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Zweites Kapitel - Christi einzigartige Gelegenheit

Zweites Kapitel
(15)
Christi einzigartige Gelegenheit

Die Welt von heute

So sehr wir die Ankündigung vom Wiederkommen Christi annehmen mögen, so liegt doch darin unverkennbar eine Schwierigkeit. Hat man nicht schon seit Jahrhunderten die frohe Botschaft von der Wiederkunft Christi vernommen? Und was hat sich bis heute bewahrheitet? So fragt man. Wir können die Feststellung, dass sich tatsächlich nichts ereignet hat, nicht entkräften, und darin liegt eine grosse Schwierigkeit. Dass man Christus wiedererwartet, ist nichts Neues, es ist nicht einmal ungewöhnlich oder etwas Besonderes. Diejenigen, die an dieser Idee noch festhalten, werden entweder toleriert oder belächelt oder bemitleidet, wie es gerade der Fall sein mag. Wenn man indes Epochen und bedeutsame Ereignisse studiert und darüber nachdenkt, was wohl die Absichten Gottes sein mögen oder was in seinem Willen liegt, und wenn man weiter die derzeitige Weltsituation berücksichtigt, dann könnte man schon zu dem Ergebnis kommen, dass die heutige Zeit in mehr als einer Hinsicht «einzigartig» ist, und dass Christus vor einer einzigartigen Gelegenheit steht. Diese seltene Gelegenheit, die sich ihm darbietet, ergibt sich durch gewisse Zeiterscheinungen und Zustände in der Welt, die an sich schon aussergewöhnlich sind. Innerhalb des letzten Jahrhunderts haben sich Dinge ereignet und die heutige Welt wird von Faktoren bestimmt, die es niemals zuvor gegeben hat. Es mag von Vorteil sein, wenn wir diese Umstände einmal betrachten, um einen besseren Ausblick zu gewinnen. Die Welt, die Christus vorfinden wird, ist eine neue Welt. (Es ist eine Frage für sich, ob es eine bessere ist.) Die Menschen sind von neuen Ideen erfüllt, und neue Probleme harren ihrer Lösung. Wir wollen die «einzigartigen» Umstände betrachten und die Situation kennenlernen, in die Christus bei seinem Kommen hineingeraten wird. Wir wollen dabei realistisch vorgehen, ohne mystische Tendenzen und verschwommene Gedanken. Wenn es wirklich wahr ist, dass er die Absicht hat, wiederzukommen, wenn man es als Tatsache ansprechen darf, (16) dass er seine Jünger, die Meister der Weisheit, mit sich bringt, und wenn es wahr ist, dass sein Kommen bald bevorsteht, - welche Faktoren muss er und sein nächster Kreis in Betracht ziehen?

Vor allem wird er in eine Welt kommen, die im wesentlichen eine geeinte, einzige Welt ist. Er kann sein Wiedererscheinen und seine Mission nicht mehr auf eine kleine Ortschaft oder einen schmalen Landstrich beschränken, unbekannt den allermeisten Menschen, wie es bei seinem letzten Hiersein der Fall war.

Radio, Zeitungen und der Welt-Nachrichtendienst werden sein Erscheinen in ganz anderer Weise kundtun als vordem. Die modernen Verkehrsmöglichkeiten werden es ihm ermöglichen, unter vielen Millionen von Menschen weilen zu können, und jedermann kann mit Schiff, Eisenbahn oder Flugzeug in seine Nähe kommen. Durch Fernsehapparate kann sein Antlitz aller Welt nahegebracht werden, so dass sich das Wort erfüllen wird: «Wahrlich, jedes Auge wird ihn sehen.» Die ganze Welt wird nicht umhin können, daran Anteil zu nehmen, auch wenn sein geistiger Rang und seine Botschaft nicht klar erkannt wird. Niemand kann heute in der Verborgenheit leben, selbst falsche Messiasse und Wortverkünder erwecken die Neugierde der ganzen Welt. Das alles schafft tatsächlich einzigartige Arbeitsbedingungen, denen noch keiner der Söhne Gottes unterworfen war, die zum Heil der Menschen auf diese Erde kamen.

Die Empfänglichkeit der Menschen für alles Neue und Notwendige ist im Vergleich mit früheren Zeiten heute grundverschieden. Die Welt reagiert heute schneller auf Gut und Böse, und die Aufnahmefähigkeit ist grösser als in früheren Zeiten. Wenn ein Gottgesandter einstmals gleich Gehör fand, so wird heute seine Gegenwart zweifellos schneller aufgespürt werden und zwei starke Wirkungen hervorrufen: Schroffe Ablehnung und wohlwollende Zustimmung. Die Menschen von heute untersuchen einen Fall gründlicher, sie sind besser unterrichtet, ihre intuitiven Fähigkeiten sind grösser, und sie stehen dem Ungewöhnlichen und Nicht-Alltäglichen erwartungsvoller gegenüber als je zuvor in der Geschichte. Ihre Fassungskraft ist durchdringender, der Sinn für Werte klarer, ihr Unterscheidungs- und Wahlvermögen ist höher entwickelt, und die Bedeutung einer Sache wird rascher erkannt. (17) Diese Tatsachen werden Christi Wiederkommen stark beeinflussen und dazu beitragen, die Nachricht von seiner Ankunft und sein Programm mit Windeseile zu verbreiten.

Wenn er heute kommt, findet er eine Welt vor, die frei ist von den Herrschaftsansprüchen und Machtgelüsten der Kleriker; als er damals kam, war Palästina in der Gewalt der verderbten jüdischen Religionsführer. Die Pharisäer und Sadduzäer waren damals für das Volk dasselbe wie die Kirchen-Potentaten in der heutigen Welt. Aber inzwischen hat sich eine Veränderung ergeben: Während des letzten Jahrhunderts ist ein nützliches und heilsames Abschwenken von der Kirchenherrschaft und von der althergebrachten orthodoxen Einstellung erfolgt; und dieser Umstand bietet eine einzigartige Möglichkeit, wahre Religion wieder herzustellen und zu den einfachen Wegen eines Lebens im rechten Geist zurückzukehren. Leviten, Pharisäer und Sadduzäer erkannten ihn nicht in jenen Tagen, im Gegenteil, sie fürchteten ihn.

