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1. Die Strahlen und Leben - Qualität - Erscheinung

Wir kommen nunmehr zu dem Punkt, an dem das Studium der Strahlen uns direkt in das Gebiet der Psychologie und der verschiedenen psychologischen Einflüsse führt. Die Manifestationen des zweiten Strahls haben mit dem Qualitätsaspekt zu tun, mit jenen Faktoren, welche die zahllosen Differenzierungen in der sichtbaren Welt vorausbestimmen und hervorrufen. Die Qualität, Beschaffenheit oder Eigenart lebendiger Energie, (das ist unsere unzulängliche Definition des Wortes «Leben») regelt oder bestimmt die besonderen Merkmale und Kennzeichen, die in allen Formen der vier Reiche zutage treten; so wird die ätherische Struktur der einzelnen Formen reguliert und unter der modellierenden Einwirkung der lebendigen Qualität auf eine bestimmte Substanz und in einem bestimmten Naturreich entsteht die charakteristische «Erscheinung» [158] mit all ihren besonderen Funktionen und der Fähigkeit, sich zu entfalten und fortzupflanzen. In meinen früheren Büchern teilte ich die Strahlen in zwei Gruppen:

1. Gruppe - die Strahlen der Aspekte, die drei Hauptstrahlen.

2. Gruppe - die Strahlen der Attribute, die vier Unterstrahlen.

Die drei grossen Strahlen, welche die Summe der Manifestation Gottes darstellen, sind die Strahlen der Aspekte und zwar aus zwei Gründen:

Erstens bilden sie in ihrer Gesamtheit die manifestierte Gottheit, sie sind das «Wort», das Fleisch geworden ist. Sie sind die Ausdrucksmittel der schöpferischen Absicht und sind die Synthese aus Leben, Qualität und Erscheinung.

Zweitens sind sie in jeder Form in allen Naturreichen wirksam und bestimmen die allgemeinen Merkmale und Eigenschaften der Energien und Qualitäten in den verschiedenen Naturreichen; alle differenzierten Formen kommen durch sie ins Dasein, jedes einzelne Lebewesen kommt durch sie zur Wesensäusserung, und die mannigfaltigen göttlichen Bildekräfte erfüllen ihre Bestimmung auf der Daseinsebene, die ihnen zugewiesen wurde.

Die Schöpferkräfte Gottes machen sich durch diese drei Ströme qualitätserfüllter Lebenskraft elementar fühlbar, und ihre Tätigkeit durchtränkt alle Formen mit jener evolutionären Eigenschaft, die schliesslich eine jede Form mit der göttlichen Absicht in Einklang bringt und jene Bewusstseinsart hervorruft, die jede Erscheinungsform befähigt, auf seine Umgebung zu reagieren und als gemeinschaftlicher Teil des Ganzen zu dienen. So wird innere Qualität und Ausstrahlung eigener Art möglich. Das Wechselspiel dieser drei Strahlen bestimmt die äussere Erscheinungsform und zieht diese Lebenseinheit in ein bestimmtes Naturreich (mit seinen unzähligen Arten); der Prozess der Differenzierung und Auslese wiederholt sich immer wieder, bis dann die vielen Verzweigungen in den vier Naturreichen, - die grossen Abteilungen, die Gruppen innerhalb einer Abteilung, die Familien und Seitenzweige - gebildet sind. Hier tut sich der Schöpfungsprozess in seiner ganzen wundererfüllten Schönheit, Folgerichtigkeit und Entfaltung unseren erwachenden Sinnen auf, und wir staunen in innerer Ergriffenheit [159] und Verwirrung über den grossen Architekten des Universums und seine schöpferische Meisterschaft.

Wenn wir diese majestätische Schönheit von einem symbolischen Standpunkt aus betrachten, der unsere Vorstellung vereinfacht (das ist immer bei denen der Fall, die in Symbolen denken), so könnten wir sagen, dass der erste Strahl die dynamische Idee Gottes verkörpert; und so beginnt der Allerhöchste sein Schöpfungswerk.

