Navigieren durch die Kaptitel von diesem Buch

2. KAPITEL - DIE DRÜSEN UND DAS MENSCHLICHE VERHALTEN

2. KAPITEL

DIE DRÜSEN UND DAS MENSCHLICHE VERHALTEN

Das Studium der Drüsen ist in seinem Anfangsstadium. In der ganzen Literatur über diesen Gegenstand findet man Erklärungen die besagen, dass wenig bekannt ist und dass die innere Essenz - die technisch «Hormone» genannt wird - irgendeiner speziellen Drüsensekretion noch nicht entdeckt worden und dass der Gegenstand geheimnisvoll verschleiert ist. Es ist wahr, dass die Sekretionen der Drüsen gewisser Drüsen entdeckt worden sind und dass man selbst in der täglichen Umgangssprache von der Schilddrüse und von der Anwendung von Schilddrüsenextrakt in gewissen Fällen hört, doch die Sekretionen der meisten Drüsen sind unbekannt oder nur teilweise isoliert worden.

Unter diesen Umständen braucht ein intelligenter Laie, selbst wenn er nicht wissenschaftlich in der Medizin oder in akademischer Psychologie ausgebildet worden, jedoch mit Geduld und einem dicken Wörterbuch ausgerüstet ist, nicht zu zögern, sich an den Gegenstand der Drüsen und ihrer Sekretionen und Wirkungen heranzuwagen und sich nach eifrigem Studium des verfügbaren Materials einen Überblick zu verschaffen und darüber zu berichten. Eine solche Übersicht mag tatsächlich für die allgemeine Öffentlichkeit dadurch von wirklichem Wert sein, dass er sie mit einem fertigen Überblick über einen wichtigen Forschungszweig versorgt. Es mag selbst für den Ausgebildeten eine wesentliche Hilfe [31] sein, nicht nur, um ihn in den Stand zu setzten, den Eindruck in Erfahrung zu bringen, den die technische Literatur auf andere macht, sondern auch besonders, weil ein neuer Denker, der nicht durch wissenschaftliche Daten behindert ist, häufig eine bessere Perspektive des gesamten Gebietes erlangt. Dies würde besonders dann der Fall sein, wenn derjenige, welcher eine solche Übersicht macht und darüber Bericht erstattet, seit langem in dem alten Glauben und den uralten Überzeugungen des Ostens über den allgemeinen Gegenstand der Psychologie erfahren ist.

Wenn ich das System der endokrinen Drüsen betrachte, habe ich nicht die Absicht, es in seinem gewöhnlichen psychologischen Begriffen und Wirkungen, wie z.B. seiner Beziehung zum Wachstum des Körpers, zum Haar, Herzen, Blut und zu den Geschlechtsorganen, zu beschreiben. All dies kann aus irgendeinem medizinischen Buch in Erfahrung gebracht werden, selbst aus denen, die im vorigen Jahrhundert veröffentlicht worden sind. Es ist vielmehr meine Absicht, das zu ermitteln, was fortgeschrittene und moderne Forscher, Mediziner und Psychologen aus einem Studium der Drüsen folgern und worin ihrem Urteil nach ihre Wirkung auf menschliches Verhalten bestehen, und die Ansprüche zu überprüfen, die so häufig erhoben werden, dass die geheimnisvollen inneren Sekretionen für die Handlungen, Emotionen und die Mentalität des Menschen - kurz gesagt, für den Menschen selbst verantwortlich sind. «Verstehen Sie die Drüsen,» sagen sie, «und Sie erblicken den Menschen.»

Wenn ich die Drüsen in diesem Sinn betrachte, werde ich grösstenteils aus den verfügbaren Büchern zitieren, nicht nur, weil es dann wahrscheinlicher ist, dass ich als jemand spreche, der Autorität besitzt, sondern auch, weil man auf diese Weise die gegebene Ansicht frischer und lebendiger reflektiert.

[32]

Diese Bücher und die ausgebildeten Forscher gebrauchen insgesamt eine Terminologie, die für den allgemeinen Leser unverständlich ist. Die Sekretion der Schilddrüse ist beispielsweise als «tri-iodo-tri-hydro-exygindole-propionic acid» bezeichnet worden. Soweit wie möglich werde ich solche schwierigen Ausdrücke vermeiden.

Ehe wir die Drüsen selbst betrachten, ist es angebracht, dass wir uns darüber entscheiden, was wir unter «Psychologie» verstehen. Wenigstens im Westen hat sie, wie bereits erwähnt, ihre von dem Logos oder Gesetz, der Psyche oder Seele abgeleitete Bedeutung verloren. Eine moderne und klare Definition wurde von Leary gegeben:

«Die Wissenschaft des menschlichen Verhaltens schliesst, im weitesten Sinn des Wortes Verhalten, alles ein, was Menschen tun, was Menschen haben. In diesem Sinn des Verhaltens wird das Verhalten der ganzen integrierten Persönlichkeit erforscht.

Die Psychologie befasst sich mit dem Organismus als Ganzem, als integriertes und orientiertes Individuum im Kontakt mit anderen Individuen in einer komplizierten äusseren Umgebung, teils physisch und teils sozial, kurz gesagt, als Persönlichkeit.

Das menschliche Verhalten lässt sich, psychologisch gesprochen, auf physiologische Tatsachen und Befunde reduzieren, dann auf biologische und weiter auf biochemische, chemische und schliesslich unvermeidlich auf physikalische, die mit der Bewegung der Materie zu tun haben.» (Leary, D. B.: Modern Psychology: Normal and abnormal, S. 10, 14, 18.) 

