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3. KAPITEL - DIE THEORIE DES ÄTHERKÖRPERS

3. KAPITEL

DIE THEORIE DES ÄTHERKÖRPERS

Der orientalische Psychologe beginnt mit dem, was der westliche als hypothetisch ansieht. Er legt die Betonung auf die spirituelle Natur des Menschen und glaubt, dass die physische Natur selbst das Resultat spiritueller Tätigkeit ist. Er behauptet, dass alles, was objektiv sichtbar ist, nur die äussere Manifestation innerer subjektiver Energien ist. Er betrachtet den ganzen Mechanismus des Kosmos und des Menschen als Wirkungen und glaubt, dass der Wissenschaftler sich nur mit Wirkungen befasst. Sein Standpunkt könnte folgendermassen zusammengefasst werden:

Erstens: Es gibt nichts als Energie, und sie funktioniert durch eine Substanz, die alle Formen durchdringt und in Bewegung setzt und die dem Äther der modernen Welt entspricht. Materie ist Energie oder Geist in seiner dichtesten Form, und Geist ist Materie in ihrem vergeistigtsten Aspekt.

Zweitens: Da alle Formen von diesem Äther durchdrungen werden hat jede Form eine ätherische Form oder einen Ätherkörper.

Drittens: Da das winzige Atom sowohl einen positiven Kern oder positive Kerne als auch negative Aspekte hat, gibt es in jedem Ätherkörper positive Kraftzentren inmitten negativer Substanz. Auch das Menschenwesen hat einen Ätherkörper, der positiv zum negativen physischen Körper ist, der ihn zu Tätigkeit [55] antreibt und als seine ihn zusammenhaltende Kraft wirkt, die ihn am Dasein erhält.

Viertens: Der Ätherkörper des Menschen hat sieben wesentliche Energiepunkte, durch die Energien verschiedener Typen fliessen und die seine psychische Tätigkeit hervorrufen. Diese Kernpunkte stehen mit dem Gehirn- und Rückenmarksystem in Verbindung, und die Basis dieser psychischen Tätigkeit oder der Sitz der Seelennatur liegt im Kopf. Das herrschende Prinzip ist daher im Kopf, und von diesem Zentrum aus sollte der ganze Mechanismus gelenkt und vermittels der anderen sechs Kraftzentren mit Energie erfüllt werden.

Fünftens: Nur gewisse Zentren funktionieren gegenwärtig im Menschen, und die übrigen sind im Ruhezustand. In einem vollkommenen Menschenwesen werden alle Zentren völlig funktionieren und vollkommene psychische Entfaltung und einen vollkommenen Mechanismus hervorrufen.

Diese östliche Betonung der spirituellen Energie und die westliche Betonung der Struktur oder des Mechanismus erklärt, wie wir sehen werden, die psychische Natur des Menschen vollständig, sowohl in ihrem höheren als auch in ihrem niederen Aspekt.

Um die östliche oder vitalistische Auffassung mit der westlichen oder mechanistischen Auffassung zu vereinen und somit die Kluft zwischen ihnen zu überbrücken, ist es notwendig, die Tatsache der Existenz des Ätherkörpers anzunehmen.

Das orientalische System ist schwerverständlich und verwickelt und macht eine Zusammenfassung unmöglich. Eine kurze Einführung muss jedoch unternommen werden, und daher geben wir den folgenden Umriss. Er ist unvollständig, aber wenn er einen verständlichen Überblick über das Gebiet gibt, wie kurz er auch [56] sein mag, wird er seinem Zweck dienen.

Wenn wir diesen Umriss geben, werden wir positive Erklärungen abgeben, anstatt beständig zu wiederholen: «der östliche Psychologe glaubt» oder «der Orientale behauptet» oder ähnliche Ausdrücke. Es genügt darauf hinzuweisen, dass sie dem westlichen Denken als Hypothese dargeboten werden müssen, um Versuchen unterworfen und als bewiesen erhalten oder als falsch abgelehnt zu werden.

Mit dieser Einführung gehen wir dazu über, die östliche Theorie zu umreissen.

Es gibt eine universale Substanz, die Quelle von allem, die jedoch so sublimiert, so subtil ist, dass sie wahrhaftig über das Begreifen der menschlichen Intelligenz hinausgeht. Im Vergleich mit dieser Substanz sind der zarteste Duft, der tanzende Glanz der Sonnenstrahlen, die rötliche Herrlichkeit des Sonnenunterganges grob und irdisch. Sie ist ein «Lichtgewebe», dem menschlichen Auge unsichtbar.

