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7. KAPITEL - SCHLUSSFOLGERUNGEN

7. KAPITEL

SCHLUSSFOLGERUNGEN

In diesem Buch haben wir die beiden Systeme der Psychologie, das östliche und das westliche, betrachtet. Wenn wir sie vereinigen, haben wir ein vollständiges Bild des Menschen als lebendige Seele, die durch einen gewissen Mechanismus funktioniert. Ein Teil desselben, der Ätherkörper mit seinen Zentren, ist subtil, unsichtbar und ausserhalb des Bereichs unserer fünf Sinne, und ein anderer Teil besteht aus dem dichten physischen Bereich, nämlich den Drüsen mit innerer Sekretion und dem Nervensystem, die den restlichen Teil der dichten physischen Manifestation beherrschen. Wir glauben, dass diese beiden Teile ein Ganzes bilden.

Die Seele ist stets die grosse Realität, der Ausdruck des einen Lebens, der aus dem Ätherkörper und den dichten Körpern besteht. Die Seelenkraft, die auf den Ätherkörper einwirkt und durch ihn funktioniert, entwickelt die spezialisierten Zentren in diesem Körper, die ihrerseits auf den dichten Körper einwirken.

Die Frage, die bei den westlichen Denkern am meisten Anklang findet, ist, wie grössere praktische Wirksamkeit erlangt werden kann. Der Mensch, die Seele, wird in seiner praktischen Wirksamkeit durch den Zustand seines Instruments begrenzt. Wenn die Drüsen, das Nervensystem und der Ätherkörper mit seinen Zentren in Unordnung sind und nicht richtig funktionieren, muss der Mensch, die Seele, sie in Ordnung bringen oder heilen. Nur weil der Mensch seiner Natur nach eine lebendige Seele ist, können wir [129] uns vorstellen, dass seine Drüsen nicht richtig funktionieren, und es wird uns noch schwerer, sie zu studieren, zu korrigieren und zu vervollkommnen.

Die direkte Einwirkung auf die Drüsen und die Nervenzentren durch den Gebrauch von Medikamenten und anderen Mitteln ist im wesentlichen Ausbesserungsarbeit und beschränkt auf den höchsten Zustand jener speziellen Drüsen und Nervenzentren, die ursprünglich von dem betreffenden Menschen erschaffen wurden. Dasselbe gilt ebenso und noch entschiedener für die Zentren im Ätherkörper, die durch gewisse orientalische Massnahmen wie Atemübungen, Mantren und Körperhaltungen beeinflusst werden können. Solche Übungen sind ausserordentlich gefährlich und führen tatsächlich häufig zu Wahnsinn. Es ist zu hoffen, dass wir schliesslich hinreichende Kenntnisse und Erfahrungen erlangen werden, um auf intelligente Weise direkt auf die Zentren einzuwirken und somit imstande zu sein, die psychischen Störungen und Drüsen des physischen Körpers wirkungsvoller zu beherrschen.

Drei Theorien ergeben sich scheinbar als Resultat unserer Untersuchung und bilden eine dreifache Hypothese, um den Menschen als einen Organismus, der Leben, Selbstbewusstsein und intelligente Zielsetzung zeigt, zu erklären.

Die erste ist: Wie die Drüsen und das Nervensystem eines Menschen sind, so ist er. Sein Temperament, seine angeborenen Eigenschaften und seine intelligente Handhabung seiner Lebenserfahrungen und seiner Umgebung werden durch das System seiner Drüsen mit innerer Sekretion bestimmt. So spricht der Westen.

Die zweite ist: Wie die Zentren eines Menschen sind, so ist er. Der Ruhezustand oder die Tätigkeit gewisser Energiebrennpunkte im menschlichen Ätherkörper entscheiden seinen Charakter, seine Ausdrucksweise, seinen Typ und auch die Dauer des Besitzes seines [130] Körpers. Seine Tätigkeiten auf der physischen Ebene hängen gänzlich von den Eigenschaften der Kraft ab, die durch seine Zentren fliesst. So spricht der Osten.

Die dritte ist: Sowohl die Drüsen und psychischen Störungen als auch die Zentren werden durch die Kontrolle oder den Mangel an Kontrolle, die von der Seele ausgeübt wird, bedingt.