Der zweite Strahl formuliert die ersten Entwürfe des Planes, nach welchem die Form erbaut und die Idee verwirklicht werden soll; sodann werden (durch die treibende Kraft dieser grossen zweiten Emanation) die Baupläne in mathematischer Exaktheit, struktureller Einheit und geometrischer Vollkommenheit ausgearbeitet. Der grosse Geometer erscheint auf dem Bauplatz und teilt den Bauleuten ihre Arbeit zu. Nach Vorbild und Anordnung, in rechter Anzahl und Reihenfolge wird dann der Tempel errichtet, als Ausdruck und Sinnbild der Herrlichkeit des Bauherrn. Der zweite Strahl ist der Strahl des meisterlichen Bauherrn.

Der dritte Strahl stellt die Gesamtheit aller aktiven Aufbaukräfte dar; nun ordnet der grosse Architekt mit seinen Bauleuten die Materialien, beginnt das Aufbauwerk und verwirklicht schliesslich (im Verlauf des evolutionären Zyklus) die Idee und das Vorhaben Gottes des Vaters, unter der Leitung von Gott dem Sohn. Alle drei sind jedoch eine Einheit, genau so, wie ein Mensch, der eine Idee empfängt, seinen Verstand und sein Gehirn anstrengt, [160] um die Idee in sichtbare Form zu bringen und der sich seiner Hände und natürlichen Kräfte bedient, um seinen Plan zu vollenden. Die Einteilung in Aspekte und Kraftströme entspricht nicht der Wirklichkeit, sie soll lediglich dem besseren Verständnis dienen. Wer diese Abhandlung liest und davon einen Nutzen haben will, muss sich dazu erziehen, immer das Ganze vor Augen zu haben. Die etwas willkürlichen Tabellen, die Einteilungen in Dreier- und Siebenergruppen und die verschiedenartige Aufzählung von Kräften, wie sie aus den sieben Konstellationen, zehn Planeten und zwölf Häusern des Tierkreises emanieren, sollen dem Studierenden nur eine Vorstellung von einer Welt von Energien geben, in der er seine Rolle zu spielen hat. Vom Standpunkt der esoterischen Psychologie aus gesehen, gehen alle psychologischen Schulen bei der Behandlung oder Lenkung des Einzelmenschen einen unrichtigen Weg und zwar aus dem Grund, weil sie den Menschen nicht als ein zusammengehöriges Ganzes ansehen; der Durchschnittspsychologe dringt selten - wegen fehlender Kenntnisse und mangels intuitiver Fähigkeiten - in das Gebiet der wahren Qualität und der Lebensaspekte vor; man untersucht den Menschen mit mehr oder weniger objektiven Methoden, aber die wirkliche Ursache der beobachteten Phänomene wird selten gefunden. Man ist immerhin dabei - und viel brauchbares Forschungsmaterial wurde bereits zusammengetragen - die bestimmenden Merkmale des Persönlichkeitsstrahles, welche die physischen, emotionalen und mentalen Qualitäten verursachen, zu studieren und tabellarisch zu ordnen. Man versteht heute besser als vor 25 Jahren die Körperreaktionen eines Menschen, die Gewohnheiten seines Gemütslebens und seine normalen und anomalen Denkprozesse. Doch solange gründliche Kenntnisse über Strahlenqualitäten fehlen, und solange man den Strahl der Seele nicht bestimmen kann und die Wirkung dieses Strahls auf die menschliche Persönlichkeit nicht kennt und rubriziert, wird es ein schweres Problem bleiben, die Besonderheiten von Temperament und die inneren Ursachen der verschiedenen psychogenen Reaktionen, Komplexe und Hemmungen auseinanderzuhalten. Wenn z.B. die Psychologen wüssten, dass es die Qualität und Energie der Seele bestimmt, ob jemand in einem bestimmten Leben als Introvert (nach innen gerichtet) oder als Extrovert (nach aussen gewendet) funktioniert, dann würden sie auf einen Ausgleich der Strahlkräfte hinarbeiten, der den Menschen instand setzt, sich so zu benehmen, dass der Weg in die Aussenwelt offen bleibt und dass gleichzeitig die Hindernisse, die den Zugang zur Innenwelt versperren, beseitigt werden.