Das grundlegende Wort «Substanz» mit seiner Andeutung von Materialität ist eine falsche Bezeichnung. Es ist jedoch hilfreich, dieses Wort auf seine lateinische Wurzel zurückzuführen: - «sub» unter und «sto» stehen. Substanz ist also dasjenige, was unter etwas anderem steht oder ihm zugrundeliegt. Die Schreibweise oder falsche Schreibweise «sub-stans» ist vielsagender und gibt eine bessere Andeutung.

Obwohl diese universale Substanz subtil und flüchtig ist, so ist sie doch in einem anderen Sinne sogar dichter als Materie. Wenn wir uns ein Agens ausserhalb der universalen Substanz vorstellen könnten - eine Hypothese, die allen Tatsachen und Möglichkeiten widerspricht - und wenn ein solches äusseres Agens versuchen würde, die universale Substanz zusammenzupressen [57] oder auf irgendeine andere Weise von aussen her auf sie einzuwirken, dann würde Substanz sich als dichter als irgendein anderes bekanntes Material erweisen.

Der Substanz innewohnend und ein beständiges Gegenstück von ihr ist Leben, unaufhörliches Leben. Leben und Substanz sind ein und dasselbe, ein für alle Mal untrennbar, jedoch verschiedene Aspekte der einen Realität. Leben ist wie positive Elektrizität, Substanz negative. Leben ist dynamisch, Substanz statisch. Leben ist Tätigkeit oder Geist und Substanz ist Form oder Materie. Leben ist der Vater und erzeugt, Substanz ist die Mutter und empfängt.

Zu diesen beiden Aspekten des Lebens und der Substanz wird noch ein dritter hinzugefügt. Leben ist theoretische oder potentielle Tätigkeit und bedarf eines Wirkungsbereiches. Substanz liefert dies, und durch die Vereinigung von Leben und Substanz entflammt fortan aktive Energie.

Wir haben somit eine einzige Realität, universelle Substanz; - aber gleichzeitig eine zugleich existierende Dualität - Leben und Substanz, und gleichzeitig eine zugleich existierende Dreiheit: Leben, Substanz und das sich daraus ergebende Wechselspiel, das wir Bewusstsein oder Seele nennen.

Die ganze manifestierte Welt entsteht durch Energie (und die gleichzeitig bestehenden Faktoren Substanz und Bewusstsein). Alles Sichtbare, vom kleinsten Sandkorn bis zum weitesten Bogen des Sternenhimmels, von einem afrikanischen Wilden bis zu einem Buddha oder einem Christus, alle sind Erzeugnisse von Energie. Materie ist Energie in ihrer dichtesten und niedrigsten Form; Geist ist dieselbe Energie in ihrer höchsten und subtilsten Form. Materie ist somit der herabsteigende und sich erniedrigende Geist; Geist ist dagegen emporsteigender und verherrlichter Stoff.

[58]

Um sich zu verdichten, nimmt Energie sieben Grade oder Ebenen an oder steigt in sie herab. Der Mensch dient als Beispiel für drei. Er hat seinen physischen Körper, seinen Gefühlsmechanismus und seinen Mentalkörper und funktioniert infolgedessen auf drei Ebenen oder ist auf drei Ebenen wach, auf der physischen, emotionellen und der mentalen. Er steht auf der Schwelle des Erkennens eines vierten und höheren Faktors, der Seele, des Ich's, und wird demnächst zu dieser Realisation erwachen. Die drei höheren Ebenen bedürfen in dieser einfachen Besprechung keiner Erläuterung.

Zusätzlich zu diesen sieben Ebenen hat jede Ebene sieben Unterebenen. Wir werden nur die sieben Unterebenen der niedrigsten oder physischen Ebene besprechen.

Drei Unterebenen der physischen sind jedem Schulkind bekannt - die feste, flüssige und gasförmige, z.B. Eis, Wasser und Dampf. Zusätzlich gibt es vier subtilere Ebenen oder vielmehr vier verschiedene Arten von Äther. Diese vier existieren gemeinsam mit jeder der drei gut bekannten Unterebenen und durchdringen sie.

Der physische Körper des Menschen ist keine Ausnahme. Auch er hat sein ätherisches Gegenstück, seinen Ätherkörper. Dieser ist positiv, während der dichte physische Körper negativ ist. Der Ätherkörper ist der bindende Faktor und erhält den physischen Körper am Leben und im Dasein.

Das ätherische Gegenstück besteht aus der universalen Substanz, universalem Leben und universaler Energie, ob es sich nun um einen Menschen oder um irgendeinen anderen physischen Gegenstand handelt. Es hat an ihnen allen teil. Aber es ist weder selbsterhaltend noch existiert es unabhängig. Es schöpft vom Reservoir [59] universaler Energie, und in ihm lebt und bewegt sich und existiert das ätherische Gegenstück. Energie funktioniert somit durch das Ätherische.

