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1. KAPITEL - EINFÜHRUNG

1. KAPITEL

EINFÜHRUNG

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Drei Wünsche veranlassen das Schreiben dieses Buches: Der Wunsch, die materialistische oder äussere Psychologie und die nach innen gerichtete oder innere Psychologie zusammenzubringen, und zweitens, über die bisherige wissenschaftliche Psychologie hinaus in den grösseren Bereich des Rassendenkens und der Rassenpsychologie zu blicken, der Wunsch, den materialistischen Westen mit dem nach innen schauenden Osten in Einklang zu bringen, und schliesslich, um zu zeigen, dass all diese einander widersprechenden Aspekte zusammengenommen nur verschiedene Seiten der einen Wahrheit darstellen, und dass sie zusammen die eine Wirklichkeit bilden.

Diese Wünsche gehen aus dem gegenwärtigen Standpunkt der psychologischen Lehre in der Welt hervor. Es gibt heute zwei herrschende Typen der Psychologie, und W. Durant hat sie in dem Buch «The Mansions of Philosophy» («Gebäude der Philosophie»), S. 257, folgendermassen gut zusammengefasst:

«Wie wir gesehen haben, gibt es zweierlei Arten, den Menschen [14] zu studieren. Die eine beginnt aussen mit der Umgebung und betrachtet den Menschen als einen Mechanismus der Anpassung; sie reduziert Denken zu Dingen und «den Denkaspekt» zu «Stoff» und endet in dem verhüllten Materialismus von Spencer und dem Behaviorismus von Watson. ... Die andere Weise beginnt im Inneren; sie sieht den Menschen als ein System von Bedürfnissen, Impulsen und Wünschen an, die ihn dazu treiben, seine Umgebung zu studieren, zu gebrauchen und zu meistern; sie würde die Dinge gern zu Gedanken reduzieren und Stoff zum Denkaspekt; sie beginnt mit der «Entelechie» des Aristoteles (der behauptete, dass jede Form durch einen inneren Zweck bestimmt würde) und endet im Vitalismus von Bergson und dem Pragmatismus von Williams James.»

W. B. Pillsbury glaubt, dass dieses zweifache System eine unnötige Verdoppelung mit sich bringt:

«Wenn die behavioristische Theorie beibehalten wird, so bedeutet dies, dass wir zwei Psychologien haben müssen, eine äussere und eine innere, eine Psychologie, die von aussen betrachtet, und eine, die von innen aus betrachtet wird. Dies scheint im besten Fall eine unnötige Komplikation.» (Pillsbury, W. B.: The History of Psychology (Die Geschichte der Psychologie), S. 298)

Während ich diese zweifache Situation erkenne und mit Pillsbury übereinstimme, dass zwei Linien der Auslegung unnötig sind, bin ich von der Möglichkeit überzeugt, die beiden zu einer dritten, einer einzigen Einheit, zu verschmelzen. Ich beabsichtige deshalb, eine Hypothese darzubieten, um die Richtigkeit der mechanistischen Richtung und die gleichfalls richtige Stellungnahme der nach innen schauenden Richtung zu beweisen, und ich beabsichtige ebenfalls zu zeigen, dass beide Richtungen notwendig sind, um allen Tatsachen Rechnung zu tragen und dass in Wahrheit jede von ihnen die andere ergänzt. Auf diese Weise mögen wir eine [15] dritte oder zusammengesetzte Richtung einführen, die auf dem exakten Wissen des Westens und der nach innen schauenden Weisheit des Ostens begründet ist.

