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3. Einige psychologische Probleme - Teil 3

a) als ein Werkzeug, um (durch Erschaffung der notwendigen Gedankenformen) Ideen zum Ausdruck zu bringen;

b) als kontrollierender Faktor im Leben der Persönlichkeit durch rechten Gebrauch der schöpferischen Gedankenkraft;

c) als Reflektor der höheren Welten wahrnehmenden und intuitiven Erkennens.

Ein schöpferischer Gedanke ist nicht dasselbe wie ein schöpferisches Gefühl. Dieser Unterschied wird oft nicht erfasst. Alles, was in der Zukunft erschaffen werden kann, wird auf der Ausdrucksgebung von Ideen beruhen. Das wird zuerst durch gedankliche Wahrnehmung, sodann durch Verdichtung zur Form und schliesslich durch Belebung dieser Form erreicht werden. Erst später wird die erschaffene Gedankenform in die Welt der Gefühle sinken und dort die nötigen Sinnes-Qualitäten annehmen, welche die bereits fertige Gedankenform mit Farbe und Schönheit bereichern.

Das ist der Moment, wo dem Studierenden eine Gefahr droht. Er hat kraftvoll die Gedankenform einer Idee geschaffen. Diese Form hat Farbe und Schönheit bekommen und ist daher imstande, einen Menschen gedanklich und gefühlsmässig zu fesseln. Hat er keinen [456] Sinn für Gelassenheit, für das richtige Grössenverhältnis und für Humor, dann kann diese Gedankenform derart mächtig werden, dass er sich ganz offen als Enthusiast und Idealist fühlt, der nicht mehr imstande ist, seinen Standpunkt aufzugeben. Er sieht nichts anderes als diese eine Idee, er glaubt an nichts anderes mehr, er setzt sich nur hierfür ein und wird zum Gefangenen dieser überstarken Idee. Das sind die Fanatiker in jeder Organisation, in jeder Kirche, in jedem Orden und jeder Regierung. Sie haben häufig ein sadistisches Temperament und sind Anhänger von Kulten und Wissenschaften. Sie sind bereit, jeden zu opfern oder zu schädigen, der sich ihrer fixen Idee über das, was richtig und wahr sei, feindlich entgegenzustellen scheint. Die Männer, welche die spanische Inquisition in Szene setzten, und alle jene, die für die abscheulichen Gewalttätigkeiten in der Zeit der schottischen Covenanters [*O5] verantwortlich waren, sind Beispiele für die schlimmsten Formen solch fanatischer Denkweise und Auswirkungen.

Menschen, die von dieser Psychopathie blinden Festhaltens an Ideen infiziert und blindergebene Gefolgsleute einer Persönlichkeit sind, finden sich in jeder Organisation, jeder Kirchengruppe, jeder Religion, in politischen und wissenschaftlichen Körperschaften, auch esoterische und okkulte Verbände bilden keine Ausnahme. Es sind ungesunde psychopathische Typen und sie leiden an einer Krankheit, die tatsächlich ansteckend ist. Sie sind eine Bedrohung für die Allgemeinheit, so, wie Blattern eine Infektionsgefahr sind. Diese Art seelischer Störung wird oft erst dann als psychologisches Problem angesehen, wenn der Betreffende schon so stark davon geplagt ist, dass er für die Mitwelt ein Problem wird, oder dass man ihn als Sonderling ansieht, der aus dem Gleichgewicht geriet. Wie man es auch ansehen mag, es ist eine ausgesprochen psychische Störung mit sehr markanten Symptomen, die einer sorgsamen Therapie bedarf. Die Behandlung hat zwar ihre Schwierigkeiten, da der Patient in den Anfangsstadien gesund und normal erscheint. Die Zusammenarbeit mit einer bestimmten Gruppe oder mit einem bestimmten Lehrer kann sich oft als ein spezifisches Mittel zur psychischen Heilung erweisen, da es dazu beiträgt, die Gedanken des Mystikers auf äussere Dinge zu lenken, so dass die erkannte einströmende Energie in der rechten Weise frei werden und abfliessen kann. Solange das in dieser Weise geschieht und nichts anderes hinzutritt, besteht keine ausgesprochene Gefahr. Sobald jedoch bei dem Betreffenden das [457] visionäre Erschauen anderer und grösserer Möglichkeiten schwächer wird oder zu verblassen beginnt, oder wenn ihn doktrinäre Ideen, eine bestimmte geistige Schule oder der Vertreter einer Theorie völlig in Anspruch nehmen und er alle anderen Gesichtspunkte und Möglichkeiten bei Seite setzt, dann wird die Wurzel der Psychose deutlich sichtbar und der Betreffende ist in Gefahr.

Gebraucht ein Mensch seine gesamten mentalen Kräfte und Fähigkeiten nur in einer einzigen Richtung, z.B. um geschäftliche Erfolge zu erzielen oder um eine überragende finanzielle Position zu gewinnen, dann wird er für den Psychologen sofort ein Problem.

Es ist im besonderen ein Integrations-Problem, da es durch eine Stimulierung des Denkvermögens entsteht, das bestrebt ist, die Herrschaft über die Persönlichkeit zu bekommen. Hinzu kommt ein Machtgefühl. Durch Erfolg erhält die Stimulierung neue Nahrung, selbst wenn es nur der zweifelhafte Erfolg ist, die Aufmerksamkeit eines abgöttisch verehrten Lehrers erregt oder eine Transaktion auf dem Geldmarkt erfolgreich durchgeführt zu haben.

In absehbarer Zeit wird man das ganze Problem der Persönlichkeit viel besser verstehen, und wenn dies einmal der Fall ist, wird man jede übermässige Einschätzung der Fach- und Berufsarbeit, jede übertriebene Betonung von Ideologien oder Gedankenspekulationen als unerwünscht ansehen. Anstatt dessen wird man bemüht sein, zweierlei zu erreichen: eine ausgeglichene, volle Entfaltung und eine bewusste Fusion mit der Seele und der Gruppe.

Ich habe nicht die Absicht, mich mit den Problemen der Geisteskrankheiten zu beschäftigen. Sie existieren, und sie verschwinden nie. Vom esoterischen Gesichtspunkt teilen wir sie in drei Gruppen ein.

1. Jene Geistesströmungen, die ausschliesslich

a) Erkrankungen der Gehirnsubstanz sind;

b) durch Degeneration der Gehirnzellen entstehen;

c) durch [458] pathologische Prozesse in der Gehirnregion verursacht sind, wie morbide Geschwülste, Abszesse und Gewächse;

d) aus Strukturdefekten des Kopfes resultieren.

2. Jene abnormen Zustände, die dem Umstand zuzuschreiben sind, dass das Ego oder die Seele nicht anwesend ist. In solchen Fällen findet man folgenden Tatbestand:

a) Der wirkliche Besitzer des Körpers ist abwesend. Der Lebensfaden ist im Herzen verankert, aber der Bewusstseinsfaden ist nicht im Kopf verankert. Er wird zurückgezogen. Daher hat die Seele keine bewusste Kenntnis vom Körper. Die Folge ist Idiotie oder ein sehr niedriger Grad von Tiermenschentum.

b) Es gibt gewisse Fälle von Besitznahme oder Besessenheit, in denen der Lebensfaden mit dem ursprünglichen Besitzer verbunden ist, aber der Bewusstseinsfaden gehört einer anderen Person oder Identität, die nicht in Inkarnation ist, aber sich mit aller Gewalt auf der physischen Ebene betätigen möchte. Wenn, wie es durchschnittlich der Fall ist, der wahre Inhaber des Körpers nicht anwesend ist, hat dies nicht viel zu sagen; ja es kann manchmal einem guten Zweck dienen, da das Wesen, das in den Körper schlüpfte, ungestört darin verweilen kann. Ich denke hier an jene Fälle, in denen das inkarnierende Ego sich gänzlich zurückgezogen hat und das Körpergehäuse demnach vollkommen leer und unbewohnt ist. Das sind jedoch seltene Fälle, in denen man die Besitznahme nicht übel nimmt. In den durchschnittlichen Fällen von Besessenheit und Besitzergreifung jedoch existiert das Dilemma von zwei und selbst mehr Persönlichkeiten. Daraus ergeben sich Konflikte und viele höchst qualvolle Zustände, - qualvoll vom Gesichtspunkt des wahren Körperinhabers. In den hier angeführten Fällen gibt es keine Heilung, da kein Ego zur Stelle ist, das man zur Abwehr aufrufen könnte, um den Willen oder die Körperverfassung zu stärken, wie es einem normalen Menschen möglich ist, der [459] einen Eindringling vertreibt. In zahlreichen Fällen von Körperbesitznahme besteht die Möglichkeit einer Heilung, aber in den oben angeführten ist das ausgeschlossen.