Sollte es heute anders sein? Wird er von reaktionären Kirchenmännern diesmal anerkannt werden? Das ist höchst unwahrscheinlich. Er mag in einer gänzlich unerwarteten äusseren Erscheinung auftreten, vielleicht als Politiker, als Nationalökonom, als ein mitten aus dem Volk kommender Führer, als Wissenschaftler oder als Künstler; wer kann das sagen?

Das eine ist sicher: Es ist ein völliger Trugschluss, dem Gedanken nachzuhängen (wie es viele tun), dass Christus beabsichtigt, sein Werk vermittels der Kirchen oder Weltreligionen zu organisieren. Er wird sich notwendigerweise ihrer bedienen, wenn es die Umstände möglich machen; es ist in ihnen gewiss ein lebendiger Kern wahrer Geistigkeit, oder vielleicht ist ihr flehender Anruf stark genug, ihn zu erreichen. Er wird alle möglichen Mittel und Wege in Betracht ziehen, durch die das menschliche Bewusstsein erweitert und rechte Orientierung angebahnt werden kann. Die Aussage, dass er als Weltlehrer sein Werk durchzuführen gedenkt, kommt daher der Wahrheit näher. Die Kirchen sind nur ein Teil der Zugangswege, die er für seine Lehre benützen wird. Es sind vielerlei realistische (18) Tätigkeiten, die von der Hierarchie unter seiner Aufsicht bereits ausgeführt werden. Diese Tätigkeiten umfassen alles, was das menschliche Denken erhellt, jede Propaganda, die rechte menschliche Beziehungen herbeiführen kann, alle Mittel und Wege, um wirkliches Wissen zu erwerben, alle Methoden, um Wissen in Weisheit und Verstehen umzuwandeln, all das, was das Bewusstsein der Menschen und das in den niederen Lebensreichen erweitert, alles, was Verblendung und Illusion zerstreut, was verhärtete Zustände zerbricht und statische Seinsmomente unterbricht. Sein Programm wird eine Minderung oder Einengung erfahren, die von der jeweiligen Qualität und Intensität der menschlichen Anrufung abhängt, und diese wiederum wird vom Grad der erreichten Entwicklung bestimmt.

Im Mittelalter und in früheren Epochen waren Kirchen und Philosophieschulen die Stätten, durch die er - auf der inneren Ebene - sein Werkprogramm fördern konnte; dies wird jedoch eine grundlegende Änderung erfahren, wenn er sichtbar in der Aussenwelt seine Tätigkeit aufnehmen wird. Das ist ein Punkt, den die Kirchen und organisierten Religionsgesellschaften wohl beachten sollten. Er hat jetzt sein Interesse und seine Aufmerksamkeit zwei neuen Gebieten menschlichen Strebens zugewandt, nämlich den weltweiten Erziehungsproblemen sowie dem grossen Feld jener behördlichen Tätigkeiten, die mit den drei Regierungsfundamenten zu tun haben: Staatsführung, Politik und Gesetzgebung.

Der Durchschnittsmensch von heute beginnt die Bedeutung und Verantwortung zu erfassen, die zu den Obliegenheiten einer Regierung gehören. Bevor ein Zeitalter wahrer Volksregierung ins Leben treten kann (Demokratie als solche existiert ja schon und wird einmal ihre Bedeutung besser dartun), müssen die Volksmassen zur Mitarbeit in Regierungsfragen erzogen werden; sie müssen lernen, die wirtschaftliche Stabilisierung durch rechte Anteilnahme zu fördern und zu klar umrissenen politischen Fragen ihren Teil beizutragen, wie es die Hierarchie unbedingt für erforderlich hält. Die alte Kluft zwischen Religion und Politik muss überbrückt werden; das Ziel kann verwirklicht werden, da das Intelligenz-Niveau der Massen heute höher ist. (19) Dazu kommt, dass ein jedes Ereignis, das irgendwo auf diesem Planeten stattfindet, durch die Fortschritte der Technik in wenigen Minuten zum allgemeinen Diskussionsthema wird; und dieser Faktor ist für sein zukünftiges Werk eine einzigartige Gelegenheit.

Zur Vorbereitung für sein Wiederkommen ist die Entfaltung geistiger Erkenntnis dringend notwendig; niemand weiss, in welcher Nation er auftreten wird; er mag als Engländer kommen, als Russe, als Neger, als Romane, Türke, Inder, oder aus irgend einer anderen Nation. Wer kann sagen, welche er wählen wird? Hinsichtlich der Religion mag er vielleicht ein Christ oder Hindu oder Buddhist sein, oder er mag keiner bekannten Religion zugehören. Er wird jedenfalls nicht als Wiederhersteller einer alten Religion auftreten, das Christentum eingeschlossen. Er tritt auf den Plan, um des Menschen Glauben an die Liebe des Vaters neu zu festigen, um die lebendige Tatsache seiner eigenen Existenz zu erneuern und um feste, innere und dauernde Beziehungen von Mensch zu Mensch in der ganzen Welt zu schaffen. Alle Kontaktmöglichkeiten stehen ihm nun zur Verfügung. Das ist eine der «einzigartigen Gelegenheiten», und deshalb muss auch er seine Vorbereitungen treffen.