Dies gilt auch für den Menschen. Die universale Energie funktioniert durch seinen Ätherkörper. Und da der Mensch auf sieben Ebenen existiert, hat auch der Ätherkörper sieben Kontaktpunkte mit Energie, - da jedoch nur drei Ebenen aktiv sind und vier schlummern, sind auch nur drei Kraftzentren voll entwickelt und vier bis jetzt unentwickelt. Hierüber später mehr.

Wenn man die beiden Richtungen in Einklang bringen will, erhebt sich naturgemäss die Frage, ob die westliche Wissenschaft die östliche Theorie bestätigt.

Kein geringerer Wissenschaftler als Isaac Newton nimmt den universalen vermittelnden Träger Äther als selbstverständlich an. Im letzten Abschnitt seiner Principia sagt er:

«Und nun könnten wir noch etwas hinzufügen, was einen gewissen höchst subtilen Geist betrifft, der alle groben Körper durchdringt und in ihnen verborgen liegt; durch die Kraft und Tätigkeit dieses Geistes ziehen die Elementarteilchen der Körper einander auf nahe Entfernung an, und bleiben beieinander; und elektrische Körper operieren in grösseren Entfernungen und stossen die benachbarten Teilchen sowohl ab und ziehen sie auch an, und Licht wird freigesetzt, reflektiert, gebrochen, aufgenommen und erwärmt Körper; und alle Gefühlswahrnehmungen werden erregt, und die Glieder von tierischen Körpern bewegen sich auf Befehl des Willens, nämlich durch die Schwingungen dieses Geistes, die gemeinsam die festen Firmamente der Nerven entlang von den äusseren Sinnesorganen zum Gehirn und vom Gehirn zu den Muskeln fortgepflanzt werden. Aber dies sind Dinge, die nicht in ein paar Worten erklärt werden können, noch besitzen wir jene hinreichende Menge von Experimenten, die für eine genaue Bestimmung und Beschreibung der Gesetze, nach denen dieser elektrische [60] und elastische Geist operiert, erforderlich ist.» (Burtt, E. A.: Metaphysical Foundations of Modern Physical Science (Metaphysische Grundlagen moderner physikalischer Wissenschaft), S. 275)
 

Aus dem Obigen kann somit gefolgert werden, dass Newton die Tatsachen des Ätherkörpers anerkannte, der allen Formen, einschliesslich der menschlichen, zugrundeliegt.

Da Newton weder diesem Jahrhundert noch dem vorhergehenden angehört, wollen wir uns an eine moderne Ausgabe (1926) der Encyclopaedia Britannia wenden. Die folgende Erörterung ist unter dem Titel «Äther» gegeben worden.

«Ob Raum eine blosse geometrische Abstraktion ist oder ob er definitive physische Eigentümlichkeiten besitzt, die erforscht werden können, ist eine Frage, die oft in der einen oder anderen Form debattiert worden ist. Was die Bereiche betrifft, die von der Materie eingenommen werden, nämlich von einer Substanz, welche sich an die Sinne wendet, haben niemals Zweifel bestanden. Man könnte sagen, dass die ganze Wissenschaft eine Erforschung der Eigentümlichkeiten der Materie ist. Aber von Zeit zu Zeit ist die Aufmerksamkeit auf die dazwischenliegenden Teile des Raumes gelenkt worden, in denen keine wahrnehmbare Materie vorhanden ist. Und auch diese haben physikalische Eigenschaften, deren vollständige Erforschung kaum begonnen hat.

Diese physikalischen Eigenschaften wirken nicht direkt auf die Sinne ein und sind daher verhältnismässig unbekannt, doch es besteht heute kein Zweifel über ihre Existenz; selbst unter denjenigen, welche es noch vorziehen, den Ausdruck Raum zu gebrauchen. Aber ein Raum, der mit physikalischen Eigenschaften ausgestattet ist, ist mehr als eine geometrische Abstraktion und wird am geeignetsten als eine substantielle Realität angesehen, für die daher irgendein anderer Name angemessen ist. Der Ausdruck, der gebraucht wird, ist unwichtig, jedoch vor langem wurde der Begriff Äther erfunden; er wurde von Isaac Newton angenommen und [61] ist gut genug für uns. Der Begriff Äther bedeutet daher eine echte Wesenheit, die den ganzen Raum erfüllt, ohne irgendeine Lücke oder Höhle, die eine allgegenwärtige physische Realität, und es besteht eine zunehmende Neigung zu erkennen, dass alles im materiellen Universum daraus besteht, und dass die Materie selbst aller Wahrscheinlichkeit nach eine ihrer Modifikationen ist.