3. Dann gibt es Fälle, in denen sich der Astralkörper so eigenmächtig betätigt, dass er nicht beherrscht werden kann. Ein solcher Mensch ist das wehrlose Opfer seiner eigenen zügellosen Wünsche und Begierden vielerlei Art. Da er aber eine starke intellektuelle Kraft besitzt, vermag er eine alles beherrschende Gedankenform zu bilden, die dieses Wunschbild verkörpert. Diese vom «astralen Wahn» Befallenen sind die schlimmsten Typen und sehr schwer zu behandeln, da sie in ihrem Denken nicht viel Unnormales zeigen. Das Denkvermögen kann jedoch nicht herrschen und leiten, sondern wird systematisch in den Hintergrund gedrängt. Hat der Befallene irgend ein niederes Verlangen im Schilde - mag er nun gewalttätig werden oder mit Schläue vorgehen, je nachdem wie der Fall liegen mag - so bleibt sein Denkvermögen unnütz und untätig. Dieser Mensch mag darauf ausgehen, einen Mord zu verüben oder abnormen Sexualgelüsten zu frönen oder - weniger bedenklich - nur den Wunsch haben, ständig aktiv und in rastloser Bewegung zu sein. Letzteres klingt ziemlich harmlos und alltäglich. Aber ich denke hier nicht an die normale Wesensäusserung solcher Typen, sondern an etwas, das sich der Kontrolle entzieht und wofür es kein anderes Mittel gibt, als diesen Menschen vor sich selbst und seinen Machinationen zu schützen.

Diese drei Arten von Geistesstörungen sind unheilbar und machen psychiatrische Hilfe unmöglich. Was man für diese Patienten tun kann, betrifft die Verbesserung ihrer äusseren Lebensumstände, angemessene Pflege und Schutz der Gesellschaft, bis der Tod diesem Intermezzo im Leben der Seele ein Ende setzt. Ich möchte daran erinnern, dass diese Situationen weit mehr mit dem Karma der Eltern oder derer zu tun haben, welche die Last und Verantwortung für den Betreffenden tragen, als mit den Patienten selber. In manchen [460] Fällen lebt überhaupt keine «Person» mehr in dem Körper, sondern es handelt sich bloss um einen belebten, lebendigen Körper, der von der tierischen, aber nicht von der menschlichen Seele, bewohnt ist.

Wir beschäftigen uns vorwiegend mit den Problemen, die in der mentalen Natur des Menschen begründet sind und sich aus seiner Fähigkeit ergeben, die Mentalsubstanz für schöpferische Zwecke zu benutzen. Ich habe einen Aspekt dieser Schwierigkeit noch nicht erwähnt, und das ist folgender. Solche Menschen haben äusserst kraftvolle Gedanken und sie können das Denkvermögen so dynamisch stimulieren, dass im Gefühlskörper eine Resonanz hervorgerufen wird; dadurch wird die ganze niedere Natur mit dem wahrgenommenen mentalen Impuls und dessen drängendem Verlangen in Einklang gebracht. Wenn dieser Antrieb stark genug ist, kann er sich in einer machtvollen, ja sogar gewalttätigen Aktion auswirken, die den Betreffenden in grosse Unannehmlichkeiten und mit der menschlichen Gesellschaft in Konflikt bringen kann; dadurch entfremdet er sich der Gemeinschaft und kommt in Widerspruch mit Gesetz und Ordnung.

Menschen dieses Schlages lassen sich in drei Gruppen einteilen. Alle Studenten der Psychologie würden gut daran tun, diese drei Typen sorgfältig zu studieren; die Anzahl dieser Fälle wird ständig grösser, denn die Menschheit verlegt ihr Interesse immer mehr auf das mentale Gebiet.

l. Die erste Gruppe betrifft Menschen, die gedanklich introvertiert bleiben und sich intensiv und hingebungsvoll mit ihren selbstgeschaffenen Gedankenformen und mit der Gedankenwelt ihrer eigenen Schöpfung beschäftigen, die um die eine dynamische Gedankenform kreist, die sie sich aufgebaut haben. Diese Menschen arbeiten sich stets in eine Krise hinein, und es ist interessant, wie die Welt diese Krise deutet:

a) Als Inspiration eines Genies, wenn z.B. ein grosser Gelehrter plötzlich hervortritt und uns die Schlussfolgerungen seiner jahrelangen konzentrierten Studien vorlegt.

b) Als anstrengendes Bemühen eines Menschen, sich auf irgend [461] einem Gebiet schöpferisch zu betätigen.

c) Als heftige und häufig gefährliche Auswirkungen vergeblicher Mühen; so versucht der Betreffende, von den Folgen seines einseitigen inneren Brütens über eine bestimmte Sache loszukommen.

In allen diesen Fällen zeigen sich diese Krisenerscheinungen auf verschiedene Art und Weise, je nach der Ausrüstung, mit der ein Mensch sein gedankliches Leben auf der Mentalebene ursprünglich begonnen hat. Im ersten Fall haben wir es mit einem Genie zu tun. Im zweiten Fall manifestiert sich (wenn gleichzeitig ein reiches Gefühlsleben mitwirkt) künstlerisches Schaffen, das aus schöpferischer Einbildungskraft stammt. Im dritten Fall finden wir einen Geisteskranken (so sieht ihn die Welt an), der mit der Zeit geheilt werden kann und nicht dauernd gestört bleibt, vorausgesetzt, dass man ihm zu irgend einer Form schöpferischer Vorstellungskraft verhilft, die seine Gefühle entspannt. Das ist oft der kritische Faktor für Persönlichkeiten des zweiten, vierten und sechsten Strahls.

2. Die zweite Gruppe betrifft Menschen, die erstaunlich selbstbewusst werden und sich einbilden, dass sie ein Gedankenzentrum sind. Sie sind besessen von ihrer eigenen Weisheit, ihrer Macht und ihrer schöpferischen Fähigkeit. Sie geraten schnell in einen Zustand hinein, der sie völlig isoliert und von der Umwelt absondert. Das kann zu akutem Grössenwahn führen, zu einer intensiven Dauerbeschäftigung mit sich selbst, dem niederen Selbst, der Persönlichkeit, und sie sind äusserst befriedigt hierüber und bewundern sich selbst. Ihre Gefühlsnatur, ihre Gefühlsregungen und ihre Wünsche stehen ganz unter der Herrschaft dieses dynamischen, auf die eigene Person eingestellten Denkens, und einzig und allein dessen ist sich ein solcher Mensch zu der Zeit bewusst. Die Folge davon ist, dass auch sein Gehirn und all sein äusseres Handeln davon beherrscht wird und nur die Selbstverherrlichung im Sinne hat. Dieser Zustand tritt in verschiedenen Graden auf, je nach der Entwicklungsstufe und dem Strahltypus; er ist - in frühen Stadien - heilbar. Hält der Zustand jedoch hartnäckig an, so kann man den Patienten nicht mehr beeinflussen, denn er verschanzt sich und [462] seine Tätigkeit hinter dem Wall der eigenen Gedankenformen. Ist es ein heilbarer Fall, so sollte man versuchen, ihn dadurch von sich abzulenken, dass man in ihm neue und höhere Interessen erweckt, soziales Bewusstsein entwickelt und ihn - wenn möglich - mit der Seele in Kontakt bringt. Mit diesem kritischen Zustand haben oft die Persönlichkeiten des ersten und fünften Strahls zu tun.