Was ist die wahre Natur eines echten Mystikers oder introvertierten Menschen? Die Kraft, der Strahl oder die Qualität seiner [161] Seele ist zu stark, als dass sie von seiner Persönlichkeit gelenkt werden könnte. Dieser Mensch macht daher die Erfahrung, dass der Zugang zu seinen inneren Welten, denen des Verlangens und der Sehnsucht, der Gedankenwelt und spiritueller Vision, für ihn der Weg des geringsten Widerstandes ist; notgedrungenerweise muss die Integration, die Eingliederung und Entfaltung in der äusseren Welt darunter leiden. «Der magnetische Zug» der Seele macht die Anziehungskraft der Aussenwelt unwirksam und so wird dieser Mensch zu einem visionären Mystiker. Ich meine hiermit nicht den praktischen Mystiker, denn dieser ist auf dem Weg, ein weisser Okkultist zu werden. Es kann aber auch die umgekehrte Situation bestehen und dann sprechen wir von dem ausgesprochen extrovertierten Menschen. Der Persönlichkeitsstrahl ist gänzlich auf die Aussenwelt eingestellt, und die seelische Anziehungskraft ist für eine gewisse Zeit und manchmal für mehrere Inkarnationen ausgeschaltet. Wenn diese äusseren Umstände und deren Anziehungskraft zu stark sind und wenn sich alle Qualitäten des Persönlichkeitsstrahls auf einen Punkt konzentrieren, dann sehen wir entweder die krankhafte Neigung zum Exhibitionismus im weiteren Sinn oder eine Persönlichkeit von grossem Format, welche die Eigenschaften des Genies besitzt, das durch harmonische Betätigung der physischen, emotionalen und mentalen Kräfte schöpferische Möglichkeiten in sich trägt. Eine solche harmonisch ausgeprägte Natur entfaltet ihre Kräfte und Fähigkeiten im äusseren, tätigen Leben und ist nicht nach der Welt inneren Seins gerichtet, welche die Welt der Seele ist. Beide Zustände (Introversion und Extroversion) zeigen den «genialen Menschen auf dem Weg der Vollendung»; wenn diese Fähigkeiten nur mittelmässig sind, treten Versager- und Hemmungskomplexe sowie ein starkes Gefühl der Minderwertigkeit zu Tage, das sich zu einem krankhaften «Zur-Schau-Stellen» steigern kann. Ein Mensch mit glänzenden und gut ausgebildeten Fähigkeiten ist ein brillanter Arbeiter auf allen Gebieten menschlichen Strebens und Bemühens. Kommt, was gelegentlich der Fall ist, zu der extrovertierten Tendenz eine introvertierte hinzu, welche seelisches Wissen und die Entwicklung der Intuition im Gefolge hat, dann haben wir einen Menschenführer vor uns, einen Lehrer aus dem Reich der Götter, einen geistigen Machtfaktor. Daher wäre es für die Psychologen unserer Tage recht gut, wenn sie sich für die Hypothesen der esoterischen Psychologie (wenn auch nur zeitweilig) interessieren würden; sie könnten daran Nutzen haben und sie würden in keinem Fall etwas verlieren.

[162] Die vier Strahlen der Attribute, die im dritten Strahl der Aspekte zusammengefasst sind, bringen die verschiedenen Einzelqualitäten in grösseren Details hervor als die drei Aspektstrahlen. Zur Klärung unseres Problems könnte man allgemein sagen, dass die drei Aspektstrahlen - in Beziehung zur Menschheit - sich in der Hauptsache durch die drei periodischen Vehikel (Bewusstseinsträger) manifestieren;

Strahl I           Kraft                                  Leben                        Ideen              die Monade.

Strahl II          Liebe-Weisheit                Bewusstsein              Ideale             die Seele.

Strahl III         aktive Intelligenz             Erscheinung              Idole               Persönlichkeit.

In zweiter Linie kommen sie in den drei Körpern zum Ausdruck, die des Menschen Persönlichkeit bilden:

Strahl I          Kraft                                  Ideen                     mentaler Körper                Zweck. Leben.

Strahl II         Liebe                                 Ideale                    astraler Körper                   Qualität.

Strahl III        Intelligenz                         Idole                      Physischer Körper              Form.

Die Strahlen der Attribute manifestieren sich - obwohl sie sich auf allen Ebenen betätigen und sich auch durch die drei periodischen Träger und die drei Persönlichkeitsaspekte auswirken hauptsächlich in den vier Naturreichen:

Strahl IV      Harmonie, Konflikt             4. Naturreich, das des Menschen. Ausgeglichenheit

Strahl V       Konkretes Wissen               3. Naturreich, das der Tiere.