Somit ist ein Äther notwendig zum Zweck der Übertragung dessen, was Anziehungskraft zwischen einem Materieteil und dem anderen genannt wird und für den noch wichtigeren und universalen Zweck, Strahlungswellen zwischen einem Teil der Materie und einem anderen zu übertragen, wie klein und entfernt sie auch sein mögen. ...

Die Eigenschaften des Äthers können wahrscheinlich nicht in Begriffen von Materie ausgedrückt werden; aber da wir keinen besseren Anhaltspunkt haben, müssen wir auf dem Weg der Analogie vorgehen, und wir mögen apologetisch von der Elastizität und dichte des Äthers sprechen, wie er Dinge darstellt, die, wenn es Materie wäre, mit solchen Namen bezeichnet werden würden. Was diese Begriffe wirklich ausdrücken, haben wir noch nicht ergründet, wenn aber atomische Materie eine Struktur des Äthers ist, was heute als sehr wahrscheinlich angesehen wird, haben wir allen Grund dafür, zu sagen, dass der Äther in einem gewissen Sinn viel dichter als irgendeine bekannte materielle Struktur sein muss. ...

Materie ist daher vergleichsweise eine leichte Struktur, die in einem sehr substantiellen Träger existiert. ...» (Encyclopaedia Britannica, 13. Ausgabe, Abschnitt: Äther).

Diese Ansichten werden von anderen Wissenschaftlern weiter ausgeführt. Wie Burtt zitiert, schrieb Henry More, der Platoforscher aus Cambridge, im 17. Jahrhundert:

«Wie wäre es möglich, frage ich, selbst wenn es eines Philosophen unwürdig ist, einen Philosophen zu befragen, wenn es in der Natur nicht eine immaterielle Substanz gäbe, die, während sie einen Körper mit allen Qualitäten des Körpers beeindrucken kann oder wenigstens [62] mit den meisten von ihnen, wie Bewegung, Gestalt, Lage von Bestandteilen etc. ... und weiterhin imstande sein würde, da es fast sicher ist, dass diese Substanz Körper versetzt und aufhält, dasjenige hinzuzufügen, was eine solche Bewegung mit sich bringt, nämlich zu vereinen, teilen, zerstreuen, verbinden, kleine Teilchen zu bilden, den Formen Befehle zu erteilen, diejenigen, die dazu geneigt sind in kreisförmige Bewegung zu setzen oder sie auf irgendeine Weise zu bewegen, ihre kreisförmige Bewegung anzuhalten und ähnliche weitere Dinge mit ihnen zu tun, die notwendig sind, um deren Prinzipien entsprechend, Licht, Farbe und die anderen Gegenstände der Sinne hervorzurufen. ... Schliesslich, da immaterielle Substanz die wunderbare Fähigkeit hat, Materie in Zusammenhang zu bringen oder zu zerstreuen, sie zu kombinieren, zu teilen, auszustossen und gleichzeitig Kontrolle über sie aufrecht zu erhalten, durch blosse Anwendung ihrer selbst, ohne Bande, ohne Haken, ohne Projektionen oder andere Instrumente; scheint es nicht wahrscheinlich, dass sie wieder in sich selbst eintreten kann, da keine Undurchdringlichkeit besteht, dies zu vereiteln, und sich wieder auszudehnen und dergleichen.

In seiner Diskussion über Henry More fährt Burtt fort:

«An dieser Stelle erweitert More sein Argument von der Schlussfolgerung einer immateriellen Substanz in den Menschen zu der Annahme einer ähnlichen und noch grösseren immateriellen Substanz in der Natur als Ganzes, denn er war davon überzeugt, dass die Tatsachen der Wissenschaft zeigten, dass die Natur keine einfachere Maschine ist als ein Mensch.» (Burtt. E. A.: a. a. O., S. 131-132)

Robert Boyle, der ebenfalls im 17. Jahrhundert schrieb, drückte dieselbe Behauptung aus und schrieb dem Äther zwei Funktionen zu, nämlich, dass er durch aufeinanderfolgende Anstösse Bewegung [63] hervorrufe, und dass er ein Mittel sei, durch das seltsame Erscheinungen auftreten, wie beispielsweise Magnetismus. Boyle sagte:

«Die Verteidiger der Ansicht, dass eine solche Substanz im Universum vorhanden sein mag, werden dies wahrscheinlich durch mehrere der Phänomene beweisen, die ich hier berichten werde; ob jedoch in der Welt irgendeine Substanz vorhanden ist, die den Beschreibungen, die sie über ihre ersten und zweiten Elemente abgeben, genau entspricht oder nicht, werde ich hier nicht besprechen, obgleich verschiedene Experimente zu beweisen scheinen, dass es eine ätherische Substanz gibt, die sehr subtil und nicht wenig verbreitet ist.» (Burtt, E. A.: a. a. O., S. 182, 183)