Es könnten Einwendungen gemacht werden, dass es uns nur gelungen ist, die ganze Frage in den Bereich des Unsichtbaren und Unbeweisbaren zurückzuschieben. Aber ist dies wirklich der Fall? Sind nicht viele Faktoren, die heute als Realitäten angenommen werden, aus den Spekulationen und vagen Hypothesen vergangener Zeiten hervorgegangen? Ist das, was früher als unbeweisbar angesehen wurde, nicht im heutigen Zeitalter bewiesen und demonstriert worden? Könnte es nicht möglich sein, eine Technik und eine Methode zu gebrauchen, die uns im Lauf der Zeit durch eine grosse Zahl von Beweisen eine klarere Vorstellung der Faktoren geben, die uns augenblicklich so unverständlich erscheinen?

Der Westen bringt, wie wir gesehen haben, seine Tatsachen hinsichtlich der Struktur. Der Mechanismus des Menschen wird durch das System seiner Drüsen mit innerer Sekretion sowie durch das Nervensystem, den Reaktionsapparat, bestimmt. Können wir von diesem Standpunkt aus an den Gegenstand herantreten und durch eine Behandlung der menschlichen Drüsen Vollkommenheit des menschlichen Körpers hervorrufen und den Menschen schliesslich auf diese Weise in das volle Licht der Seele führen? Kann Göttlichkeit durch physische Mittel entfaltet werden? Oder können wir, wenn wir die östliche Haltung annehmen, dass die Zentren Ausdrucksmittel [131] der Seele und für den Bau und die Kontrolle des Körpers durch das Nervensystem und die Drüsen verantwortlich sind, Forschungen unternehmen und eine sichtlich gefährliche Methode anwenden und direkt auf die Zentren einwirken oder durch sie arbeiten?

Gibt es eine dritte Möglichkeit, durch die wir die rein physische Annäherung und auch die Gefahr des vorzeitigen Erweckens der Zentren vermeiden können? Könnte es nicht möglich sein, zu einer Lösung und einer Methode zu gelangen, die der Seele den vollen Gebrauch ihres Instrumentes geben wird und jenes vollkommene Wechselspiel zwischen Seele und Körper hervorruft, das wie behauptet, eine richtige Tätigkeit der Zentren herbeiführt?

Es gibt eine Art und Weise, durch die der Mensch in Erfahrung bringen kann, dass er tatsächlich eine Seele und deshalb fähig ist, seine Ausdrucksinstrumente, die dreifache niedere Natur, die Gesamtsumme der physischen und mentalen Zustände, zu beherrschen. Durch diese Methode ist es möglich, eine Vereinigung der Weisheit des Ostens und des Wissens des Westens herbeizuführen, so dass die besten Aspekte jedes Systems der Menschheit als Ganzes zur Verfügung gestellt werden können.

Wenn man die Möglichkeit betrachtet, dass der Mensch seine Seele entdecken kann, muss als erstes eine Bereitschaft vorhanden sein, eine Hypothese anzunehmen, denn Hypothesen sind stets der Ausgangspunkt für Erkenntnisse gewesen. Wir setzen also als zweckdienliche Hypothese voraus, dass der Mensch eine Seele ist, die einen Körper besitzt und dass ein vereinigender Mittler in Gestalt eines Energiekörpers vorhanden ist, der diese beiden miteinander verbindet.

[132]

Diejenigen, welche bis jetzt die Tatsache der Existenz der Seele und ihres belebenden Apparates festzustellen versucht haben, können in zwei Gruppen eingeteilt werden. Wir haben die Mystiker, die Aspiration und Emotion sowie physische Mittel angewandt haben, und diejenigen, welche mehr rein mentale Fähigkeiten besitzen und den Intellekt und den Denkaspekt nutzbar gemacht haben, um spirituelles Wissen zu erlangen. Die grosse Zahl derjenigen, die Gott kennen, haben verschiedene Terminologien gebraucht, aber für unsere Zwecke ist es unwesentlich, ob sie die Seele das Selbst, den Geliebten, den Einen oder Gott oder Christus nennen. Der Mystiker geisselte sich oder missbrauchte seinen Körper durch Fasten und übertriebene Disziplin. Auf diese Weise bezwang er die Ansprüche der fleischlichen Gelüste. Er fügte eine intensive Hingabe an den Geliebten und eine Sehnsucht nach der Vision hinzu. Nach Jahren angestrengter Übung fand er das, was er suchte, und wurde mit diesem Geliebten vereint.

Die zweite Gruppe gebrauchte die Vernunft und übte Gedanken- sowie strenge emotionelle und physische Kontrolle. Durch ihre auf das eine Ziel gerichtete Suche fanden ihre Anhänger ebenfalls die Wirklichkeit, wurden sich des ewigen Planes im weiten Umfang bewusst und gelangten zur Vereinigung mit der Universalseele.