Die Psychologie ist daher die Wissenschaft der Tätigkeit des [33] Menschen als lebender Organismus, in der Umgebung, in der er sich befindet - die Wissenschaft des Wechselspiels zwischen dem Menschen und jener Umgebung. Es ist die Wissenschaft des menschlichen Benehmens aber nicht im ethischen Sinn des richtigen oder falschen Verhaltens. Es ist die Wissenschaft menschlichen Verhaltens der Persönlichkeit. Aber was liegt hinter diesem Verhalten? Hocking sagt: «Das Ich ist in der Tat ein Verhaltenssystem. Aber es ist ein System zweckbetonten Verhaltens, das aus einer beharrlichen Hoffnung hervorgeht. Das innerste Wesen des Ich's ist seine Hoffnung.» (Hocking, Wm. E.: Self, Its Body and Freedom, S. 46.)

Diese Hoffnung, dass das Leben zu etwas Grösserem gemacht werden könnte, als es je zuvor gewesen ist, ist in der Tat eine beharrliche Hoffnung - wir wissen jedoch, dass wir diese Realisation selbst herbeiführen müssen, wenn sie verwirklicht werden soll. Daher das zielbewusste Verhalten, von dem Hocking spricht.

Auf diesem Gebiet menschlichen Verhaltens und der Persönlichkeit gibt es drei Hauptfaktoren. Zunächst die Umgebung. Diese ist viel mehr als einfach eine vorhandene Tatsache oder eine Reihe von Tatsachen oder einfach eine Bühne, auf der das Drama sich abspielt. Sie ist als «alles, was nicht der Organismus ist, ob kulturell, sozial, physisch oder was sonst noch, das tatsächlich oder nachweisbar vorhanden ist,» bezeichnet worden (Leary, D. B.: Modern Psychology: Normal and abnormal, S. 45.)

Zweitens haben wir den menschlichen Apparat, besonders den Reaktionsapparat, den wir demnächst ausführlicher besprechen werden. Schliesslich haben wir Benehmen oder das Ergebnis der [34] Wechselbeziehung zwischen der Umgebung und dem Reaktionsapparat, und in einer gewissen Umgebung und mit einem gewissen Reaktionsapparat sind, wie behauptet wird, gewisse Verhaltenslinien unfehlbar das Wechselspiel dieser drei Resultate im menschlichen Verhalten.

Wir befassen uns hier naturgemäss mit dem zweiten Hauptfaktor, dem Reaktionsapparat.

In diesem Apparat rechtfertigen gewisse Aspekte des Mechanismus genauere Aufmerksamkeit als andere, nämlich das Nervensystem und das System der Hormondrüsen, die beide im menschlichen Körper in enger Zusammenarbeit funktionieren.

Durch das Nervensystem, das vielleicht der verwickeltste und wunderbarste Teil des menschlichen Gerüstes ist, kommen wir in Kontakt mit unserer Umgebung, der äusseren Welt, und sind dadurch fähig, in ihr zu funktionieren. Durch dieses System nehmen wir das Greifbare wahr, und durch das Nervennetzwerk, auch durch Rückenmark und Gehirn werden wir der Informationen gewahr, die uns ununterbrochen übermittelt werden. Botschaften werden die Millionen von Telegraphenlinien unserer Nerven entlang zum zentralen Kraftwerk unseres Gehirns geleitet und dann auf geheimnisvolle Weise zu Information umgewandelt. Auf diese Information reagieren wir. Eine entgegengesetzte Tätigkeit wird in die Wege geleitet, und wir werden zu Tätigkeit angeregt.

Zugleich mit dieser Wiedergabe hereinkommender und hinausgehender Nervenenergie gehen parallele Tätigkeiten im System der Hormondrüsen vor sich (und im Muskelsystem), und das Ineinandergreifen der Tätigkeit ist so gross, dass, wenn die Hormondrüsen [35] nicht normal funktionieren, keine hinreichende Reaktion auf die telegraphierte Auskunft erfolgt und keine Umwandlung von einem Energietyp zum anderen stattfindet.

Der ganze Reaktionsapparat und die Mechanik dieses Umstandes ist folgendermassen zusammengefasst worden:

«Ein Organismus ist eine Transformations-Vorrichtung, welche die hereinkommende Energie aus der Umgebung, die durch die Rezeptoren empfangen worden ist, in ausgehende Energie in Form von Arbeit der Muskeln und Drüsen umwandelt und gleichzeitig selbst als Transformations-Vorrichtung von innen stammende Stimuli in dieser oder anderer Art verändert, wobei beide Gruppen von Stimuli und beide Formen der Energieabgabe in vollkommener Tat oder vollkommenem Verhalten des Organismus zusammenarbeiten.» (Leary, D. B.: a. a. O., S. 33)

Das Nervensystem und die Muskeln könnten etwa als der physische Reaktionsapparat und als das Mittel, durch das physische Reaktion auf die Umgebung erfolgt, bezeichnet werden; das Nervensystem und die Hormondrüsen könnten jedoch als intelligenter und emotioneller Reaktionsapparat und als Mittel, durch das tatsächlich Reaktion zustandekommt, bezeichnet werden.

Es wird behauptet, dass dieses letztere Wechselspiel zwischen dem Apparat und der Umgebung Benehmen und Verhalten hervorruft, dass Gefühls- und Gedankentätigkeit ihren Sitz im System der Drüsen mit innerer Sekretion haben und dass sogar das Wesen eines Menschen dadurch erklärt wird!

