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Erstes Kapitel - Die Glaubensmeinung über den Kommenden

Erstes Kapitel

Die Glaubensmeinung über den Kommenden

Die Lehre des Westens

Die Glaubensmeinung über die Welterlöser

Die Lehre des Ostens

Im Lauf und Wandel der Zeiten, in vielen Epochen des Weltgeschehens und in vielen (heute in allen) Ländern der Erde sind immer wieder besonders grosse Spannungs-Momente aufgetreten, deren äussere Kennzeichen hoffnungsfreudige Erwartung war. Man erwartet eine grosse Individualität, und sein Kommen wird vorausempfunden. Stets waren es die Lehrer religiöser Wahrheit, die den Gedanken der Erwartung eines Lichtbringers genährt und verkündet haben; immer war es zu einer Zeit, wenn innere Verwilderung und äussere Not - am Schluss einer Zivilisations- oder Kulturepoche - die Unzulänglichkeit der alten Religionen offenkundig machten und die Erkenntnisquellen nicht genug fundiert erschienen, um der Schwierigkeiten Herr zu werden und die menschlichen Probleme zu lösen.

Das Erscheinen eines Welterlösers, der Advent eines Gottesgesandten, findet in unseren Tagen seinen Ausdruck in der allbeherrschenden Erwartung der Wiederkunft Christi. Immer, wenn die Zeit reif und der innere Ruf der Massen und der Glaube der Wissenden stark genug war, dann erschien ER; und diese uralte Ordnung oder dieses universale Gesetz wird auch in unseren Tagen keine Ausnahme machen. Seit Jahrzehnten ist das Wiederkommen Christi, des grossen kosmischen Lehrers, in beiden Hemisphären der Erde vorausgeahnt worden, nicht nur von den gläubigen Christen, sondern in gleicher Weise auch von jenen Bekennern, die Maitreya und Bodhisattva und Imam Mahdi erwarten.

Wenn die Menschen zur Einsicht kommen, dass sie alle ihre Mittel und angeborenen Möglichkeiten erschöpft haben, und dass die Lösung von Problemen und die Meisterung von Lebensbedingungen, die sich ihnen aufzwingen, über ihre Kräfte geht, dann sind sie geneigt, nach einem Mittler Ausschau zu halten und ihre (6) Gedanken auf einen Fürsprecher hinzurichten, der ihre Sache bei Gott vertreten und ihnen aus der Not helfen wird. Sie suchen dann sehnlichst nach einem Erlöser. Wie ein goldener Faden zieht sich durch alle Weltreligionen und heilige Schriften diese Lehre von Mittlern, mögen sie Messias, Christus oder Avatar genannt werden. Diese Schriften, die überall in der Welt in grosser Zahl vorhanden sind, werden alle einer zentralen Quelle zugeschrieben, von der sie ihren Ausgang nahmen. Millionen Menschen glauben daran, dass Christus als göttlicher Vermittler zwischen der Menschheit und Gott wirkt; ebenso ist die Meinung vertreten, dass die menschliche Seele ein Bindeglied zwischen Mensch und Gott darstellt.

Das ganze System spiritueller Offenbarung baut sich auf der Lehre von einem Ineinandergreifen auf, auf der bewussten Verkettung geplanter und geschaffener Energie-Übertragung von einer göttlichen Offenbarungsebene zu einer anderen, - und es ist immer so gewesen. Gott in der Höhe strahlt von seiner geheimnisvollen Residenz aus seine Energie bis zu dem bescheidensten menschlichen Wesen, das hier auf dieser Erde sein Dasein in Kampf und Sorge fristet. Allüberall ist diese Ausstrahlung zu finden. «Ich bin gekommen, auf dass sie Leben haben mögen», sagt Christus. Die Schriften der ganzen Welt sind angefüllt mit der Schilderung von dem Vermittlungswerk eines Wesens, das über dem einfachen Menschen steht. Die Gottheit kann den Menschen überall erreichen und mit ihm durch einen angepassten Kontakt-Apparat in Verbindung treten; und gerade mit dieser Kommunikation und Weitergabe göttlicher Energie hat die Lehre von den «Avatars», den Gottessöhnen, die da kommen werden, zu tun.

