besonderen Form. Das bedingt ein sorgfältiges Nachdenken über die Idee, die einer jeden Erscheinungsform zugrunde liegt, und über die Energie, die sich durch diese Form offenbart. Dies führt den Aspiranten dahin, dass er jenen Teil des Planes (oder der Zielsetzung) des Ganzen erkennt, der die treibende Kraft in der Aktivität der Form ist. So kommt er durch den Teil in Berührung mit dem Ganzen, und es findet eine Bewusstseinserweiterung statt, die Glückseligkeit oder Freude zur Folge hat. Glückseligkeit stellt sich immer ein, wenn die Einheitlichkeit (oder Übereinstimmung) des Teiles mit dem Ganzen erkannt wird. Aus der Meditation über die Tattvas, die Energien [35] oder Prinzipien, oder über die Tanmatras, die Elemente, die Geist-Materie zusammenfügen, erwächst ein Wissen um den Sinn und Zweck mikrokosmischer oder makrokosmischer Manifestation; und mit diesem Wissen kommt Glückseligkeit.

In diesen drei Arten der Meditation sind Entsprechungen zu den drei Aspekten Geist, Seele und Körper zu finden, die für den ernsthaft Forschenden aufschlussreich sind.

4. Meditation über die Seele, welche die Form benutzt und zur Tätigkeit antreibt, und die in Übereinstimmung mit dem Plan wirkt. Diese Seele, die eins ist mit allen Seelen und mit der Allseele, dient ebenfalls dem einen Plan und ist gruppenbewusst.

Durch diese vier stufenweise fortschreitenden Meditationen über ein Objekt erreicht der Strebende sein Ziel; er erkennt die Seele und ihre Kräfte. Er erkennt bewusst die Wesensgleichheit mit der einen Wirklichkeit, und zwar in seinem physischen Gehirn. Er findet die Wahrheit, die er selbst ist und die in jeder Form und in jedem Naturreich verborgen ist. So wird er schliesslich, nachdem er sich als Seele erkannt hat, die All-Seele erkennen und mit ihr einswerden.

18. Ein weiterer Zustand, das Samadhi, wird erreicht, wenn durch äusserste Gedankenkonzentration die Sinne von der Aussenwelt abgelenkt und ruhig werden. In diesem Zustand ist das Chitta (die Denksubstanz) nur für innere Eindrücke empfänglich.

Das Wort «Samadhi» wird verschiedenartig gedeutet und für verschiedene Bewusstseinszustände angewendet, die der Yogi erreichen kann. Daher ist es für den Durchschnittsschüler, der die verschiedenen Erläuterungen studiert, etwas schwierig zu verstehen.

Vielleicht lässt sich seine Bedeutung am leichtesten erfassen, wenn man daran denkt, dass das Wort «Sama» sich auf die Fähigkeit der [36] Denksubstanz (Chitta) bezieht, Formen anzunehmen, das heisst, sich entsprechend den äusseren Eindrücken zu verändern. Diese von aussen kommenden Eindrücke erreichen das Denken über die Sinne. Wenn der Yoga-Aspirant seine sinnlichen Wahrnehmungsorgane so beherrschen kann, dass sie ihre Reaktionen auf Wahrnehmungen nicht mehr an das Denkvermögen telegraphieren, wird zweierlei erreicht:

a. Das physische Gehirn wird ruhig und still.

b. die Denksubstanz (der Mentalkörper, das Chitta) hört auf, die verschiedenartigen Modifikationen anzunehmen, und wird ebenfalls ruhig.

Das ist eine der ersten Stufen des Samadhi, aber nicht das Samadhi des Adepten. Es ist ein Zustand intensiver innerer Tätigkeit, der an die Stelle der äusseren Tätigkeit tritt, ein Zustand äusserster Konzentration. Der Aspirant ist jedoch für Eindrücke aus subtileren Bereichen und für Modifikationen empfänglich, die durch Wahrnehmungen entstehen, die aus noch tieferen Bereichen kommen. Er wird sich eines neuen Erkenntnisbereichs bewusst, obwohl er noch nicht weiss, was das alles zu bedeuten hat. Er stellt fest, dass es eine Welt gibt, die mit Hilfe der fünf Sinne nicht erkannt, aber durch den richtigen Gebrauch des Denkorgans offenbar werden kann. Er bekommt eine Vorstellung vom tieferliegenden Sinn der Worte eines später folgenden (von Charles Johnston übersetzten) Lehrspruchs, der diesen Gedanken in besonders klaren Worten ausdrückt:

«Der Seher ist reines Erkennen (Erschauen) ... er sieht die dargestellte Idee durch das Medium der Denkfähigkeit». (Buch II, 20) [37] Der vorhergehende Lehrsatz behandelte die Meditation mit einem Saatgedanken, das heisst mit einem Objekt; dieser Lehrsatz weist auf die nächste Stufe hin, auf Meditation ohne Saatgedanken, also ohne das, was das physische Gehirn als ein Objekt erkennen würde.

