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Zweites Kapitel - Aus dem Gruppenleben herrührende Ursachen - Teil 2

Die dem Planeten verliehene Absorptionsfähigkeit ist innerhalb gewisser Grenzen sehr gross; eben diese Grenzen begünstigen zum [249] Beispiel Epidemien als Folgeerscheinungen eines Krieges. Solche Epidemien haben nach dem Krieg und nachdem sich die darauf folgende Epidemie erschöpft hat, eine tiefgehende Wirkung auf die Menschheit. Die Menschheit, vor allem die in Osteuropa, hatte sich noch nicht vollständig von jenen Epidemien erholt, die nach dem ersten Teil des Weltkrieges auftraten, als schon der zweite stattfand. Die psychologischen Wirkungen dauern an; die Wunden und Folgen der zweiten Phase dieses Weltkrieges werden fünfzig Jahre lang weiterwirken, auch wenn der Epidemie-Faktor - infolge der grösseren wissenschaftlichen Erkenntnis des Menschen - in überraschend engen Grenzen gehalten werden konnte.

Dies bleibt jedoch noch unsicher. Die Zeit allein wird zeigen, inwieweit es der Menschheit gelingt, die Strafen zu neutralisieren, welche die erzürnte Natur meistens fordert.

Viel Gutes wird durch die ständig zunehmende Gewohnheit entstehen, jene Formen zu verbrennen, die das innewohnende Leben verlassen hat. Wenn die Verbrennung einmal ganz allgemein üblich sein wird, werden wir eine deutliche Verminderung der Krankheiten wahrnehmen, was zu Langlebigkeit und gesteigerter Lebenskraft führt. Das ständige Widerstand-leisten, durch das eine Form sich immun oder unempfänglich macht gegenüber dem planetarischen Zug und Drang nach Rückabsorption, erfordert einen grossen Energieaufwand. Wenn das Leben in der Form mächtiger wird und wenn weniger Reaktionen auf krankheitschaffende Faktoren eintreten, dann wird die Seele in der Form eine grössere Macht haben und zu grösserer Schönheit im Ausdruck und grösserer Nützlichkeit im Dienst kommen. Dies wird eines Tages für alle Naturreiche gelten und es wird einmal dazu kommen, dass in der aufsteigenden Herrlichkeit des göttlichen Lebens ständig ein strahlender Glanz hervorleuchten wird.

3. Rassische und nationale Krankheiten.

Es sollte euch jetzt deutlich geworden sein, dass ich mich mehr damit beschäftige, auf typische Faktoren (die Folgen der früheren Menschheitsgeschichte) hinzuweisen, anstatt euch eine spezifische, ins Einzelne gehende Aufzählung der Krankheiten zu geben, die [250] bei den verschiedenen Völkern zu Hause sind. Dies wäre in der Tat nicht möglich, weil in jedem Bereich des natürlichen Lebens so vieles sich überschneidet und parallel verläuft. Vor allem anderen versuche ich klar zu machen, was vom Standpunkt vorbeugender Gesundheitspflege aus getan werden muss und was erreicht werden sollte bei der schwierigen Aufgabe, Zustände zu beseitigen, die auf Erden als Folge eines früheren Missbrauchs naturgegebener Kräfte bereits vorhanden sind. Es müssen also jene Zustände bereinigt werden, die in grossem Massstab auf unserem Planeten anzutreffen sind; darum lege ich auch nicht den Nachdruck auf das Spezifische und Individuelle. Ich lege hier gleichzeitig den Grundstein für eine Erörterung unseres nächsten Themas: der Beziehung des Karmagesetzes zu Krankheit und Tod und zur Menschheit insgesamt.

Bei der Betrachtung rassischer und nationaler Krankheiten beabsichtige ich nicht, darauf hinzuweisen, dass Tuberkulose ausgesprochen eine Krankheit der Mittelklassen in jedem Land ist, dass Diabetes (Zuckerkrankheit) ein Hauptleiden der Reis-essenden Völker der Welt ist und dass Krebs vor allem in Grossbritannien überhand nimmt, während die häufigste Todesursache in den Vereinigten Staaten die Herzkrankheiten sind. Solche Verallgemeinerungen sind sowohl richtig wie falsch, wie es Statistiken für gewöhnlich sind und man gewinnt nichts dabei, dass man sich damit beschäftigt. Alle diese Schwierigkeiten werden zur gegebenen Zeit, - wenn das Verständnis zunimmt - beseitigt werden und zwar durch die intuitive Krankheitsdiagnose, durch die ausgezeichnete Arbeit der wissenschaftlichen, akademischen Medizin sowie durch ein besseres Verständnis für rechte Lebensbedingungen.