3. Die Menschen der dritten Gruppe sind stark extrovertiert (der äusseren Welt zugewandt) und haben das Verlangen, den Mitmenschen ihre Schlussfolgerungen aufzudrängen, zu denen sie durch einseitige Gedankenkonzentration gekommen sind. Dieser Zustand ist oft eine harte Nuss für Menschen des dritten und sechsten Strahls. Man findet diese Leute auf verschiedenen Bewusstseinsstufen, angefangen vom wohlmeinenden Theologen und den strengen Verfechtern dogmatischer Lehren (die man praktisch in allen Denkrichtungen antrifft), weiter zum Fanatiker, der für seine Umgebung eine Plage ist, da er seine Ansichten aufzudrängen sucht und schliesslich bis zum Wahnsinnigen, der von seinen krankhaften Einbildungen derart besessen ist, dass man ihn zum Schutz der Umwelt isolieren muss.

Es wird daher klar, wie vielversprechend der Ausblick sein kann, wenn Erzieher und Psychologen (besonders jene, die sich speziell mit der Schulung der Jugend beschäftigen) die jungen Menschen unterweisen würden, auf das Abwägen von Werten die nötige Sorgfalt zu verwenden, das Bild des grossen Ganzen zu erschauen und zu erkennen, in welcher Weise die vielen Aspekte und Ansichten der Menschen zu der organischen Einheit beisteuern. Das wäre besonders nützlich in den Jahren des Heranreifens, in denen so viele schwierige Umstellungen und Anpassungen durchgemacht werden müssen. Es ist gewöhnlich zu spät, damit erst dann zu beginnen, wenn der Mensch bereits erwachsen ist und er seine Gedankenformen [463] schon jahrelang ausgebaut und darüber gebrütet hat, bis sie zu einem Teil seiner Natur wurden und ihm kein unabhängiges Dasein mehr gestatten. Die Zerstörung einer solchen Gedankenform oder eines Komplexes solcher Gedankenformen, die jeden Menschen in Fesseln legen, kann zu so ernsten Zuständen führen, dass Selbstmord, lange Krankheit oder ein nutzloses vereiteltes Leben die Folgen sein können.

Nur zwei Massnahmen können wirklich helfen: erstens ein ständiges, liebevolles Aufzeigen eines weiterreichenden Horizontes durch jemanden, dessen Denken so umfassend ist dass einsichtsvolles «Verstehen» das Leitmotiv seines Lebens ist, oder zweitens, wenn des Menschen eigene Seele in Aktion tritt. Die erste Methode beansprucht viel Zeit und Geduld. Die zweite kann, einer Bekehrung gleich, sofort Erfolg haben oder mag Stück für Stück die Gedankenwälle abbrechen, die dem Menschen als Mittel dienten, um sich von der übrigen Welt und seinen Mitmenschen abzusondern. Die Posaunen des Herrn, der Seele, können ertönen und die Mauern von Jericho zum Einsturz bringen. Diese Aufgabe, eine dynamische Aktion der Seele wachzurufen, um einer eingekerkerten Persönlichkeit zu helfen, die sich in einem undurchdringlichen Wall aus mentaler Materie eingeschlossen hat, wird einen Teil der neuen psychologischen Wissenschaft bilden, die sich in der Zukunft entwickeln wird.

Probleme die durch Meditation und durch deren Resultat: Erleuchtung entstehen.

Zuerst möchte ich darauf hinweisen, dass ich hier das Wort «Meditation» nur in einer bestimmten Bedeutung gebrauche. Die intensive mentale Einstellung, die zu übertriebener mentaler Betonung, zu falschem Verhalten und zu einer gemeinschaftsfremden Lebensweise führt, ist auch eine Form von Meditation, die aber nur innerhalb eines kleinen abgegrenzten Denkbereiches vor sich geht. Das ist eine feststehende und wichtige Tatsache. Diese Meditationsart wirkt einschränkend, da alle Kontakte mit anderen Bereichen geistiger Wahrnehmung aufgehoben sind und nur eine intensive, einseitige mentale Stimulierung von besonderer Stärke hervorgerufen wird, die keinen anderen Weg hat, als über die Wunschnatur zum Gehirn abzufliessen. Die Meditation, auf die wir in diesem Abschnitt unseres Buches Bezug nehmen, bezieht sich auf eine mentale Konzentration und Geisteshaltung, die mit jener Welt Verbindung [464] sucht, die jenseits der individuellen mentalen Welt liegt. Es ist ein Teil der Bemühung, mit einem Seinszustand und mit Phänomenen in Berührung zu kommen, die in einer jenseitigen Sphäre liegen. Ich formuliere dies absichtlich so, um damit die Ideen der Bewusstseinserweiterung, der Einbeziehung und inneren Erleuchtung zu vermitteln. Solche Ausweitungen und Einstellungen sollten einen Menschen nicht antisozial machen oder ihn in ein Gefängnis einkerkern, das er sich selbst gebaut hat. Sie sollten ihn zu einem Weltbürger machen; sie sollten in ihm den Wunsch erwecken, mit seinen Mitmenschen ein Herz und eine Seele zu werden; sie sollten ihm höhere Dinge und Wirklichkeiten erschliessen; sie sollten Licht in die dunklen Winkel des eigenen Lebens und ins Leben der ganzen Menschheit bringen. Die Probleme, die aus Erleuchtung resultieren, sind praktisch das gerade Gegenteil von den bisher besprochenen Problemen. Dennoch ergeben sich auch hier reale Schwierigkeiten, denen man begegnen muss, da die Intelligenztypen der heutigen Welt in grosser Zahl dabei sind, meditieren zu lernen. Vielerlei Faktoren sind es, die eine Neigung zur Meditation mit sich bringen. Manchmal ist es der Druck wirtschaftlicher Umstände, die einen Menschen zwingen, konzentriert zu überlegen, und Konzentration ist ein erster Schritt im Meditationsprozess. Manchmal kommt es zu konzentriertem Denken, wenn ein Mensch den Drang nach schöpferischer Arbeit verspürt, so dass er von einem besonderen Thema oder Motiv und dessen künstlerischer Verwirklichung völlig in Anspruch genommen ist. Ob die Menschen nun lediglich ein akademisches Interesse an der Macht der Gedanken haben oder ob sie (unter der Nachwirkung einer inneren Schau) echte Meditation - sei es mystische oder okkulte - zu studieren beginnen, die Tatsache bleibt bestehen, dass ernsthafte Probleme sich erheben, gefährliche Zustände auftreten und dass die niedere Natur in jedem Fall nach Anpassung an höhere Impulse oder Anforderungen verlangt, andernfalls die niedere Natur Konsequenzen schwieriger Art zu erdulden hat. Die notwendigen Anpassungen müssen durchgeführt werden, andernfalls treten unweigerlich psychologische, psychopathische und nervöse Störungen auf.

Wieder möchte ich den Grund hierfür angeben: der Mensch sieht, weiss und erfasst mehr, als er - als gewöhnliche Persönlichkeit, die in den drei Welten lebt - imstande ist aufzunehmen, und er ist sich, [465] im wahren Sinne, der Welt und Tätigkeit der Seele gar nicht bewusst. Er hat Energien «hereingelassen», die stärker sind als die Kräfte, die er gewöhnlich wahrnimmt. Es sind wirklich starke Energien, wenn sie auch augenscheinlich noch nicht die stärkeren sind, was den festgegründeten Gewohnheiten und dem uralten Rhythmus der Persönlichkeitskräfte, mit denen die seelische Energie in Konflikt kommt, zuzuschreiben ist. Das führt unvermeidlich zu Spannungen und Schwierigkeiten und solange kein richtiges Verständnis für diesen Streit besteht, können sich sehr schlimme Folgen einstellen. Will der Psychologe diese behandeln, so muss er dafür vorbereitet sein.

Mit der Eigenart und dem Wesen der Konzentration sowie mit dem Thema der Meditation selbst will ich mich nicht befassen, da ich hier nur die Ergebnisse betrachte, nicht aber die Methoden, die zu diesen Ergebnissen führen. Es genüge, wenn ich sage, dass der Mensch sich durch seine ernstlichen Bemühungen in der Meditation ein Tor geöffnet hat, durch das er nach Belieben (und schliesslich ohne Schwierigkeit) in eine Welt neuer Phänomene, zielstrebiger Tätigkeit und vielerlei Ideale kommen kann. Er hat ein Fenster aufgeriegelt, durch welches Licht einströmen kann, das ihm enthüllt, was im Inneren seines Bewusstseins lebt und dort seit jeher gelebt hat. Es erhellt die dunklen Situationen seines Lebens, frühere Inkarnationen und die Umwelt, in der er lebt. Er hat in seinem Inneren eine Welt von Klängen und Impressionen freigesetzt, die anfangs so neu- und andersartig sind, dass er nicht weiss, was er damit anfangen soll. Seine Situation wird dann so, dass sie grosser Sorgfalt und abgewogener Anpassung bedarf.