Hier könnte es von Nutzen sein, die sechs von Patanjali behandelten Meditationsstufen anzuführen, da sie ein Schlüssel zum gesamten Entwicklungsprozess sind, mit dem sich dieses Buch befasst:

1. Aspiration

2. Konzentration

3. Meditation

4. Kontemplation

5. Erleuchtung

6. Inspiration.

Es muss hier betont werden, dass der Schüler mit der Aspiration beginnt, mit dem Streben nach dem, was noch über sein Verstehen hinaus geht; und zuletzt kommt die Inspiration das beglückende Erfahren dessen, was er zu erkennen suchte. Aus Konzentration ergibt sich Meditation, und diese wird zur Kontemplation.

19. Der eben beschriebene Zustand (Samadhi) geht nicht über die Grenzen der Erscheinungswelt hinaus; er geht auch nicht über die Welt der Götter und jener Wesen hinaus, die mit Dingen unserer Welt zu tun haben.

Hier muss bemerkt werden, dass die auf Grund der Lehrsprüche 17 und 18 erzielten Ergebnisse den Aspiranten nur bis an den Rand des Seelenbereichs führen, des neuen Erkenntnisgebietes, dessen er bewusst geworden ist. Er ist immer noch auf die drei Welten beschränkt. Er hat lediglich erreicht, dass die Modifikationen des [38] Mentalkörpers zur Ruhe gekommen sind, so dass zum erstenmal der Mensch (auf der physischen Ebene und in seinem physischen Gehirn) sich dessen bewusst wird, was hinter diesen drei Welten liegt ... nämlich der Seele und dessen, was sie erschaut und weiss. Seine Verbindung mit der Seele muss noch fester werden (siehe Lehrspruch 23 und 28); und wenn er sich dann in das Bewusstsein des wirklichen, des geistigen Menschen hineinversetzt hat, muss er von diesem neuen und höheren Standpunkt aus mit der Arbeit beginnen.

Einigen Übersetzern zufolge ist es ein Zustand, in dem der Aspirant die «Regenwolke der erkennbaren Dinge» sieht. Die Regenwolke hat sich noch nicht so stark kondensiert, dass der Regen aus den Höhen des Himmels auf die physische Ebene herabfallen kann, das heisst, dass die «erkennbaren Dinge» dem physischen Gehirn erkennbar werden. Starke Konzentration und die Stillung der niederen Modifikationen bewirken, dass die Wolke vom Aspiranten wahrgenommen wird; erst wenn die Seele, der Meister, die Kontrolle übernommen hat, kann das Wissen der Seele über den sechsten Sinn, das Denkvermögen, in das physische Gehirn einströmen.

Die Wissenschaft vom Raja Yoga ist eine wirkliche Wissenschaft; das wahre Samadhi, die Verwirklichung, kann aber nur dann erreicht werden, wenn die Schüler in der richtigen Weise vorgehen und die wissenschaftlichen Methoden anwenden.

20. Andere Yogis erreichen den Zustand des Samadhi und kommen zur Erkenntnis des reinen Geistes durch den Glauben; diesem folgen Energie, Erinnern, Meditation und rechte Wahrnehmung.

Bei den bis bisher genannten Yogi-Gruppen [39] war die Wahrnehmung auf die Welt der Erscheinungen beschränkt; darunter dürfen wir aber nur die drei Welten mentaler Wahrnehmung, astraler Wahrnehmung und der physischen Sinne verstehen. Mit den Energien, die körperliche Verdichtung erzeugen, und mit der treibenden Kraft des Denkens, die auf der physischen Ebene Wirkungen hervorruft, besteht Kontakt, und beide sind bekannt. Hier aber versetzt sich der Yogi in zunehmend geistige und subtilere Bereiche, und er wird sich dessen bewusst, was das Selbst (in seinem wahren Wesen) wahrnimmt und erkennt. Er dringt in die Welt der Ursachen ein. Man könnte sagen, dass die erste Gruppe aus all denen besteht, die den Pfad der Jüngerschaft gehen, der sich über die Zeit vom Betreten des Probepfads bis zur zweiten Einweihung erstreckt. Die zweite Gruppe besteht aus jenen höheren Jüngern, die ihre gesamte niedere Natur beherrscht und umgewandelt haben und sodann mit ihrer Monade, dem Geist (oder «Vater im Himmel») in Verbindung kommen und erkennen können, was diese Monade wahrnimmt.

