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I. EINIGE DEFINITIONEN DER ESOTERIK

Die Worte «esoterisch» und «okkult» bedeuten «verborgen»; sie deuten auf das, was hinter der äusseren Erscheinung liegt, auf die Ursachen, welche Erscheinungen und Wirkungen hervorrufen; sie beziehen sich auf die feinere Welt von Energien und Kräften, die sich hinter allen äusseren Formen verschleiern und verbergen. Sie deuten auf das, was erkannt werden muss, ehe sich das Bewusstsein des Eingeweihten entwickelt.

In der Vergangenheit wurde Wert auf subjektive, aber dennoch materielle Kräfte gelegt (die im Menschen verborgen liegen) und oft auf psychische Fähigkeiten wie Hellsehen und Hellhören, Fähigkeiten, die der Mensch mit den Tieren gemein hat. Physischer Reinheit wurde ebenfalls von den alten Schulen enorme Bedeutung beigemessen, d.h. Reinigung der Formen, in denen und durch welche die Seele sich auswirken soll. Eine derartige Reinigung ist nicht wesentlich esoterisch und kein Zeichen von esoterischer oder geistiger Entwicklung. Sie ist lediglich eine notwendige Vorarbeit. Bis diese Reinigung stattgefunden hat, sind Arbeiten höherer Art unmöglich. Physische Disziplinen sind nötig und nützlich, sie haben daher ihren Platz in allen Schulen für Anfänger. Mit ihrer Hilfe gewöhnt sich der Novize an Reinheit und baut einen Körper auf, den er später braucht, wenn er wahrhaft esoterische Arbeit unternimmt.

Diese Elementarausbildung ermöglicht es dem Novizen, sein Bewusstseinszentrum aus der greifbaren Welt täglichen Lebens heraus in die feineren Welten seiner Persönlichkeitskräfte zu verpflanzen. Er beginnt dann, die Energien zu erkennen, mit denen er zu tun hat und erfasst dunkel den dahinterliegenden Sinn - die Seele in ihrer eigenen Welt, das Reich Gottes.

Die neuen Schulen befassen sich mit Werten, die mehr esoterisch sind. Sie lehren ihren Jüngern, als Seelen in drei Erscheinungswelten zu arbeiten und bereiten sie darauf vor, als verpflichtete Jünger in der Gruppe eines Meisters mitzuwirken. Die meisten Schulen alter Ordnung haben das Stadium übersehen, in dem die Persönlichkeit abgerundet wird sowie die Schulung des Anfängers in der Erforschung des Lebens in den drei Erscheinungswelten. Anstatt dessen, haben sie dem Anfänger die verführerische Aussicht auf Kontakt mit dem Meister oder des Meisters Gruppe vorgehalten, und das, ehe er eine abgerundete Persönlichkeit war, ehe er wirklich die Bezeichnung «intelligent» verdiente und ehe er Seelenkontakt hatte. Der Akzent lag und liegt heute noch auf Ergebenheit - Ergebenheit gegenüber dem Lehrer der Gruppe, gegenüber den von ihm verkündeten Wahrheiten, gegenüber dem Meister und auf fester Entschlossenheit, den Titel «Jünger» zu verdienen, um dann eines Tages sagen zu können: «Ich kenne diesen oder jenen Meister». Dabei macht man dem Anfänger nicht genügend klar, was Jüngerschaft bedeutet und welche Verantwortung damit verbunden ist. Die neuen, jetzt im Entstehen begriffenen Schulen, geben ihren Schülern ein ganz anderes Bild und verfolgen ganz andere Ausbildungsmethoden.

1. Eine esoterische Schule lehrt das Verhältnis zwischen der Seele oder dem geistigen Menschen und der Persönlichkeit. Seelenkontakt wird damit zum ersten Ziel des Schülers. Er lernt sich selbst kennen und ist bestrebt, als bewusste Seele und nicht lediglich als tätige Persönlichkeit zu funktionieren. Er erwirbt technisches Verständnis der Konstitution seiner niederen Natur, die er dann zu beherrschen und zu lenken lernt und durch die er das Licht, die Liebe und die Kraft der Seele hindurchströmen lässt. Durch Einstellung, Konzentration und Meditation errichtet er eine dauernde Verbindungslinie mit seinem inneren, geistigen Wesen und ist somit im Begriff, ein nützlicher Diener der Menschheit zu werden.