Strahl VI      Devotion (Hingabe)             2. Naturreich, das der Pflanzen

Strahl VII     zeremonielle Riten              1. Naturreich, das der Minerale.

Das sind ihre Haupteinflussbereiche in den drei Welten und darüber werden wir später mehr sagen.

Die vier Attribut-Strahlen haben in Beziehung zum Menschen ein weites Betätigungsfeld und zwar im Zusammenhang mit seinen vier Persönlichkeitsaspekten, - auch Vierergruppe genannt. Diese Beziehung ist folgende:

Strahl IV               Harmonie durch Konflikt          der physische Körper.

Strahl V                Konkretes wissen                       der ätherische Körper

Strahl VI               Devotion                                      der astrale Körper. 

Strahl VII              Organisation                               der mentale Körper.

Ich möchte [163] nochmals betonen, dass die wechselseitige Beziehung und Beeinflussung in harmonischer Einheit auf allen Ebenen besteht, sowohl in der formlosen Welt als auch in den Naturreichen und das gleiche gilt für alle Bewusstseinsgrade, wo immer sich im gesamten erschaffenen Universum Bewusstsein vorfinden mag.

Die sieben Strahlen.

Wir hörten, dass sieben grosse Strahlen im Kosmos existieren. In unserem Sonnensystem ist nur einer von den sieben am Werk. Die sieben Unterabteilungen machen hier die «sieben Strahlen» aus, die unser Sonnenlogos weise handhabt und welche die Basis für endlose Variationen in seinem Weltsystem bilden. Diese sieben Strahlen könnte man als sieben Kanäle beschreiben, durch die alle Lebensströme seines Sonnensystems hindurchfliessen, sieben Haupteigenschaften oder Spielarten der Lebensenergie, die nicht bloss für die Menschheit, sondern gleicherweise für alle sieben Naturreiche zur Anwendung kommen. Es ist eine Tatsache, dass es im ganzen Sonnensystem nichts gibt, gleichgültig in welchem Stadium der Entwicklung es sich befinden mag, was nicht zu einem der sieben Strahlen gehört oder gehört hat.

Die folgende Tabelle soll die verschiedenen Besonderheiten der sieben Strahlen erläutern:

Besondere Eigenart,                                 Methode der Entwicklung,                 Planet (nach A. Besant),                Farbe.

I Wille oder Kraft,                                      Raja Yoga                                                Uranus als Symbol der Sonne,    Flamme.

II Weisheit, Gleichgewicht, Intuition,      Raja Yoga,                                               Merkur,                                            gelb, rosenfarben.

III Höheres Denkvermögen,                    Gedankenschärfe, Höhere                   Venus, indigo,                                 blau, bronzefarben.
                                                                      Mathematik, Philosophie

IV Konflikt, (164) Geburt des Horus,      Intensiver Kampf, Hatha Yoga,            Saturn,                                             grün.
                                                                     die gefährlichste Methode für
                                                                     psychisches Wachstum.

V Niederes Denkvermögen,                    Genauigkeit im Handeln,                       Mond,                                             violett.

VI Devotion,                                                Bhakti Yoga, ein Gegenstand der         Mars,                                              rosenrot, blau.
                                                                     Hingabe ist notwendig.

VII Zeremonielle Ordnung,                      zeremonielle Gebräuche, Kontrolle      Jupiter,                                           hell, klar, blau.
                                                                     über Naturkräfte

Es dürfte also verständlich sein, dass jedes einzelne Naturreich das der Elemente, der Minerale, der Pflanzen, der Tiere und der Menschen - in sieben Urtypen oder primäre Strahlen eingeteilt ist; da die Menschwerdung als Einzelwesen (der Übergang vom Tierreich ins Menschenreich) zurzeit nur durch das Zusammenleben mit Menschen möglich ist, so muss auf der Liste der Tiere, die zu einem bestimmten Strahl gehören, eine besondere Gattung an der Spitze stehen, die für den menschlichen Einfluss empfänglich ist, durch den allein eine solche «Menschwerdung» stattfinden kann. Der Elefant, so sagt man, ist der führende Vertreter der Tiere des zweiten Strahles, die Katze und der Hund nehmen eine ähnliche Stellung für den vierten und sechsten Strahl ein. Über andere Tiergattungen wissen wir nichts, mit Ausnahme der Tatsache, dass Tiere des ersten Strahls nicht mehr auf Erden existieren.