Wenn man diese beiden Richtungen der Psychologie betrachtet, ist es augenscheinlich, dass die moderne Psychologie grösstenteils und die populärste Richtung gänzlich materialistisch ist. Ein Studium der neuesten Bücher über Psychologie, die aus den vielen und verschiedenartigen Richtungen in Europa und Amerika hervorgehen, zeigt, dass die Mehrzahl sich in erster Linie damit befasst, der mechanistischen Philosophie der behavioristischen Richtung beizupflichten oder sie zu verwerfen. Wenn sie sich nicht hiermit befassen, dann bieten sie eine andere Form einer materialistischen Psychologie dar. W. Köhler sagt in Gestaltpsychologie, S. 349 z.B.:

«Der Laie glaubt, dass er im allgemeinen selbst direkt fühlt, warum er einmal die eine Haltung einnimmt und später eine andere; er glaubt auch, dass er meistens direkt weiss und versteht, warum er dazu geneigt ist, in einer gewissen besonderen Situation das eine zu tun und warum er unter anderen Umständen definitiv anders handelt. Seiner Ansicht nach erlebt er also direkt und wirklich viel von jenem dynamischen Zusammenhang, dessen Entwicklung mentales Leben konstituiert. Wir finden jedoch, dass die Ansicht der meisten gelehrten Psychologen der Jetztzeit diesen Glauben bekämpft und dass er ihnen gänzlich fremd ist. Von ihrem Gesichtspunkt aus ist man dazu geneigt, jetzt das eine und später das andere zu tun, weil im ersten Fall gewisse Nervenbahnen am verfügbarsten sind und im zweiten Fall gewisse andere Bahnen besonders offenstehen. Jene Menschen, in denen die meisten durchdringbaren Nervenbahnen in der Praxis gewöhnlich die richtigen und geeignetsten sind, können von Glück sagen!»

Alles ist [16] jedoch in einem verwirrten Zustand und, wie W. Durant gesagt hat: «die Psychologie hat kaum angefangen, das menschliche Benehmen und Verlangen zu begreifen, noch viel weniger es zu beherrschen; sie ist mit Mystizismus und der Metaphysik, mit Psycho-Analyse, Behaviorismus, Drüsenmythologie und anderen Krankheiten der Adoleszenz vermischt.» (Durant, W., Mansions of Philosophy, S. 376) Die Psychologie wandert in jenes Grenzgebiet des Unsichtbaren hinein, das wir mit den Worten Energie - nervöse, atomische oder vitale -, mit Kraft, ätherischen Schwingungen und elektrischen Strömen und Ladungen und der frei strömenden Kraft der Psychologen bezeichnen, welcher der Name Libido gegeben worden ist. Alle Wissenschaften scheinen auf diesem gleichen Niemandsland, auf dem Undefinierbaren, zusammenzulaufen. Vielleicht wird der Schleier, wenn er emporgehoben wird, uns das verheissene Land der Träume und Aspiration des Menschen offenbaren. Ein Geist der Ungewissheit und der Erwartung läuft mit den festen Überzeugungen und den nackten Tatsachen der modernen Wissenschaft parallel. Es ist fast, als ob die Menschheit vor dem Vorhang in einem kosmischen Proszenium stände und darauf wartete, dass er aufgeht und den nächsten Akt offenbart, an dem die Menschheit auf intelligente Weise teilnehmen kann. Es ist eine Menschheit mit einer langen Vergangenheit, viel erlangter Erfahrung und angesammeltem Wissen, die so voller Erwartung steht, aber auch eine Menschheit, die sich darüber klar ist, dass sie dazu berufen sein mag, an einer gänzlich unerwarteten Offenbarung und Entwicklung teilzunehmen, für die ihre jetzige Ausrüstung und ihr Verständnis des Lebens sich als unzulänglich erweisen mögen.

Inzwischen [17] hat die Wissenschaft in diesem kosmischen Proszenium und in der Annäherung an die Wahrheit durch verschiedene Richtungen die bekannten Tatsachen geordnet und folgert die nächstmögliche Entwicklung und fährt in ihren vielen Zweigen und Tätigkeiten auf Hypothesen fort, die, ob sie nun richtig oder falsch sind, Experiment und Prüfung verdienen. B. Russell sagt, indem er dem Ausdruck verleiht, was die Geisteshaltung für Forscher auf allen Gebieten menschlichen Wissens sein sollte: «Wir brauchen nicht so sehr den Willen zu glauben, als den Wunsch zu entdecken, was das genaue Gegenteil ist.» (Russell: Sceptical Essays (Skeptische Abhandlungen), S. 157)