Ein anderer aussergewöhnlicher Faktor, der seinem Kommen ein besonderes Gepräge geben wird, ist - ausser der allgemeinen Erwartung seines Wiedererscheinens - in der Tatsache zu erblicken, dass heute so viel über das Reich Gottes, die spirituelle Hierarchie des Planeten bekannt ist und gelehrt wird. Auf dem ganzen Erdenrund gibt es Tausende von Menschen, die für die Existenz dieser Hierarchie ein wachsendes Interesse bekunden, die an die Meister der Weisheit, die Jünger Christi, glauben, und die nicht überrascht sein werden, wenn diese Gruppe von Gottessöhnen, um ihren grossen Führer Christus geschart, öffentlich auftreten werden. Die Kirchen haben überall ihre Anhänger mit dem Ausdruck «Reich Gottes» vertraut gemacht; Vertreter der esoterischen und okkulten (20) Philosophie haben im letzten Jahrhundert vieles über die Tatsache der Hierarchie veröffentlicht, Spiritualisten haben das Weiterleben nach dem Tod mit Nachdruck bejaht, und auch die Führung und Fürsorge aus der unsichtbaren Welt hat Zeugnis für die Existenz einer inneren, geistigen Welt erbracht. Das ist eine einzigartige Bereitschaft, die Christus vorfindet, die ihm einzigartige Gelegenheiten und aussergewöhnliche Probleme bringt. Alle diese geistigen und viele andere Kräfte, innerhalb und ausserhalb der Religionen und der philosophischen und humanitären Gruppen, wirken jetzt unter einheitlicher Leitung; sie stehen alle in engster Beziehung zueinander und sind zeitlich aufeinander abgestimmt. Sie wirken alle zusammen, auch wenn dies in der Aussenwelt nicht sichtbar ist, denn es gibt in der grossen menschlichen Familie sehr verschiedene Grade von Empfänglichkeit. Die Kräfte der Erneuerung, des Wiederaufbaus, der Wiederherstellung und der Auferstehung machen sich in den vielen Arbeitsgruppen bemerkbar, die es sich zum Ziel gesetzt haben, die Menschheit hilfreich aufzurichten, eine neue Welt erstehen zu lassen, Stabilität und das Gefühl der Sicherheit wiederherzustellen. Auf diese Weise bereiten sie den Weg für Christi Wiederkommen.

Einzigartig ist auch das Wiederaufleben der uralten Lehre Buddhas, die in westlichen Ländern einzudringen beginnt und in jedem Land treue Anhänger findet. Buddha ist das Symbol der Erleuchtung, und gerade Licht wird heutzutage überall besonders betont. Ungezählte Millionen haben in allen Zeiten Buddha als den Lichtträger aus hohen Regionen erkannt. Seine «vier edlen Wahrheiten» haben die Ursachen menschlicher Nöte aufgedeckt und die Wege zur Heilung gewiesen. Er lehrte: «Identifiziere dich nicht mit materiellen Dingen oder mit deinen Gelüsten; erwirb dir einen rechten Sinn für Werte; betrachte Besitztümer und irdische Existenz nicht als das Wichtigste; folge dem "achtfachen, edlen Pfad", der ein Weg rechter Beziehungen zu Gott und deinen Mitmenschen ist, - und so sei glücklich.» Die Stufen dieses Pfades sind folgende:

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Rechte Werte     -    Rechtes Streben

Rechte Sprache    -     Rechtes Betragen

Rechte Lebensweise     -    Rechte Anstrengung

Rechtes Denken     -    Rechte Freude

Unsere moderne Welt, die diese rechten Stufen zum Glück hartnäckig ignoriert hat, hat diese Botschaft besonders nötig. Auf diesem Fundament der Lehre Buddhas will Christus den neuen Oberbau der Brüderschaft der Menschen errichten, denn rechte Beziehungen von Mensch zu Mensch sind ein Ausdruck der Liebe zu Gott. Diese rechten Beziehungen werden die grosse und nächste Ausdrucksform für das Göttliche im Menschen sein. Der Mensch hat heute, mitten in einer Welt des Chaos, der Verwüstung und des Elends eine neue Chance, seine selbstsüchtige, materialistische Lebenseinstellung aufzugeben und den Weg des Lichtes zu betreten. Sobald die Menschheit den Beweis ihrer Bereitwilligkeit dafür erbringt, - es sind genug Anzeichen dafür vorhanden, dass Menschen diese Lektion zu lernen anfangen und die ersten zaghaften Schritte auf dem Lichtweg rechter Beziehungen tun, - dann wird Christus kommen.

Die Jetztzeit ist darin einzigartig, dass eine Konferenz der anderen folgt, wie niemals zuvor; kommunale, nationale und internationale Konferenzen bringen die Menschen einander näher. Überall bilden sich Klubs, Arbeitsgruppen, Ausschüsse und Vereinigungen, um die Probleme der Wohlfahrt und Völkerbefreiung zu diskutieren und zu studieren. Das ist eines der stärksten Anzeichen dafür, dass Christus auf dem Weg ist. Er verkörpert die Freiheit und ist der Verkünder der Befreiung; er gibt dem Gruppengeist und dem Gruppenbewusstsein neuen Auftrieb, und seine spirituelle Energie ist die Anziehungskraft, welche die Menschen zur Förderung des Wohles der Allgemeinheit zusammenschliesst. Sein Wiederkommen wird alle Menschen in der Welt, die guten Willens sind, ungeachtet ihrer Religion oder Nationalität, miteinander verbinden und verketten. Sein Kommen wird einem jeden das (22) Gute vor Augen halten, das hinter der Erscheinungen Flucht ruht, und diese Erkenntnis wird sich überall verbreiten. Dies ist eine weitere Seite der «Einzigartigkeit» seines Kommens, für die bereits Vorbereitungen im Gang sind, wie ein Blick in die tägliche Presse zeigt. Der gemeinsame Appell all dieser vielen Gruppen, die (bewusst oder unbewusst) zum Wohl der Menschheit arbeiten, wird ihn auf den Plan rufen. Es sind die geistig eingestellten Persönlichkeiten, die klarsehenden Staatsmänner, die religiösen Führer und alle Erdenbürger, deren Herzen mit gutem Willen erfüllt sind, die diesen grossen «Anruf» aussenden. Sie werden ihn zum Wiederkommen bewegen, vorausgesetzt, dass sie alle in gleicher Zielsetzung zusammenstehen und Hoffnung und Erwartungsfreude wachhalten. Die denkende und gebildete Oberschicht in der Welt, die führenden Menschenfreunde, die Organisationen für die Verbesserung der menschlichen Existenz und alle Vertreter altruistischer Verbände müssen dieses Vorbereitungswerk zusammenschweissen und in einen Brennpunkt bringen. Der Erfolg dieser von Christus und der geistigen Hierarchie geplanten Bemühungen wird von der Fähigkeit der Menschen abhängen, dieses Licht, das sich schon aufgetan hat, richtig zu nützen, um in der Familie, in der Gemeinde, in der Nation und der Welt rechte menschliche Beziehungen herzustellen.