«Es ist wahrscheinlich wahr», fährt Leary fort, «dass wir [36] schliesslich, wenn die gegenwärtige Spekulation durch angemesseneres und auf besserer Grundlage beruhendem Wissen ersetzt worden ist, den Sitz des Temperamentes in den endokrinen Hormondrüsen oder in Verbindung mit ihnen finden werden.» (Leary, D. B., a. a. O., S. 189)

Rubin sagt: «Wir kommen nun rasch zu der Überzeugung, dass alles, was wir sind, und alles, was wir je zu sein hoffen, grösstenteils davon abhängt, ob wir mit normalen Hormondrüsen geboren worden sind oder nicht.» (Rubin, H. H.: Your Mysterious Glands, (Deine geheimnisvollen Drüsen), S. 10). Leary sagt: «Die Emotionen hängen enger mit inneren Rezeptoren und ungestreiften Muskeln und endokrinen Drüsen zusammen», als mit Instinkten. (Leary, D. B.: Modern Psychology: Normal and abnormal, S. 61.)

Cobb sagt uns:

«... nur dreieinhalb Gran der Sekretion der Schilddrüse stehen zwischen Intelligenz und Schwachsinn. Es ist ein grauenhafter Gedanke, sich vorzustellen, dass das Fehlen eines chemischen Stoffes ein Versagen der Entwicklung des Denkaspektes und Körpers eines Menschen zur Folge haben kann.» (Cobb, I. G.: The Glands of Destiny, (Die Drüsen des Schicksals), S. 5)

Cobb sagt uns in seiner Einführung auch:

«Die Tätigkeit der Drüsen bei der Bestimmung des körperlichen Aufbaus ist unbestreitbar; und der mentale Horizont - die "Verhaltenskomplexe" - des einzelnen scheint von seinem physischen Wohlbefinden abhängig zu sein; und das physische Wohlbefinden hängt zweifellos von der erfolgreichen Tätigkeit und Wechselwirkung der verschiedenen Drüsensekretionen ab. ...

Obwohl wir erst am äussersten Rand des Gegenstandes sind, sind wir hinreichend fortgeschritten, um uns vorzustellen, dass, ebenso wie durch eine gewisse Anordnung der Hormondrüsen gewisse Verhaltensweisen im Körper gebildet werden, auch der [37] Denkaspekt seinen Anteil aus derselben Quelle empfängt.» (Cobb, I. G.: a. a. O., S. 3, 6.)
 

J. S. Huxley sagt in einem Vortrag: Es scheint klar, dass Temperament, das ein noch bedeutenderer Faktor ist als reiner Intellekt, um Erfolg zu erzielen, grossenteils eine Frage des Gleichgewichts der verschiedenen Drüsen mit innerer Sekretion - der Schilddrüse, der Hypophyse und der übrigen - ist. Es kann gut sein, dass die angewandte Psychologie der Zukunft entdecken wird, wie das Temperament abgeändert werden kann.» (Cobb, I. G.: a. a. O., S. 11, 12)

Hinsichtlich dieser Frage des Temperaments bemerkt Hocking:

«Es besteht nicht der geringste Grund dafür, an der Tatsache der starken Wirkung auf das Temperament zu zweifeln, die seitens der Drüsen mit innerer Sekretion, wie der Schilddrüse oder der interstitiellen Drüsen oder der Nebenniere, ausgeübt werden. Die Stimulierung von gewissen Drüsen oder das Einspritzen ihrer Produkte oder die Ernährung mit ihnen mag Veränderungen hervorrufen, die früher für ein Wunder gehalten worden sein würden. Durch das Eingeben von Schilddrüsenhormon mag ein Kretin zu etwas gebracht werden, was der Normalität ähnelt; wenn die Verabreichung aufhört, kehrt er zu seinem ursprünglichen Zustand zurück. Wenn die Dosierung erhöht wird, wird bedauerlicherweise weder er noch irgendjemand anders von der Normalität zum Genie emporgehoben, wir rufen nur eine andere Form von Abnormität hervor. Und bis jetzt rechtfertigen keine chemischen Entdeckungen irgendwelche aussichtsreichen Hoffnungen, den normalen Menschen zu vervollkommnen. Es gibt tatsächlich gewisse Drogen, die einem Menschen das Gefühl verleihen, er sei ein Genie, aber wenn die Resultate unter demselben Einfluss beurteilt werden, sind sie merkwürdig enttäuschend. Wir dürfen daher auf diese Entdeckungen nicht sofort zu hohe Hoffnungen für die Zukunft der [38] Menschheit bauen. Aber in einem authentischen Sinn hat die Seele ihre Chemie und «ein Mangel an Jod wird einen klugen Menschen in einen Schwachsinnigen umwandeln!» (Hocking, Wm. E.: Self, Its Body and Freedom, S. 58, 59.)

Die Betrachtung der Hormondrüsen und ihrer Wirkung, nicht nur auf die physische Struktur, sondern auch auf das Benehmen, ist daher von wesentlicher Bedeutung. Was sind also die Drüsen? Und insbesondere, was sind die oft erwähnten Hormondrüsen? Cobb sagt uns:

«Drüsen können in zwei Hauptgruppen eingeteilt werden; diejenigen, die sich mit dem Drainagesystem befassen - die Lymphdrüsen -, und diejenigen, welche Produkte für die Körperfunktionen absondern. Mit den Lymphdrüsen befassen wir uns hier nicht. Die zweite Gruppe, deren Aufgabe es ist, Flüssigkeiten beizutragen, welche die Körperprozesse kontrollieren und regulieren und die in Harmonie miteinander arbeiten, besteht aus zwei Unterabteilungen.

Die erste von ihnen enthält Drüsen mit Kanälen, entlang denen sie ihren Inhalt ausscheiden. Die zweite Gruppe hat keine Kanäle, und ihre Ausscheidungen werden direkt im Blutstrom aufgenommen. Diese werden als Hormondrüsen oder als "Drüsen mit innerer Sekretion" bezeichnet, und ihre Produkte sind innere Sekretionen genannt worden. Der Begriff "Hormonforschung" ist auf das Studium der Drüsen mit innerer Sekretion angewandt worden.» (Cobb, I. G.: The Glands of Destiny, S. 1.)