Der beste Geistestyp, es mit dieser heutigen wissenschaftlichen Situation aufzunehmen, ist der skeptische, der jedoch bereit ist, überzeugt zu werden; der agnostisch, jedoch entschlossen ist, gerecht zu forschen; der Zweifel hegt und doch bereit ist, überzeugt zu werden, wenn angenommene Tatsachen sich als günstig für Demonstration erweisen; und der vor allem tolerant und sich darüber klar ist, dass die eine Wahrheit nur in den formulierten Wahrheiten der vielen erkannt werden kann. Nur der kleine Geist, der kleine Mensch, ist atheistisch, dogmatisch, zerstört durch Kritik, ist statisch und wendet dem Licht und dem neuen Tag den Rücken zu.

Dieser suchende, fragende, wissenschaftliche Typ des Denkens und der Forschung ist besonders zweckmässig in der Psychologie, dem ältesten Zweig des Weltwissens und doch dem jüngsten, um den Bereich wahren wissenschaftlichen Studiums zu betreten. Nur eine Bereitschaft, das Gebiet als Ganzes und nicht nur eine spezielle Richtung zu betrachten, nur wenn der Forscher seine Meinung zurückhält, bis mehr bekannt ist, wird er die Gefahren eines [18] Menschen vermeiden, dessen Vision begrenzt ist und der nur isolierte Punkte, aber niemals das Panorama erkennt, in dem sie liegen, der gemeine Brüche und Dezimalbrüche handhabt, ohne je eine Integraleinheit zu erreichen.

Eins der hoffnungsvollsten Zeichen der Zeit ist das wachsende Verständnis für den orientalischen Gesichtspunkt und die Neigung, ihn zu erforschen. Die Psychologie unserer beiden Hemisphären ist so grundverschieden, die Annäherung an die Wahrheit so ungleich, dass Gelehrte erst kürzlich die Möglichkeit ihrer fundamentalen Einheit und des Erscheinens einer neuen Anschauung in bezug auf den Menschen und seine Umgebung durch die Verschmelzung der östlichen und westlichen Ausdeutungen des Lebens erwogen haben. Alte Auslegungen mögen fehlgehen, doch alte Wahrheiten werden bestehen bleiben: Alte falsche Auffassungen mögen als irreführend erkannt werden, aber die Wirklichkeit wird ein klareres Licht und eine klarere Schönheit ausstrahlen. Aus der Vereinigung unserer verschiedenen Wissenschaften, Gedanken und Schlussfolgerungen mag eine neue Psychologie in Erscheinung treten, die auf dem Begreifen des Körpers, den der Mensch gebraucht und der dem Westen so bekannt ist, und dem Begreifen der Energie oder des Geistes, mit dem der Mensch seinen Körper belebt und lenkt, begründet ist. Diese - der Körper und die motivierende Energie - sind nicht antagonistisch, sondern voneinander abhängig. Sie haben eine wesentliche Einheit.

Die westliche Psychologie befasst sich in erster Linie mit dem Gerüst, mit dem greifbaren, objektiven Universum und der Reaktion des objektiven Menschen auf diese Welt. Sie befasst sich mit dem Menschen als beseeltem Körper; sie betont den Mechanismus [19] seines Wesens und das Instrument, das er gebraucht. Sie ist daher mechanistisch und befasst sich nur mit demjenigen, das Prüfungen und Experimenten unterworfen werden kann. Sie erforscht den Körper und erklärt die Gefühle und die Mentalität und sogar das, was sie die Seele nennt, in Begriffen des Körpers. Durant weist auf diese Stellungnahme mit den folgenden Worten hin: «Was das Ich oder die Seele anbetrifft, so ist sie einfach die Gesamtsumme des ererbten Charakters und der erlangten Erfahrungen des Organismus.» (Durant, W.: Mansions of Philosophy, S. 75) Die westliche Psychologie erklärt verschiedene Typen und Temperamente im Sinn des Mechanismus. Berman fasst diese Stellungnahme in seinem interessanten Buch folgendermassen zusammen:

«Das kostbarste Wissen, das wir heute über den Menschen besitzen, ist, dass er das Geschöpf seiner Drüsen mit innerer Sekretion ist. Das bedeutet, dass der Mensch als spezifischer Organismus das Produkt, das Nebenprodukt, einer Anzahl von Zellfabriken ist, welches die Teile seines Äusseren beherrscht, etwa wie die verschiedenen Abteilungen eines Autokonzerns die verschiedenen Teile eines Wagens produzieren. Diese chemischen Fabriken bestehen aus Zellen, fabrizieren spezielle Substanzen, die auf die anderen Körperzellen einwirken und somit die endlosen Prozesse, die wir Leben nennen, in die Wege leiten und sie entscheiden. Das Leben, der Körper und die Seele gehen aus den Tätigkeiten der magischen Flüssigkeit ihrer lautlosen Chemie genau so hervor, wie sich ein Baum aus Zinnkristallen durch die chemischen Reaktionen bildet, die in einer Lösung von Zinnsalzen durch einen elektrischen Strom in Gang gesetzt wurden.

Der Mensch wird von seinen Drüsen mit innerer Sekretion reguliert. Am Anfang des dritten Jahrzehntes des 20. Jahrhunderts, nachdem er, soweit wir wissen, wenigstens fünfzigtausend Jahre lang danach gerungen hat, sich selbst zu definieren und zu [20] erkennen, darf diese Zusammenfassung als die Wahrheit über sich selbst angenommen werden. Es ist eine weittragende Induktion, die von einer Unmenge von einzelnen Tatsachen unterstützt wird.» (Berman, L.: The Glands Regulating Personality (Die Drüsen, welche die Persönlichkeit bestimmen), S. 26)

Somit betont die westliche Psychologie das Physische und Sichtbare und ist auf ihrem erwählten Gebiet wissenschaftlich. Sie steht ihrer Natur nach den wertlosen und traumhaften Betrachtungen des visionären Mystikers feindlich gegenüber. Das Ergebnis ihrer Bemühungen hat darin bestanden, einen Kern von Tatsachen zu isolieren, welche die Wahrheit über den Menschen, sein Verhalten und seine Ausrüstung wirkungsvoll verkörpern. Dieses Wissen sollte sich als unschätzbar erweisen, um einen besseren Mechanismus hervorzubringen, durch den eine feinere Rasse tätig sein kann.

Die westliche Psychologie ist in ihren extremeren Richtungen aktiv deterministisch, denn sie bringt alles Fühlen, Denken und alle Tätigkeit mit dem Funktionieren der physischen Zellen und der körperlichen Organe in Beziehung. Der freie Wille wird daher grösstenteils zu Gunsten des Organismus, des Nervensystems und des Systems der Drüsen mit innerer Sekretion ausgeschlossen. Die folgenden Ausführungen bestätigen dies.

«Watson lehrt in seiner «Psychologie vom Standpunkt des Behaviorismus», dass "Emotion ein ererbtes Reaktionsmuster ist, das auf tiefgreifenden Veränderungen des ganzen körperlichen Mechanismus und besonders der inneren Organe und des Drüsensystems beruht" (S. 195), und dass "Denken die Tätigkeit des Sprachmechanismus" ist (S. 316); dass es "eine hoch integrierte körperliche Tätigkeit und weiter nichts ist" (S. 325), und dass wir, "wenn wir unbedingte körperliche Prozesse studieren, Denken studieren." Hierbei beabsichtigt Watson nicht, Denken mit der entsprechenden corticalen Tätigkeit des Gehirns zu identifizieren, - keineswegs; [21] sondern mit allen körperlichen Vorgängen, die direkt und indirekt mit gesprochener und geschriebener Sprache und Zeichensprache in Verbindung stehen - die Muskeltätigkeit der Sprachwerkzeuge, des Zwerchfells, der Hände, Finger, der Augenbewegungen usf. (S. 324). Prince, M.: Psychologies of 1925, S. 208).