Erkenntnis der ersten Art wird denen zuteil, die dabei sind, die sechs niederen Zentren im Kopfzentrum zu vereinigen; dies erfolgt in der Weise, dass zuerst die Kräfte der niederen vier Zentren umgewandelt und in die drei höheren übertragen werden; sodann erfolgt die Übertragung der Energien des Herz- und Kehlzentrums in das Kopfzentrum. Die Angehörigen der zweiten Gruppe benützen, da sie das Gesetz kennen, sämtliche umgewandelten und geläuterten Zentren. Sie wissen, wie das wirkliche Samadhi, der Zustand innerer Zurückgezogenheit, erreicht wird, da sie fähig sind, die Energien in den tausendblättrigen Lotos des Kopfes zurückzuziehen und sie von da aus von den anderen feineren Körpern abzuziehen, bis alles konzentriert und im Kausalkörper (Karana Sharira) in der egoischen Lotosblüte wie in einem Brennpunkt gesammelt ist. Patanjali [40] sagt uns, dass dies durch die folgenden fünf Stufen erreicht werden kann. Dabei ist zu beachten, dass diese Stufen sich auf die Tätigkeiten der Seele und auf egoische Erkenntnis beziehen, nicht aber auf die Reaktionen des niederen Menschen und des physischen Gehirns.

1. Glaube. Auf ihrer eigenen Ebene wiederholt die Seele einen Zustand, der dem festen Glauben des Aspiranten an die Seele (oder den Christus-Aspekt) ähnelt; nur ist das Ziel in diesem Fall das Erkennen dessen, was der Christus (die Seele) zu offenbaren sucht: das Erkennen des Geistes, des Vaters im Himmel. Zuerst erkennt der Aspirant die ihm innewohnende Göttlichkeit, den Sonnenengel, das Ego, die Seele. Diese Erkenntnis ist das erreichte Ziel der vorhergehenden Gruppe. Später wird dann der Kontakt mit der Monade hergestellt, und diese Monade ist reiner Geist, das Absolute, der Vater des Seins. Das Selbst und das Nicht-Selbst sind von dieser Gruppe von Eingeweihten kennengelernt worden; nun verblasst das innere Bild vom Nicht-Selbst und es bleibt nur das Erkennen des reinen Geistes. Der Glaube muss immer die erste Stufe sein. Zuerst kommt die Theorie, dann das Experiment und dann die Erkenntnis.

2. Energie. Wenn die Theorie erfasst worden ist, wenn das Ziel gesehen wird, folgt Aktivität die rechte Tätigkeit und richtige Anwendung der Kräfte, die zum Ziele führen und die Theorie zur Wirklichkeit machen werden.

3. Erinnern oder richtiges Behalten können. Das ist ein interessanter Faktor in diesem Prozess, da er ja richtiges Vergessenkönnen, also die Ausmerzung aller jener Formen aus dem Bewusstsein bedingt, die bisher das Wirkliche verhüllt haben. Diese Formen sind entweder selbstgewählt oder selbstgeschaffen. Das führt zu einem Zustand wirklichen Erfassens, also zur Fähigkeit, erstens in der richtigen Weise das festzuhalten, was die Seele wahrgenommen hat, [41] und zweitens, diese korrekte Wahrnehmung an das Gehirn des physischen Menschen weiter zu leiten. Das ist das Erinnern, das hier gemeint ist. Es bezieht sich nicht so besonders auf ein Erinnern an Vergangenes, sondern umfasst den Moment der Erkenntnis und der Übermittlung dieser Erkenntnis an das Gehirn, wo sie festgehalten werden muss, um nach Belieben wieder in das Gedächtnis zurückgerufen werden zu können.

4. Meditation. Man muss über das, was aus der Seele ausgestrahlt, erfahren und im Gehirn registriert wurde, meditieren; es muss auf diese Weise in das Lebensgefüge eingebaut werden. Durch eine solche Meditation werden die gewonnenen Seelen-Erkenntnisse für den Menschen auf der physischen Ebene zu Tatsachen; sie ist daher von hoher Art, denn sie folgt auf das kontemplative Stadium und hat als Seelenmeditation das Ziel, den Menschen auf der physischen Ebene zu erleuchten.

5. Rechte Wahrnehmung. Das Erleben der Seele und das Wissen um den Geist (den Vater-Aspekt) fängt an, ein Teil des Gehirninhalts des Adepten oder Meisters zu werden. Er erkennt den Plan so, wie dieser auf den höchsten Ebenen besteht, und ist in Verbindung mit dem Urbild. Ich könnte es vielleicht auch so ausdrücken:

Yogis dieser Klasse haben den Punkt erreicht, wo sie den Plan so erkennen können, wie er im Denken des «Grossen Architekten des Universums» besteht; sie stehen jetzt mit IHM in Verbindung. Die zur anderen Gruppe gehörenden Yogis haben den Punkt erreicht, an dem sie die Grundrisse des Grossen Planes studieren und so am Bau des Tempels Gottes in intelligenter Weise mitarbeiten können. Die Erkenntnisfähigkeit der ersten Gruppe ist so gross, dass sie fast [42] unfassbar ist für jeden, der kein fortgeschrittener Jünger ist. Aber dadurch, dass der Aspirant die Stufen und Grade richtig wahrnimmt und einschätzt, gewinnt er nicht nur ein Verständnis für sein unmittelbares Problem und für die Stufe, auf der er steht, sondern auch ein Verständnis für die Schönheit des gesamten Entwicklungsplanes.