Es ist einleuchtend, dass ein Mensch mit guter geistiger Ausrüstung, mit gediegener Erziehung und Schulung einen Sinn für richtige Grössen- und Wertverhältnisse hat, dass er fähig und imstande ist, sich über eine Sache Klarheit zu verschaffen, dass er die Geduld aufbringt, zu warten, bis sich das richtige Verstehen einstellt, und dass er auch einen Sinn für Humor besitzt. Wenn jedoch das alles nicht zutrifft, dann sehen wir (je nachdem wie der Mensch [466] veranlagt ist und das geistig Erschaute aufnimmt) mancherlei Folgen: Verwirrung oder Bestürzung, Unfähigkeit zu verstehen was vorgeht, übertrieben bewertete Persönlichkeitsreaktionen und Phänomene, Stolz auf eine vollbrachte Leistung, ein enormes Minderwertigkeitsgefühl, zu viel geschwätzige Reden, ein Hin- und Herrennen, um Erklärungen zu bekommen, getröstet und überzeugt zu werden, ein Gefühl für Kameradschaft, - oder aber einen völligen Zusammenbruch der mentalen Kräfte oder ein Zerreissen der Gehirnzellen infolge der Anspannung, der das Gehirn ausgesetzt war.

Auch stellt sich manchmal als Folge des Kontakts mit einer neuen Welt Frohsinn und Heiterkeit sowie eine starke geistige Stimulierung ein. Niedergeschlagenheit tritt häufig dann auf, wenn der Betreffende sich unfähig fühlt, der erkannten günstigen Gelegenheit gewachsen zu sein. Er sieht und weiss zu viel. Er kann sich nicht mehr mit dem alten Lebensstandard, mit der Beglückung von früher und seinem bisherigen Idealismus zufrieden geben. Er ist mit weit grösseren Dimensionen und Massstäben in Berührung gekommen und sehnt sich nach neuen, pulsierenden Ideen und einer umfassenderen Schau. Die Art und Weise des Seelenlebens hat ihn gepackt und fasziniert ihn. Doch seine Konstitution, seine Umgebung, seine Ausrüstung und die ihm gegebenen Möglichkeiten scheinen dauernd seine gehegten Hoffnungen irgendwie vereiteln zu wollen und er fühlt, dass er die Reise in die neue wunderbare Welt nicht antreten kann. Er fühlt, dass er sich Zeit lassen und in der gleichen Geistesverfassung leben muss wie bisher. So denkt er, und dementsprechend trifft er seine Entscheidungen.

Diese Bewusstseinserweiterungen, die sich durch erfolgreiche Meditation einstellen, brauchen nicht notwendigerweise etwas mit religiösen Bestrebungen zu tun zu haben oder aus einem sogenannten okkulten Erlebnis zu stammen. Sie können im Zusammenhang mit der erwählten Lebenslaufbahn eintreten, denn es gibt keine Aktivität, keinen Beruf, keine geistige Beschäftigung und keinen Seinszustand, der nicht als Schlüssel dafür dienen könnte, um das Tor in die ersehnte grössere Welt zu öffnen oder um den Menschen zu jenem Bergesgipfel zu leiten, von wo aus der grössere Horizont erschaut und die umfassendere Vision verstanden werden kann. Der Mensch muss lernen einzusehen, dass die von ihm erwählte Gedankenrichtung, sein spezieller [467] Beruf und seine persönlichen Neigungen nur ein Teil eines grösseren Ganzen sind. Sein Problem besteht darin, seine kleine Lebensarbeit bewusst in das Weltgeschehen einzufügen. Das ist es, was wir in Ermangelung eines treffenderen Wortes Illumination, Erleuchtung oder Durchlichtung nennen. Alles Wissen ist eine Form von Licht, da es jene Bewusstseinsbereiche aufhellt, deren wir uns bisher nicht bewusst waren. Alle Weisheit ist eine Form von Licht, denn sie offenbart uns die Welt der inneren Bedeutung, die jeder Erscheinungsform zugrunde liegt. Alles Verstehen ist ein Hervorrufen von Licht, denn wir werden der Ursachen inne oder bewusst, welche die äusseren Formen erzeugen, die uns umgeben (unsere eigene Form eingeschlossen) und welche die Welt der inneren Bedeutung bestimmend beeinflussen, deren Ausdruck sie sind. Wenn diese Tatsachen zum ersten Mal erkannt und verstanden werden, wenn sich die erste Offenbarung eingestellt hat, wenn empfunden oder erkannt wird, welcher Platz oder Rang dem Teil im Verhältnis zum Ganzen zukommt, und wenn die grosse Welt, die unsere kleine Welt einschliesst, zum ersten Mal berührt wird, dann tritt stets ein Krisenmoment ein und droht eine Gefahr. Wenn wir dann schon mehr vertraut sind, wenn wir das Tor, das wir uns geöffnet haben, schon oft passiert und uns an das Licht gewöhnt haben, das durch die geöffneten Fensterläden in unsere kleine Welt des Alltags eindrang, dann treten andere psychologische Gefahren auf. Wir laufen Gefahr anzunehmen, dass das, was wir sahen, alles ist, was es zu sehen gibt und so, wiederholen wir auf einer höheren Wendung der Spirale und in einem erweiterten Sinn die bereits angeführten Gefahrenmomente: übertriebene Betonung und Bewertung, falsche Einstellung, engherzige Ansichten und fixe Ideen. Die Idee von der Seele verfolgt uns ständig, und wir vergessen ganz, dass die Seele eines Körpers bedarf, um sich kundzutun. Wir fangen an, in einer abstrakten, fernliegenden Seins- und Gefühlswelt zu leben und versäumen es, den Kontakt mit der realen Erdenwelt aufrecht zu erhalten. Hier wiederholen sich - wiederum auf einer höheren Wendung der Spirale - die Zustände, die wir bereits früher anführten, in denen die Seele oder das Ego nicht anwesend war, aber diesmal im umgekehrten Sinn: das Formleben scheidet ganz aus dem konzentrierten Bewusstsein des Menschen aus. Nur die Welt der Seelen ist da und das Verlangen nach schöpferischer [468] Tätigkeit. Das tägliche Leben mit seinen Pflichten auf der physischen Ebene sinkt unter die Schwelle des Bewusstseins, und der Mensch wird zu einem vagen, unpraktischen, träumerischen Mystiker. Diese Geistesverfassung ist, wenn man sie fortbestehen lässt, gefährlich.

Ich möchte mich jetzt mit gewissen Phasen dieser mentalen Störungen befassen, die durch die Erleuchtung des Denkvermögens infolge der Meditation entstehen; es könnte von Nutzen sein. Ich kann es jedoch nur flüchtig tun, da die Zeit zu knapp ist. Ich suche nur Andeutungen zu machen, ohne auf Einzelheiten einzugehen, und kann nur die grundsätzlichen Störungen und die Methoden angeben, wie man eine bestimmte Schwierigkeit beheben oder ein Problem lösen kann. Für die Behandlung vieler solcher Fälle ist gesunder Menschenverstand vonnutzen. Es hilft z.B., wenn man dem Patienten begreiflich macht, dass seine Symptome, so gering sie auch anfänglich sind, sich zu ernsten Situationen auswachsen können. Drei Fälle will ich hier anführen.