Beide Gruppen legen Zeugnis hinsichtlich der Wahrheit der Existenz der Seele ab, aber weil sie durch ihre spezielle Neigung und Methode begrenzt sind, ist ihr Zeugnis einseitig. Die eine Gruppe ist zu schwärmerisch, mystisch und emotionell; die andere zu theoretisch, intellektuell und formbauend. Durch die weite Verbreitung menschlichen Wissens und die enge Verbindung, die [133] heute durch Literatur, das gesprochene Wort und Reisen zwischen Denkern besteht, ist jetzt die Zeit gekommen, wo zum ersten Mal ganz allgemein eine Verschmelzung möglich ist, und aus den früheren Schlussfolgerungen der Philosophen und Heiligen beider Hemisphären sollten wir imstande sein, ein System und eine Methode auszuarbeiten, die für die Jetztzeit und die heutige Generation die Art und Weise der Erlangung spiritueller Ergebnisse sein wird.

Es wird daher zweckmässig, gewisse anfängliche Schritte zu unternehmen, und diese könnten folgendermassen zusammengefasst werden:

a. Eine vernünftige Handhabung des physischen Körpers, wobei das Wissen des Westens nutzbar gemacht wird, insbesondere in bezug auf Massnahmen zur Gesundheitspflege und den allgemeinen Gesundheitszustand der Drüsen mit innerer Sekretion.

b. Ein intellektuelles Begreifen und die Anwendung der grundlegenden Tatsachen moderner Psychologie und einer vernünftigen Psycho-Analyse, um auf diese Weise zu einer Kenntnis des mentalen, emotionellen und physischen Mechanismus zu gelangen, durch den die Seele sich auszudrücken sucht.

c. Eine Erkenntnis der Tatsache, dass, da der physische Körper ein Automat ist, der auf die Wünsche und die emotionelle Natur reagiert und von ihr kontrolliert wird, diese emotionellen Bewusstseinszustände (die sich von der Liebe zum Essen bis zur Liebe zu Gott erstrecken) durch den logischen Denkaspekt beherrscht werden können.

d. Aus all diesem wird ein Studium der Gesetze des Denkaspektes hervorgehen, und somit wird die Beziehung zwischen Denkaspekt und Gehirn verstanden und nutzbar gemacht werden.

[134]

Wenn diese vier Punkte begriffen werden und ihre Wirkung in der Persönlichkeit des Menschen empfunden wird, werden wir einen integrierten und ko-ordinierten Organismus haben; die Struktur kann dann als bereit angesehen werden, von der Seele gelenkt zu werden. Die obigen Stadien müssen nicht in dem Sinn verstanden werden, dass sie der Reihe nach vor sich gehen. Sie gehen vielmehr gleichzeitig vor sich. Es ist auch einleuchtend, dass eine vollkommene intellektuelle Kenntnis der Seele und der Welt, die jene Seele offenbart, nur für den Menschen möglich ist, der diese beschriebene Ausrüstung besitzt. Ein Gefühl für Gott, eine Wertschätzung des Wahren und Schönen und ein Kontakt mit der mystischen Vision ist für diejenigen, deren Herzzentrum erwacht ist und funktioniert, jederzeit möglich. Solche gottliebenden Menschen haben durch alle Zeiten existiert. Sie fühlen, empfinden, lieben und beten an, aber die Verbindung zwischen Seele, Denkaspekt und Gehirn fehlt. Wenn die intellektuelle Ausrüstung zu dieser mystischen hinzugefügt wird, dann ist das Kopfzentrum erwacht, die Zirbeldrüse befindet sich nicht mehr in einem verkümmerten Zustand, sondern wird als Sitz der Seele und des lenkenden, spirituellen Willens erkannt. Wenn diese beiden Zentren erwacht sind, dann haben wir es mit den grossen, hervorragenden, spirituellen Persönlichkeiten zu tun, die mit geweihtem Herzen und Gehirn arbeiten und dem Weltdenken ihr Siegel aufdrücken. Bisher ist der Weg des Mystikers der Weg der Mehrzahl und der Weg des Intellekts der Weg für wenige gewesen. Aber heute ist die Rasse in dem Stadium, wo sie, während sie ihre Hypothese auf die mystischen Erfahrungen der vielen begründet, vom Gefühl und der Anbetung zum Wissen und von der Liebe zu Gott zu der Erkenntnis Gottes vorwärtsschreiten kann.