Ein Avatar ist ein Leuchtender des Urlichtes, dessen wesenhafte Natur in der Fähigkeit liegt, Energie oder göttliche Kraft zu übertragen. Sein Werk ist eigener Initiative entsprungen, zu dem ihn ein vorbestimmtes Geschick geweiht hat, - begreiflicherweise ein grosses Mysterium. Christus hat dieses Geheimnis in einer besonderen Weise aufgezeigt, nämlich in Beziehung zu kosmischen Energien. So weit unsere Kenntnisse reichen, hat er zum erstenmal in der Geschichte dieses Planeten die göttliche Energie der Liebe diesem Weltenkörper übermittelt und in einer ganz bestimmten Absicht (7) der Menschheit zugeführt. In Verbindung mit diesen Avatars (oder göttlichen Sendboten) finden wir stets die Vorstellung, dass eine subjektive, geistige Ordnung existiert, eine Hierarchie geistiger Lebewesen, die mit der Fortentwicklung und Wohlfahrt der Menschheit betraut sind. Das wenige, was wir tatsächlich darüber wissen, ist in der Feststellung zusammenzufassen, dass hohe und hehre Abgesandte Gottes - in allen Zeitaltern der Geschichte - einen gottgewollten Zweck verkörpern und das Bild dieser Erde in solchem Mass verändern, dass auch nach Tausenden von Jahren noch, nachdem sie unter Menschen wandelten, ihr Name bekannt und ihr Einfluss noch immer fühlbar ist. Immer wieder kamen sie, und immer wieder liessen sie eine veränderte Welt und eine neue Weltreligion zurück. Prophetische Ankündigung und der Glaube im Menschenherzen haben ihr Versprechen gestärkt, dass sie in der Stunde der Not wieder zu uns kommen werden. Diese Feststellungen sind geschichtlich bewiesene Tatsachen.

Das Wort «Avatar» entstammt der Sanskrit-Sprache und bedeutet wörtlich übersetzt: «Von weit her herniederkommen.» Ava (eine Vorsilbe zu Zeitwörtern und Hauptwörtern) drückt die Idee aus: Weg, fort, hinunter. Avataram (ein Komparativ) besagt: Weiter weg. Die Wurzel AV bezeichnet stets die Idee der «Beschützung aus der Höhe», und wird in zusammengesetzten Wörtern gebraucht, die sich auf den Schutz von Königen und Herrschern beziehen. Im Hinblick auf Götter bedeutet die Wurzel AV: «In Gnaden aufgenommen» wenn ein Opfer dargebracht wurde. Zusammengefasst haben die Stammsilben folgenden Sinn: «Herniedersteigen von einer hohen Stätte, mit Zustimmung dieser Stätte, zum Wohl des Platzes der Ankunft.» (Aus dem Sanskrit-Wörterbuch von Monier-Williams.)