Ich möchte lieber noch umfassendere Verallgemeinerungen geben, die auf Ursachen hinweisen und weniger die Konsequenzen dieser Ursachen hervorheben. Darum möchte ich auf folgendes aufmerksam machen:

1. Der Erdboden selbst ist eine Hauptursache für Krankheiten und Verseuchung. Seit undenklichen Zeiten sind die Leichen von Menschen und Tieren in die Erde gelegt worden; dieser [251] Erdboden ist also mit den Krankheitskeimen und -Folgen imprägniert und zwar in einer viel heimtückischeren Form, als man annimmt. Die Keime uralter, bekannter und unbekannter Krankheiten finden sich in den Schichten des oberen und tieferen Erdreichs; sie können heute noch heftige Beschwerden bringen, wenn ihnen günstige Bedingungen geboten werden. Ich darf dazu folgendes sagen: Die Natur hat niemals vorgesehen, dass Körper im Erdboden vergraben würden. Die Tiere sterben und ihre Körper werden wieder zu Staub, aber gereinigt von den Strahlen der Sonne und von wehenden Winden, die alles zerstreuen. Die Sonne kann sowohl Tod wie Leben bringen und auch die virulentesten Keime und Bakterien können ihre Kraft nicht behalten, wenn sie der trockenen Hitze der Sonnenstrahlen ausgesetzt werden. Feuchtigkeit und Dunkelheit fördern die Krankheit, die von solchen Körpern ausgeht und genährt wird, aus denen der Lebensaspekt entzogen ist. Wenn es einmal in allen Ländern der Welt zur Regel wird, tote Formen der «Feuerbestattung» zu übergeben und wenn dies zu einer universellen, dauernden Gewohnheit geworden ist, dann werden sich die Krankheiten stark vermindern und wir werden eine viel gesündere Welt haben.

2. Der psychologische Zustand einer Rasse oder eines Volkes bringt, wie wir schon gesehen haben, eine Neigung zu Krankheit und zu einer verringerten Widerstandskraft gegen die Krankheitsursachen mit sich; er kann in einem Menschen die Fähigkeit erzeugen, dass dieser leicht eine schlimme Verunreinigung in sich aufnimmt. Darauf brauche ich nicht näher einzugehen.

3. Die Lebensbedingungen in vielen Ländern fördern ebenfalls Krankheit und Siechtum. Dunkle, überfüllte Behausungen. unterirdische Wohnungen, Unterernährung, falsche Nahrung, üble Lebensgewohnheiten und mannigfache Berufskrankheiten - sie alle tragen zum allgemeinen schlechten Gesundheitszustand der Menschheit bei. Diese Zustände sind allgemein bekannt und es ist schon viel getan worden, um sie zu beseitigen, aber es bleibt noch viel zu tun übrig. Eine der guten Wirkungen des Weltkrieges wird die sein, dass die nötigen Änderungen, der erforderliche Neuaufbau und die wissenschaftliche Ernährung der jungen Menschen erzwungen werden.

Physische [252] Nationalübel variieren je nach den vorbestimmenden Beschäftigungen der Menschen; die Krankheiten eines mehr Ackerbau treibenden Volkes werden sich weitgehend von denjenigen einer hochindustrialisierten Nation unterscheiden; die physischen Vorbedingungen eines Seemannes sind sehr verschieden von denen eines Büroarbeiters in einer Grossstadt. Diese Dinge sind Binsenwahrheiten für die Männer und Frauen des Fürsorgewesens in vielen Städten und Ländern. Bestimmte Krankheiten scheinen ganz ortsgebunden zu sein; andere scheinen universelle Auswirkungen zu haben; gewisse Krankheiten sterben allmählich aus und neue treten auf; andere verschwinden niemals; wieder andere scheinen zyklisch aufzutreten; einige Krankheiten sind endemischer, andere dagegen epidemischer Natur.

Wie kann nun diese ungeheure Menge von Krankheiten und Formen körperlicher Übel zustandekommen? Wieso kommt es, dass einige Rassen einer Krankheitsform leicht zum Opfer fallen, während andere ihr widerstehen? Klimatische Bedingungen führen zu bestimmten, typischen Krankheiten, die, streng genommen, ortsgebunden bleiben und an keiner anderen Stelle in der Welt gefunden werden. Krebs, Tuberkulose und Syphilis, spinale Meningitis (Gehirnhautentzündung), Lungenentzündung und Herzkrankheiten, wie auch Skrofulose (wobei ich diese Bezeichnung im alten Sinne verwende, um auf gewisse Formen von Hautkrankheiten hinzuweisen) nehmen in der Welt überhand und fordern von Millionen ihren Tribut. Auch wenn diese Krankheiten bis zu bestimmten grossen Menschheitsepochen zurückverfolgt werden können, so sind doch ihre Auswirkungen jetzt allgemein. Der Studierende findet den Schlüssel dazu, wenn er sich an folgendes erinnert: Obwohl die atlantische Menschheitsepoche schon tausende von Jahren zurückliegt, so ist das Bewusstsein der meisten heutigen Menschen grundsätzlich noch atlantisch; sie sind also für Krankheiten jener Kulturepoche leicht empfänglich.