Die Strahlen sind nicht nur als Kanäle, durch die alles Sein flutet, sondern auch als Einflusskräfte anzusehen, die in einem bestimmten Wechsel an der ganzen Welt arbeiten. Jeder Strahl hat eine Periode grössten Einflusses, dem alles in hohem Masse unterworfen ist, nicht [165] nur die Geschöpfe, die von Natur aus zu diesem besonderen Strahl gehören, sondern auch alle anderen, die mit einem anderen Strahl verbunden sind. Die lange Einflussperiode eines jeden Strahls ist in sieben Unterabteilungen geteilt. Jeder Einzelabschnitt erhält sein Hauptmerkmal von der grossen Periode und dieses Merkmal verstärkt sich erheblich, wenn die eigene Unter-Strahl-Periode dazukommt (so ist z.B. der Einfluss des sechsten Strahls am stärksten während der Manifestationsperiode des sechsten Unterstrahles). Wir müssen genau beachten, dass die Bezeichnung «Unterstrahl» hier nur zum besseren Verständnis einer kürzeren Einflusszeit gebraucht wird, nicht aber um einen Unterschied in der Natur des Strahls anzuzeigen.

Wir wissen, dass der herrschende Strahl unserer Zeit, dessen Wirkung im Schwinden ist, der sechste Strahl ist, der Strahl der Hingabe an ein Ideal; er war bereits aktiv, bevor das Christentum zur Blüte kam. Wir wissen ferner, dass der siebte Unterstrahl seinen charakteristischen Einfluss bereits vor 95 Jahren (1860) auszuüben begann und diesen natürlich weiterhin ausübt. Das erste Zeichen des Einflusses des siebten Unterstrahls war das ökumenische Konzil in Rom (1870), an dem die Unfehlbarkeit des Papstes verkündet wurde. Etwa zur selben Zeit begann die Oxfordbewegung in England (eine zum Katholizismus hinstrebende Richtung). Da der Einfluss des siebten Unterstrahls weiter in Zunahme begriffen ist, sind weitere Anzeichen vorhanden, wie z.B. die Tendenz, Riten zu begünstigen und die Stellung des Priesters in den verschiedenen Kirchen zu festigen; und selbst in der römischen Kirche macht sich eine deutliche Verstärkung der priesterlichen Autorität in allen Fragen des Dogmas und der kirchlichen Praxis bemerkbar. So viel über den Einfluss dieses Strahls auf religiösem Gebiete; die anderen Auswirkungen werden später erörtert.

Wir hörten ferner, dass die religiöse Erneuerung unter Wesley und Whitfield in England unter der Einwirkung des sechsten Unterstrahls stattfand, und ich denke, dass wir vollauf zu der Schlussfolgerung berechtigt sind, das Auftreten Molinos' und der Quietisten in Spanien und Zentraleuropa und St. Martins und seiner [166] Schar spiritueller Philosophen in Frankreich und in anderen Gegenden als einen Ausfluss derselben Periode anzusehen, in welcher der Strahl der Devotion von dem eigenen sechsten Unterstrahl verstärkt wurde.

Diese wenigen herausgegriffenen Tatsachen mögen uns den Schluss erlauben, dass die Zeitspanne, in der jeder Unterstrahl seinen Einfluss geltend macht, zwischen 150 und 200 Jahren liegt.

Wir wissen nicht, wie oft (vielleicht sieben mal?) die Unterstrahlen im Zyklus einer grossen Strahlperiode nacheinander auftreten. Es muss offenbar mehr als einmal sein, wenn wir bedenken, dass der grosse sechste Strahl schon vor dem Aufstieg des Christentums in Funktion war. Man kann auch nicht den Buddhismus, wie man eine zeitlang glaubte, als den Ausklang der grossen Periode des zweiten Strahls ansehen, da zwischen dem Auftreten des Buddhismus und des Christentums nur 500 Jahre lagen. Es ist wahrscheinlicher, dass der Buddhismus unter dem Einfluss des zweiten Unterstrahls während der grossen Periode des sechsten Strahls entstand. Wenn man den Einfluss der Unterstrahlen fünf, vier, drei, zwei und eins zurückverfolgt, so kommt man zu der Vermutung, dass die Periode der Alchemisten und Rosenkreuzer unter dem Einfluss des fünften Unterstrahls stand, dass die Epoche der Flagellanten und ähnlicher fanatischer Enthusiasten, die Selbsttorturen und Verstümmelungen praktizierten, von dem vierten Unterstrahl beherrscht war und dass die Zeit, in welcher die Astrologie überall blühte, unter dem Zeichen des dritten Unterstrahls stand, während die frühe Epoche der Gnostiker mit dem zweiten Unterstrahl zusammenhängen mag. Das sind indes nur Mutmassungen, doch wenn die letzterwähnte Epoche richtig geschätzt ist, dann kann in den übrigen Fällen keine so grosse Zeitspanne dazwischen liegen, da die Alchemisten, Flagellanten und Astrologen alle mehr oder weniger im Mittelalter lebten.