[135]

Dies wird dann der Fall sein, wenn die Weisheit des Ostens dem Wissen des Westens hinzugefügt wird und die Technik der Wissenschaft der Seele unseren westlichen intellektuellen Typen auferlegt wird. Es ist unmöglich, sich ausführlich über diese Technik zu verbreitern. Es könnte jedoch kurz beschrieben werden, dass sie in acht Stadien aufgeteilt wird, die folgendermassen aufgezeichnet werden können:

1. Kontrolle unserer Beziehungen zu anderen, die durch das Wort Harmlosigkeit zusammengefasst werden kann, die im Osten durch die fünf Gebote definiert wird. Diese sind: Harmlosigkeit, Wahrhaftigkeit gegenüber allen Wesen; Enthaltung vom Diebstahl, von Ausschweifung und von Habgier. (A. A. Bailey: Der Yogapfad. Patanjalis Lehrsprüche, S. 176)

9. Reinheit des Lebens, wie sie in den fünf Regeln umrissen wird: Innere und äussere Reinigung, Zufriedenheit, glühendes Streben, geistiges Studium und Hingabe an Ishvara (das göttliche Selbst). (A. A. Bailey: a. a. O., S. 179)

3. Innere Ausgeglichenheit.

4. Richtige Kontrolle der Lebenskraft und daher direkte Einwirkung der Seele auf den Ätherkörper. Diese Kontrolle von Energie und daher der Zentren und des physischen Körpers ist einem Menschen erst dann möglich, wenn er Reinheit und Ausgeglichenheit erlangt hat. Eine Kenntnis der Gesetze, welche die Energie beherrschen, ist ihm nicht gestattet, bis er durch Disziplin Kontrolle seiner tierischen Natur erlernt und einen Punkt erreicht hat, wo er nicht mehr durch Launen und Selbstsucht beeinflusst wird.

5. Abstraktion. Ein Ausdruck, der die Fähigkeit umfasst, das Bewusstsein im Kopf zu konzentrieren und dort als Seele [136] zu funktionieren oder das nach aussen gehende Bewusstsein von objektiven und greifbaren Dingen zurückzuziehen und dadurch nach innen zu wenden.

6. Aufmerksamkeit oder Konzentration. Dies ist eine auf ein Ziel gerichtete Lebensweise und macht es erforderlich, den Denkaspekt anstelle der Gefühle in Tätigkeit zu setzen. Auf diese Weise werden der emotionelle und der physische Mensch durch den konzentrierten Denkaspekt kontrolliert.

7. Meditation ist anhaltende Aufmerksamkeit oder Konzentration und verleiht die Fähigkeit, den Denkaspekt auf die Seele und ihre Angelegenheiten zu konzentrieren. Dies ruft radikale Veränderungen im Organismus hervor und bestätigt die Wahrheit der Erklärung: «Wie ein Mensch denkt, so ist er.»

8. Kontemplation ist die Haltung der Seele in ihrem eigenen Bereich, wie sie über die Formen herausblickt und mit den Energien Kontakt aufnimmt, die im fünften oder geistigen Naturreich zu finden sind. Dieser Tätigkeit folgt das Herabströmen von Seelenwissen und Seelenenergie ins Gehirn (über den kontrollierten Denkaspekt). Diese Tätigkeit der Seele ruft das hervor, was Erleuchtung genannt worden ist. Sie erfüllt den ganzen Menschen mit Energie und erweckt die Zentren in richtigem Rhythmus und richtiger Aufeinanderfolge.

Diese bewusst gelenkte spirituelle Energie, die durch den vitalen Körper und die Zentren fliesst, sollte, wie behauptet wird, den physischen Menschen und das System der Drüsen mit innerer Sekretion schliesslich in einen solchen Zustand versetzen, dass wir vollkommene Gesundheit und infolgedessen einen vollkommenen Apparat für Seelenausdruck haben sollten. Es wird uns gelehrt, dass der Mensch auf diese Weise zu einer genauen Kenntnis der Seele gelangen und sich selbst als «das tiefere Sein» erkennen kann, [137] das imstande ist, seinen Mechanismus mit bestimmter Zielsetzung zu gebrauchen und somit als Seele zu funktionieren.