Die Psychologie studiert die Welt vom Standpunkt des Menschen aus, d.h. sie studiert vom Nervensystem abhängige Erfahrung, während die Physik Erfahrung studiert, als ob sie unabhängig vom Nervensystem existierte. Die Psychologie sollte daher innerhalb der allgemeinen Wissenschaften als eine Disziplin klassifiziert werden, welche die allgemeinen Züge des Denkaspektes blosslegt, wobei der Denkaspekt als "die Gesamtsumme der von einem Nervensystem abhängigen menschlichen Erfahrung definiert wird". Die Psychologie studiert die gesamte Umgebung, die nur in dem Augenblick als existierend angesehen wird, wenn sie das (menschliche) Nervensystem beeinflusst, während die Physik die ganze Umgebung so studiert, als ob sie über den Augenblick hinaus existierte, wo sie das (menschliche) Nervensystem beeinflusst. (Hunter, W. S.: Psychologies of 1925, S. 95)

«Drittens schliesst der Glaube des Vertreters der mechanistischen Auffassung zwei Voraussetzungen in sich, die wir sorgfältig unterscheiden müssen, denn eine von ihnen mag falsch sein, obwohl die andere auf Wahrheit beruhen mag. Diese beiden Voraussetzungen sind erstens, dass alle Prozesse in der Welt im Grunde nur ein und dieselben sind, zweitens, dass alle diese Prozesse derart sind, wie sie allgemein von allen physischen Wissenschaften in ihren Auslegungen der anorganischen Natur angenommen werden, nämlich mechanistische oder genau festgelegte und daher genau vorhersagbare Ereignisse.» (Mc Dougall, W.: Psychologies of 1925, S. 303)

Rubin sagt: «Die physische Erscheinung des einzelnen, seine Charakterzüge oder was die Chemie seiner Seele genannt werden könnte, werden in einem grossem Mass durch Art und Menge der [22] inneren Sekretion seiner verschiedenen Drüsen demonstriert.» (Rubin, H.: Your mysterious Glands (Deine geheimnisvollen Drüsen), S. 54)

Einige Richtungen gehen so weit, das Bewusstsein gänzlich abzuleugnen und es (der östliche Forscher würde sagen rechtmässig) als dem Stoff innewohnend zu betrachten. Leary sagt: «Bewusstsein charakterisiert Nerven ebenso, wie Schwingung andere Formen der Materie.» (Leary, D. H.: Modern Psychology: Normal and abnormal (Moderne Psychologie, normal und anormal), S. 116)

So wird das Bewusstsein an anderer Stelle definiert als ,eine komplexe Verbindung und Aufeinanderfolge körperlicher Tätigkeiten, die eng mit Sprache und Gesten verbunden sind und daher sehr häufig zu sozialem Ausdruck kommen. (Hunter, W. S.: Psychologies of 1925, S. 91)

Watson warnt seine Leser, dass sie «keine Ausführungen über das Bewusstsein und keine Bezugnahme auf solche Ausdrücke wie Empfindungsfähigkeit, Wahrnehmung, Aufmerksamkeit, Wille, Vorstellung und ähnliches finden werden. «Diese Ausdrücke haben einen guten Ruf,» sagt er, «aber ich habe gefunden, dass ich ohne sie auskommen kann, wenn ich Forschungen anstelle und wenn ich meinen Studenten die Psychologie als ein System darbiete. Offen gestanden weiss ich nicht, was sie bedeuten, noch glaube ich; dass irgendjemand anderes sie folgerichtig gebrauchen kann.» (Psychologies of 1925, S. 201, Fussnote)

[23] Die stark materialistische Tendenz der westlichen Psychologie ist um so überraschender, wenn wir uns daran erinnern, dass sich Psychologie von «Logos» ableitet oder das Wort der Psyche oder Seele ist.