2. Durch eine esoterische Schule wird der Wirkungsbereich der inneren Gruppe, oder des Ashrams eines Meisters auf die physische Aussenwelt ausgedehnt. Gleichwie der einzelne Jünger sich als Werkzeug seiner Seele zu betrachten lernt, ist die wahre esoterische Schule ein Vorposten einer subjektiven, geistigen Gruppe oder Ashrams, vom Meister gelenkt und beeindruckt, in derselben Weise, wie der Jünger von seiner Seele. Eine solche Gruppe steht demnach in direkter Verbindung mit der Hierarchie.

3. Eine wahre esoterische Schule dient auf vier verschiedenen Gebieten der Erfahrung und gibt dem einzelnen Jünger Gelegenheit, all seine innere Ausrüstung voll anzuwenden. In den wahren, geistigen, von Meistern anerkannten Schulen lehrt man Dienst an der Menschheit, aber nicht die Notwendigkeit, dass jeder Jünger mit einem Meister in persönlicher Verbindung stehen muss, wie das die meisten esoterischen Schulen alter Ordnung taten. Verbindung mit dem Meister hängt von dem Ausmass und der Qualität des Dienstes ab, den der Jünger seinen Mitmenschen leistet. Dieser Punkt wird oft von den Lehrern übersehen, die den Akzent auf den persönlichen Fortschritt des Einzelwesens legen. Die im Entstehen begriffenen Schulen beschäftigen sich mit der Ausbildung von Menschen, die dem Bedürfnis der Welt entsprechend geistig dienen können, und zwar auf den folgenden vier Gebieten bewusster Tätigkeit:

a. In der Aussenwelt. Man erwartet vom Jünger, dass er ein normales, nützliches, wirksames und geistiges Leben in der Welt des Alltags führt.

b. In der Kausalwelt. Dem Jünger wird der tiefere Sinn erklärt, der hinter äusseren Ereignissen im Leben des einzelnen und der Welt verborgen ist. Er lernt dadurch Geschehnisse zu deuten und ein Licht-Träger zu sein.

c. In der Seelen-Welt. Der Jünger wird dadurch zum Werkzeug göttlicher Liebe, denn das Wesen der Seele ist Liebe. Er inspiriert und er heilt.

d. Im Ashram des Meisters. Man lehrt ihn, am hierarchischen Plan mitzuarbeiten, den man ihm allmählich enthüllt und lehrt ihn den Gebrauch von Energien, welche Welt-Ereignisse hervorrufen. So verwirklicht er die Pläne der inneren Gruppe, zu der er gehört. Unter der Inspiration des Meisters und seiner Gefolgschaft von Jüngern und Eingeweihten bringt er der Menschheit gewisse Kunde von der Hierarchie.

4. Eine esoterische Schule bildet den Jünger in der Gruppenarbeit aus. Er lernt auf Persönlichkeitspläne im Interesse von Gruppenzielen zu verzichten - stets steht er im Dienst der Menschheit und der Hierarchie. Obwohl er seine individuelle und besondere Identität beibehält, geht er ganz auf in der Tätigkeit der Gruppe, leistet er seinen Beitrag zur Verwirklichung des Planes, unbeeinflusst von irgendwelchen Rücksichten auf das eigene, separate Selbst.

5. Eine esoterische Schule gründet sich nicht auf Autorität oder auf den Anspruch eines Lehrers auf Anerkennung und Gehorsam. Sie gründet sich nicht auf die Behauptung einer im allgemeinen unbedeutenden Person, Eingeweihter, die deshalb die Auffassung vertreten, berechtigt zu sein, mit dogmatischem Nachdruck zu dozieren. Die einzige anerkannte Autorität ist die Wahrheit selbst, vom Jünger intuitiv erfasst und danach intellektuell überprüft und interpretiert. Wenn ein Jünger, der selbst unter einem Meister steht, eine esoterische Schule gründet, so hat er dazu absolut keine andere Berechtigung, als die, persönlich seinem eigenen Wahrheitsideal nachgelebt zu haben und demnach in der Lage zu sein, den Schülern ein gewisses Mass dieser Wahrheit zu vermitteln. Der Gehorsam beschränkt sich demnach auf die Erkenntnis gemeinsamer Verantwortung, das gemeinsam verfolgte Ziel der Gruppe, wie der Lehrer es ausmalt, aber nicht vorschreibt. Autoritative Behauptungen seitens des Lehrers der Gruppe, sein Verlangen nach Anerkennung und persönlichem Gehorsam seiner Schüler, sind das untrügliche Kennzeichen des Anfängers, des Aspiranten, wenn er auch von den besten Absichten beseelt sein mag. Auf jeden Fall ist solch ein Lehrer kein von der Hierarchie beauftragter Jünger.