Um wieder zu modernen Zeiten zurückzukehren, sagte William Barrett:

«Das Universum bietet uns eine Ansammlung von Phänomenen - physikalischen - vitalen und intellektuellen, - wobei das verbindende Glied zwischen der Welt des Intellekts und derjenigen der Materie organisierte Vitalität ist, die den ganzen Bereich des Tier- und Pflanzenlebens erfüllt, in denen auf eine für uns unerklärliche Weise Bewegungen unter den Molekülen der Materie ihren Ursprung haben, solcherart, als würden sie scheinbar unter die Kontrolle eines Mittlers gebracht, der nicht physisch ist und die gewöhnlichen Gesetze, welche die Bewegungen lebloser Substanz regulieren, aufhebt - oder in anderen Worten, dass Bewegungen veranlasst werden, die nicht das Resultat der Tätigkeit jener davon unbeeinflussten Gesetze sein würden, und die daher auf Grund desselben Prinzips den Ursprung von Kraft implizieren.» (Barrett, W.: On the Threshold of the Unseen (An der Schwelle des Unsichtbaren), S. 274)

Die östliche Lehre betrachtet den vitalen Körper als Mittler zwischen dem physischen und dem intellektuellen Körper: er wirkt [64] als Werkzeug des Denkaspektes in einem Menschen und des universalen Denkaspektes in einem Sonnensystem, und es ist interessant in diesem Zusammenhang, Barretts dreifache Aufzählung des «Physischen, Vitalen und Intellektuellen» zu bemerken.

Oliver Lodge ist in Angelegenheiten der reinen Wissenschaften erstrangig in diesem Zeitalter, obgleich er oft wegen seiner Ansichten hinsichtlich Verbindung zwischen den Lebenden und den Toten kritisiert wird. Er sagt:

«Was sollen wir über den Äther sagen, der die Atome zusammenhält, den vereinigenden Äther, der für die charakteristische Struktur eines Körpers erforderlich ist - der ebenso wesentlich ist wie die Materie selbst?

Wir befassen uns gewöhnlich nicht mit dem ätherischen Aspekt eines Körpers; wir haben keine Sinnesorgane, um ihn wahrzunehmen, wir nehmen nur die Materie direkt wahr. Die Materie nehmen wir als junge Kinder deutlich wahr, aber wenn wir aufwachsen, setzen wir auch den Äther voraus oder einige von uns tun dies. Wir wissen, dass ein Körper von charakteristischer Form, oder tatsächlich von irgendeiner definitiven Form, nicht ohne die Kräfte der Kohäsion existieren kann - dass er daher nicht ohne den Äther existieren kann, wobei wir unter Äther nun nicht das Ganze, sondern den nicht materialisierten Teil desselben meinen, den Teil, der das Gebiet der Anspannung, der Behälter potentieller Energie ist, die Substanz, in der die Atome der Materie eingeschlossen sind. Es gibt nicht nur einen materiellen Körper, sondern auch einen Ätherkörper: die beiden existieren gleichzeitig. (Lodge, O.: Ether and Reality (Äther und Wirklichkeit), S. 161, 162)

Er nimmt denselben Gegenstand nochmals in einem Artikel auf, der in «The Hibbert Journal» erschien und einige höchst interessante und vielsagende Schlussfolgerungen bietet, die folgendermassen lauten:

«Licht ist ein Gemütszustand des Äthers. Licht verhält sich zu Äther wie Ton zur Materie. ... Äther fängt gerade an, seinen rechtmässigen Platz im Schema der Physik einzunehmen, denn er ist allen Gesetzen von Zeit und Raum unterworfen, völlig von den [65] Gesetzen der Energie abhängig, er ist grösstenteils die Quelle terrestrischer Energie, beherrscht alle Manifestationen physischer Kräfte, liegt der Elastizität und der Zähigkeit und jeder anderen statischen Eigenschaft der Materie zugrunde.

Elektrische Ladungen, die aus modifiziertem Äther bestehen, werden sich wahrscheinlich als das kosmische Baumaterial erweisen. ... Wir haben die grosse Masse undifferenzierten Äthers, die Wesenheit, die den ganzen Raum erfüllt und in der sich alles Materielle ereignet. Eine Dualität durchläuft das Schema der Physik - Materie und Äther.

Alle kinetische Energie gehört zu dem, was wir Materie nennen, sowohl in ihrer atomischen als auch ihrer korpuskularen Form; Bewegung oder Fortbewegung ist ihre charakteristische Eigenschaft. Alle statische Energie gehört zum Äther; dem unmodifizierten und universalen Äther; seine charakteristischen Eigenschaften sind Druck und Anspannung. Energie fliesst beständig von einem zum anderen - vom Äther zur Materie und umgekehrt -und alle Arbeit erfolgt in diesem Übergang.