Tiefer gesehen, hat die Existenz aller Avatars und Erlöser zwei Motive: Einmal, dass Gott einen Kontakt zu den Menschen und eine Verbindung mit ihnen benötigt, zum andern, dass die Menschheit des Kontaktes, der Hilfe und des Einvernehmens Gottes bedürftig ist. Da alle wahren Avatars diesen Grundsätzen dienen, sind sie göttliche Vermittler im wahrsten Sinn des Wortes. (8) Sie können als solche handeln, da sie sich von jeglicher Begrenzung, von jeglichem Gefühl für Selbstdienst und Eigenleben frei machten und daher - von unserem menschlichen Standpunkt aus gesehen - nicht mehr von dem dramatischen Zentrum des «Ich» dominiert werden wie wir. Wenn sie diesen Grad spiritueller Dezentralisierung erreicht haben, können sie für das Leben unseres Planeten zu einem Ereignis werden; jedes Auge kann sich ihnen zuwenden, und alle Menschen können beeindruckt werden. Es sind daher zwei Gründe, weswegen ein Avatar oder Christus in Erscheinung tritt: Der eine ist die unerforschliche und unbekannte tiefere Ursache, die ihn zu seinem Kommen antreibt, der andere ist das nachdrückliche Verlangen oder der flehende Anruf der Menschheit selbst. Dieses Herabkommen zu unserer Erde, um uns schwerwiegende Veränderungen und grosse Verbesserungen zu bringen, um eine neue Zivilisation ins Leben zu rufen oder «Alte Rechte» wiederherzustellen und dadurch den Menschen dem lebendigen Gott näher zu bringen, - das ist in der Tat ein spirituelles Ereignis. Man hat für Avatars die Definition gefunden, dass sie «ausserordentliche Menschen sind, die von Zeit zu Zeit sichtbar erscheinen, um das Antlitz der Erde zu ändern und im Geschick der Menschheit eine neue Epoche einzuleiten.» Sie kommen in kritischen Zeiten; sie erzeugen häufig solche Krisen, um einen Wendepunkt herbeizuführen, um eine überlebte und nicht mehr wünschenswerte Epoche zu beenden und um den Weg zu bereiten für neue und tragfähige Lebensformen, durch die sich Gottes Leben, - das allen Formen in der Natur innewohnt - zu höherer Entwicklung entfalten kann. Sie kommen, wenn dunkle Kräfte am Werk sind und überhandnehmen. Wenn kein anderer Anlass für das Erscheinen eines Avatars vorhanden sein sollte, als der letztgenannte, dann würde in unseren Tagen dieser Grund allein genügen, nach seinem Kommen Ausschau zu halten. Die äussere Weltbühne ist für das Wiederkommen Christi hergerichtet.

Avatars existieren in allen Graden und Arten. Einige sind für diesen Planeten von grosser Bedeutung; sie bringen in sich selbst ganze Zeitrunden kommender Entwicklung zum Ausdruck, geben deren Grundton an und bringen die Lehre, die ein Neues Zeitalter mit einer neuen Zivilisation einleiten wird; sie verkörpern grosse Wahrheiten, auf welche die Massen hinarbeiten müssen, Wahrheiten, die für die grössten Geister des Zeitalters - wenn auch unbewusst - die erstrebenswerten Ziele sind. Einzelne Avatars verkörpern die Quintessenz menschlicher Errungenschaften und Vollendung (9) und werden daher zu Idealfiguren ihrer Zeit. Andere, von grösserem Format, wurden erkoren, um Hüter eines göttlichen Prinzips oder einer göttlichen Eigenschaft zu sein, die einer neuen Ausdrucksverleihung auf dieser Erde bedürftig erschien. Durch den höchstmöglichen Einweihungsgrad und die dadurch erreichte Vollendung sind sie zu solchem Werk befähigt. Sie besitzen die grosse Gabe, diese verkörperten spirituellen Qualitäten lebendig auszustrahlen; und da sie ein solches spezifisches Prinzip oder eine solche Qualität in ihrer ganzen Fülle zum Ausdruck gebracht haben, können sie als Werkzeug dienen, um diese Qualitäten von dem Quell alles spirituellen Lebens aus weiterzuleiten. Das ist das Fundament der Lehre von den Avatars oder Boten Gottes.