Rubin sagt:

[39]

«Diese Hormondrüsen oder Sekretionsorgane werden oft als "Drüsen mit innerer Sekretion" bezeichnet. Ihre Ausscheidungen werden direkt ins Blut und in die Ströme nährender Lymphe absorbiert - und es hat den Anschein, dass dem Körper dadurch seine eigenen Drogen verabreicht werden.

Diese Sekretionen enthalten die "Hormone" oder chemischen Boten des Organismus, die einige der äusserst wunderbaren Reaktionen, die in der Physiologie bekannt sind, hervorbringen. Es ist tatsächlich erklärt worden, dass Hormone für die Physiologie dasjenige sind, was Radium für die Chemie ist.» (Rubin, H. H.: Your mysterious Glands, S. 8, 9.)

Dieses System der Drüsen mit innerer Sekretion bildet funktionell eine Einheit und arbeitet in engster Gemeinschaft und gegenseitiger Abhängigkeit. Berman sagt uns: «Der Denkaspekt des Körpers ist eine vollkommene Korporation. Die Drüsen mit innerer Sekretion sind die Direktoren dieser Korporation. ... Hinter dem Körper und hinter dem Denkaspekt steht dieser Verwaltungsrat.» (Berman, L.: The Glands Regulating Personality, S. 96, 97.) Tatsächlich arbeiten alle Drüsen in Übereinstimmung miteinander. Es ist bekannt, dass sie ihre Tätigkeit in Wechselwirkung bringen, einander ausgleichen, und es wird behauptet, dass sie den Menschen durch ihre vereinte Wirkung zu dem machen, was er ist.

Sie bilden in der Tat ein enges, ineinandergreifendes System mit Funktionen und Organismen, die sich deutlich von denjenigen anderer Systeme innerhalb des Mechanismus des Körpers unterscheiden. Das Blut- und das Nervensystem verfolgen ihre eigenen Tätigkeiten, sind jedoch eng mit dem System der Drüsen mit innerer Sekretion verbunden. Das Blut wirkt auf geheimnisvolle Weise als Träger der eigenartigen Hormone der verschiedenen Drüsen, [40] und das Nervensystem scheint spezifischer mit der psychischen Entwicklung in Beziehung zu stehen, die mit dem normalen oder anomalen Funktionieren der Drüsen mit innerer Sekretion verbunden ist.

Aus dieser Diskussion des Systems der Drüsen mit innerer Sekretion kommen wir naturgemäss zu der Frage: «Was sind also die Hormondrüsen im einzelnen?»

Wenn wir mit dem Kopf anfangen und nach unten fortfahren, müssen sieben Drüsen von besonderer Bedeutung aufgezählt werden. Es sind:

 

 

Name

Sitz

Sekretion

 

 

 

 

1.

Zirbeldrüse

Kopf

Unbekannt

 

 

 

 

2.

vordere Hypophyse
hintere            

Kopf

Unbekannt
 Pituitrin

 

 

 

 

3.

Schilddrüse

Kehle

Thyroxin

 

 

 

 

4.

Thymusdrüse

Oberer Brustkorb

Unbekannt

 

 

 

 

5.

Bauchspeicheldrüse

Gegend des Sonnengeflechts

Insulin

 

 

 

 

6.

Nebennieren                Hinter den Nieren

Rinde unbekannt
Mark Adrenalin

 

 

 

 

7.

Keimdrüsen

Unterleib

Hoden und Eierstöcke

 

(Anmerkung: Seit dieses Kapitel geschrieben wurde, sind die Untersuchungen der Hormondrüsen fortgesetzt worden. Hier gegebene Einzelheiten sind weder endgültig noch umfassend, die Grundvoraussetzungen der Verfasserin bleiben jedoch unberührt. F. B.)

Über Kopf und Rumpf ist also ein Netzwerk von wichtigen Drüsen verteilt, von denen behauptet wird, dass sie den Bau, das Wachstum und chemische Veränderungen des Körpers physiologisch beherrschen, und dass sie psychologisch für emotionelle Reaktionen und Gedankenprozesse des Menschen verantwortlich sind. Sie würden somit seine Eigenschaften, sowohl gute als auch [41] schlechte, sein Verhalten und die Handhabung seiner Angelegenheiten und in der Tat seinen Charakter hervorrufen.

Wir werden jetzt die sieben erwähnten Drüsen betrachten, unsere Besprechung jedoch auf ihre mentalen und psychischen Wirkungen beschränken.

1. Die Zirbeldrüse - Sitz im Kopf, - Sekretion unbekannt.

Die Zirbeldrüse ist kegelförmig, etwa von der Grösse einer Erbse, und ist im Zentrum des Gehirns in einer kleinen Höhle hinter und oberhalb der Hypophyse, die ein wenig hinter der Nasenwurzel liegt. Die Zirbeldrüse ist mit der dritten Gehirnkammer verbunden. Sie enthält ein Pigment, das demjenigen der Netzhaut des Auges ähnelt, und auch Ansammlungen von etwas, was als «Gehirnsandteilchen» bezeichnet worden ist. Tilney sagt:

«Zahlreiche Versuche sind gemacht worden, um festzustellen, ob die Zirbeldrüse eine Funktion besitzt, und welche. Ist sie unentbehrlich zum Leben oder spielt sie irgendeine wichtige Rolle, die für eine spezielle Phase des Stoffwechsels von Wichtigkeit ist? Wir dürfen vielleicht zugestehen, dass dieses Organ im Menschen und in den meisten Säugetieren eine Funktion hat. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass es sich bei dieser Funktion teilweise um eine innere Sekretion handelt, eine Sekretion, die bestimmt nicht unentbehrlich zum Leben ist. Der genaue Einfluss der Sekretion der Zirbeldrüse ist noch unbekannt.» (Tilney, F.: The Pineal Gland (Die Zirbeldrüse), S. 537, 542.)