Die Wahrscheinlichkeit besteht also, dass jeder wahrnehmbare Gegenstand sowohl ein materielles als auch ein ätherisches Gegenstück hat. Wir nehmen nur eine Seite bewusst wahr, die andere müssen wir folgern. Aber die Schwierigkeit, diese andere Seite wahrzunehmen - die Notwendigkeit für indirekte Folgerung - hängt naturgemäss gänzlich von der Natur unserer Sinnesorgane ab, die uns über Materie berichten, und uns nichts über den Äther sagen. Und doch ist das eine ebenso real und substantiell wie das andere, und ihre fundamentale gemeinsame Qualität ist Koexistenz und Wechselwirkung. Die Wechselwirkung besteht nicht überall und nicht immer, denn es gibt viele Regionen ohne Materie - obgleich es keine Region ohne Äther gibt; aber die Möglichkeit der Wechselwirkung und häufig ihre bemerkenswerte Realität herrscht überall und stellt das Ganze unserer rein irdischen Erfahrung dar.»

[66]

In einer ergänzenden Anmerkung zu dem Artikel sagt er:

«Äther gehört zum physischen Gerüst der Dinge, niemand nimmt an, dass er eine psychische Wesenheit ist; aber wahrscheinlich dient er, ebenso wie die Materie, psychischen Zwecken. Tait und Balfour Stewart vermuteten bereits im Jahr 1875 eine psychische Bedeutung des Äthers des Raumes und behandelten ihn von einem religiösen Gesichtspunkt aus in jenem viel kritisierten Buch «The Unseen Universe» (Das unsichtbare Universum). Und jener grosse mathematische Physiker James Clerk Maxwell schloss seinen Artikel «Äther» in der neunten Ausgabe der Encyclopaedia Britannica mit einem Glaubensbekenntnis zwar nicht in bezug auf diese Spekulation, bei der er grosse Vorsicht bekundete, sondern auf die wirkliche Existenz eines übersinnlichen universalen verbindenden Mittlers und die Wahrscheinlichkeit, dass er viele unvermutete Funktionen habe.» (Lodge, O.: Ether, Matter and the Soul (Äther, Materie und die Seele), Hibbert Journal, Januar 1919)

Sajous, Professor der Hormonforschung an der Universität von Pennsylvania, verteidigt seinen Glauben an diesen universalen Mittler folgendermassen:

«Es scheint klar, dass die Notwendigkeit eines primären intelligenten und ko-ordinierenden schöpferischen Mittlers wie der Äther sich allerseits geltend macht. ...

Der Äther erfüllt, so wie er von Wissenschaftlern ausgelegt wird, alle diese Bedingungen und ist der einzige Mittler, welcher der Wissenschaft bekannt ist, der dazu fähig ist. Er ist unsichtbar, durchdringt alle Materie und erfüllt den ganzen Raum durch Wellenbewegung, ohne Grenzen im Universum. Er bietet der Strahlungsenergie praktisch keinen Widerstand, selbst nicht dem Licht der Sonne und der am weitesten entfernten entdeckten Sterne. Er ist der Mittler, der Radiowellen und die Wellen der drahtlosen Telegraphie, Becquerelstrahlen, X- oder Röntgenstrahlen etc. übermittelt.

[67]

Der Äther ist im Raum und auf der Erde mit schöpferischer Kraft begabt. ... Der Äther des Raumes baut daher Sonnensysteme, ebenso wie die Materie, durch harmonische Vereinigung und Intelligenz und begabt alle chemischen Elemente, die er bildet, mit den Eigenschaften, von denen bekannt ist, dass sie diese besitzen. ...» (Sajous, Chas. E. de M.: Strength of Religion as Shown by Science (Die Kraft der Religion, wie sie von der Wissenschaft gezeigt wird), S. 152, 153)

Joad von der Universität Oxford schildert uns die Tätigkeit dieser vitalen Kraft oder die «Lebendigkeit», die Materie belebt, und zeigt die Beziehung zwischen Leben und Form. Er nähert sich in der Tat der östlichen Theorie des ätherischen Gegenstückes und der Energie, die durch dasselbe funktioniert.