Das Auftreten des modernen Spiritualismus steht ohne Zweifel mit dem siebten Unterstrahl in Zusammenhang und mag eine Vorahnung des kommenden grossen siebten Strahls sein. Es ist interessant, dass diese Bewegung von einem Geheimbund ausging, der seit [167] der letzten Periode des siebten Strahls in den Tagen von Atlantis in der Welt existiert hat.

Jede bedeutende Religion, die aufkommt, steht unter dem Einfluss des einen oder anderen Strahls, doch soll damit nicht gesagt sein, dass jeder Strahl in seiner zeitbedingten Folge eine Religion von Weltbedeutung mit sich bringt. Wie wir erfahren haben, ist die Brahmanenreligion die letzte grosse Religion, die sich unter dem Einfluss des ersten Strahls entwickelte; wir wissen nicht, welche Religion als Resultat der zweiten Strahlperiode ins Leben kam; in der dritten, vierten und fünften Strahlepoche könnte man die chaldäische, ägyptische und zoroastrische Religion - in dieser Reihenfolge - als Repräsentanten anführen. Das Christentum und wahrscheinlich auch der Buddhismus sind Auswirkungen des sechsten Strahls. Die Religion Mohammeds, die eine so grosse Gefolgschaft hat, entstand auch unter dem Einfluss des sechsten Strahls, aber sie ist keine eigentliche Ursprungsreligion, sondern eine Mischung von Christentum mit einer Zutat jüdischer Religion.

Man teilt manchmal die Strahlen in drei Klassen ein; der erste Strahl ist eine Klasse für sich, ebenso der zweite Strahl und die restlichen fünf werden als eine Gruppe zusammengefasst. Von diesem Gesichtspunkt aus kann man von drei Strahlen sprechen, die sinnbildlich die verschiedenen Dreieinigkeiten darstellen. In einer anderen symbolischen Andeutung werden die drei Strahlen als Feuerarten geschildert, um das Opfer des Altars anzuzünden, - das elektrische Feuer, das solare Feuer und das künstliche Feuer oder Feuer durch Reibung.

Bevor wir die Tugenden und Untugenden und die besonderen menschlichen Eigenarten aufzählen, die ein Individuum eines Strahls von dem Individuum eines anderen Strahls unterscheiden, werden wir gut daran tun, auf den Ursprung der zwei Strahleneinflüsse hinzuweisen, welche die dominierenden und modifizierenden Faktoren im Charakter eines jeden Menschen sind, und auch den Planeteneinfluss oder den Strahl der Persönlichkeit aufzuzeigen, der seinerseits wieder die zwei grossen Strahleneinflüsse- in jeder Inkarnation - variiert.

[168] Wir sahen, dass die sieben Strahlen sieben Differenzierungen eines einzigen grossen kosmischen Strahles sind, die unser Sonnenlogos in seiner inneren Seinsnatur verursachte, bevor er seine Schöpfung begann. Wir wissen daher, dass unser göttlicher Funke, das göttliche Bewusstseinszentrum in jedem von uns, aus dem höchsten Schöpfungsprinzip unseres Sonnenlogos stammt; dieses Zentrum trägt daher potentiell alle Strahlenkräfte in sich. Doch seitdem unser Logos in seiner eigenen inneren Welt ungezählte Zentren göttlichen Bewusstseins erschaffen hatte, wurde jedes dieser Zentren mit den besonderen Attributen des einen oder anderen Strahls durchtränkt. Von dem Moment an, als jedes Zentrum sozusagen eine gewisse Begrenzung erhielt (also durch einen auch noch so zarten Schleier der Verschiedenheit vom absoluten Bewusstsein des Logos abgesondert wurde), musste es notgedrungen an dem einen oder dem anderen Strahl fixiert bleiben; man kann daher sagen, dass der Wesenskern unseres Seins - der innere Gottesfunke in uns allen - einem der sieben Strahlen angehört und diese Zugehörigkeit kann man als «primären Strahl» des Menschen bezeichnen.