Es ist auch angedeutet worden, dass diese Drüse unsere Lichtempfänglichkeit reguliert, dass sie eine bestimmte Wirkung auf die Sexualität hat, dass sie mit dem Wachstum des Gehirns in Beziehung steht und dass ihre aktive Funktion intellektuelle Frühreife [42] verursacht, was in dem unten besprochenen historischen Fall deutlich angedeutet wird. Diese Drüse ist auch das dritte Auge und das Auge des Cyklopen genannt worden. Über diese Tatsachen oder Vermutungen hinaus sagen die Forscher offen, dass sie nichts wissen, und Experimente haben wenig Auskunft hervorgebracht. Bei dem Experiment, Kindern und Schwachsinnigen den Extrakt der Zirbeldrüse einzugeben, wurde keinerlei Reaktion erreicht, wenn sie über fünfzehn Jahre alt waren, und sie war in allen anderen Fällen widersprüchlich, eine Schlussfolgerung daher unmöglich.

Bis vor ein paar Jahrzehnten wurde der Zirbeldrüse geringe Aufmerksamkeit gewidmet. Dann kam der Fall, der von Berman bemerkt wurde, in dem ein Kind in eine deutsche Klinik gebracht wurde, das an einem Augenleiden und an Kopfschmerzen litt. Es war fünf Jahre alt und sehr reif und hatte scheinbar das Jünglingsalter erreicht. Es war ungewöhnlich aufgeweckt und besprach metaphysische und spirituelle Themen. Es war ausserordentlich gruppenbewusst und nur glücklich, wenn es das, was es besass, mit anderen teilte. Nach seiner Aufnahme in die Klinik verschlimmerte sich sein Zustand sehr schnell, und es starb innerhalb eines Monats. Eine Leichenöffnung zeigte eine Geschwulst der Zirbeldrüse. (Berman, L.: The Glands Regulating Personality, S. 89)

Wie wir später sehen werden, hat dieser historische Fall spezielles Interesse angesichts der Schlussfolgerungen der orientalischen Philosophen.

Die meisten Bücher bemerken, dass die Zirbeldrüse von den alten Philosophen als Sitz der Seele bezeichnet wird, und es wird [43] häufig zitiert, dass Descartes gesagt hat: «Im Menschen berühren sich Seele und Körper nur an einem einzigen Punkt, in der Zirbeldrüse im Kopf.»

Ist es nicht möglich, dass in dem alten Glauben, dass die Zirbeldrüse der Sitz der Seele ist, und in der scheinbar bestehenden Tatsache, dass die Zirbeldrüse eine spezifische Drüse der Kindheit ist und später verkümmert, eine wirkliche Beziehung, die Andeutung einer verborgenen Wahrheit liegt? Kindern wird es leicht, an Gott zu glauben und ihn anzuerkennen. Christus sagte: «Das Himmelreich ist inwendig in euch» (Lukas 17, 21) und «Es sei denn, dass ihr werdet wie die Kinder, so werdet ihr nicht ins Himmelreich kommen». (Matthäus 19, 3)

Man denke auch an die Ode von Wordsworth «Ode on Intimations of Immortality from Recollections of Early Childhood» (Ode über Andeutungen der Unsterblichkeit durch Erinnerungen aus der frühen Kindheit).

«Unsere Geburt ist nur ein Schlaf und ein Vergessen,

Die Seele, die mit uns emporsteigt, unser Lebensstern,

Ist andernorts untergegangen

Und kommt aus weiter Ferne;

Nicht in gänzlichem Vergessen,

Und nicht in völliger Klarheit,

Sondern als dahinziehende Wolken der Herrlichkeit kommen wir

Von Gott, der unsere Heimat ist.

In unserer Kindheit liegt der Himmel um uns her!

Schatten des Gefängnisses beginnen

Den heranwachsenden Knaben einzukerkern.

Aber er erblickt das Licht, und voller Freude

Erkennt er seinen Ursprung.

Der Jüngling, der täglich ferner vom Osten wandern muss

Ist noch der Priester der Natur

Und wird auf seinem Weg von herrlicher Vision geleitet;

[44]

Schliesslich bemerkt der Mann, wie sie verschwindet

Und in das Licht des Alltags verblasst.»

Die orientalische Philosophie bestätigt diesen möglichen Zusammenhang zwischen der Zirbeldrüse und der Seele.

2. Hypophyse - Sitz im Kopf - Sekretion der vorderen Drüse unbekannt, Sekretion der hinteren Drüse Pituitrin.

Interesse an der Hypophyse ist seit Jahrhunderten gezeigt worden, aber bis zu den letzten achtziger Jahren war so wenig über sie bekannt, dass sie als ein Organ äusserer Sekretion angesehen wurde. Sie besteht tatsächlich aus zwei Drüsen innerhalb einer. Sie ist etwa von der Grösse einer Erbse und liegt an der Basis des Gehirns, ein wenig hinter der Nasenwurzel.

Diese Drüse ist «der liebste Schatz der Natur» genannt worden, weil sie in einer Nische eingehüllt liegt, wie ein «Schädel innerhalb eines Schädels». Sie steht, wie die meisten Drüsen, auf irgendeine Weise in enger Beziehung zum Geschlechtsleben und hängt auch mit solchen periodischen Phänomenen wie Schlaf und sexuellen Epochen zusammen. Es wird uns gesagt, dass es eine Drüse ist, die ständig arbeitet, Energie verbraucht und lebenswichtig ist. Sie soll die Gehirnzellen anregen und in «direkter und wichtiger Beziehung zur Persönlichkeit» stehen. Es wird uns auch gesagt, dass mangelhafte Entwicklung der Hypophyse auffallende moralische und intellektuelle Minderwertigkeit und Mangel an Selbstbeherrschung verursacht oder damit einhergeht, dass jedoch bei einer guten Entwicklung der Hypophyse auch ausgesprochene mentale Tätigkeit und Ausdauer vorhanden sein sollen. Sie scheint in sehr enger Beziehung zu unseren emotionellen und mentalen Eigenschaften zu stehen.