Solch ein Wesen war Christus; er war im doppelten Sinn ein Avatar. Er gab nicht nur der neuen Zeit (vor über zweitausend Jahren) den Leitgedanken, Er verkörperte auch in einer geheimnisvollen und unfassbaren Weise ein göttliches Prinzip, das der Liebe. Er war der erste, der den Menschen die wahre Natur Gottes enthüllte. Der Aufschrei der Menschheit um Hilfe (das zweite Motiv, das Gottes Intervention verursacht) hat eine mächtige Wirkung: die menschlichen Seelen haben nämlich, besonders wenn sie sich in einem gemeinsamen Appell verbinden, etwas Verwandtes mit der göttlichen Natur des Avatars selber. Wir alle sind Gottes Kinder, in denen der Abglanz des Vaters lebt, wie uns Christus, der letzte der Avatars, gelehrt hat. Dieser göttliche Pol in jedem Menschenherzen kann, wenn zum Leben erweckt, bei der hohen Stätte Gehör finden, wo der Kommende seiner Stunde des Wiedererscheinens harrt. Das Niedersteigen eines Avatars (wie es genannt wird) kann nur durch ein gemeinsames dringendes Verlangen der gesamten Menschheit, durch die Zusammenballung der gleichen Absicht beschleunigt werden.

Wenn wir das Gesagte zusammenfassen, finden wir, dass zwischen der Lehre über Avatars und der Tatsache, dass Gottes Offenbarung keine Unterbrechung findet, eine Parallele besteht. In den Marksteinen der Geschichte findet man den Beweis, dass in jeder Epoche einer grossen menschlichen Krise, in der Stunde der Not, (10) an der Wiege einer neuen Rasse oder beim Aufdämmern einer neuen und erweiterten Vision, - durch Gottes Beschluss und verwirklicht durch das Gesetz wissenden Mitleids - ein Lehrer erschien, ein Welterlöser, ein Erleuchteter, ein Avatar, ein Mittler zwischen Gott und Menschheit, ein Christus. Er verkündet die neue Botschaft, die Heilung bringt, die den nächsten Schritt aufzeigt, den die menschliche Familie zu gehen hat; er weist uns den Weg und die Richtung, wie ein dunkles Weltproblem gelöst werden kann, und er ermöglicht den Menschen, einen bis dahin nicht verwirklichten Charakterzug Gottes in lebendiger Weise darzutun. Die Lehre von den Avatars, göttlichen Botschaftern, sichtbaren Gesandten und Rettern gründet sich auf der Tatsache, dass die Offenbarungen niemals aufhören, dass sich vielmehr die Natur Gottes in ununterbrochener Folge, in stetig fortschreitender Intensität auf Erden manifestiert. Die Geschichte ist ein lebendiger Zeuge hierfür. Auf dieser Tatsache, dass Himmelsboten und Lichtbringer immer wieder auftreten, gründet sich die weltweite Erwartung der Wiederkunft Christi, die durch die schicksalsschweren, grauenvollen Zeitereignisse zur Genüge Nahrung erhält. Es ist die innere Erkenntnis aller dieser Tatsachen, die in allen Erdteilen den Ruf nach irgendeiner göttlichen Befreiung von den Drangsalen oder nach einem göttlichen Eingreifen immer stärker werden lässt. Es ist die gleiche Erkenntnis, welche die Stätte, «wo man den Willen Gottes kennt», den Beschluss fassen lässt: Der Avatar möge wiederkommen. Und es ist das Wissen um diese beiden Notsignale, das Christus veranlasst hat, allen seinen Jüngern Nachricht zu geben, dass er wiederkommen wird, sobald seine Helfer die notwendigen Vorbereitungen vollendet haben.