21. Wer einen starken Willen hat, erreicht diesen Zustand (geistiges Bewusstsein) sehr schnell.

Das ist ganz natürlich, denn sobald der Wille, der sich im Denken widerspiegelt, im Jünger die Vorherrschaft erlangt, hat er jenen Aspekt in sich geweckt, der mit dem Willensaspekt des Logos, mit dem ersten oder dem Vater-Aspekt in Verbindung steht. Die Kontaktlinie verläuft wie folgt:

1. Monade, der Vater im Himmel, der Willens-Aspekt.

2. Atma, geistiger Wille, der höchste Aspekt der Seele.

3. Der Mentalkörper, der intelligente Wille, der höchste Aspekt der Persönlichkeit.

4. Das Kopfzentrum.

Das ist die Linie, der die Raja-Yogis folgen und die sie zur Erkenntnis des Geistes und zur Adeptschaft führt. Es gibt noch eine andere Linie:

1. Monade.

2. Der Sohn, der Christus-Aspekt.

3. Der Liebe- oder Weisheits-Aspekt.

4. Buddhi oder geistige Liebe, der zweite Aspekt der Seele.

5. Der emotionelle Körper, der zweite Aspekt der Persönlichkeit.

6. Das Herzzentrum.

Das ist [43] die Linie, der ein Bhakti-Yogi folgt, der Gottergebene und Heilige; sie führt ihn zum Erkennen der Seele und zur Heiligkeit. Der erste Weg muss von unserer arischen Rasse eingeschlagen werden; die zweite Linie war der Weg zur Vollendung für die atlantische Rasse.

Wenn die Leser diese tabellarischen Darstellungen aufmerksam studieren, wird ihnen vieles klarer werden. Die Notwendigkeit eines starken, energischen Willens wird offensichtlich, wenn der Pfad der Einweihung studiert wird. Nur ein eiserner Wille und ein beständiges, unerschütterliches Ausharren werden den Aspiranten auf seinem Wege vorwärtsbringen und in das klare Licht des Tages führen.

22. Aber auch bei denen, die den Willen einsetzen, gibt es Unterschiede, denn der Einsatz des Willens kann intensiv, gemässigt oder sanft sein. Um wahres Geist-Bewusstsein zu erlangen, gibt es noch einen anderen Weg.

Hier ist angezeigt, die beiden Wege klar zu bezeichnen, auf denen die Menschen das Ziel Erkenntnis des geistigen Lebens und Freiwerden erreichen. Es gibt den Weg des Yoga, wie ihn Patanjali beschreibt, wodurch man unter Einsatz des Willens die Unterscheidung zwischen dem Selbst und dem Nicht-Selbst erreicht und zum reinen Geist vordringt. Das ist der Weg der fünften (arischen) Rasse für jene Menschen, deren Aufgabe es ist, das fünfte Prinzip (das Denkvermögen) zu entfalten und auf diese Weise wahre «Söhne des Denkens» zu werden. Es ist ihre Aufgabe, zum fünfstrahligen Stern zu werden, zum Stern des vollkommen gewordenen Menschen in seiner ganzen Herrlichkeit. Wenn man diesem Weg folgt, werden die fünf Ebenen der menschlichen und übermenschlichen Entwicklung beherrscht; und es offenbart [44] sich ATMA (der Wille Gottes oder Vater-Aspekt) durch BUDDHI (das Christus-Bewusstsein), deren Träger das MANAS oder höhere Denken ist.

Der andere Weg ist der Weg der reinen Hingabe, auf dem der Aspirant durch tiefe Verehrung und völlige Heiligung zur Erkenntnis der Wirklichkeit des Geistes kommt. Das ist für viele Menschen der Weg des geringsten Widerstandes; es war der Weg zur Vollendung für die Rasse, die der arischen Rasse vorausging. Das fünfte Prinzip bleibt dabei grösstenteils unbeachtet; es ist die Vergeistigung sinnlicher Wahrnehmung, die durch intensives Gefühlsleben erreicht wird. Durch diese Verfahrensweise werden die vier Ebenen beherrscht, und es offenbart sich BUDDHI, der Christus. Der Schüler des Raja Yoga muss diese beiden Wege klar auseinanderhalten und bedenken, dass der Esoteriker beide vereint; und wenn er in diesem Leben den Weg des Raja Yoga eifrig und mit Liebe verfolgt, dann tut er das deshalb, weil er in anderen Inkarnationen den Weg der Verehrung gegangen ist und den Christus (Buddhi) in sich gefunden hat. In diesem Leben wiederholt er seine Erfahrung und er wird ausserdem unablässig bestrebt sein, seinen Willen zu stärken und seine Gedanken zu beherrschen; so wird sich ihm schliesslich sein Vater im Himmel, der reine Geist, offenbaren.