Es besteht also ein wesentlicher Unterschied zwischen dem jetzt zu erwartenden Kommen Christi und seinem damaligen Erscheinen: Heute bestehen in der Welt eine Unmenge von Gruppen, die sich alle dem Wohlfahrtsdienst widmen. Im Licht vergangener Zeiten gesehen, ist diese Einstellung eine verhältnismässig neue Bestrebung, mit der Christus zu rechnen, und wofür er seine Vorbereitungen zu treffen hat. Diese «Epoche der Konferenzen» ist wie eine steigende Flut und stellt ein wesentliches Moment jener einzigartigen Situation dar, vor die sich Christus gestellt sieht.

Indes, bevor Christus mit seinen Jüngern kommen kann, muss unsere gegenwärtige Zivilisation zu Grabe getragen werden. Im nächsten Jahrhundert werden wir eine Vorahnung von dem Begriff «Auferstehung» bekommen, und das neue Zeitalter des Wassermanns wird den tiefen Sinn und Zweck dieses Wortes enthüllen. Die Menschheit muss sich zunächst von ihrer toten Zivilisation, von althergebrachten Ideen und von der bisherigen Lebensweise freimachen; (23) sie muss ihre materialistischen Ziele und ihre erbärmliche Selbstsucht aufgeben und sich zum klaren Licht der Auferstehung hinwenden. Das sind durchaus keine symbolischen oder mystischen Worte, sondern Details einer allgemeinen Situation, wie sie sich während der Zeit von Christi Wiederkehr darbieten wird. Es wird dies genau so eine lebenswirkliche Zeitspanne sein, wie der heutige Zyklus der Konferenzen, der sich so geschäftig zu organisieren beginnt. Als Christus zuletzt hier war, lehrte er uns die wahre Bedeutung der Verzichtleistung oder Kreuzigung. Diesmal wird der Grundton seiner Botschaft sein: «Leben durch Auferstehung.» Die gegenwärtige Epoche der Konferenzen bereitet den Boden für das Verstehen der vielseitigen menschlichen Beziehungen, so gegensätzlich sie auch in ihrem Wesen heute erscheinen mögen. Der Hauptfaktor ist das allgemeine menschliche Interesse, das Nachdenken darüber, wie und mit welchen Mitteln das Erforderliche durchgesetzt werden kann, und welche Ziele dabei verfolgt werden müssen. Die von Christus eingeleitete Auferstehungs-Periode wird sein einzigartiges Werk darstellen, in dem alle seine anderen Aktivitäten ihren Platz haben; diese Epoche wird das Ergebnis eines Gärungs- und Keimungsprozesses sein, der sieh über die ganze Erde erstreckt, dessen äusseres Sinnbild die heutigen Konferenzen sind.

Diese mannigfachen aussergewöhnlichen Umstände waren es, denen Christus während der Kriegsjahre gegenüberstand, als die quälende Not der Menschheit ihn zu dem Entschluss trieb, sein Kommen zu beschleunigen. Diese Welt, unglücklich durch die Jahrhunderte alte Selbstsucht und gebrochen durch den Weltkrieg, das gesteigerte Empfindungsvermögen der Menschen in allen Ländern (als Ergebnis evolutionären Fortschritts), die einzig dastehende Verbreitung des Wissens um die spirituelle Hierarchie und die bemerkenswerte Entfaltung erwachten Gruppenbewusstseins (das sich in den vielen Konferenzen bekundet) - das alles bedeutete für Christus eine einzigartige Gelegenheit und stellte ihn vor eine Entscheidung, die er nicht umgehen konnte.

(24) In aller Ehrerbietung möchten wir hier zum Ausdruck bringen, dass mit der «Gelegenheit» Christi zwei Tatsachen verbunden sind, die beide für den heutigen Menschen schwer zu verstehen sind. Die eine Tatsache ist die zeitliche Abstimmung seines Willens mit dem des Vaters, und die andere, dass diese parallele Willensaktion zu einer grundsätzlichen Entscheidung führte. Es ist für den Durchschnitts-Christen schwer, sich vorzustellen, dass Christus selbst ständig von einer machtvollen Erfahrung zu einer nächsten, grösseren voranschreitet; in seiner Gottverbundenheit gibt es weder Stillstand noch Unterbrechung, - seine unverbrüchliche Liebe zur Menschheit ausgenommen.

Wenn wir den Evangelienbericht unvoreingenommen studieren und die orthodoxen Auslegungen beiseite lassen, dann werden uns manche Dinge klarer. Man sollte daran denken, dass der herkömmlichste Text eine Übersetzung aus der aramäischen, griechischen und lateinischen Sprache ist, und dass die Qualität dieser Übersetzung von den Sprachkenntnissen des Übersetzers abhängt. Die Tatsache, dass die meisten akzeptierten Erklärer vor Hunderten von Jahren gelebt haben, scheint gewissen Worten einer solchen Übersetzung einen völlig ungerechtfertigten Wert beigelegt zu haben. Augenscheinlich zollt man den Auslegungen und Kommentaren aus der Jetztzeit wenig oder gar keine Beachtung, im Vergleich mit solchen aus alter Zeit. Sind denn die modernen Erklärer nicht besser unterrichtet und vielleicht auch klüger als solche aus alten Tagen? Haben sie nicht den Vorteil vieler anerkannter Übersetzungen und ein tieferes Wissen? Im theologischen Sinn leiden wir an der Unkenntnis der Vergangenheit. Es ist ein eigen Ding, dem alten Erklärer mehr Gewicht zuzusprechen als dem modernen intelligenten Menschen mit grösserer Bildung. Wenn uns das Neue Testament das richtige Bild über Christus vermittelt, wenn die Wiedergabe seiner Worte wahr ist, dass wir «grössere Dinge tun können, als Er tat», und wenn seine Botschaft wahr ist, «vollkommen zu werden, wie unser Vater im Himmel vollkommen ist», was ist dann fehlerhaft in unserer Erkenntnis, dass unsere menschlichen Entwicklungsmöglichkeiten Schritt halten können mit dem Denken Christi, (25) und dass es seine Absicht ist, dass wir das wissen? Christus sagte: «So jemand gewillt ist, den Willen Gottes zu tun, dann soll er "wissen".» Das war der Weg, wie Christus selbst lernte, und er versichert uns, dass die Befolgung derselben Lernweise auch für uns von Erfolg gekrönt sein wird.