Der erste grosse «Krafterguss» des Logos durchtränkte die kosmische Substanz mit Lebenskräften und liess jedes materielle Atom im Machtbereich seines Systems in sieben verschiedenen Schwingungsfrequenzen vibrieren. Durch den zweiten «Krafterguss» wurden molekulare Verbindungen geschaffen, welche - auf jeder Ebene die sechs Unterebenen unterhalb der atomischen bildeten; so kam die Form im Weltall zustande. Es geschah zu dieser Zeit des zweiten Kraftausströmens, dass ein jedes göttliche Bewusstseinszentrum einen Lebensfaden in je einem Atom auf den höchsten Unterebenen der atmischen, buddhischen und manasischen Ebenen verankerte, welche Atome dazu bestimmt waren, Ausgangspunkt für spätere Formgebilde auf der betreffenden Ebene zu werden; diese drei Atome bilden die «obere Triade», auf die so oft Bezug genommen wird. Jedes Atom steht unter dem Einfluss irgend eines Strahls; die atmischen, buddhischen und manasischen Atome, von denen ich sprach, gehören alle zu demselben Strahl; doch ist dies nicht unbedingt derselbe Strahl, dem das überschattende Bewusstseinszentrum angehört. Im Gegenteil, in den meisten Fällen ist der Strahl des Bewusstseinszentrums und der Strahl der Triade verschieden; einer modifizert den anderen, der vorerwähnte ist der primäre [169] Strahl (A. Besant nennt ihn den monadischen Strahl), der andere ist der sekundäre oder individuelle Strahl, so genannt, weil das manasische Atom der Ausgangspunkt für den späteren Kausalkörper ist, in welchem das Individuum von einer Inkarnation zur anderen verbleibt. Dieser Körper wird natürlich nach und nach aus Stoffpartikeln aufgebaut, welche die gleiche Qualität und Eigenart wie sein Kernatom haben; und wenn dann nach langen Zeitaltern der Entwicklung dieser Kausalkörper vollendet ist, vereinigt sich mit ihm das überschattende göttliche Bewusstseinszentrum, das während der langen Zeiträume gleichfalls eine individuelle Entwicklung durchgemacht hat, das ist der Moment, wo das unsterbliche individuelle Ego seinen Aufstieg durch das Menschenreich beginnt. Dieser Zeitpunkt bedeutet den dritten «Kraftzufluss» für jede Seele. Der Einfluss dieses sekundären oder individuellen Strahles ist der Hauptfaktor in den Frühstadien der Evolution, also für die Reihe der Elemente, Mineralien, Pflanzen und Tiere; der Einfluss, der am tiefsten wurzelt, muss natürlich der sein, der das göttliche Bewusstseinszentrum beeindruckt; wenn daher die oben erwähnte Vereinigung stattfand und der in Bildung begriffene Mensch zum (menschlichen) Ego wurde, das immer aufs Neue zur Inkarnation kommt, dann wird der primäre Strahl zur beherrschenden Kraftquelle und bleibt es auch.

Doch ist noch ein weiterer Einfluss zu erwähnen. Das ist der Strahl des Planeten, unter dessen Einfluss jeder Mensch geboren ist. Man muss natürlich einsehen, dass der sogenannte Einfluss eines Planeten in Wirklichkeit nichts anderes ist als die Einflusskraft der Hierarchie, welche diesen Planeten beherrscht. Dieser persönliche Strahl, der ein Leben lang auf den Menschen einwirkt, ist ein wichtiger Faktor für die Charakterbildung. Ich sage ein Leben lang, doch können es natürlich mehrere Inkarnationen sein, wenn die karmischen Umstände es verlangen; der Zeitpunkt der Geburt wird für jeden Menschen im Einklang mit seinen karmischen Notwendigkeiten festgesetzt; wir alle haben wahrscheinlich - ganz gleich welcher Strahl unser primärer oder individueller sein mag - während vieler Lebenszeiten immer wieder unter dem persönlichen Einfluss aller sieben Strahlen gestanden.