Der erste Fall betrifft die Überaktivität des Denkvermögens. Sie tritt bei ziemlich vielen Menschen auf, die - manchmal plötzlich, manchmal in langsamem Tempo - zu viel aufnehmen, erfassen und erfahren. Der überaktive Verstand nimmt zu viel Wissen bewusst auf. Dadurch entstehen Unregelmässigkeiten in der Lebenseinteilung, es ergeben sich so viele Änderungen, so viel Unbeständigkeit und Ruhelosigkeit, dass dieser Mensch aus einer siedenden Unruhe gar nicht herauskommt. Bei all dem empfindet er sich selbstbewusst als Mittelpunkt, und dementsprechend legt er seine ganze mentale Tätigkeit und seine Kontakte, all seine Unbeständigkeit, seine Selbstanalyse (zu der es ihn dauernd hinzieht) und das ewige Pläneschmieden als Zeichen mentaler Befähigung aus, ja mehr noch als das, er sieht all das als echte spirituelle Einsicht und Weisheit an. Das führt zu schwierigen Situationen für alle, die mit ihm zu tun haben, und das bleibt oft so für eine lange Zeit; solange dieser Zustand anhält, lässt sich kaum etwas für ihn tun. Die dauernden «Umsetzungen des Chitta, des Gedankenstoffes», und [469] die ununterbrochene «Aktivität des Mentalkörpers für das Bilden von Gedankenformen» nehmen den Betreffenden ständig derart in Anspruch, dass nichts anderes Zugang zu seinem Bewusstsein findet. Riesige Pläne, grosszügige Projekte, Aufnahme von Beziehungen und Briefwechsel mit Gleichgesinnten beschäftigen ihn. Darüber hinaus versucht er, anderen seine Pläne aufzudrängen und ihre Hilfe für die Verwirklichung seiner Ideen zu mobilisieren. Verweigert man ihm die Hilfe, so kritisiert und tadelt er das. Er macht keine richtigen Anstrengungen, um seine Pläne und Ideen ausführungsreif zu machen, sie bleiben alle auf der Mentalebene im Versuchsstadium, in ihrem ursprünglich unklaren Zustand. Das Bestreben, mehr zu sehen, mehr zu erfahren und mehr Einzelheiten und Zusammenhänge zu erfassen, nimmt alle Aufmerksamkeit in Anspruch, und so bleibt ihm keine Energie mehr übrig, um auch nur eine einzige Idee bis zur Wunschebene herunterzubringen, und einen ersten Schritt zu unternehmen, der zur Verwirklichung des erschauten Planes führt. Hält diese Denkverfassung zu lange an, dann ruft sie geistige Überanstrengung, nervösen Zusammenbruch und manchmal dauernde Störungen hervor. Die Heilung ist indes einfach.

Der Betroffene sollte zunächst zur Einsicht kommen, dass sein mentales Leben, wie er es jetzt führt, nutzlos ist. Er soll dann eine der zahlreichen Arbeitsmethoden und einen der vielen Wege und Möglichkeiten wählen, mit deren Hilfe sich der empfundene Plan praktisch ausführen lässt. Er möge sich dazu zwingen, diesen Plan in sichtbarer Form zu verwirklichen und alle anderen Möglichkeiten fallen zu lassen. Auf diese Weise kann er beginnen, seine Verstandeskräfte wieder zu regulieren und im Zaum zu halten und seinen Platz unter denen einzunehmen, die etwas zustande und zu Ende bringen, - gleichgültig, wie klein sein Beitrag sein mag. Er wird dadurch zu einem schöpferisch aufbauenden Menschen.

Ich habe diese Art von Schwierigkeit mit Bezug auf die Verhältnisse des Aspiranten geschildert, der in seiner Meditation mit den Einflüssen der Hierarchie in Berührung kommt und dadurch in der Lage ist, den Strom von Gedankenformen anzuzapfen, die von den Mitgliedern der Hierarchie und ihren Jüngern erschaffen wurden. [470] Dieselbe Art von Schwierigkeit ist bei all denen anzutreffen, die dadurch, dass sie die Mentalebene entdeckten und ihre Gedanken darauf konzentrierten, in die grössere Welt der Ideen eindringen, die gerade im Begriffe sind, sich in den konkreten Bereichen mentaler Substanz zu verdichten. Das erklärt die vergebliche Mühe und ersichtliche Erfolglosigkeit bei vielen ganz intelligenten Menschen. Sie beschäftigen sich mit so vielen Möglichkeiten, dass sie am Ende gar nichts erreichen. Ein einziger durchgeführter Plan, ein einziger Gedanke, der zu seinem konkreten Abschluss gebracht wurde, ein einziger mentaler Prozess, der bewusst entwickelt und nach aussen projiziert wurde, rettet die Situation und bringt Schöpferkraft und praktischen Nutzen in ein sonst negatives und nutzloses Leben hinein. Ich benutze hier das Adjektiv «negativ», um ein negatives Ergebnis, eine Erfolglosigkeit im Erreichen von Resultaten zu bezeichnen. Es ist überflüssig zu betonen, dass ein solcher Mensch in den Folgerungen, die er mit seinen sogenannten mentalen Konzepten und Ideen verknüpft, ausserordentlich positiv und hinsichtlich deren Verwirklichung sicher ist. Er wird dadurch für seine Umgebung zu einer dauernden Quelle der Besorgnis und Bestürzung. Seine Freunde und Mitarbeiter sind die Zielscheiben seiner endlosen Kritik, weil sie den Plan nicht ausführen, der seiner Meinung nach verwirklicht werden sollte, oder weil sie die Flutwelle von Ideen, die sich über ihn stürzte, nicht genügend würdigen. Man sollte sich darüber klar sein, dass es sich hier um eine Art mentalen Fiebers mit den Begleitsymptomen Halluzination, Überaktivität und psychischer Reizbarkeit handelt. Die Heilung liegt, wie ich schon sagte, in des Patienten eigener Hand. Voraussetzung ist, dass er sich ernsthaft mit einem selbstgewählten Plan befasst und den Beweis für dessen Brauchbarkeit erbringt, dabei mit gesundem Menschenverstand und mit normaler, guter Urteilskraft vorgeht. Das Licht, mit dem ein Mensch durch Meditation in Berührung kommen kann, hat ein Gebiet mentaler Phänomene und Gedankenformen aufgedeckt, mit dem er nicht vertraut ist und nichts anzufangen weiss. Wie dieses Licht sich manifestiert, und was alles an Folgerungen und Möglichkeiten damit verknüpft ist, macht auf ihn einen so gewaltigen Eindruck, dass er den Schluss zieht, dass all dies göttlich und daher wesentlich sein müsse. Da er noch immer im dramatischen Mittelpunkt seines [471] eigenen Bewusstseins steht und noch immer - auch unbewusst - von mentalem Hochmut und spirituellem Ehrgeiz erfüllt ist, hat er das Empfinden, dass er zu grossen Dingen berufen sei, und dass ihm alle ganz sicher dabei behilflich sein müssen, andernfalls sie sich als üble Versager zu betrachten haben.

Die zweite schwierige Situation entsteht durch das Sichtbarwerden der Trugbilder unserer Sinne, Maya genannt. Das Wort Maya ist ein allgemeiner Name für die drei Aspekte des sichtbaren Lebens, die drei Welten oder die drei Hauptergebnisse aus dem Wechselspiel der Kräfte. Diese tragen dazu bei, den Menschen zu verwirren, und erschweren das Los des ernsten Aspiranten. Daher mag es von Nutzen sein, wenn ich an dieser Stelle die drei Ausdrücke definiere, die diesen drei Folgeerscheinungen der sichtbaren Welt beigelegt wurden: Illusion, Verblendung und Maya.

Diese drei Begriffe wurden seit langem von sogenannten Okkultisten und Esoterikern hin und her erwogen. Die Bezeichnungen werden sowohl für die allgemeine Grundidee als auch für deren Differenzierung gebraucht. Allgemein gesehen sind die folgenden Deutungen nur Teilauslegungen, bei denen die wirkliche Wahrheit verzerrt und verdreht erscheint, was den Begrenzungen des menschlichen Bewusstseins zuzuschreiben ist.

Verblendung wurde häufig als ein seltsamer Versuch der «schwarzen Mächte» (wie sie genannt werden) angesehen, gutgläubige Aspiranten zu überlisten und zu täuschen. Viele ganz vortreffliche Menschen fühlen sich beinahe geschmeichelt, wenn sie einem der vielen Trugbilder «gegenüberstehen» können, denn sie haben das Empfinden, dass das Zurschautragen ihrer Disziplin so ausgezeichnet war, dass die dunklen Mächte genügend Interesse daran fanden, ihre schöne Arbeit dadurch zu verhindern, dass man sie in Wolken von Blendwerk hüllte. Nichts könnte von der Wahrheit weiter entfernt sein. Diese Idee ist schon an sich ein Teilsymptom der Verblendung unserer Zeit, die ihre Wurzel im menschlichen Dünkel und Streben nach Wunschbefriedigung hat.