[45]

Wie wir bereits erwähnten, besteht die Hypophyse tatsächlich aus zwei Drüsen innerhalb einer. Die Sekretion der hinteren Hypophyse ist Pituitrin.

«Die hintere Hypophyse beherrscht die mütterlich-sexuellen Instinkte und ihre Sublimationen, die sozialen und schöpferischen Instinkte. ... Man könnte sagen, dass sie die zarten Gefühle aufs tiefste mit Energie erfüllt. ... Denn alle grundlegenden Gefühle, wie Weichherzigkeit, Sympathie und Beeinflussbarkeit (im Gegensatz zu der intellektualisierten, selbsterhaltenden Sentimentalität) stehen in engem Zusammenhang mit ihren Funktionen.»

Die Sekretion der vorderen Hypophyse ist unbekannt.

«Die vordere Hypophyse ist als die Drüse der Intellektualität bezeichnet worden. ... Mit Intellektualität meinen wir die Fähigkeit des Denkens, seine Umgebung durch Konzepte und abstrakte Ideen zu kontrollieren.» (Berman, L.: The Glands Regulating Personality, S. 178)

Berman fügt noch hinzu: «Mentale Tätigkeit wird von erhöhter Funktion der vorderen Hypophyse begleitet, wenn sie intellektuell, oder von der hinteren Hypophyse, wenn sie emotionell ist.» (Berman, L.: a. a. O., S. 236)

Durch ein Studium dieser Bemerkungen wird es augenscheinlich, dass die Persönlichkeitseigenschaften - Gefühle, ob wir mütterliche Instinkte meinen, die von allen Tieren geteilt werden, oder Liebe zu unseren Mitmenschen oder Liebe zu Gott - grösstenteils ebenso wie die Fähigkeit, logisch zu denken, als von dem Zustand der Hypophyse abhängig angesehen werden.

Der Schüler der östlichen Weisheit, der sich dem Problem von einem anderen Gesichtspunkt nähert, bestätigt die relative Richtigkeit all dieser Schlussfolgerungen.

[46]

3. Schilddrüse - Sitz am Hals - Sekretion Thyroxin.

Über die Schilddrüse ist mehr bekannt als über die Zirbeldrüse oder die Hypophyse, und dies war vom Standpunkt der östlichen Weisheit zu erwarten. Diese Drüse sitzt rittlings auf dem Hals, oberhalb der Luftröhre, dicht beim Kehlkopf, und ist eine sehr grosse Drüse. Sie war früher eine Geschlechtsdrüse, wird oft der «dritte Eierstock» genannt und stets bei Erkrankung der Eierstöcke in Mitleidenschaft gezogen. Bei den niederen Wirbeltieren ist sie deutlich mit den Kanälen der sexuellen Organe verbunden, aber im Marsch der Evolution nach oben «ist diese Beziehung verlorengegangen, die Schilddrüse wandert immer mehr in die Gegend des Kopfes, um zur grossen Verbindung zwischen Geschlechtsleben und Gehirn zu werden.» (Berman, L.: a. a. O., S. 46.) Es wird uns auch gesagt, dass sie in hohem Mass zwischen den Geweben unterscheidet, eine antitoxische Fähigkeit besitzt, so dass sie Vergiftung verhindert und einen zunehmenden Widerstand gegen Gift bewirkt.

Vor allem ist die Schilddrüse jedoch der Kontrolleur des Energiestoffwechsels. Sie ist als das wirksame Mittel, das Energietransformation erleichtert, bezeichnet worden, und ist der grosse Katalysator von Energie im Körper. Sie kontrolliert die Geschwindigkeit des Lebens und ist die Grundlage des endokrinen Systems. Sie ist unentbehrlich für das Leben.

Durch die Untersuchungen an minderbegabten Menschen, Schwachsinnigen und Idioten sind die Forscher nach den Worten Bermans zu folgenden Schlussfolgerungen gekommen:

«Ohne die Schilddrüse sind kein abstraktes Denken, kein Lernen, keine Erziehung, keine Bildung von Gewohnheiten, keine auf [47] Umstände reagierende Energie und auch keine physische Entfaltung von Fähigkeit und Funktion, keine Fortpflanzung und kein Anzeichen des Heranwachsens zum Jüngling oder zum jungen Mädchen im gegebenen Alter und keine Entfaltung von Geschlechtstendenzen vorhanden.» (Berman, L.: a. a. O., S. 55)

Es wird uns auch gesagt:

«Empfindungsfähigkeit, das Unterscheidungsvermögen zwischen verschiedenen Graden von Sinneswahrnehmung oder der Schärfe einer Wahrnehmung ist eine weitere Eigenschaft der Schilddrüse. Genauso wie mehr Schilddrüse mehr Energie bedeutet, ist man auch empfindsamer. Man hat stärkere Gefühle und ist schmerzempfindlicher, weil man viel schneller das Stadium erreicht, wo ein Reiz die Nerven überbeansprucht.» (Berman, L.: a. a. O., S. 180)

Die Schilddrüse steht auch, ebenso wie die Hypophyse, in enger Beziehung zum Gedächtnis.