Wenn man einen vollständigen Überblick über die Gesundheitslage der Welt - natürlich in normalen Zeiten und nicht im Krieg - zusammenstellen und der denkenden Öffentlichkeit vorlegen könnte, wäre wohl die Frage berechtigt, ob es überhaupt auch nur [253] hunderttausend vollkommen gesunde Menschen unter den Milliarden gibt, die heute die Erde bewohnen. Ich glaube es nicht. Mag auch keine tatsächliche, akute Krankheit vorhanden sein, so lässt dennoch der Zustand der Zähne, des Gehörs und der Augen häufig viel zu wünschen übrig; vererbte Neigungen und aktive Veranlagungen verursachen grossen Kummer und zu all dem kommen noch psychologische Schwierigkeiten, Geisteskrankheiten und ausgesprochene Gehirnstörungen. All dies bietet ein erschreckendes Bild. Gegen die dabei zutage tretenden Übel kämpft heute die Medizin; die Wissenschaftler forschen nach Linderungs- und Heilmitteln und nach vernünftigen Methoden, um diese Übel endgültig auszurotten. Die Forscher suchen nach verborgenen Keimen und die Gesundheitsexperten trachten neue Mittel und Wege zu finden, um dem Angriff der Krankheit zu begegnen. Gesundheitspflege, Zwangsimpfung, häufige Untersuchungen, Gesetze für reine Nahrungsmittel und bessere Wohnbedingungen - alle diese Faktoren werden von weitblickenden Menschenfreunden in den Kampf geführt. Und dennoch greift die Krankheit noch weiter um sich; es sind immer mehr Krankenhäuser nötig und die Zahl der Todesfälle nimmt zu. Zu diesen praktischen Massnahmen bieten nun auch die Mentalwissenschaft (Mental Science), die Neugeist- und Unitybewegung sowie die Christliche Wissenschaft ihre Hilfe an und versuchen ganz ehrlich, die Macht des Denkens für dieses Problem heranzuziehen. Im gegenwärtigen Stadium sind diese Bestrebungen und Gruppen in den Händen von Fanatikern und gläubigen Schwärmern, also von uneinsichtigen Menschen; sie lehnen jeden Kompromiss ab und sind offenbar ausserstande zu erkennen, dass das von Medizinern und Psychologen angesammelte Wissen ebenso gottgegeben ist, wie ihr bis jetzt unbewiesenes Ideal. Später einmal wird man die Wahrheiten, für welche diese Gruppen eintreten, den Errungenschaften der Psychologen und Medizinern hinzufügen können; dann werden wir einen grossen Fortschritt erleben. Wenn die Arbeit des Arztes und des Chirurgen am physischen Leib als wesentlich und gut anerkannt wird, wenn die Analysen und Schlüsse des Psychologen diese Arbeit ergänzen und wenn die Macht richtigen Denkens ebenfalls [254] zu Hilfe kommt, dann, und nur dann, werden wir in ein neues Zeitalter des Wohlbefindens eintreten.

Den verschiedenartigen Leiden und Beschwerden muss noch eine ganze Gruppe von Krankheiten hinzugefügt werden, deren Wirkungen sich mehr spezifisch auf den Mentalbereich beziehen: die Spaltungen, das Irresein, die Besessenheit, die mentalen Zusammenbrüche, die Verirrungen und Halluzinationen. Zu den verschiedenen oben erwähnten Heilfaktoren sollte noch die Arbeit hinzugefügt werden, die von den Mitgliedern der Geistigen Hierarchie und ihren Jüngern unternommen wird; es erfordert seelische Kraft, Wissen und die Weisheit anderer Heilergruppen, um unter den Menschen Gesundheit zu schaffen, unsere Sanatorien zu leeren, die Menschheit von den Grundkrankheiten, von Wahnsinn und Besessenheit zu befreien und dem Verbrechen vorzubeugen. Dies wird schliesslich erreicht durch richtige Integration des ganzen Menschen, durch ein rechtes Verstehen des Wesens der Energie und durch eine gerechte Würdigung des endokrinen Systems, seiner Drüsen und deren subtilen Beziehungen.