Maya wird oft als identisch mit der Vorstellung angesehen, die von der Christlichen Wissenschaft (Christian-Science) verbreitet wird, die behauptet, dass es so etwas wie Materie nicht gibt. Man mutet uns zu, die ganze Welt der Erscheinungen als Maya, als Täuschung anzusehen und zu glauben, dass deren Existenz einfach ein Irrtum des sterblichen Verstandes und eine Form von Autosuggestion oder Selbsthypnose sei. Durch diesen aufgedrängten Glauben [472] lassen wir uns in eine gedankliche Vorstellung hineintreiben, die das Greifbare und Objektive nur als Erdichtung der Einbildungskraft des Menschen hinstellt. Eine solche Auffassung ist ihrerseits wieder eine Verdrehung der Wahrheit.

Illusion wird in ziemlich ähnlicher Weise erklärt; wir betonen jedoch in unserer Definition die Begrenztheit des menschlichen Denkens. Wir stellen die Welt der Erscheinungen nicht in Abrede, aber wir glauben, dass der Verstand die Phänomene falsch auslegt und sich weigert, sie so zu sehen, wie sie in Wirklichkeit sind. Wir sehen diese irrige Auslegung als die grosse Illusion, die Grosse Täuschung an.

Ich möchte hier darauf hinweisen, dass diese drei Ausdrucksformen (allgemein gesprochen) drei Aspekte eines universalen Zustandes sind, der aus der menschlichen Denktätigkeit - in Zeit und Raum - entstanden ist.

Das Problem der Illusion ist in der Tatsache begründet, dass hier eine Seelentätigkeit mitspielt. Illusion ist die Folgeerscheinung des Denkaspekts aller manifestierten Seelen. Es ist die Seele, die in Illusion versunken ist, und die so lange nicht klar sehen kann, bis sie gelernt hat, das Licht der Seele in das Denkvermögen und in das Gehirn einströmen zu lassen.

Das Problem der Verblendung tritt dann auf, wenn die bestehende Denkillusion durch Wünsche und Verlangen verstärkt wird. Was die Theosophen Kama-Manas (Wunschdenken) nennen, ist das, was Trugbilder hervorruft. Es ist Illusion auf der Astralebene.

Das Problem der Maya ist im Prinzip das gleiche, nur verstärkt durch die intensive Tätigkeit, die einsetzt, wenn sich Verblendung und Illusion auf den ätherischen Ebenen festgesetzt haben. Es ist dieser vitale, gedankenlose, gefühlsgeschwängerte Mischmasch (jawohl, das ist das richtige Wort), in dessen Wirrwarr die meisten Menschen ständig zu leben scheinen. Wir wollen kurz zusammenfassen:

1. Illusion ist in erster Linie eine mentale Eigenschaft, charakteristisch für die Geistesverfassung jener Personen, die mehr intellektuell als emotionell sind. Sie sind dem entwachsen, was man im üblichen Sinne als Gefühlsverblendung [473] bezeichnet. Falsches Verstehen und falsches Deuten von Ideen und Gedankenformen, das sind die Fehler, deren sie sich schuldig machen.

2. Verblendung ist astraler Natur und ist in der jetzigen Zeit viel stärker als Illusion, weil sich die übergrosse Mehrzahl aller Menschen ständig astral betätigt.

3. Maya ist ihrer Natur nach vital und ist eine Kraft-Qualität. Sie ist im wesentlichen jene Energie des menschlichen Wesens, die durch den inneren Einfluss der mentalen Illusion oder der astralen Verblendung oder einer Kombination von beiden in Schwingung gerät.

Der gewaltige Umfang und die Vielseitigkeit dieses Themas ist überwältigend. Der Aspirant braucht Zeit, um die Regeln zu erlernen, die ihn einen Ausweg aus der Scheinwirklichkeit finden lassen. Ich möchte mich mit dem Thema nur insoweit beschäftigen, als es mit den Wirkungen im Leben desjenigen zu tun hat, der bereits ein gewisses Mass von Licht in sich erweckt hat, das ihm die drei Welten niederer Kraftarten enthüllte. Diese Enthüllung täuscht ihn in den Frühstadien oft und er wird ein Opfer dessen, was ihm aufgezeigt wurde. Mit vollem Recht kann man behaupten, dass alle Menschen Opfer der Grossen Illusion und der verschiedenen Wechselbeziehungen und Aspekte dieser Illusion sind. In den Fällen, die wir hier im Auge haben, liegt der Unterschied in der Tatsache -

1. dass der Betreffende ganz klar sich seiner selbst bewusst ist;

2. dass er genau weiss, dass er ein gewisses Mass von höherem Licht freigesetzt hat;

3. dass er das Enthüllte als spirituelle Phänomene anstatt als psychische deutet. Er betrachtet alles als eine wunderbare Offenbarung und sieht sie als wahr und erwünscht an.

Weil er Integration erlangt hat und fähig ist, in der Gedankenwelt zu leben, weil seine Einstellung gut und richtig ist, weil er auf dem Probepfad ist, weil er weiss, dass er ein Aspirant oder gar ein Jünger ist, hat das, was das Licht z.B. auf der Astralebene [474] enthüllt, logischerweise einen hohen Standard. Daher sind solche Enthüllungen höchst irreführend. Grosse kosmische Entwürfe, die von Denkern der Vergangenheit ausgedacht wurden und bis zur Astralebene gelangten; uralte Formen, Träger des «Wunschlebens» und imaginärer Gedankenbilder der Menschheit, die von solcher Machtfülle sind, dass sie im Wunschleben Vieler weiterbestanden; die symbolischen Formen, die seit undenklichen Zeiten benützt wurden, um bestimmten Wahrheiten sichtbaren Ausdruck zu geben; die experimentellen Gedankenformen grosser und guter Bestrebungen, die früher einmal ausgearbeitet wurden oder in unseren Tagen angegangen werden; ferner das Leben auf der Astralebene, der Traumwelt des Planeten selbst, - all das zielt darauf ab, den Menschen ganz in Anspruch zu nehmen und in Irrtümer und Gefahren zu verstrichen. Es verzögert seinen Fortschritt und lenkt seine Energien und Interessen auf Nebensachen ab.

Man darf nicht vergessen, dass dies der Weg des geringsten Widerstandes ist, da der Astralkörper in dieser Weltperiode mächtig stark ist. Die Folge davon ist, dass die Kräfte und Fähigkeiten des Denkvermögens überentwickelt werden und dass die sogenannten «niederen Siddhis», die niederen psychischen Kräfte, beginnen, ihre Herrschaft geltend zu machen. Der Mensch kehrt tatsächlich zu den Bewusstseinszuständen und Betätigungsweisen zurück, die in den Tagen von Atlantis normal und richtig waren, die aber heutzutage unerwünscht und überflüssig sind. Er holt sich - durch Stimulierung - längst abgetane Gewohnheiten psychischer Wahrnehmung, die normalerweise unter der Schwelle des Bewusstseins liegen sollten, wieder hervor.

Das Licht hat ihm diese Welt der Phänomene enthüllt; er hält alles für wünschenswert und deutet die Geschehnisse als eine wundervolle innere, spirituelle Entwicklung. Wenn diese Stimulierung seitens des Denkvermögens (das selbst während der Meditation Anreize empfängt) auf die Astralebene herunterkommt, ruft sie durch Wiederbelebung und Wiedererweckung die Reaktion der niederen [475] Kräfte hervor. Es handelt sich um eine ausgesprochene Rückerlangung, die genau so unerwünscht ist wie einzelne Hatha Yoga Übungen in Indien, die den Yogi instandsetzen, die bewusste Kontrolle über seine körperlichen Funktionen wiederzuerlangen. Diese bewusste Kontrolle war ein charakteristisches Merkmal der frühen lemurischen Rassen, doch lagen die physiologischen Organfunktionen seit langer Zeit unter der Schwelle des Bewusstseins, was gewiss höchst erwünscht ist und Schutz gewährt. Unser Körper arbeitet heute automatisch, ohne dass sich unser Bewusstsein daran beteiligt, ausgenommen in Krankheitsfällen oder bei mangelhafter Anpassung. Es ist nicht beabsichtigt, dass die Menschheit (nach vollbrachter Aufbauarbeit des gegenwärtigen Zyklus) mit klarem Verstand sich in längst vergessenen Bewusstseinsbereichen der lemurischen und atlantischen Rassen betätigen soll. Es ist des Menschen Bestimmung, sich als Kaukasier zu betätigen. (Es gibt noch keine wirklich befriedigende Bezeichnung für die Rasse, die sich jetzt unter der Einwirkung der westlichen Zivilisation entwickelt). Ich denke an Bewusstseinszustände und Gewahrseinsbereiche, die das Vorrecht aller Rassen und Völker sind, wenn sie ein gewisses Entwicklungsstadium erreicht haben. Ich gebrauche die drei wissenschaftlichen Rassennamen nur als Symbole folgender Stufen:

Das Bewusstsein der Lemurier ein physisches.