Die am leichtesten erkennbaren und anerkannten Avatars sind Buddha im Osten und Christus im Westen. Ihre Botschaften sind jedermann geläufig; ihr Leben und ihre Lehren haben das Denken und die Kulturen beider Hemisphären tief beeindruckt. Da sie göttliche Avatars in einem menschlichen Körper sind, verkörpern sie das, was der Menschheit leicht verständlich ist. (11) «Fleisch aus unserem Fleisch und Geist aus unserem Geist», - diese Besonderheit bringt sie uns so nahe, sie bedeuten mehr für uns als andere göttliche Sendboten. Da sie uns in ihrem Wesen ähnlich sehen, bringen wir ihnen Vertrauen entgegen; ungezählte Millionen kennen sie und lieben sie. Wir können es kaum erahnen und ermessen, welches Samenkorn geistiger Energie sie auf Erden gepflanzt haben. Das ist ja gerade die grosse Aufgabe eines Avatars, dass er ein dauerndes Herdfeuer aufbauender, geistiger Energien unterhält. Er bringt eine dynamische Wahrheit, eine kraftvolle Gedankenform oder einen Wirbel magnetischer Energie in einen Brennpunkt, er verankert sie in das tätige Leben. Dieser Brennpunkt dient als eine Art von Sendestation spiritueller Energie, deren Intensität ständig zunimmt, so dass der Menschheit die Fähigkeit verliehen wird, einer bestimmten göttlichen Idee im Leben Ausdruck zu geben. Eine solche Stimulierung bringt eine neue Zivilisation ins Leben mit all ihren Begleiterscheinungen in Kultur, Religion, Politik, Regierung und Erziehung. Das ist der Weg, wie «Geschichte» in Erscheinung tritt. Was sonst ist den Geschichte, als die Aufzeichnung von zyklisch verlaufenden Reaktionen, die bei der Menschheit als Ausdruck einströmender göttlicher Energie, als Einfluss der Tätigkeit eines inspirierten Führers oder als Folgezustand des Wirkens eines Avatars eintreten?

In unserer jetzigen Zeit ist ein Avatar gewöhnlich ein Repräsentant des zweiten göttlichen Aspektes, der Liebe und der Weisheit. Er tritt daher als Erretter, Erbauer und Erhalter auf. Der Mensch unserer Tage ist noch nicht so weit entwickelt und noch nicht entsprechend ein- und umgestellt, um den anstürmenden Impuls eines Avatars zu ertragen, der den ersten Aspekt Gottes, den dynamischen Willen, zum Ausdruck bringen würde. Wegen dieser unserer Unzulänglichkeit nehmen wir nur am Wirken eines solchen Avatars teil, der entwickelt und beschützt, schirmt und erhält, der jenen Impulsen einen Aufschwung gibt, nach denen die Menschen leben. Was ihn auf den Plan ruft, ist unsere Bedürftigkeit und unsere dringliche Bitte um Erhaltung unserer Existenz durch Hilfe und Beistand. Die Menschheit benötigt Liebe, Verstehen und rechte Beziehungen zueinander, um ihre innere göttliche Natur aufzuzeigen. Es war dieser Mangel, dass vordem Christus als Avatar der Liebe zu uns kam. Christus, der grosse, menschlich-göttliche Sendbote, der ein erstaunliches Verstehen sein eigen nennt, überbrachte der Menschheit einen machtvollen Aspekt (12) vom Wesen Gottes, das Prinzip der göttlichen Liebe. Bevor Buddha, der Avatar der Erleuchtung, erschien, fand der Menschen Haltung Gott gegenüber in der Anerkennung des Lichts, im sehnsuchtsvollen Verlangen nach Höherem und in der Anerkennung eines übernatürlichen Gottes den ersten flackernden Ausdruck. Dann kam Buddha und zeigte uns durch sein eigenes Leben die beiden Wege, durch die sich Gottes Sein in seiner Schöpfung ausprägt: Als Gott, der das ganze Universum durchdringt und im Innersten zusammenhält (der transzendente Gott), - und als der Gott, der im Innersten der Menschenseele seinen Lichtfunken unterhält (der immanente Gott).
Die Selbstexistenz Gottes und das Selbst im Herzen des Individuums wurden zu einem neuen Faktor im menschlichen Bewusstsein. Es war eine relativ neue Wahrheit für die Menschen.

Bis zu der Zeit, da Christus erschien und ein vorbildliches Leben in der Liebe und im Dienst am Nächsten lebte und das Gebot verkündete, einander zu lieben, wurde in den Schriften der durch Liebe wirkende Gott nicht besonders betont. Erst als Christus, der Avatar der Liebe, unter die Menschen kam, wurde Gott als geistige Liebe verstanden. Liebe wurde als Ziel und Zweck der Schöpfung erkannt, als der verbindende Urgrund in allem Geschaffenen, als die Kraft, die sich in allen Manifestationen des Universums nach einem von Liebe diktierten Plan auswirkt. Es war diese Eigenschaft Gottes, die von Christus geoffenbart und nachdrücklich betont wurde, und die also der Menschen Leben, Ziele und Werte umwandelte.