Als die Bedeutung des Willens Gottes klarer in Christi Bewusstsein trat, reiften in ihm gewisse grosse Entscheidungen, die ihn zu dem Ausruf drängten: «Vater, nicht mein, sondern dein Wille geschehe!» Diese Worte kennzeichnen klar und deutlich einen Konflikt und weisen nicht auf die bereits erreichte Übereinstimmung zweier Willen hin; sie enthüllen vielmehr die entscheidende Erkenntnis seinerseits, dass zwischen seinem und Gottes Willen kein Gegensatz bestehen darf. Plötzlich erreichte ihn eine Vision; er erschaute die göttliche Absicht zum Heil der Menschen und - durch die Menschheit - zum Wohl des ganzen Planeten. Als Christus dieses besondere Stadium geistiger Entfaltung erlangt hatte, das ihn zum Führer der geistigen Hierarchie gemacht hatte, - der es unternahm, das Reich Gottes sichtbar erstehen zu lassen, (was ihn zum Meister aller Meister und zum Lehrer der Engel und Menschen erhob), - da war sein Bewusstsein in vollkommener Harmonie mit dem göttlichen Plan. Die Ausführung dieses Plans, die Aufrichtung des Königtums Gottes auf Erden, das Aufblühen des fünften Naturreiches, all das war für ihn nun einfach die Erfüllung des Gesetzes; und für diese Gesetzeserfüllung war sein ganzes Dasein gesteuert und vorbereitet worden.

Er war vollkommen im Bild über den «Plan», über dessen Ziel, technische Durchführung und Gesetze; er kannte und verstand die Energie der Liebe sowie die enge und wachsende Beziehung zwischen der geistigen Hierarchie und der Menschheit voll und ganz. Auf dem Höhepunkt dieses vollendeten Wissens und in dem Augenblick, da er sich der Notwendigkeit, zur Erfüllung des Planes sein Leben zu opfern, vollständig unterworfen hatte, da kam plötzlich eine grosse Bewusstseinserweiterung über ihn. Bedeutung, Absicht und Zweck all dessen, und die alles umfassende göttliche Idee (26) (wie sie in der Gedankenwelt des Vaters lebte) kam dämmernd seiner Seele zu Bewusstsein; - nicht seinem Denken; denn die Offenbarung war viel zu gross, als dass sie durch das Denkvermögen hätte erfasst werden können. Er sah tiefer in das Wesen der Gottheit, als es je zuvor möglich schien; «die Welt der Bedeutung» und «die Welt der Erscheinungen» verblassten völlig, und - im esoterischen Sinn - sein Wesen schwand ihm dahin. In diesem Zeitpunkt verfügte er weder über die Energie des schöpferischen Denkens noch über die der Liebe. Er war all dessen beraubt, was das Leben ertragbar gemacht und dem Dasein einen Sinn gegeben hatte. Eine neue Qualität von Energie stand ihm nun zur Verfügung, die Lebensenergie selbst, erfüllt mit Sinn und Zweck und von den Absichten Gottes angetrieben. Diese Energie war für ihn neu, unbekannt und unerkannt. Zum erstenmal wurde ihm die Beziehung klar zwischen dem Willen, - den er bisher in seinem Leben durch Liebe ausgedrückt hatte, - und der schöpferischen Tat, eine neue göttliche Ordnung einzuleiten. An diesem Punkt ging er durch das Gethsemane der Verzichtleistung. Die grösseren Probleme, fernere Blickpunkte und eine umfassendere Sicht wurden ihm enthüllt; alles, was bisher so wesentlich und wichtig schien, versank in der Sicht dieser grösseren Vision. Diese lebendige Erkenntnis vom Vorhandensein und der Übereinstimmung mit den Absichten Gottes, des Vaters, des Herrn der Welt, das war die wachsende Bewusstwerdung Christi auf dem Pfad der Höheren Evolution; diese Erkenntnis erfolgte auf Bewusstseinsebenen, von denen wir (bis jetzt) noch nichts wissen. Das ist heute sein Weg, den er vor zweitausend Jahren in Palästina betreten hat. Er «wusste» nun in einem ihm vorher unbekannten Sinn, was Gottes Absichten waren, und was Menschen-Schicksal bedeutete, und er wusste auch, welche Rolle er in der Ausführung dieser Bestimmung zu spielen hatte. In all den Jahrhunderten menschlichen Denkens haben wir dem Umstand kaum Beachtung geschenkt, wie Christus auf sein eigenes Schicksal reagierte, insoweit es uns Menschen betrifft. Wir haben wenig Interesse dafür gezeigt, wie er das Wissen aufnahm, das sich in ihm entfaltet hatte. (27) In unserer Einstellung zu seinem opfervollen Werk haben wir nur an unseren Nutzen gedacht.

Das Wort «wissen» (in Verbindung mit dem erweiterten Bewusstsein eines Eingeweihten - wie Christus - oder eines Eingeweihten geringeren Grades) drückt die Gewissheit eines Wissens aus, das sich ein Eingeweihter durch eigenes Experimentieren, durch eigene Erfahrung und Ausdrucksverleihung dieses Neuwissens erworben hat. Christi Bewusstsein empfindet die erste leise Rückwirkung auf die monadische «Bestimmung» und auf den universal-weiten Einfluss, den ein Sohn Gottes ausüben kann; diese Reaktion wird sich in dem Bewusstsein all derer bemerkbar machen, die - wenn sie seinen Geboten Folge leisten - den gleichen Grad der Vollkommenheit erreichen, den er als möglich erachtete. Die höchste göttliche Qualität (oder der Aspekt Gottes) macht sich nun im Leben eines im Wissen fortschreitenden Sohnes Gottes bemerkbar; er weiss, was Intelligenz bedeutet, und er erkennt den wesenhaften Sinn der Liebe und ihrer Anziehungskraft. Durch diese beiden Erkenntnisse wird er der Allgewalt des Willens bewusst, er erkennt die wahre Natur der göttlichen Absicht, die durch diesen Willen um jeden Preis verwirklicht werden muss. Das war der entscheidende Wendepunkt im Leben Christi.