Der Westen hat jedoch seine abweichenden Stimmen. Wir haben die nach innen gewendete Richtung der Psychologie, die häufiger die introspektivistische und auch die mentalistische Richtung genannt wird. Ihre Anhänger geben die Tatsache des Bewusstseins zu und setzen eine bewusste Wesenheit voraus. Leary definiert diese Gruppen folgendermassen:

«Der Introspektivist interessiert sich für Bewusstsein, Bewusstheit, Bewusstheit der Bewusstheit, das Ich, bildliche Vorstellungen des «Ich» und alle möglichen anderen Dinge, die der Behaviorist strenger Ausbildung und starrer Handhabung verachtet, ignoriert und ableugnet. ... Der Introspektionist wendet seine Aufmerksamkeit nach innen, erinnert sich; vergleicht auf mentale Weise, erlangt Ergebnisse durch Selbsteinkehr, bittet andere, es ebenfalls zu tun; der Behaviorist behandelt das menschliche Tier theoretisch ebenso wie er es bei jeder niederen Lebensform tun würde, und beobachtet nichts als die offenkundigen und objektiven Reaktionen, die das Tier macht, auf ziemlich gleiche Weise wie der Physiker oder Chemiker es tun würde, wenn er die Reaktion von Körpern oder Mischungen in seinem Laboratorium beobachtet. [24] Überdies ist die subjektive Richtung dazu geneigt, übermässig rationell und systematisch zu sein; der Behaviorist ist empirischer und pragmatischer. ...

Die Mentalisten bestehen darauf, dass psychische Tätigkeit keine blosse Reflexion physischer Tätigkeit ist; dass über den Körper und das Gehirn hinaus etwas anderes ist, auf einer anderen Ebene, was wir Denkaspekt, Geist, Bewusstsein oder sonstwie nennen können. Denken ist nicht die Funktion der Materie. Die Materialisten andererseits würden, obwohl sie nicht untereinander übereinstimmen, genau das Gegenteil behaupten, nämlich dass alles physisch ist und dass alles menschliche Benehmen, ob es nun Denken, Fühlen, Emotionen, Muskeltätigkeit oder Nerventätigkeit sein mag, das Funktionieren physischer - materieller Zellen ist, und dass ohne eine solche Struktur überhaupt keine Tätigkeit stattfinden kann. Was tätig ist, ist physisch, auf welche Weise es auch tätig sein mag. Einerseits haben wir eine beseelende Macht oder einen Geist, der das Gerüst des physischen Körpers gebraucht; andererseits haben wir eine Struktur als ausschliessliche und unentbehrliche Grundlage, die funktioniert, wie kompliziert, wie zart, wie edel diese Funktion auch im Sinn von Moralität oder Religion sein mag.» (Leary, D. B.: Modern Psychology: Normal and abnormal, S. 67)

Die Introspektionisten und Mentalisten haben jedoch ihren Standpunkt nicht wissenschaftlich demonstriert, und die Stellung dieser Richtungen wird noch weiter durch die vielen verschiedenen Gruppen geschwächt, in welche die Psychologie eingeteilt wird. Hocking aus Harvard sagt:

«Es ist wahr, dass die Psychologie nicht mit einer einzigen Stimme spricht. Es gibt dynamische Psychologie und zweckbewusste Psychologie: Gestaltpsychologie und Reaktionspsychologie; die Psychologie von Freud, Strukturpsychologie, behavioristische Psychologie und verschiedene andere Richtungen. Sie bringen [25] verschiedene Bildnisse des Ich's hervor. Aber in ihrer Gesamtheit zeigen sie einen ausgesprochen physiologischen Typ; und wir dürfen den Behaviorismus als reines Beispiel anführen, weil er das extreme Beispiel dieses Charakters ist.» (Hocking, Wm. E.: Self, Its Body and Freedom, S. 17, 18)

Eine breite und allgemeine Einteilung wird uns von Prince folgendermassen umrissen:

«Psychologen werden in drei Lager eingeteilt - die Ich-Psychologen, die «ichlosen» Psychologen und die zwischen beiden stehenden Psychologen. Die erste Gruppe behauptet, dass der Inhalt jeden bewussten Prozesses ein Ich - eine Bewusstheit des Ich's, ein Selbstbewusstsein einschliesst. Daher kommt, dass alles Bewusstsein ein Bewusstsein oder eine Wahrnehmung von etwas seitens eines Ich's ist.