«... die Hypophyse scheint mit der Erhaltung des Gedächtnisses im Zusammenhang zu stehen. ... Das mit der Schilddrüse im Zusammenhang stehende Gedächtnis bezieht sich besonders auf Wahrnehmung und Regeln, das der Hypophyse auf Begriffe (Lesen, Lernen, Denken) und Vorstellungen.» (Berman, L.: a. a. O., S. 182)

4. Thymusdrüse-Sitz im oberen Brustkorb - Sekretion unbekannt.

Über die Thymusdrüse wissen wir fast nichts, und sie ist eine der geheimnisvollsten Drüsen. Wie die Zirbeldrüse, wird sie als eine Drüse der Kindheit betrachtet, aber bis jetzt widerstehen beide der Erforschung.

Die Thymusdrüse befindet sich im Brustkorb, bedeckt den oberen Teil des Herzens und hat vielleicht eine Beziehung zu Ernährung [48] und Wachstum. Sie scheint mit dem unbekümmerten Wesen von Kindern verbunden zu sein, und wenn sie im Erwachsenen zu stark funktioniert, kommt es zu dem verantwortungslosen Mann oder der Frau und dem amoralischen Menschen.

5. Bauchspeicheldrüse - Sitz in der Gegend des Sonnengeflechtes - Sekretion Insulin.

Die hauptsächliche Auskunft, die im Zusammenhang mit der Bauchspeicheldrüse gegeben wird, ist rein physiologisch und gehört deshalb nicht in diese Abhandlung. Es ist hinreichend zu sagen, dass sie ihren Sitz im Leib hat und nahe beim Sonnengeflecht liegt (welches das Gehirn der instinktiven tierischen Natur ist) und in enger Beziehung zu der «Mobilisierung von Energie für physische und mentale Zwecke steht. Sie hat zwei Sekretionen, beides Insulin, das eine betrifft den Verdauungsprozess, und das andere ist für den Zuckerstoffwechsel wichtig. Ohne genügend Zucker für die Zellen ist keine Muskel- oder Nervenarbeit - die im Lebenskampf notwendig sind - möglich.» (Berman, L.: a. a. O., S. 182)

6. Nebennieren - Sitz hinter den Nieren - Sekretion der Nebennierenrinde unbekannt, die des Nebennierenmarks ist Adrenalin.

Jede der Nebennieren ist doppelt, und sie sind an beiden Seiten des Unterleibs gelegen, rittlings hinter den Nieren. Sie stehen mit dem allgemeinen Wachstum und dem Wachstum der Gehirnzellen in Beziehung. Die Sekretion der Nebennierenrinde (der kein Name gegeben worden ist) ist eine der Quellen der inneren Sekretion, die Reife hervorruft.

[49]

Die Nebennieren sind jedoch in erster Linie die Drüsen des Kampfes. Sie rufen jene unmittelbare und aktive Reaktion hervor, welche die Menschen in Zeiten der Gefahr oder des Ärgers zeigen, und ihre Sekretion wird in Notfällen angeregt. Schmerz, Wut und Furcht haben eine definitive Wirkung auf die Freisetzung und es wird uns gesagt, dass «alles dafür Zeugnis ablegt, dass das Mark die Substanz erzeugt, welche das Phänomen der Furcht verursacht, während die Rinde bei Reaktionen des Ärgers vorherrscht.» (Berman, L.: a. a. O., S. 76)

Weiter:

«Mut steht in so deutlicher Beziehung zu Furcht und Ärger, dass alle in irgendeiner Besprechung stets miteinander verbunden werden. Mut wird allgemein als die Emotion betrachtet, die das Gegenteil von Furcht ist. Daraus würde resultieren, dass Mut einfach Hemmung des Nebennierenmarks ist. Tatsächlich ist der Mechanismus des Mutes komplizierter. Man muss zwischen dem Mut der tierischen Natur und bewusstem Mut unterscheiden. Der Mut der tierischen Natur ist buchstäblich der Mut der Bestie. Wie festgestellt wurde, sind Tiere mit der grössten Nebennierenrinde die kampflustigen, aggressiven, herausfordernden Könige der Felder und Wälder. Die von ihnen erlebte Gefühlserregung ist wahrscheinlich Wut, verbunden mit einer Art von Blutlust, ohne Berücksichtigung der Folgen. Das angegriffene Objekt wirkt wie ein rotes Tuch, das vor einem Bullen hin- und herbewegt wird - es regt die Sekretion der Nebennierenrinde an, und der Instinkt der Wut wird sozusagen durch den neuen Zustand des Blutes entfacht. Bei Mut, bewusstem Mut, handelt es sich um mehr als Instinkt. Es ist ein Willensakt, eine Schaustellung des Willens. Zugegeben, dass ein solcher Mut ohne die Nebennieren unmöglich [50]sein würde, muss der grösste Einfluss auf den Mut der vorderen Hypophyse zugeschrieben werden. Die richtige Verbindung ihrer Sekretion mit derjenigen der Nebennierenrinde erzeugt wahren Mut. Daher finden wir, dass mutige Handlungen am häufigsten bei Menschen vom Typ der vorderen Hypophyse berichtet werden.» (Berman, L.: a. a. O., S. 177)
 

7. Geschlechtsdrüsen - Sitz im Unterleib - Sekretion des Hodens bei Männern und der Eierstöcke bei Frauen.

Die Geschlechtsdrüsen oder interstitiellen Drüsen sind die Geschlechtsdrüsen mit äusserer Sekretion, es ist jedoch bekannt, dass sie auch eine innere Sekretion haben. Ihre stärkste Sekretion ist der Stoff für die Fortpflanzung. Es ist unnötig, ausführlich auf die Wirkungen der Geschlechtsdrüsen auf die Persönlichkeit einzugehen. Der Geschlechtstrieb und seine verschiedenen untergeordneten Wirkungen, sowohl physisch als auch psychisch sind allgemein bekannt, und sie sind viel studiert worden, und dieses Studium, grösstenteils der Perversitäten und Hemmungen, hat sich für das Verständnis der Menschheit als von höchster Bedeutung erwiesen. Einige Psychologen bringen alle menschlichen Reaktionen - physische, emotionelle und mentale - mit dem Geschlechtsleben und einzig und allein mit dem Geschlechtsleben in Beziehung, und wir wissen, dass jeder extremen Stellungnahme eine gewisse Wahrheit zugrundeliegt. Andere finden, dass das Geschlechtsleben eine wichtige Rolle spielt, aber nicht für alles verantwortlich ist. Die östliche Weisheit bietet eine Auslegung, die Erwägung verdient, und die dann erscheinen wird, wenn wir die Kraftzentren und ihre Beziehung zu den Drüsen betrachten werden.