In der Bibel finden sich als Zeugnis dieses göttlichen Entfaltungsprozesses vier wichtige Stellen, in denen diese universale (oder monadische) Verwirklichung dargestellt ist. Wir wollen jede einzelne Stelle kurz betrachten:

1. Da ist vor allem die Antwort, die Christus seinen Eltern im Tempel gab: «Wisset ihr nicht, dass ich mit dem Werk meines Vaters beschäftigt sein muss?» Wir sollten da beachten, dass er damals zwölf Jahre alt war, dass also das Werk, mit dem er (als Seele) beschäftigt gewesen war, beendet war. Zwölf ist die Zahl vollendeter Arbeit, wie die zwölf Arbeiten des Herkules, eines anderen Gottessohnes, bezeugen. Die symbolische Bedeutung seiner zwölf Jahre wurde dann in der Zahl der zwölf Apostel weitergeführt, als Sinnbild des Dienstes an der Menschheit und der erklärten Opferbereitschaft. Auch der Tempel ist ein Sinnbild. Er war im Tempel Salomons, der das vollkommene Leben der Seele versinnbildlicht, genau so, wie der Schrein in der Wüste das Symbol des unvollkommenen, kurzen Lebens der vergänglichen Persönlichkeit ist. Christus sprach daher von dem hohen Niveau der Seele aus, (28) und nicht nur als der geistige Mensch auf Erden. Er sprach die zitierten Worte als Mitglied der geistigen Hierarchie, was daraus hervorgeht, dass er Priester, Pharisäer, Sadduzäer unterrichtete, als ihn seine Eltern fanden. Diese Hinweise geben Zeugnis von der Tatsache, dass er um sein Werk als Weltlehrer wusste. Zum erstenmal wurden ihm über das Vermittlungsorgan des physischen Gehirns die Absicht und der Wille Gottes bewusst.

2. Ein weiteres Beispiel sind die Worte, die er zu seinen Jüngern sprach: «Ich muss vorangehen nach Jerusalem»; und später lesen wir: «Er war fest entschlossen, dorthin zu gehen.» Das war die Andeutung für seine Jünger, dass er jetzt ein neues Ziel im Auge hatte. Der einzige Platz vollkommenen «Friedens» (dies bedeutet der Name «Jerusalem») ist das «Zentrum, wo der Wille Gottes thront oder bekannt ist. Die geistige Hierarchie unseres Planeten (die unsichtbare Kirche Christi) ist kein Friedenszentrum. sondern ein wirbelnder Mittelpunkt von Tätigkeiten, die aus Liebe geboren sind, wo sich Energien aus dem Zentrum des göttlichen Willens mit denen der Menschheit, dem Zentrum göttlicher Intelligenz, treffen. Diesem Zentrum hatte sich Christus zugewandt, das in alten Schriften «die Stätte gelassen-klarer Beschlüsse und eines im Gleichgewicht ruhenden Willens» genannt wird. Diese Worte zeugen von einem Krisenpunkt im Leben Christi und von einem klaren Entschluss und lassen sein unentwegtes Weiterschreiten auf dem Weg zu göttlicher Erfüllung erkennen.

3. Dann denken wir an die Worte, die er im Garten von Gethsemane ausrief: «Vater, nicht mein, sondern dein Wille geschehe!» Diese Worte zeigen uns, dass er den göttlichen Plan klar erkannt hatte. Diese Worte haben nichts mit Schmerzen, einer unerfreulichen Zukunft und Tod zu tun (wie sie oft von christlichen (29) Theologen ausgelegt werden). Sie waren sicher ein Ausruf, der von der klaren Erkenntnis ausgelöst wurde, dass seine Mission universale Folgerungen nach sich zieht, und dass sein Leben in einem universalen Sinn zu einem kosmischen Brennpunkt wurde. Ein solches Gethsemane-Erlebnis war einzig und allein für jene Gottessöhne möglich, welche diese seltene Stufe der Höherentwicklung erreicht hatten; es hat keine tatsächliche Beziehung zu der Episode der Kreuzigung, wie die orthodoxen Ausleger zu betonen pflegen.

4. Die letzten Worte, die Christus zu seinen Aposteln sprach, waren diese: «Siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an das Ende dieser Weltzeit» oder Zeitenrunde. (Matth. 28, 20). Das bedeutungsvolle Wort ist «Ende.» Das benützte griechische Wort «sunteleia» drückt das Ende einer Zeitepoche aus, (der unmittelbar eine neue folgt), was man also den Abschluss einer Zeitenrunde nennen könnte. Das griechische Wort, das ein wirkliches «Ende» bezeichnet, heisst «telos.» Wir finden es in Matth. 24, 6 «doch das alles ist noch nicht das Ende»; hier wird das Wort «telos» benützt, um zu sagen, dass das «Ende der ersten Periode noch nicht erreicht ist.»

Er sprach hier als Oberhaupt der geistigen Hierarchie; als solcher gab er seinem göttlichen Willen Ausdruck (nun in eins verschmolzen mit dem Willen Gottes), das Menschengeschlecht dauernd mit seinem Bewusstsein zu durchdringen und es zu überschatten. Es war eine ungeheure Bekräftigung, ausgestrahlt auf den Energieströmen seines entfalteten Willens, seiner allumfassenden Liebe und seines intelligenten Denkvermögens. Diese Bestätigung seines Verweilens unter uns hat alle weiteren Dinge möglich gemacht.

Und ebenfalls war es die magnetische Kraft des Willens, auf die Christus mit den Worten hinwies: «Ich werde, wenn ich erhöhet bin von der Erde, alle Menschen zu mir ziehen.» Dieser Ausspruch hatte keine Beziehung zur Kreuzigung, sondern zu dem magnetischen Willen Christi, der imstande ist, durch die lebendige Kraft des «Christus in jedem Menschenherzen» alle Menschen aus der Welt materieller Werte in die Welt geistiger Erkenntnisse hinanzuziehen. Die Worte bezogen sich nicht auf den Tod, (30) sondern auf das Leben; sie hatten keine Bezugnahme zum Kreuz, sondern zur Auferstehung. In der Vergangenheit war der Grundton der christlichen Religion der Tod, wie er im Tod Christi symbolisch zum Ausdruck kam, arg entstellt von Paulus in dem Bestreben, die neue Religion Christi mit der jüdischen Religion des Blutes zu vermischen. In der neuen Zeitenrunde, die Christus nach seiner Wiederkunft einleiten wird, soll das Leitmotiv aller religiösen Lehren die Auferstehung sein, wie sie sich in der geistigen Entwicklung der Menschheit manifestiert. Man wird die lebendige Christus-Natur in jedem Menschen betonen, den rechten Gebrauch des Willens lehren und die Wege weisen, wie diese lebende Verklärung unserer niederen Natur zustandegebracht werden kann. Der auferstandene Christus wird der Beweis und Leitgedanke dafür sein. Dieser «Weg der Auferstehung» ist der strahlend-leuchtende Weg, der von der einen Form, Göttlichkeit im Menschen auszudrücken, zu einer anderen hinleitet; es ist der Weg, der das Licht der Intelligenz zum Ausdruck bringt, die strahlende Macht wahrer Liebe und jenen unbeugsamen Willen, der weder eine Niederlage kennt, noch je aus seinem Machtbereich verdrängt werden kann. Das sind die charakteristischen Merkmale, die das Reich Gottes verkünden.