Die zweite Gruppe, die «Ichlosen», behaupten, dass sie nicht imstande sind, irgendein Ich oder Bewusstsein des Ich's durch Innenschau zu finden; sie leugnen seine Realität ab und vertreten die Ansicht, dass mentale Prozesse ohne irgendeine derartige Realität funktionieren. Das «Ich» und das «Du» sind blosse zwangsweise Ausdrücke, die durch die Notwendigkeiten der Sprache erforderlich sind.» (Prince, M.: Psychologies of 1925, S. 223)

Westliche Psychologie ist in der Mehrzahl rein materialistisch. Sie ist mechanistisch und gedeiht in einem Zeitalter der Maschinen und Maschinerien.

Die Stellung des westlichen, mechanistischen Psychologen ist daher fast undurchdringlich stark, denn sie ist auf bekannten Wahrheiten und seine demonstrierten Tatsachen begründet. Er kann seine Stellungnahme beweisen und seine Fälle zitieren und seine Kenntnis des Mechanismus des Menschen, von dem er behauptet, dass er der ganze Mensch ist, auf Experiment und Untersuchungen mit objektiven und greifbaren Resultaten begründen.

Gegen [26] diese materialistische Psychologie taucht sofort die Kritik auf, dass sie fast ausschliesslich auf Betrachtungen beruht, welche der westliche Psychologe den anormalen, unzulänglichen und pathologischen Fällen widmet. Der Übermensch, das Genie und der sogenannte hochgeistige Mensch sind vernachlässigt worden, und vieles, was für den Durchschnittsmenschen schön und wesentlich ist und stimmt, wird durch Erklärungen beseitigt. Wenn Christus der Psychoanalyse unterworfen worden wäre, würde er sich zweifellos treffend als an einem «Jehovakomplex» leidenden Menschen, der Halluzinationen unterworfen ist, klassifiziert gefunden haben. Doch war die Art von Struktur, die er gebrauchte, und die Qualität des Bewusstseins, das sein Nervensystem charakterisierte, derart, dass er einen Eindruck hinterlassen hat, der zwei Jahrtausende beeinflusst hat. Wie kann eine solche Struktur nochmals hergestellt werden? Was kann getan werden, um einen ähnlichen Mechanismus hervorzubringen?

Die moderne Psychologie steht erst an der Schwelle ihrer Laufbahn, und Walt Whitman stellt sich das grössere Gebiet folgendermassen vor:

«Heil der positiven Wissenschaft! Lang lebe die exakte Demonstration! ... Deine Tatsachen sind nützlich, und doch verweile ich nicht bei ihnen. Ich trete nur durch sie in ein Gebiet meines Bereiches ein.» (Whitman, W.: Leaves of Grass, (Grashalme) S. 10)

In scharfem Gegensatz zu der westlichen Richtung steht die östliche, welche die Introspektionalisten und Mentalisten im Westen [27] nur verschwommen widerspiegeln, obwohl sie unabhängig von ihr entstehen. Die östliche Psychologie behandelt dasjenige, von dem sie behauptet, dass es hinter der Form liegt. Sie ist spirituell und transzendental. Sie setzt eine Seele und einen Geist voraus, und alle ihre Deduktionen und Schlussfolgerungen sind auf dieser Prämisse begründet. Sie gibt das Vorhandensein der Form und der Struktur völlig zu, legt die Betonung jedoch auf denjenigen, der die Form gebraucht, und auf die Energie, mit der er sie antreibt. Es ist die Psychologie des Lebens und der Energie.

Dies ist seit unvordenklichen Zeiten der Gedanke des Ostens gewesen, und er wird in jener ehrwürdigen Schrift Indiens, der Bhagavad Gita, deutlich geschildert:

«Der höchste Geist, hier im Körper, wird der Beobachter, der Denker, der Aufrechterhaltende, der Empfindende, der Herr, das höchste Ich genannt.