Aus allem Vorhergehenden und aus vielen Büchern und Abhandlungen über den Gegenstand mag folgendes als kurze Zusammenfassung gegeben werden.

[51]

Der ganze Gegenstand ist in einem experimentellen Stadium, und vieles bleibt zu tun übrig. Es besteht jedoch offensichtlich eine enge Beziehung zwischen den Drüsen und einer Ähnlichkeit der Funktion - und die meisten von ihnen haben mit dem Stoffwechsel des Körpers und mit Wachstum zu tun, und sie scheinen alle eng mit dem Geschlechtsleben in Verbindung zu stehen. Schliesslich bestimmen sie scheinbar den Typ und das Temperament der Persönlichkeit.

Obwohl sich die Wissenschaft noch im Anfang befindet, scheint der Mensch endlich psycho-analysiert und verstanden worden zu sein. Jene schwer definierbaren und unberührbaren Prozesse, die Emotionen und mentale Konzepte genannt werden, werden in Begriffen der Materie erklärt. Den Drüsen und dem Nervensystem und der schwachen oder guten Entwicklung und Funktion des Kontakts- und Reaktionsapparates des Menschen wird alles zugeschrieben, was er ist. Ein Heiliger kann durch ein blosses Verstärken oder eine Verminderung gewisser innerer Sekretionen in einen Sünder und der Sünder in einen Heiligen umgewandelt werden. Der Mensch ist also weder besser noch schlechter als die Ausrüstung, mit der er in die Welt kommt, und sein Mechanismus ist alles, was er ist. Er kann ihn verbessern oder missbrauchen, aber der Apparat ist der entscheidende Faktor. Freier Wille wird ausgeschlossen und Unsterblichkeit verneint. Das Beste, was ein Mensch tun kann, ist, so zu handeln, dass er glücklich ist, und gleichfalls die Verantwortung auf sich zu nehmen, bessere Körper zu bauen, damit sich die nächste Generation psychisch besser manifestieren kann.

Ob wir mit diesen Schlussfolgerungen übereinstimmen oder nicht, so müssen wir doch wenigstens zugeben, dass es, wenn der Mechanismus der Gegenstand allen Studiums ist, doch schliesslich [52] möglich sein sollte, die Gesetze und Methoden in Erfahrung zu bringen, durch die vollkommene Körper gebaut werden können, die ihrerseits die Instrumente sein können, durch welche eine vollkommenere psychische Natur funktionieren kann.

Aber sind alle diese Schlussfolgerungen hinsichtlich der Drüsen mit innerer Sekretion tatsächlich richtig? Ist der Mensch im allgemeinen Umriss klassifiziert und gekennzeichnet worden und brauchen wir nur noch fragliche Punkte eines allgemeinen Umrisses auszufüllen? Wer kann es sagen? Aber meiner Ansicht nach liegt die Antwort in zwei Fragen oder Gruppen von Fragen. Bei der einen handelt es sich in erster Linie um den einzelnen, und die zweite Frage ist allumfassend.

Was den einzelnen anbetrifft, sind Drüsen und Drüsenfunktionen primäre Ursachen oder sind sie einfach Wirkungen oder Mittel zum Zweck? Gibt es nicht in Wahrheit etwas Grösseres, was darüber hinaus geht? Ist nicht in jedem von uns eine Seele, die durch den ganzen physischen und psychischen Mechanismus funktioniert? Hatte Paulus nicht kurz gesagt recht, wenn er sagte, dass der Mensch einen natürlichen und einen spirituellen Körper hat, und durchblicken liess, dass die Herrlichkeit des natürlichen Körpers andersartig ist als die Herrlichkeit des spirituellen Körpers?

Und hinsichtlich der zweiten und umfassenderen Frage, ist ein blosser Mechanismus Anfang und Ende aller Existenz und unser einziger Leitstern die Vervollkommnung dieses Mechanismus? Dann «Lasst uns wahrlich essen und trinken, denn morgen sind wir tot.» Ist es nicht vielmehr wahr, dass in uns nicht nur ein feineres Ich ist - ob wir es nun Geist, Seele oder sonstwie nennen - sondern bildet es nicht selbst einen Teil des transzendentalen Ganzen - ob wir es Gott nennen, wie die Religion es tut oder die Überseele, wie Emerson es nennt, oder ob wir es mit irgendeinem [53]

anderen Namen bezeichnen, jedoch in jedem Fall ein transzendentales Ganzes, dessen Herrlichkeit und Glanz höher ist als alle Vernunft? Sollen wir niemals mit diesem eins werden, und soll die Sehnsucht nach dieser Einswerdung uns nicht inzwischen bis dahin leiten? Soll das Vergängliche niemals zum Unvergänglichen führen oder das Sterbliche niemals zum Unsterblichen? Soll der Tod niemals in den Sieg verschlungen werden?»

Um diese Fragen zu beantworten, wollen wir uns der Weisheit des Ostens zuwenden.

[54]