Erklärer dieses Lehrspruchs weisen darauf hin, dass man die Aspiranten, die der Methode des Raja Yoga folgen und den Willen einsetzen, in drei Hauptgruppen, bzw. in neun Untergruppen einteilen kann. Es gibt Menschen, die ihren Willen besonders stark anspannen, so dass sie aussergewöhnlich schnelle Ergebnisse erzielen, die jedoch mit gewissen Gefahren und Risiken verbunden sind. Da ist das Risiko einer ungleichmässigen Entwicklung, einer Vernachlässigung des Gefühlslebens und das Risiko gewisser Schäden, die [45] später wieder gutgemacht werden müssen. Dann gibt es jene Aspiranten, die weniger schnell vorankommen, weil sie den mittleren Weg vorziehen. Sie machen beständige, gemässigte Fortschritte und werden «scharf beobachtende Adepten» genannt, da sie keinerlei Übertreibung zulassen; ihre Methode ist den Menschen unserer Zeit zu empfehlen. Dann gibt es noch jene sanften Menschen, deren Wille durch eine unerschütterliche Beharrlichkeit ausgezeichnet ist; sie kommen langsam, aber sicher voran und erreichen schliesslich ihr Ziel. Sie zeichnen sich durch grosse Zähigkeit aus. Ihr Fortschritt ist langsam. Sie sind die «Schildkröten» auf dem Pfad, so wie die der ersten Gruppe die «Hasen» sind.

In einigen alten Schriften gibt es ausführliche Aufzählungen dieser Aspirantengruppen, und sie werden unter drei Sinnbildern dargestellt:

1. Die Menschen der ersten Gruppe werden als Ziegenböcke dargestellt; Aspiranten dieser Art sind häufig unter dem Zeichen des Steinbocks geboren.

2. Die zur gemässigten Gruppe gehörenden Menschen werden als Fische dargestellt; und in dieser Kategorie befinden sich viele, die unter dem Zeichen Fische geboren sind.

3. Die Sanften oder Langsamen werden als Krebs dargestellt; sie sind oft unter dem Zeichen des Krebses geboren.

Innerhalb dieser drei Gruppen gibt es verschiedene Untergruppen; es ist interessant, dass laut den Archiven der Karma-Herren die meisten aus diesen drei Gruppen gegen Ende ihres Strebens in das Zeichen der Waage (des Ausgleichens) übergehen.

Wenn sie [46] unter diesem Zeichen geboren werden, bringen sie die Gegensatzpaare sorgfältig ins Gleichgewicht; sie gleichen ihre einseitige Entwicklung aus, ändern die Ungleichmässigkeit ihrer bisherigen Anstrengungen und fangen an, ein «gleichmässiges Tempo» einzuschlagen. Dann gehen sie häufig in das Zeichen des Wassermann über und werden Wasserträger, die «auf ihrem Kopf den Krug, gefüllt mit lebendigem Wasser» zu tragen haben. Daher muss das Tempo ihres Aufstiegs zum Berg der Einweihung gemässigt werden, da sonst «das Wasser verschüttet und der Krug zerbrochen wird». Weil aber das Wasser dazu bestimmt ist, den Durst der Menge zu stillen, müssen sie ihre Entwicklung beschleunigen, denn die Not ist gross. So werden die «Ersten die Letzten, und die Letzten die Ersten sein»; Hase und Schildkröte werden sich am Ziel treffen.

23. Durch intensive Hingabe an Ishvara erlangt man Wissen über ihn.

Ishvara ist der durch die Sonne manifestierte Sohn. Das ist der makrokosmische Aspekt. Ishvara ist der Sohn Gottes, der kosmische Christus, der im Herzen eines jeden von uns hell leuchtend strahlt. Das Wort «Herz» wird hier in seiner okkulten Bedeutung gebraucht. Die folgenden Entsprechungen sind aufschlussreich und sollten aufmerksam studiert werden.