Heute steht die Menschheit an einem besonderen und einzigartigen Punkt, in der Mitte zwischen einer unglückseligen Vergangenheit und einer verheissungsvollen Zukunft, - falls das Wiederkommen Christi erfasst wird und die nötigen Vorbereitungen für sein Kommen getroffen werden. Die Gegenwart ist aussichtsreich, aber gleichzeitig voller Schwierigkeiten. Das Geschick der Welt liegt in den Händen der Menschen und der unmittelbaren Gegenwart, aber gleichzeitig ist auch die Tätigkeit Christi - um es mit Verlaub zu sagen - von den Menschen abhängig. Die Qualen des Krieges und die Sorgen und Nöte der ganzen menschlichen Familie veranlassten Christus im Jahr 1945 zu einer grossen Entscheidung, die in zwei sehr bedeutsamen Aussagen ihren Niederschlag fand. Er tat den versammelten Mitgliedern der geistigen Hierarchie und allen seinen Helfern und Jüngern auf der Erde kund, dass er sich entschlossen habe, den physischen Kontakt mit der Menschheit wiederum aufzunehmen, wenn sie den Anfang machen würde, rechte menschliche Beziehungen herzustellen. Zweitens (31) gab er der Welt (für den «Mann auf der Strasse») eines der ältesten Gebete bekannt, das bisher - ausser von den erhabensten spirituellen Wesenheiten - von niemanden gesprochen werden durfte. Er selbst sprach es, wie uns gesagt wurde, zum erstenmal am Vollmondtag im Juni 1945. Der Juni-Vollmond wird als Christi Vollmond anerkannt, so wie der Mai-Vollmond derjenige Buddhas ist. Es war nicht leicht, diese sehr alte Redeweise in moderne Worte zu übertragen, (sie ist so alt, dass weder ein Datum noch ihr eigentlicher Hintergrund bekannt ist), - doch es wurde unternommen. Die grosse Invokation, die Christus verkündete und seinen Jüngern weitergab, mag einmal ein Weltgebet werden; sie ist folgendermassen ins Englische übersetzt worden:

From the point of Light within the Mind of God
Let light stream forth into the minds of men
Let light descend on Earth.

From the point of Love within the Heart of God
Let love stream forth into the hearts of men.
May Christ return to Earth.

From the centre where the Will of God is known
Let purpose guide the little wills of men—
The purpose which the Masters know and serve

From the centre which we call the race of men
Let the Plan of Love and Light work out
And may it seal the door where evil dwells.

Let Light and Love and Power restore the Plan on Earth.

Die ausserordentliche Wirkungskraft dieses Gebetes ist in der Tatsache zu erblicken, dass bereits Hunderttausende es täglich, und selbst mehrmals täglich sprechen. (32) Es ist bereits in achtundvierzig Sprachen übersetzt worden und wird von Menschen in dreiundvierzig Ländern gesprochen. Eingeborene in den Dschungeln Afrikas beten es, und man findet es auf den Schreibtischen leitender Männer in den grossen Städten. Es wird über das Radio in Europa und Amerika verbreitet und ist überall in der Welt bekannt. All dies hat sich innerhalb weniger Jahre ereignet.

Wenn diese Invokation überallhin verbreitet wird, dann kann sie für die neue Weltreligion die Bedeutung bekommen, die das Gebet des Herrn für die Christenheit, und der dreiundzwanzigste Psalm für die geistig eingestellten Juden besass. Es gibt für dieses grosse Gebet drei Annäherungswege oder Betrachtungsarten, nämlich:

1. Den des allgemeinen Publikums;

2. den der Esoteriker, der Aspiranten und Jünger in der Welt;

3. den der Mitglieder der Hierarchie.

Zum ersten Punkt: Das allgemeine Publikum wird es als ein Gebet zu Gott in der Höhe, zum transzendenten Gott betrachten; es wird ihn noch nicht als den immanenten Allvater erkennen, der in seiner ganzen Schöpfung lebt. Die Menschen werden es auf den Schwingen der Hoffnung emporsenden, in der Hoffnung auf Licht und Liebe und Frieden, die unaufhörlich ersehnt werden. Man wird es auch als ein Gebet erachten, das die regierenden Männer und Führer erleuchten soll, die sich mit den Weltangelegenheiten befassen; als ein Gebet um Einströmen von Liebe und Verstehen unter den Menschen, auf dass sie miteinander in Frieden leben; als Verlangen, dass sich der Wille Gottes erfüllen möge, - ein Wille, von dem die Menschen nichts wissen können, der ihnen so unerforschlich und allumfassend erscheint, dass ihre normale Reaktion die ist, sich zu gedulden und von Fragen Abstand zu nehmen. Man wird es weiter als ein Gebet zur Stärkung menschlicher Verantwortung ansehen, als ein Mittel, um die durchsichtigen Übel unserer Zeit, die der Menschheit (33) so viel Not und Elend bringen, beseitigen und gewisse dunkle Ursachen kontrollieren zu helfen Man wird es schliesslich als ein Gebet betrachten, das einen undefinierbaren, uralten Zustand seligen Glücks wiederherstellen hilft, und Unglück und Schmerz von der Erde verbannt. Das alles sind gute und hilfreiche Gesichtspunkte mit unmittelbaren Möglichkeiten.