Das Bewusstsein der Atlantier ein astrales, emotionelles, sinnenbetontes.

Das Bewusstsein der Kaukasier (oder Arier) ein mentales oder intellektuelles.

Das müssen wir stets beachten.

Der Mensch, der darunter leidet, was ihm das Licht in den drei Welten (besonders in der Astralwelt) enthüllt hat, hat es mit zwei Situationen zu tun:

1. Er verharrt, was seinen weiteren Fortschritt betrifft, in einem statischen Zustand. Er sieht sich das verwirrende Kaleidoskop der Astralebene mit Interesse und Aufmerksamkeit an. Es mag sein, dass er sich auf dieser Ebene nicht betätigt oder bewusst damit identifiziert; sie befriedigt aber, gedanklich und gefühlsmässig, eine Zeitlang sein Interesse, fesselt seine Aufmerksamkeit [476] und weckt seine Neugier, selbst wenn er währenddessen kritisch bleibt. Er vergeudet daher Zeit und umgibt sich ständig mit neuen Gedankenformen, die sich durch sein Nachsinnen über das Geschaute und Gehörte bilden. Das ist bedenklich, und er sollte damit Schluss machen. Von allen einsichtigen Aspiranten und Jüngern wird verlangt, dass sie sich für die Welt der Täuschung und Illusion mit abwägendem Verstand interessieren, um sich von deren Versklavung frei zu machen, sonst werden sie diese Scheinwirklichkeit niemals verstehen und beherrschen. Aber es birgt eine Gefahr in sich und beraubt den einzelnen aller Freiheit, wenn er sich lange in das Leben dieser Welt vertieft und sich ausschliesslich mit deren Erscheinungsformen beschäftigt.

2. Ist in diesen so unerwünschten Fällen das Interesse einmal wachgerufen, dann wird der Betreffende

a) von dieser Scheinwelt völlig betört;

b) Er wird auf das Niveau dieser Welt herabgezogen (symbolisch gesprochen);

c) Er reagiert auf deren Phänomene feinfühlend, und zwar oft mit Freude und Entzücken;

d) Er ruft die uralten Fähigkeiten des Hellsehens und Hellhörens wach;

e) Er wird ein medial Veranlagter, der alles akzeptiert, was ihm die niederen psychischen Kräfte enthüllen.

Ich möchte hier einen Moment innehalten und auf zwei Dinge hinweisen, die man beachten sollte:

Erstens, dass heute viele Menschen im Gewahrseins- und Bewusstseinszustand der Atlantischen Zeit leben. Für solche Leute ist die Manifestierung dieser niederen psychischen Kräfte völlig normal, wenn auch keineswegs erwünscht. Für einen Menschen, der zum mentalen Typus zählt oder im Begriffe ist, seine mediale Natur allmählich zu überwinden, sind die Kräfte völlig abnorm (oder sollte ich sagen unternormal?) und höchst unerwünscht. Bei dieser Erörterung hier lasse ich den Menschen mit atlantischem Bewusstsein [477] ganz beiseite und befasse mich nur mit dem modernen Aspiranten. Für diesen ist es gefährlich und verzögert seinen Fortschritt, wenn er ein früheres Rassenbewusstsein wieder erweckt und zu dem niederen Entwicklungs-Typ zurückkehrt, der weit hinter ihm liegen sollte. Das ganze ist eine Form von Atavismus.

Zweitens: Wenn ein Mensch auf der Mentalebene fest verankert ist, wenn er ein gewisses Mass von Seelenkontakt erlangt hat, wenn sich sein Streben gänzlich auf die Welt geistiger Wirklichkeiten richtet, und wenn er ein diszipliniertes und diensterfülltes Leben führt, dann kann er in Zeiten auftretender Notwendigkeit diese niederen Kräfte zum Nutzen des grossen Planes mobilisieren, um eine besondere Aufgabe auf der Astralebene auszuführen. Aber das ist ein Fall, in welchem das grössere Bewusstsein in normaler Weise das geringere Bewusstsein mit einschliesst. Diese Massnahme wird indes - selbst von Adepten - nur selten angewendet, denn die Kräfte der Seele - geistige Wahrnehmung, telepathische Sensitivität und psychometrische Fähigkeit - genügen meistens, um dem Erfordernis und Bedürfnis zu entsprechen. Ich füge diese Bemerkungen hier ein, weil es einige erleuchtete Menschen gibt, die sich dieser Kräfte bedienen; das geschieht aber immer nur im Rahmen einer besonderen Dienstleistung für die Hierarchie und die Menschheit und ist niemals eine persönliche Angelegenheit des Betreffenden.

Wenn sich ein Mensch in den Seitenwegen der Astralebene verloren und - symbolisch gesprochen - den sicheren Hafen geistigen Gleichgewichts und intellektueller Höhe verlassen hat, wenn er dem trügerischen Zauber und seinen Phantomen erlegen ist (gewöhnlich liess er sich in redlicher und bester Absicht irreführen) und wenn er in seinem Innern - durch falsch angewandte Stimulierung und durch Herumexperimentieren - alte Kontaktpraktiken (wie Hellsehen und Hellhören) wieder hervorgeholt und belebt hat, was kann er dann tun oder was soll für ihn getan werden, um wieder normale Zustände herzustellen?

Viele dieser medial Veranlagten lassen sich von Psychologen und Psychiatern behandeln, viele sind heute in unseren Sanatorien und Asylen untergebracht, weil sie «Dinge sahen», Stimmen hörten oder von Träumen verfolgt wurden und daher für ein normales Leben [478] ungeeignet wurden. Sie scheinen für ihre eigene Person und für andere eine Gefahr zu sein und sind daher ein schwieriges Problem. Die alten Gewohnheiten müssen abgelegt werden, aber weil sie so tief eingewurzelt sind, so ist das leichter gesagt als getan. Die Praktiken, die zur Entwicklung der niederen psychischen Kräfte führten, müssen aufgegeben werden. Selbst wenn diese Fähigkeiten, von der umgebenden Astralwelt leicht beeindruckt zu werden, ganz von selber kamen und dem Betreffenden als etwas ganz Natürliches erscheinen, so sollten sie dennoch abgebaut und die Zugangswege zu der niederen Erscheinungswelt blockiert werden. Wenn es den Menschen ohnedies so schwer gelingt, in der äusseren Welt bewusst zu leben und mit all den irdischen Dingen fertig zu werden, und wenn es der grossen Mehrheit so schwer fällt, sich zu mentaler Regsamkeit und Lebensweise aufzuraffen, warum sollte das ohnedies schwierige Problem noch dadurch kompliziert werden, dass man versucht, in einer Phantomwelt zu leben, die heute - wie man zugeben muss - das stärkste Kraftfeld darstellt?