                                Aspekt                                                                                   Qualität                           Zentrum       Makrokosmos

Geist                       Vater                                     Monade                                   Wille                                 Kopf             Zentrale geistige Sonne

Seele                       Sohn                                      Ego                                           Liebe                               Herz             Herz der Sonne

Körper                    Heilg. Geist                            Persönlichkeit                       aktive Intelligenz            Kehle            Physische Sonne

Ishvara ist der [47] zweite Aspekt, daher ist die wirkliche Bedeutung dieses Lehrspruchs die, dass man durch intensive Hingabe an Ishvara und durch Liebe zu ihm, dem Christus in Manifestation, mit diesem Christus (dieser Seele) in Berührung kommen, das heisst, ihn kennenlernen kann. Ishvara ist Gott im Herzen eines jeden Gotteskindes. Er wohnt im Innern des Herzens; Er kann durch reine Liebe und hingebungsvolles Dienen erreicht werden. Und wer ihn erreicht hat, sieht ihn, wie er auf dem zwölfblättrigen Lotos des Herzens thront und in seinen Händen das «Kleinod im Lotos» hält. So also findet der Gottesverehrer Ishvara. Wenn er ein Raja Yogi wird, wird ihm Ishvara das Geheimnis des Kleinods offenbaren. Wenn Christus als König auf dem Throne des Herzens erkannt wird, wird er seinem hingebungsvollen Verehrer den Vater offenbaren. Aber der Gottergebene muss den Weg des Raja Yoga gehen und intellektuelles Wissen, mentale Kontrolle und Disziplin vereinen, ehe die Offenbarung wirklich erfolgen kann. Der Mystiker muss letzten Endes zum Okkultisten werden: die Qualitäten des Kopfes und des Herzens müssen gleichermassen entwickelt werden, denn beide sind gleich göttlich.

24. Dieser Ishvara ist die keinen Begrenzungen unterworfene, von Karma und Verlangen freie Seele.

Hier haben wir das Bild des geistigen Menschen, wie er in Wirklichkeit ist; er zeigt uns seine Beziehung zu den drei Welten. Es ist der Zustand des Meisters oder Adepten, der Seele, die ihr rechtmässiges Erbe angetreten hat und nicht mehr unter der Herrschaft der Kräfte und Energien der niederen Natur steht. In diesem und den folgenden drei Lehrsprüchen erhalten wir ein Bild vom befreiten Menschen, der den Zyklus der Inkarnationen durchlaufen und durch Kampf und Erfahrung das wahre Selbst [48] gefunden hat. Hier wird das Wesen des Sonnenengels beschrieben, des Sohnes Gottes, des Egos oder höheren Selbstes. Wie der Lehrspruch besagt, ist er:

1. Frei von Begrenzung. Er ist nicht mehr «eingeengt, eingeschlossen, behindert» durch die niedere «Vierheit». Er ist nicht mehr gekreuzigt am Kreuze der Materie. Die vier niederen Hüllen die dichte, die ätherische, die emotionale, die mentale sind nicht mehr sein Gefängnis. Sie sind nur noch Werkzeuge, die er nach Belieben benutzen oder unbenutzt lassen kann. Sein Wille betätigt sich uneingeschränkt, und wenn er sich im Bereich der drei Welten aufhält, ist das sein eigener Wunsch; seine selbstauferlegte Beschränkung kann nach Belieben beendet werden. Er ist Meister in den drei Welten, ein Sohn Gottes, der über den niederen Schöpfungen steht und sie beherrscht.

2. Frei von Karma. Durch Kenntnis des Gesetzes hat er sein Karma völlig ausgeglichen, alle seine Schulden bezahlt, alle seine Verpflichtungen erledigt, alle Ansprüche befriedigt, und durch seine innere Verwirklichung hat er bewusst die Welt der Ursachen betreten. Die Welt der Wirkungen liegt hinter ihm, soweit es die drei Welten betrifft. So löst er nicht mehr (blind durch Unwissenheit) Bedingungen aus, die böse Wirkungen hervorrufen müssen. Er wirkt in Übereinstimmung mit dem Gesetz; und jede Energie-Manifestation (das gesprochene Wort und die eingeleitete Handlung) wird in voller Kenntnis des zu erwartenden Ergebnisses unternommen. Darum hat nichts, was er tut, üble Auswirkungen, und es wird dadurch kein Karma erzeugt. Der Durchschnittsmensch befasst sich mit Auswirkungen und bahnt sich blindlings seinen Weg durch sie. Der Meister befasst sich mit Ursachen, und die von ihm ausgelösten [49] Wirkungen berühren oder binden ihn nicht, weil er das Gesetz beachtet.

3. Frei von Verlangen. Die Objekte sinnlicher Wahrnehmung auf allen drei Ebenen haben keine Anziehungskraft mehr für ihn und können ihn nicht mehr verlocken. Sein Bewusstsein ist nach innen und aufwärts gerichtet, nicht mehr abwärts und nach aussen. Er steht im Zentrum, die Peripherie zieht ihn nicht mehr an. Der Wunsch nach Erfahrung, das Verlangen nach einem Dasein auf der physischen Ebene sowie die Begierde nach dem Form-Aspekt in seinen vielen Varianten, bestehen bei ihm nicht mehr. Er hat Erfahrungen gemacht und Wissen gewonnen, Er hat gelitten, und er ist durch sein Verlangen nach dem Nicht-Selbst in die Verkörperung gezwungen worden. Nun hat das alles ein Ende, und er ist die befreite Seele.