Zum zweiten Punkt: Menschen, die sich den esoterischen Wissenschaften widmen, solche, die nach höherer Geistigkeit streben und bewusst den Weg des Lichts gehen sowie alle geistig eingestellten Persönlichkeiten werden diesem Anruf mit tieferem Verständnis näherkommen. Sie werden darin die Welt der Ursachen ausgedrückt finden und an die geistigen Lenker unseres Lebens denken, die als treibende Kräfte hinter dem Weltgeschehen wirken. Diese geistigen Lenker sind stets bereit, allen Suchenden, die einen klaren Blick haben, Kraft zu vermitteln; sie decken die Ursachen auf, die für die Ereignisse in den mannigfachen Lebensbereichen massgeblich sind, ja mehr als das, sie bieten ihr grosses Wissen dar und enthüllen das, was die Menschheit befähigt, aus der Dunkelheit heraus ins Licht zu gehen. Es ist nur zu begreiflich, dass solche fundamentale Tendenzen einen Widerhall finden und die Notwendigkeit nach sich ziehen müssen, die zugrunde liegenden Tatsachen weithin zu verbreiten. So reift denn zusehends eine Zeit spiritueller Propaganda heran, die von Jüngern eines Meisters gesteuert und von esoterischen Studenten in alle Welt hinausgetragen wird. Diese Ära begann 1875, als die Tatsache der Existenz von «Meistern der Weisheit» öffentlich bekanntgemacht wurde. Trotz falscher Auslegung, trotz grundsätzlicher Angriffe, trotz Spott und Hohn wurde diese Wahrheit weiterverbreitet; die Anerkenntnis der Echtheit des verfügbaren Beweismaterials und der intuitive Widerhall bei okkulten Studenten und der Weltintelligenz leisteten dabei hilfreiche Hand.

Ein neuer Typus von Mystikern wird sich bald heranbilden. Er unterscheidet sich von den Mystikern der Vergangenheit durch sein praktisches Interesse für die jeweiligen Weltangelegenheiten und beschränkt sich nicht bloss auf religiöse und kirchliche Fragen. Er interessiert sich nicht besonders für die eigene, persönliche Entfaltung; er zeichnet sich durch die Fähigkeiten aus, Gott in allen Glaubensbekenntnissen als die treibende Kraft zu erkennen, nicht nur in seinem eigenen, (34) zufälligen Bekenntnis; so ist er befähigt, sein Leben im Licht der Allgegenwart Gottes zu leben. Alle Mystiker waren mehr oder minder in der Lage, dies zu tun; aber der moderne Mystiker unterscheidet sich wesentlich von den Mystikern der Vergangenheit darin, dass er seinen Brüdern die Methoden des Pfades zum Licht zeigen kann. Er vereinigt in sich Kopf und Herz, Intelligenz und Gefühl, und hat darüber hinaus eine intuitive Aufnahmefähigkeit, woran es bisher mangelte. Der Weg des modernen Mystikers wird nunmehr vom klaren Licht der geistigen Hierarchie erleuchtet, und nicht bloss, wie bisher, vom Licht der eigenen Seele; und das wird in zunehmendem Mass der Fall sein.

Zum dritten Punkt: In beiden Gruppen, - in der des grossen Publikums und in derjenigen der Weltaspiranten verschiedener Grade - finden sich überdurchschnittliche Individualitäten, die mit tieferer Einsicht und grösserem Verständnis begabt sind. Sie gehören keiner Partei an, sie dienen als Vermittler zwischen den Massen und den Esoterikern einerseits und den Esoterikern und der Hierarchie andererseits. Vergessen wir nicht, dass auch die Mitglieder der Hierarchie diese grosse Invokation benützen, und dass kein Tag zur Neige geht, an dem nicht Christus selbst dieses Gebet intoniert.

Die Schönheit und Stärke dieser Anrufung liegt in ihrer Einfachheit und darin, dass sie bestimmte Hauptwahrheiten zum Ausdruck bringt, die von allen Menschen als ganz natürlich angenommen werden, nämlich: Die Wahrheit, dass eine Ur-Intelligenz existiert, der wir unklar den Namen Gott geben; die Wahrheit, dass hinter allem äusseren Schein Liebe die treibende Kraft im Universum ist; die Wahrheit, dass eine grosse Individualität auf die Erde kam, von den Christen Christus genannt, und diese Liebe so verkörperte, dass wir sie verstehen konnten; die Wahrheit, dass Liebe und Intelligenz die Auswirkungen dessen sind, was Gottes Wille genannt wird; und schliesslich die selbstverständliche Wahrheit, dass sich der göttliche Plan nur durch die Menschheit selbst entfalten und auswirken kann.

(35) Dieser göttliche Plan ruft die Menschheit auf, sowohl geistige Liebe werktätig zum Ausdruck zu bringen, als auch das Bibelwort zu erfüllen: «Lasset euer Licht scheinen.» Dann folgt die feierliche Forderung, dass sich dieser Plan der Liebe und des Lichts durch die Menschheit auswirken möge und «das Tor versiegle, wo das Übel wohnt.» Die letzte Zeile spricht von der Idee einer «Wiederherstellung.» Das ist ein Hinweis für die Zukunft und besagt, dass der Tag kommen wird, da Gottes ursprüngliche Planung und anfängliche Absicht nicht mehr länger durchkreuzt werden wird von Menschen, die mit freiem Willen sich für die Übel des krassen Materialismus und liebloser Selbstsucht entschieden haben; die göttliche Absicht wird dann durch die gewandelten Ziele und innere Einkehr in den Herzen der Menschheit ihre Erfüllung finden.

Das ist die klare und einfache Bedeutung, die sich den spirituellen Aspirationen aller Menschen auf dem Erdenrund zwanglos anpasst.

Der Gebrauch dieses Anrufes (oder Gebetes) und die Wiedererwartung Christi berechtigen die heutige Menschheit zu den grössten Hoffnungen. Wenn das nicht Wahrheit ist, dann hat ein Gebet keinen Sinn und wäre nur eine Halluzination, und es wären die heiligen Schriften der Welt und deren zutreffende Voraussagen zwecklos und irreführend. Die Jahrtausende aber haben den Beweis erbracht, dass ein Gebet immer erhört wurde und erhört wird. Immer, wenn die Menschheit darum bat, sind grosse Gottessöhne erschienen, und sie werden es weiter so halten; und der, den alle sehnsüchtig erwarten, - ER ist auf dem Weg.