«Die Lebenskraft. Nehmen wir an, dass das Universum zunächst rein materiell war. Es war Chaos, Erstarrung und Öde, hatte weder Energie noch Zweck und Ziel und war ohne Leben. In dieses anorganische Universum wird von einer unerklärten Quelle in einem gewissen Stadium ein Lebensprozess eingeführt, und mit Leben meine ich etwas, was sich nicht in Begriffen von Materie ausdrücken lässt. Zunächst blind und strauchelnd, ein rein instinktiver Anstoss oder eine Schwingung, sucht es sich dadurch auszudrücken, dass es danach ringt, einen immer höheren Bewusstseinsgrad zu erlangen. Wir mögen uns vorstellen, dass die schliessliche Zielsetzung der Lebenskraft das Erlangen eines vollständigen und universalen Bewusstseins ist, ein Resultat, das nur durch die Durchdringung des ganzen Universums mit Leben und Energie erlangt werden kann, so dass dasjenige, was als eine Welt der «Materie beginnt, als eine Welt des «Denkens» oder des «Geistes» enden mag. Mit diesem Ziel arbeitet die Lebenskraft in der Materie und durch dieselbe, indem sie die Materie mit ihrem eigenen Energie- und Lebensprinzip erfüllt und durchdringt. Der auf diese Weise erfüllten Materie geben wir den Namen eines lebendigen Organismus. Lebendige Organismen müssen im Licht [68] der Werkzeuge oder Waffen angesehen werden, welche die Lebenskraft erschafft, um ihr zur Erreichung ihres Zieles zu helfen. Wie das Universum selbst, wird jeder lebende Organismus von einem Substrat der Materie gebildet, das durch das Leben belebt worden ist, ähnlich wie ein Stück Draht mit einem elektrischen Strom geladen werden kann. Es ist ein Lebensstrom, der in einem Teil der Materie isoliert worden ist.

Die Lebenskraft ist weit davon entfernt, allmächtig zu sein. Sie wird durch den Stoff, den sie zu besiegen sucht, begrenzt, und ihre Methoden sind experimental und wechseln je nach dem Entwicklungsstadium, das ihr in den Wesen der Organismen, die es erschaffen hat, zu erreichen gelungen ist. Verschiedene Typen von Wesenheiten dienen ihren Zwecken in verschiedenen Stadien bestens.» (Joad, C. E. M.: Mind and Matter (Denken und Materie), S. 178, 179)

Will Durant, zweifellos der am meisten gelesene und beliebteste Verfasser von philosophischen Schriften, sagt:

«Je mehr wir die Materie studieren, um so weniger sehen wir sie als fundamental an, um so mehr erkennen wir sie als die blosse Äusserlichkeit von Energie, ebenso wie unser Fleisch das äussere Zeichen von Leben und Denken ist. ... Im Herzen der Materie ist etwas, was nicht stofflich ist, was ihr Form und Macht verleiht, was seine eigene Spontanität und sein eigenes Leben besitzt; und diese subtile, verborgene und doch stets offenbarte Vitalität ist die letzte Essenz von allem, was wir kennen. ... Das Leben kommt zuerst und ist im Inneren; die Materie, gleichaltrig mit ihm in bezug auf Zeit und unentwirrbar von ihm im Raum, steht in Essenz, in Logik und Bedeutung an zweiter Stelle, die Materie ist die Form und Sichtbarkeit des Lebens. ...

Das Leben ist keine Funktion der Form, die Form ist ein Produkt des Lebens. Das Gewicht und die Solidität der Materie sind Resultat und Ausdruck von intraatomischer Energie, und jeder Muskel oder Nerv im Körper ist das geformte Instrument des Verlangens.» (Durant, W.: Mansions of Philosophy (Gebäude der Philosophie), S. 66, 67, 80, 81)

[69]

Diese Bücher und Wissenschaftler zeigen, dass die östliche Lehre über einen Ätherkörper, den Mittler einer vitalen Kraft, von Energie oder Leben, kein leerer Traum mystisch ausgerichteter Menschen ist, sondern seitens vieler praktisch gesinnter westlicher Forscher als Tatsache in der Natur angesehen wird.

Um unsere Ideen zusammenzufassen, könnten wir sie folgendermassen formulieren:

Hinter dem objektiven Körper liegt eine subjektive Form, die aus ätherischem Stoff besteht und als Leiter des Lebensprinzips, der Energie oder des Pranas wirkt. Dieses Lebensprinzip ist der Kraftaspekt der Seele, und vermittels des Ätherkörpers belebt die Seele die Form, gibt ihr ihre speziellen Qualitäten und Eigenarten, beeindruckt sie mit ihren Wünschen und lenkt sie schliesslich durch die Tätigkeit des Denkaspektes. Vermittels des Gehirns regt die Seele den Körper zu bewusster Tätigkeit an, und vermittels des Herzens werden alle Teile des Körpers mit Leben durchdrungen.