25. In Ishvara, dem Gurudeva, hat sich der Keim alles Wissens zur Allwissenheit entfaltet.

Im makrokosmischen Sinn ist Gott der Beherrscher von allem; er ist die Gesamtsumme allen Wissens, da er, wie leicht zu ersehen ist, die Gesamtsumme aller Bewusstseinsgrade ist. Er ist die Seele aller Dinge; und die Seele des Atoms der Materie ist genauso ein Teil seines unendlichen Bewusstseinsbereichs wie es die Seelen der Menschen sind. Die Seele des Menschen ist potentiell die gleiche, und sobald das Bewusstsein aufhört, sich mit seinen Trägern und Organen zu identifizieren, fängt der Keim alles Wissens an, sich zu entfalten. Im Jünger, im Adepten, im Meister oder Mahatma, in Christus, in Buddha und im Herrn der Welt, Der in der Bibel «der Alte der Tage» genannt wird, kann man diesen «Keim alles Wissens» in seinen verschiedenen Entwicklungsstadien sehen. Sie haben Gottbewusstsein und erwirken eine Einweihung nach der anderen. Auf jeder [50] Stufe ist der Mensch ein Meister, immer aber zeigt sich nach jeder erreichten Stufe eine andere mögliche Bewusstseinserweiterung, und der Entwicklungsgang ist immer der gleiche. Dieser Werdegang kann wie folgt zusammengefasst werden:

1. Ein Drang, eine Entschlossenheit, neues Wissen zu erlangen.

2. Das Festhalten des bereits erreichten Bewusstseinszustandes und dessen Nutzanwendung; und vom erreichten Punkt aus folgt dann der Vorstoss zu weiteren Erkenntnissen.

3. Das Überwinden der Schwierigkeiten, die sich aus der Unvollkommenheit der Bewusstseinsträger ergeben oder karmisch bedingt sind.

4. Die okkulten Prüfungen, die dem Schüler auferlegt werden, wenn er Fähigkeiten aufweist.

5. Der Erfolg des Schülers.

6. Die Anerkennung seiner Leistung und seines Erfolgs durch die Führer der Menschheit, die planetarische Hierarchie.

7. Das geistige Erschauen dessen, was vor ihm liegt.

So geht die Entfaltung weiter. In jedem Zyklus des Bemühens kommt der sich entwickelnde Sohn Gottes in sein Geburtsrecht und nimmt die Stellung eines Wissenden ein, «der die Überlieferung gehört, der das Dahinschwinden des bisher Geglaubten erlebt hat; der das gesehen hat, was denen verborgen ist, die noch an der Überlieferung festhalten; der die neuen Erkenntnisse sich zu eigen gemacht hat; der das erworbene Wissen an jene weitergegeben hat, die danach verlangen, und der weitergegangen ist in die inneren Hallen der Belehrung».

Beim Studium dieser letzten Lehrsprüche, die auf den Ishvara hinweisen, sollte der Schüler beachten, dass sie sich auf den Sohn [51] Gottes beziehen, auf die zweite Person der Trinität, die sich durch ein Sonnen-System manifestiert, auf die makrokosmische Seele. In zweiter Linie beziehen sie sich auf den erhabenen Sohn Gottes, den zweiten monadischen Aspekt, Der sich durch einen Menschen manifestiert. Das ist die mikrokosmische Seele. Die folgenden Synonyme des Ishvara-Aspekts können zum Verstehen beitragen.

Der Makrokosmos.

Ishvara, der zweite Aspekt                           Dessen Wesen Liebe ist.

Der Sohn Gottes                                            Der Offenbarer des Vaters.

Der kosmische Christus                                Gott in Inkarnation.

Vishnu                                                              Zweite Person der Hindu-Trinität.

Die Seele aller Dinge                                      Atom und Seele sind sinnverwandte Worte.

Das All-Selbst                                                   Die Gesamtheit aller Einzelwesen.

Ich bin DAS                                                       Gruppenbewusstsein. 

AUM                                                                   Das Wort der Offenbarung.

Das Wort                                                           Gott im Fleisch.

Der Gurudeva                                                   Der Meister von allem.

Das Licht der Welt                                             Scheinend in der Dunkelheit.

Der Mikrokosmos.

Der zweite Aspekt                                               Liebe-Weisheit.

Der Sohn des Vaters                                           Der Offenbarer der Monade.

Der Christus                                                         Christus in euch, die Hoffnung auf Herrlichkeit.

Die Seele                                                               Bewusstsein. 

Das höhere Selbst                                               Der Herr der Körper.

Das Ego                                                                  Die sich selbst erkennende Wesenseinheit.

Das Wort                                                                Gott in Inkarnation.

AUM                                                                        Das Wort der Offenbarung.

Der Meister                                                            Das Selbst auf dem Thron.

Der strahlende Augoëides                                   Das innere Licht.

Der geistige Mensch                                              Der den niederen Menschen sich dienstbar macht.