Erleuchtet von der Fähigkeit, die allen Sinnen innewohnt, doch frei von jeglicher Sinneskraft, losgelöst, allerhaltend, mit undifferenzierten Kräften, die ihm doch alle eigen sind.

Ausserhalb und innerhalb aller Wesenheiten, bewegungslos und sich doch bewegend, unsichtbar ist dieses infolge seiner Subtilität. Dieses steht in weiter Ferne und ist doch in nächster Nähe.» XIII: 22, 1 4, 1 5.

«Es wird erklärt, dass diese zeitlichen Körper dem ewigen Herrn des Körpers angehören, der unvergänglich, unermesslich ist.» II:17

«Es wird gesagt, dass die Sinneswahrnehmungen höher sind als Gegenstände; dass Emotion höher ist als Sinneswahrnehmung; dass Verständnis höher ist als Emotion; aber Er ist höher als alles Verständnis.» III:42

Die orientalische Psychologie behandelt somit die Ursache, den [28] Schöpfer, das Ich, ob dieses Ich nun das menschliche göttliche Ich ist, das in seiner eigenen kleinen Welt mentaler, emotioneller und physischer Tätigkeiten funktioniert, oder das grosse Ich, in dem alle kleinen Ich's leben, sich bewegen und ihr Dasein haben. Sie erhebt Anspruch auf ihre grossen Verkünder und hat diejenigen hervorgebracht, die behaupten, dass sie das Ich kennen und durch diese Kenntnis mit dem subjektiven Ich, mit der Überseele, Fühlung haben. Sie erklären, dass diese Behauptungen von jedem als richtig erwiesen und bewiesen werden können, der ihre Methoden studieren und sich ihrer speziellen Ausbildung unterziehen will. In der Sphäre des mit Energie erfüllenden Ich's, des Geistes hinter allem und über alles hinaus, ist ihre Stellungnahme ebenso klar wie diejenige des westlichen Psychologen im Bereich der mit Energie erfüllten Form.

Die Unvollkommenheiten der beiden Systeme sind klar und bringen in jedem Fall bedauerliche Resultate hervor. Der Westen legt die Betonung auf den Mechanismus und neigt dazu, die Seele und eine motivierende, intelligente Macht abzuleugnen. Für ihn ist der Mensch nur der Staub der Erde, und der lebendige Odem Gottes ist niemals in seine Nase geblasen worden. Der Osten erkennt das Physische an, hält es jedoch für verächtlich und wird dadurch für die elenden physischen Zustände des Orients verantwortlich. Obwohl diese Unvollkommenheiten ernst zu nehmen sind, ist es nicht auch auf diesem Gebiet wahr, dass Einigkeit stark macht?

Wenn das Ich existiert - und dies muss bewiesen werden - und es die bewusste göttliche Seele ist, kann es sich nicht sowohl der physischen Ebene als auch ihrer göttlichen Zugehörigkeit bewusst werden? Wenn es die herrschende Energie ist, welche die ganze Manifestation hervorruft - und auch dies muss geprüft werden - [29] kann diese Energie nicht der Struktur, die es auf so weise und bedeutungsvolle Art gebraucht, angepasst werden, damit die besten Resultate erlangt werden können? Können die wissenschaftlichen Kenntnisse des Westens über die Form und die angesammelte und erlebte Weisheit des Ostens über das Wesen der Seele nicht auf intelligente Weise zusammengebracht werden, so dass ein vollkommener Ausdruck der Seele vermittels des Mechanismus hervorgerufen werden kann? Kann die Materie sich nicht dem Denkaspekt und der Seele und dem Geist zu - oder wie man es auch nennen will - emporstrecken, und kann der Geist nicht, indem er diesen Drang nach oben fördert, das Werkzeug, durch das er demonstriert, vervollkommnen und auf diese Weise strahlender leuchten?

Mit dieser Hoffnung schreibe ich - mit der Hoffnung, die materialistische und die introspektive Psychologie zu kombinieren und den Westen mit dem Osten in Einklang zu bringen, um auf diese Weise anzudeuten, dass in ihrer Vereinigung Stärke und Wirklichkeit liegt.

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