Diese Theorie stimmt eng mit der animistischen Theorie des Westens überein und wird später definiert werden. Der Ausdruck Animismus war bis jetzt hinreichend, es ist aber wahrscheinlich, dass das Wort «Dynamismus» infolge der Entwicklungen, die innerhalb des menschlichen Bewusstseins selbst stattfinden, an seine Stelle treten wird. Da der Mensch nun ein gänzlich selbstbewusstes Wesen und die Persönlichkeit jetzt integriert ist und funktioniert, ist die Zeit gekommen, wo er zum ersten Mal bewusste Zielsetzung und lenkenden Willen demonstrieren kann.

Die drei Zustände der Natur des Menschen, auf die am Anfang dieses Kapitels Bezug genommen wurde, - physisch, empfindend [70] und mental, - bilden zum ersten Mal in der Geschichte der Rasse eine gleichgeschaltete Einheit. Das lenkende Ich kann daher jetzt die Kontrolle übernehmen und sein Instrument durch den Denkaspekt, der auf den vitalen oder Ätherkörper einwirkt und seinen Kontaktpunkt im Gehirn hat, zu gänzlich kontrolliertem Ausdruck und darauf folgender schöpferischer Tätigkeit antreiben. Auf diese Weise wird das in Erscheinung treten, was Graf Keyserling das «Tiefere Sein» nennt. Er sagt:

«Die nächste Frage ist, ob und wie sich tieferes Sein heranbilden lässt. Sein, im Gegensatz zum Können, bedeutet Beseeltheit des äusseren Lebensausdrucks vom Wesenszentrum her; dies besagt, dass im Fall des «Seienden» alle Äusserungen persönlich durchdrungen sind, dass also die Persönlichkeit überall hindurchspricht und letztlich verantwortet. Solche Durchdringung ist nun tatsächlich, wo sie nicht vorliegt, zu bewirken. Dies kann dank dem gelingen, dass der Mensch als geistig-seelisches Wesen ein Sinneszusammenhang ist, innerhalb dessen sein Bewusstsein sich frei bewegt. Es steht ihm frei, den Nachdruck dorthin zu verlegen, wohin er nur will; je nachdem, welcher «Ort» auf diese Weise betont wird, zentriert sich der psychische Organismus tatsächlich um, hat dieser tatsächlich einen anderen Mittelpunkt. Deshalb ist es, wenn theoretische Einsicht erweist, dass es von der Zentrierung des Bewusstseins abhängt, ob der Mensch seinen Mittelpunkt in seinem Wesen oder an der Oberfläche hat, grundsätzlich auch praktisch möglich, die erforderliche Umzentrierung einzuleiten. Deshalb kann es grundsätzlich jedem gelingen, seinen Ausdruck zum Seinsausdruck zu erheben; dazu braucht er nur den Akzent in sich dauernd aufs Sein zu legen, nur dauernd von sich zu verlangen, dass nichts von ihm ausgeht, was ihm nicht durchaus entspricht. Gewiss ist die Aufgabe schwierig. Ihre Lösung geht nicht allein sehr langsam vor sich, sie bedarf einer besonderen Erziehungstechnik.» (Keyserling, Graf H.: Schöpferische Erkenntnis, S. 192-193)

Die Möglichkeit [71] des Menschen, als Seele, als Synthese des Mechanismus, des Lebens und Zieles zu funktionieren, wird meiner Meinung nach ausserordentlich beschleunigt werden, wenn die östliche und die westliche Psychologie miteinander verschmolzen werden und die Beziehung der Drüsen zum vitalen Körper mit seinen Kraftzentren studiert und begriffen wird. Hocking kommt in diesem Zusammenhang zu dieser Schlussfolgerung:

«Es scheint Grund dafür vorhanden zu sein, mit Hilfe einer vernünftigen mentalen Hygiene auf eine bessere physische Zukunft der Rasse zu hoffen. Nachdem das Zeitalter der Scharlatane vorüber ist und bis zu einem gewissen Grad durch ihre Hilfe, erscheint eine Möglichkeit, die Selbstbeherrschung zu vergrössern, wenn der spirituelle Sinn einer solchen Disziplin wie des Yoga mit den gemässigten Elementen der westlichen Psychologie und einem gesunden ethischen System vereinigt wird. Keines von diesen taugt viel ohne die anderen.» (Hocking, W. E.: Self, Its Body and Freedom, S. 75)

Zwei Punkte verdienen eine Diskussion, ehe wir zu einem ins einzelne gehenden Bericht über die östliche Lehre hinsichtlich der Kraftzentren übergehen. Einer ist eine Betrachtung hinsichtlich der Natur der Seele, und der andere ist ein Versuch, das Zeugnis der Jahrhunderte in bezug auf den wahrscheinlichen Sitz des Seelenbewusstseins zu betrachten.

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