26. Ishvara, der von [52] zeitlich bedingten Zuständen unberührte Gurudeva, ist der Lehrer der Ur-Herren.

Seit die Zustände Zeit und Raum bestehen, hat es Wesen gegeben, die Allwissenheit erlangt haben; Wesen, deren Wissenskeim richtig gepflegt und so entwickelt wurde, dass er zur vollen Herrlichkeit der befreiten Seele erblühte. Dieser Zustand wurde durch gewisse Umstände oder Einwirkungen ermöglicht:

1. Durch die Wesensgleichheit einer jeden individuellen Seele mit der Überseele.

2. Durch die Anziehungskraft dieser Überseele, welche die abgesonderte Seele aller Dinge allmählich in sich zurückzog. Das ist die Kraft; der Entwicklung selbst, die grosse wirkende Kraft, welche die ausgesandten Lebensatome, die Bewusstseinseinheiten, wieder zu ihrem Ursprung zurückruft. Das bedingt oder setzt voraus, dass die Einzelseele auf die kosmische Seelenkraft reagiert.

3. Durch die intensive Schulung, die, wenn es dem Höhepunkt entgegengeht, von der okkulten Hierarchie erteilt wird; dadurch erhalten die Seelen neuen Antrieb und Belehrung, die ihnen einen schnelleren Fortschritt ermöglichen.

Der Schüler des Okkultismus muss bedenken, dass dieser Vorgang schon während der Zyklen eingesetzt hatte, die denen auf unserem Planeten Erde vorausgegangen waren. Die Ur-Herren (die Weisen) sind jene grossen Adepten, die, nachdem sie nach dem Gesetz der Wiederverkörperung «Erfahrung gesammelt» hatten, von dem einen Initiator, dem Repräsentanten der Überseele unseres Planeten, in die Mysterien eingeweiht wurden.

Diese Urherren [53] wurden dann ihrerseits Lehrer und Einweihende in die Mysterien.

Der eine Meister ist im Innern zu finden; es ist die Seele, der innere Herrscher, der Denker auf seiner eigenen Ebene. Dieser eine Meister ist ein Wesensteil des Ganzen, der All-Seele. Jede Bewusstseinserweiterung, die ein Mensch erlebt, macht ihn fähig, ein Meister für jene zu sein, die eine ähnliche Erweiterung noch nicht erreicht haben. Daher gibt es - wenn Meisterschaft erreicht ist mit menschlichen Worten ausgedrückt) nur Meister, die gleichzeitig auch Jünger sind. Alle sind Lernende und Lehrer zugleich, die sich nur durch den Grad ihrer Erkenntnis unterscheiden. Zum Beispiel:

a. Aspiranten des Pfads sind Jünger niederer Jünger.

b. Probejünger auf dem Pfad sind die Jünger von höheren Jüngern.

c. Angenommene Jünger sind die Jünger eines Adepten oder eines Meisters.

d. Ein Adept ist der Jünger eines Meisters.

e. Ein Meister ist der Jünger eines Mahatma.

f. Die Mahatmas sind Jünger noch höherer Eingeweihter.

g. Diese wiederum sind die Jünger des Christus, jenes Amtsträgers, welcher der Lehrabteilung vorsteht.

h. Der Leiter der Lehrabteilung ist ein Jünger des Herrn der Welt.

i. Der Herr der Welt ist der Jünger einer der drei planetarischen Wesenheiten, welche die drei Haupt-Aspekte repräsentieren.

j. Diese wiederum sind Jünger des solaren Logos. [54] Es dürfte daher dem aufmerksam Studierenden klar sein, dass alle voneinander abhängen, und dass die Errungenschaft des einen die ganze grosse Gruppe zutiefst beeinflusst. Man könnte sagen, dass Jüngerschaft ein Sammelbegriff ist, der alle die Seinszustände im vierten und fünften Reich (im menschlichen und geistigen) umfasst, in denen gewisse Bewusstseinserweiterungen durch eine besondere Schulung erreicht wurden.

27. Das Wort Ishvaras ist Aum (oder Om). Es ist das Pranava. (Siehe Buch I, Lehrspruch 1).

Es gibt in der manifestierten Welt, soweit es sich um das Menschenreich handelt, drei grundlegende Worte oder Tonschwingungen. Es sind dies:

I. Das Wort, der Grundton der Natur. Das ist das Wort oder der Ton aller aus physischer Substanz bestehenden Formen, der, wie allgemein bekannt, auf den Grundton «FA» abgestimmt ist. Mit diesem Ton hat der Weiss-Okkultist nichts zu tun, denn er befasst sich nicht damit, das Physische zu stärken und zu mehren, sondern ist bestrebt, das Seelische oder Ungreifbare sichtbar zu bekunden. Es ist das Wort des dritten Aspekts, des Brahma oder Heiligen Geistes.