6. Eine esoterische Gruppe legt Wert auf abgerundete Entwicklung ihrer Jünger. Charakterstärke und selbstloses Streben werden vorausgesetzt, ohne dass man sich deshalb bemüht um die landläufigen Tugenden, die Reinheit des weltlichen Lebens, Selbstbeherrschung und Uneigennützigkeit. Derartige Eigenschaften betrachtet man als elementare Voraussetzungen, deren Vorhandensein bis zu einem gewissen Grad angenommen, deren Weiterentwicklung aber als das persönliche Problem des Schülers und nicht der Schule angesehen wird. Verstandesschulung wird deshalb betont, damit der Jünger intelligent, analytisch (aber nicht kritisch) und im Besitz gut ausgebildeter mentaler Werkzeuge ist. Kopf und Herz betrachtet man als von gleicher Bedeutung und gleicher Göttlichkeit. Die Hierarchie beschäftigt sich mit dem Bewusstseinsstadium der Menschen aller Klassen, Rassen und Nationen und die Jünger werden so ausgebildet, dass sie nach gleichen Richtlinien arbeiten und mit der Zeit selbst zu Meistern der Weisheit werden können. Durch Überwindung von Schwierigkeiten und Hindernissen aufgrund der Stärke ihrer Seelen erreichen sie dieses Ziel. So lösen sie einen Meister ab, der jetzt in der Welt tätig ist, dann aber frei wird für grössere Aufgaben auf höheren Ebenen.

7. Eine esoterische Schule ist demnach das Mittel zu dem Ziel die Seele zum Brennpunkt im Leben des Jüngers zu machen; weder die physische, noch die Gefühls- oder Gedankenwelt sind für ihn das Hauptfeld der Tätigkeit. Sie werden lediglich zu seinem Dienstbereich, gleichwie seine Persönlichkeit zum Werkzeug wird, mit dem die Seele dient. Er lernt es, ganz auf geistiger Ebene zu funktionieren, sein Bewusstsein ruht in der Seele und im Ashram seines Meisters. Die esoterische Schule zeigt ihm, wie er zu diesem Ziel gelangt, wie er mit seiner Seele Fühlung nehmen und als Seele lehren, wie er seinen Meister erkennen und in dessen Gruppe mitarbeiten kann. Er lernt, vom Meister stammende Gedankeneindrücke zu erkennen, Gruppenzielen zu folgen und so immer mehr sich einzufühlen in den Plan, zu dessen Ausführung der Meister und sein Ashram verpflichtet sind. Man zeigt ihm, wie er dazu beitragen kann, das Bewusstseinsniveau der Rasse zu erhöhen; er tut dies mit bewusster und direkter Inanspruchnahme eines wohlgeschulten Verstandes, einer beherrschten Gefühlsnatur und eines stets bereiten Gehirns. Er erlernt die schwierige Doppelrolle des Jüngers, das Alltagsleben als Seele und in bewusster Beziehung zur Hierarchie zu leben.

Es gibt viele andere Definitionen des Begriffs «Esoterische Schule», aber ich habe die einfacheren gewählt, die zunächst erfasst werden müssen, wenn mit Fortschritt zu rechnen ist. Schritt für Schritt geht der Jünger vorwärts auf dem Pfad, bis er schliesslich fertig ist für jene grossen Bewusstseinsentfaltungen, die wir «Einweihungen» nennen. Dann betritt er bewusst den Pfad der Einweihungen, mit dem die esoterischen Schulen der Zukunft die Öffentlichkeit vertraut machen werden.

Die Arkanschule ist bestrebt, den sieben Bedingungen aller esoterischen Schulen zu entsprechen. Die Vorbereitung von Jüngern auf Einweihung ist nicht und war nie ihre Aufgabe. Sie versucht lediglich ihren Schülern den anfänglichen Seelenkontakt zu ermöglichen und ihnen zu zeigen, wie sie als wahre Diener in der Welt leben können. Es existiert heute noch keine esoterische Schule, die zur Einweihung vorbereitet. Die es zu tun behaupten, täuschen das Publikum. Jüngerschaft im akademischen Sinn, kann gelehrt werden, Einweihung dagegen ist immer noch ein individuelles Ziel, das nur der einzelne durch Fühlungnahme mit der Welt geistigen Wesens erreichen kann.