Die Aufgabe, von der Empfänglichkeit für Astraleinflüsse loszukommen, ist einzigartig und enorm. Die Einzelheiten der Methode, die das zustande bringt, sind zu zahlreich als dass wir sie hier erörtern könnten. Aber gewisse Stichworte deuten die Leitgedanken an. Drei grundsätzliche Vorschläge werden dem Psychologen helfen, solche schwierige Fälle zu behandeln. Die Stichworte, die das Geheimnis in sich bergen, sind:

1. Belehrung.

2. Aufmerksamkeitslenkung.

3. Beschäftigungstherapie.

Man sollte dem Astralverstrickten den menschlichen Reaktionsapparat, der das Geschehen in den drei Welten registriert, genau erklären und ihm, wenn möglich, den Unterschied zwischen dem lemurischen, atlantischen und kaukasischen Bewusstsein klarmachen. Man sollte auch in ihm ein Gefühl des Stolzes über seine erreichte [479] Entwicklungsstufe wachrufen; das wird sich aufbauend auswirken. Man sollte sich ferner bemühen, seine Aufmerksamkeit schrittweise und mit Anteilnahme auf ein anderes Ziel zu richten. Je nach der Eigenart des Patienten wird man seine Aufmerksamkeit und sein Interesse entweder auf die physische oder mentale Ebene lenken, um ihn so von dem astralen Zwischenfeld abzulenken. Man sollte für eine (seiner psychophysischen Konstitution angepasste) ganz bestimmte körperliche oder geistige Beschäftigung sorgen und ihn zwingen, eine Beschäftigung nach eigener Wahl aufzunehmen.

Dem Psychologen und Psychotherapeuten möchte ich die folgenden drei Ratschläge geben:

1. Art und Wesen der Strahlen, die vermutlich des Patienten Veranlagung bestimmen und ihm die Kräfte und Energien vermitteln, die ihn zu dem machen, was er ist, sind sorgfältig zu erforschen. Dieser Vorschlag ist wohlüberlegt.

2. Es ist festzustellen, welcher Kontaktträger am stärksten, am besten organisiert und gut ausgebildet ist. Das wird klarstellen, durch welche Formhüllen der Lebensstrom in dieser besonderen Inkarnation strömt und sich bekundet.

3. Es ist die körperliche Verfassung sorgfältig zu untersuchen, und wenn es erforderlich ist, soll man therapeutisch vorgehen, wie der Fall es verlangt. Die Untersuchung soll auch die Drüsenbeschaffenheit einschliessen. Das endokrine System ist hinsichtlich seiner Beziehung zu den sieben Hauptzentren des Körpers zu studieren, denn in vielen Fällen gibt die Drüsensekretion einen Hinweis auf das Kraftsystem des Patienten.

Die Wissenschaft von den Zentren ist, ebenso, wie die Wissenschaft von den Strahlen und die astrologische Wissenschaft, noch in den Kinderschuhen; dennoch wurde in diesen drei Fächern bereits vieles gelernt und zustande gebracht. Wenn einmal die gegenwärtigen Schranken gefallen sind und die Forschungen auf einer wirklich wissenschaftlichen Grundlage durchgeführt werden, dann wird eine neue Ära für die Menschen beginnen. Diese drei Wissenschaften werden [480] im Neuen Zeitalter die drei Hauptpfeiler der psychologischen Doktrin werden; dazu kommen die Beiträge der modernen Psychologie und die Erkenntnisse über die Konstitution des Menschen (besonders über die somatische), die von diesen medizinischen Fachgebieten so wundervoll weiterentwickelt wurden.

Probleme, die mit der Führung von Menschen, mit Träumen und Depressionszuständen zu tun haben.

Ich befasse mich mit diesen Problemen, weil sie zurzeit so stark im Vordergrund stehen. Sie sind zurückzuführen auf die Tätigkeiten verschiedener religiös oder psychologisch eingestellter Gruppen, auf die Grundtendenz gewisser Schulen, die sich für die Verbreitung der Religion und Psychologie einsetzen, und auf die gegenwärtigen Weltereignisse, die so manche feinnervigen Menschen in einen Zustand verminderter geistiger (oft auch physischer) Vitalität gestürzt haben. Diese Zustände sind weit verbreitet und beruhen auf falschen wirtschaftlichen Situationen. Ich will diese Dinge jetzt schon besprechen, bevor wir unser viertes Thema, die Krankheiten und Probleme der Mystiker aufnehmen, da die in Betracht kommenden Personen eine Zwischengruppe darstellen, die viele intelligente und von guten Absichten beseelte Menschen umfasst.

Das Problem der Führung ist besonders schwierig, weil es sich auch die angeborene instinktive Erkenntnis gründet, dass Gott und Gottes Plan Tatsachen sind. Diese angeborene, instinktmässige, geistige Einstellung wird heute von vielen wohlmeinenden Reformern ausgenützt, die jedoch weder dem Thema selbst genügend Aufmerksamkeit geschenkt noch die Tatsache berücksichtigt haben, dass es sich um eine äussere Reaktion auf einen inneren Drang handelt. In den meisten Fällen sind es nur Blinde, die Blinde führen. Das Problem der Führung lässt sich als das Problem einer Methode definieren, nach der sich ein Mensch - durch Autosuggestion - in einen aufnahmefähigen Zustand versetzt, in welchem er bewusst Kenntnis oder Klarheit erhält über Neigungen, treibende Kräfte, innere Stimmen, deutlich eingegebene Aufträge, über Richtlinien für eine Lebensweise, die eingehalten, oder für eine Laufbahn, die eingeschlagen werden soll; ausserdem erhält er allgemeine Andeutungen über Wege und Tätigkeiten, die «Gott» dem aufmerkenden, empfänglichen [481] und aufnahmewilligen Menschen vorschlägt. In diesem Zustand eines nahezu sublimierten Gewahrseins beharrlich und nachdrücklich gestellter Ansuchen aus den inneren Seins- und Denkbereichen wird der Mensch in einen Strom von Tätigkeit hineingetrieben, der eine oft harmlose, manchmal höchst erwünschte Dauerorientierung seines Lebens mit sich bringen mag oder aber nur eine vorübergehende Wirkung hat, wenn die Bereitschaft, den Ratschlägen Gehör zu geben, wieder ermattet ist. In jedem Fall wird die richtungweisende Quelle und der Ursprung der Führung in vager, unbestimmter Weise «Gott» genannt und als göttlich betrachtet; man nennt sie die Stimme des «Christus in unserem Inneren» oder geistige Eingebung. Viele ähnliche Ausdrücke werden gebraucht, je nach der Geistesrichtung, der ein Mensch angehört oder die ihn mit ihren Ideen anzog.

Diese Tendenz nach innerer Führung irgendwelcher Art wird immer stärker werden, und zwar in dem Masse, wie die Menschheit eine grössere innere Orientierung erlangt, sich immer deutlicher der Reiche inneren Seins bewusst wird und sich mehr zu der Welt der tieferen Bedeutung hingezogen fühlt. Eben deshalb möchte ich eine relativ sorgfältige Analyse der möglichen Quellen einer Führung geben, damit ein jeder wenigstens im Bilde ist, um wieviel umfangreicher und komplizierter dieses Thema ist, als er gedacht hatte, und dass jedermann gut daran tut, den Ursprung der gewährten Führung zu ermitteln und so mit grösserer Bestimmtheit die Richtung zu erkennen, in der er geführt wird. Man vergesse nicht, dass ein blinder, gedankenloser Gehorsam gegenüber einer Führung (wie es heute gang und gäbe ist) den Menschen möglicherweise zu einem Automaten macht, der wahllos Eindrücke aufnimmt. Sollte das die Regel und die heutigen Methoden feste Gewohnheiten werden, dann würde die Menschheit ihren höchsten göttlichen Besitz, die Freiheit, verscherzen. Wir brauchen jedoch im Augenblick nichts derartiges zu befürchten, wenn die intelligenten Männer und Frauen das Problem durchdenken. Es kommen ausserdem jetzt so viele hochentwickelte Egos zur Inkarnation, so dass die Gefahr nicht überhand [482] nehmen kann, und ferner sind so viele Jünger heute in der Welt, die ihre Stimme laut und klar erheben und für freies Wählen und intelligentes Erfassen des göttlichen Planes eintreten.

Es könnte nützlich sein, noch einmal die verschiedenen Gedankenrichtungen anzugeben, die sich mit «Führung» beschäftigen oder deren Methoden und Lehren auf die Entwicklung eines inneren wachen Hörens abzielen, die aber ausserstande sind, über die Quellen der Führung klare Angaben zu machen oder zwischen den verschiedenen Tonvibrationen, Stimmen und sogenannten inspirierten Weisungen zu unterscheiden, die zu registrieren das lauschende Ohr erst geschult werden mag.