Gegenwärtig wird nur wenig zusammenhängende, integrierte Arbeit von den vier Gruppen im Einklang geleistet:

1. Den - orthodoxen und akademischen - Ärzten und Chirurgen.

2. Den Psychologen, Neurologen und Psychiatern.

3. Den mentalen Heilern und den im Sinn des Neugeist wirkenden Menschen sowie den Unity-Denkern und den christlichen Wissenschaftlern.

4. Den geschulten Jüngern und jenen, die mit den Seelen der Menschen arbeiten.

Wenn diese vier Gruppen in eine enge Verbindung gebracht werden und zusammen daran arbeiten können, die Menschheit von Krankheit zu befreien, dann werden wir zu einem Verständnis für das wahre Wunder des Menschenwesens kommen. Wir werden eines Tages Krankenhäuser haben, in denen die vier Phasen dieses einen medizinisch-heilenden Wirkens nebeneinander und in engster Zusammenarbeit vor sich gehen werden. Es kann keine Gruppe die ganze Aufgabe ohne die anderen lösen; alle hängen voneinander ab. [255] Gerade die Unfähigkeit dieser Gruppen, das Gute in den anderen, das physische Wohlbefinden der Menschheit erstrebenden Gruppen zu erkennen, macht es mir beinahe unmöglich, eingehendere Lehren zu geben und offener über die Dinge zu reden. Habt ihr auch nur irgendeine Vorstellung von der Wand gegensätzlichen Denkens und Sprechens, gegen die eine neue, bahnbrechende Idee anrennen muss? Habt ihr jemals ernsthaft überlegt, mit welchen gehäuften, erstarrten Gedankenformen alle solche neuen Ideen (ich möchte sie hierarchische Vorschläge nennen) zu kämpfen haben? Zieht ihr das tote Gewicht der vorgefassten und eingefahrenen Tendenzen in Rechnung, die beseitigt werden müssen, ehe die Hierarchie eine neue und dringend benötigte Idee in das Bewusstsein der durchschnittlich-denkenden (oder sollte ich wieder sagen: nicht denkenden) Allgemeinheit hineinsenken kann? Im Bereich der Medizin ist es ganz besonders schwierig zu arbeiten, denn das Thema ist so intim und diejenigen, die erreicht werden müssen, reagieren so stark mit Furcht. Die Kluft zwischen dem Alten, Festgefahrenen, und dem Neuen, geistig Notwendigen erfordert viele langwierige und sorgfältige Überbrückungsarbeit. Ein grosser Teil der Schwierigkeiten entsteht seltsamerweise durch die neueren Geistesrichtungen. Die orthodoxe Medizin lässt sich - mit Recht - Zeit, neue Methoden und Techniken anzunehmen; sie geht zeitweilig zu langsam vorwärts, aber eine neue Behandlungsweise oder diagnostische Methode muss richtig und statistisch bewiesen sein, bevor sie in den medizinischen Lehrplan aufgenommen und als ärztliches Verfahren anerkannt werden kann; die Gefahren für den Menschen sind zu gross, und der gute, menschenliebende Arzt macht seine Patienten nicht zum Gegenstand von Experimenten. Die medizinische Wissenschaft ist jedoch in den letzten Jahrzehnten mit gewaltigen Sprüngen vorwärtsgekommen; die Wissenschaft der Elektrizität und der Lichttherapie und viele andere moderne Methoden sind bereits zu den verschiedenen Wissenschaftszweigen hinzugekommen, deren sich die Medizin bedient. Die Forderungen des Immateriellen [256] und die Behandlung des Nebelhaften - wenn solche besonderen Bezeichnungen erlaubt sind - werden immer mehr anerkannt und man weiss, dass sie in den neueren Einstellungen zur Krankheit eine rechtmässige, anerkannte Rolle spielen.