Dass er noch nicht zurückkam, ist darin begründet, dass von seinen Anhängern in der ganzen Welt die notwendigen Vorbereitungsarbeiten noch nicht geleistet wurden. Sein Kommen ist nämlich, wie wir später sehen werden, von einer Voraussetzung abhängig: Von der Schaffung rechter menschlicher Beziehungen. Diese Zielsetzung wurde von der Kirche seit vielen Jahrhunderten vereitelt; in ihrem fanatischen Eifer ging die Kirche darauf aus, aus allen Menschen «Christen», aber nicht «Nachfolger Christi» zu machen. Sie hat theologische Dogmen für wichtiger erachtet als Liebe und liebendes Verstehen, wie es Christus vorgelebt hatte. Sie hat den feurigen Saulus von Tarsus gepredigt und nicht den sanftmütigen Zimmermann aus Galiläa. So musste er warten. Nun aber hat seine Stunde geschlagen, (13) denn die Not der Menschen in jedem Land ist gross; die Massen in der ganzen Welt erheben laut ihre Stimme, und Gläubige aller Religionen senden ihre Bitten zu ihm aus.

Es ist noch nicht an uns, den Tag oder die Stunde seines Wiederkommens zu wissen. Sein Erscheinen hängt von der eindringlichen (oft stummen) Bitte all derer ab, die in darauf eingestellter Konzentration seiner harren; es hängt auch von der Besserung menschlicher Beziehungen sowie von der werktätigen Hilfe ab, welche die älteren Mitglieder der unsichtbaren Kirche, - der spirituellen Hierarchie unseres Planeten - zurzeit durchführen. Sein Kommen ist weiter abhängig von der Beständigkeit seiner Mitarbeiter in der Welt und der eingeweihten Jünger, die auf religiösem, politischem und wirtschaftlichem Gebiet in seinem Sinn tätig sind.

Zu all dem muss man noch das hinzufügen, was die Christen den «unerforschlichen Willen Gottes» nennen, die unerkennbare Absicht des Herrn der Welt, des Alten der Tage (wie er im Alten Testament genannt wird); von ihm ist gesagt: «Er kennt seinen eigenen Geist, er strahlt den höchsten Grad von Liebe aus, und er bringt an seiner eigenen, hohen Wirkungsstätte seinen Willen in jenen Brennpunkt, "wo der Wille Gottes thront".»

Wenn dann Christus, der Avatar der Liebe, wieder sichtbar auf Erden erscheint, dann werden «die einstigen Menschensöhne, die jetzt Gottessöhne sind, ihr Antlitz von dem scheinenden Licht abwenden und dieses Licht zu den Menschensöhnen ausstrahlen, die es noch nicht wissen, dass auch sie Gottessöhne sind. Dann soll der Erwartete erscheinen. Seine Schritte durch das Tal der Schatten werden beschleunigt werden durch die ehrfurchtgebietende Macht des Grossen Einen, der von hohem Berggipfel aus ewige Liebe, himmlisches Licht und friedvollen, schweigenden Willen ausatmet.»

«Dann werden die Menschensöhne im Innersten ergriffen werden. Dann wird ein neues Licht einstrahlen in das trübe, müde Erdental. Dann wird neues Leben durch die Adern der Menschen pulsieren, und im geistigen (14) Erschauen werden sie Wege erkennen, die ihnen bereitet sind.»

«Und so wird Friede zur Erde wiederkehren, ein vordem nie gekannter Friede. Dann wird der Wille zum Guten aufblühen als Verstehen, und Verstehen wird Blüten treiben als Guter Wille.»