Die Stellungnahme der Mentalschulen und -Sekten, wie sie sich irrtümlicherweise nennen, hat sich nicht in so nützlicher Weise entwickelt. Das ist grösstenteils ihr eigener Fehler. Geistesrichtungen wie die Mentalwissenschaft, Neugeist, Unity-Bewegung, Christliche Wissenschaft und die Chiropraktiker, die Bemühungen der Naturheilkundigen und vieler anderer, beeinträchtigen ihre eigene Sache dadurch, dass sie so anmassend sind und unaufhörlich die Schulmedizin und andere erprobte Mittel und Wege sowie das (durch Jahrhunderte auf Grund von Versuchen erworbene) Wissen der akademischen, medizinischen und chirurgischen Schulen angreifen. Sie vergessen, dass viele ihrer Erfolgsbehauptungen (und sie sind oftmals unwiderlegbar) allgemein unter Glaubensheilungen eingereiht werden können; man kann dies wirklich mit mehr oder weniger Recht tun. Solche Heilungen sind vom akademisch gebildeten Denker schon längst als Tatsachen anerkannt. Diese Denkrichtungen, die in der Tat die Hüter notwendiger Wahrheiten sind, müssen vor allem ihre Einstellung der Denkweise ändern; sie müssen in diesen Tagen evolutionärer Entfaltung das geistige Wesen des Kompromisses erkennen lernen. Ihre Ideen können nicht die volle, gewünschte Wirksamkeit erreichen, wenn sie den von Gott schon gegebenen Wissensschatz, den die Medizin seit alten Zeiten angesammelt hat, einfach übergehen und ausschalten; sie sollten nicht nur über ihre Erfolge berichten, die sie so laut verkünden, sondern genauso auch eine Liste ihrer zahlreichen Misserfolge aufstellen. Ich möchte hier darauf hinweisen, dass diese Erfolge keineswegs so zahlreich sind, wie die der orthodoxen Medizin und der wohltätigen Arbeit, die von unseren Kliniken und Krankenhäusern geleistet wird, die - trotz Fehlschlägen und oft auch grosser Borniertheit die Schmerzen und Beschwerden der grossen Masse der Menschen weitgehend lindern. Jene Sekten unterlassen es, zu erklären oder [257] überhaupt anzuerkennen, dass in Fällen weit fortgeschrittener Krankheit oder bei einem Unfall der Patient physisch gar nicht in der Lage ist, eine göttliche Heilung zu verlangen und in Anspruch zu nehmen und dass er von der Dienstleistung eines Heilers abhängig ist, der vom Karma des Patienten nichts weiss. Viele ihrer sogenannten Heilungen (und das gilt auch für die orthodoxe Medizin) sind nur deshalb erfolgreich, weil die letzte Stunde des Patienten noch nicht gekommen war; er würde sich in jedem Fall erholt haben, obwohl die Gesundung infolge der Heilmassnahmen des geschulten Arztes natürlich oft schneller erfolgt.

Bei ernsthaften Unglücksfällen, wenn der Verletzte blutet, wird der geistige Heiler (ganz gleich wie sein Kult heissen mag) zwangsläufig von den Methoden des orthodoxen Arztes Gebrauch machen; er wird zum Beispiel die Adern abbinden und alle die Massnahmen ergreifen, an die sich die Schulmedizin hält, statt dazustehen und zuzusehen, wie der Verletzte stirbt, bloss weil diese Methoden von seiner Sekte nicht angewandt werden. Wenn er dem Tod von Angesicht zu Angesicht gegenüber steht, wird er häufig zu den erprobten alten Hilfsmethoden zurückkehren und er wird meistens lieber einen Arzt rufen, als sich eines Mordes beschuldigen zu lassen.

All das ist ohne einen Gedanken der Herabsetzung gesagt, aber ich möchte beweisen, dass die vielen Richtungen - die orthodoxen, akademischen, veralteten, materiellen oder geistigen, neuen, bahnbrechenden, mentalen - voneinander abhängen; sie müssen zu einer einzigen grossen Heilungswissenschaft vereinigt werden. Es wird dies eine Wissenschaft sein, die den ganzen Menschen heilt und alle - physischen, emotionellen, mentalen und geistigen - Hilfsquellen einsetzt, zu denen die Menschheit Zugang hat. Die Schulmedizin ist für eine Zusammenarbeit mit den neueren Richtungen viel eher bereit, als die Neophyten der Wissenschaft von der gedanklichen Krankheitsbeherrschung; sie kann jedoch nicht gestatten, dass ihre Patienten zu «Versuchskaninchen» gemacht werden, um einem bahnbrechenden, forschenden Kultanhänger Genugtuung zu geben und seine Theorien zu beweisen - ganz gleich, wie richtig diese sein mögen, wenn sie zusammen mit dem bereits Erprobten angewandt werden. Der Mittelweg des Kompromisses und der wechselseitigen Zusammenarbeit ist immer der klügste; das ist eine Lehre, die heute auf jedem Gebiet menschlichen Denkens notwendig ist.

Wir wollen [258] nun zum dritten und letzten Abschnitt über die grundlegenden Krankheitsursachen übergehen. Das Thema Karma ist noch wenig erörtert worden, ich werde es daher etwas ausführlicher behandeln als unser spezieller Gegenstand es vielleicht erfordert.