Ein Studium der Leben der grossen Mystiker, Heiligen und Adepten beider Hemisphären wird viel Auskunft über die phänomenalen Wirkungen ergeben, die sich dann zeigen, wenn die obige Methode verfolgt wird, selbst wenn wir vieles ausgeschieden haben, was wie Halluzination und psychopathische Zustände aussieht. Formen des Hellsehens, des Voraussehens und telepathischer Verbindung, Fähigkeiten des Hellhörens und die eigenartige Fähigkeit der Psychometrie sind häufig zu sehen. Man sollte jedoch daran denken, dass alle diese Fähigkeiten sowohl ihre spirituellen Manifestationen als auch ihre niederen Widerspiegelungen haben. A. E. Powell sagt:

«Es gibt, kurz gesagt, zwei hauptsächliche Arten des Hellsehens, das niedere und das höhere. Die niedere Art erscheint sporadisch in unentwickelten Menschen, wie beispielsweise bei den Wilden Zentral-Afrikas, und ist mehr eine Art massiver Sensation, die unklar dem ganzen Ätherkörper angehört, als eine genaue und deutliche Sinneswahrnehmung, die durch ein spezialisiertes Organ übermittelt wird. Sie ist nahezu ausserhalb des Bereiches menschlicher Kontrolle. Da das ätherische Doppel in ausserordentlich enger Beziehung zum Nervensystem steht, übt eine Beeinflussung des einen rasch eine Rückwirkung auf das andere aus. Im niederen Hellsehen ist die entsprechende nervöse Störung fast gänzlich im sympathischen Nervensystem.

In den entwickelteren Rassen verschwindet die unklare Empfindungsfähigkeit gewöhnlich, wenn die mentalen Fähigkeiten entwickelt werden. Später, wenn der geistige Mensch sich zu entfalten beginnt, gewinnt er die hellseherische Fähigkeit wieder. Diesmal ist die Fähigkeit jedoch korrekt und exakt, unter Kontrolle des [138] Willens, und wird durch ein Sinnesorgan ausgeübt. Irgendeine Nervenaktion, die ausgelöst wird, ist fast ausschliesslich im Gehirn und Rückenmarkssystem.

Die niederen Formen des Psychismus sind am häufigsten in Tieren und sehr unintelligenten Menschen zu finden. Hysterischer und falsch regulierter Psychismus ist eine Folge geringer Gehirnentwicklung und des vorherrschenden Einflusses des sympathischen Systems, da die grossen und kernbildenden Ganglienzellen in diesem System einen sehr grossen Anteil ätherischer Materie enthalten und leicht von den gröberen astralen Schwingungen beeinflusst werden.» (Powell, A. E.: The Etheric Double (Das ätherische Doppel), S. 109, 103)

Es ist oft bemerkt worden, dass Katzen und Hunde und tiefstehende Menschen häufig das sehen und hören können, was der normale und intelligentere Mensch nicht registriert. Diese Fähigkeit ist jedoch unbewusst, und der Mensch ist häufig ein Opfer von Halluzination. Der Heilige und der Hellseher sehen und hören ebenfalls, aber ihre Fähigkeiten werden nach Willen gebraucht und stehen gänzlich unter ihrer Kontrolle. Ein grosses Forschungsgebiet eröffnet sich allen psychischen Forschern hinsichtlich dieser Dinge, und wenn die Hypothese des vitalen Körpers und der Zentren anerkannt wird, mag viel wirkliches Wissen erlangt werden.

Es wird seitens der Lehrer der östlichen Wissenschaft der Seele behauptet, dass das Erwachen der verschiedenen Zentren Zustände von subtilerer Materie als der physischen offenbart. Der geistige Mensch befasst sich jedoch hauptsächlich mit den Zentren oberhalb des Zwerchfells, da sie Fähigkeiten wie spirituelle Wahrnehmung, richtiges Verständnis für die Mitmenschen und rechte Auslegung derselben verleihen, so dass wir wie Christus wissen, was im Menschen ist, und verstehen können, warum ein Mensch so ist, wie er ist, und so handelt, wie er es tut. Die Kraft der Inspiration, die [139] höchste aller Fähigkeiten, wirkt sich als Inspiration zu schöpferischer Arbeit vermittels des Kehlzentrums und als menschenfreundliche Unternehmen vermittels des Herzzentrums aus.

Die zweite Wirkung, auf welche diese Gruppe Anspruch erhebt, ist die Übertragung der Kraft von den Zentren unterhalb des Zwerchfells zu denjenigen oberhalb desselben. Durch Evolution und die Wirkung von Meditationsarbeit kann der Mensch bewusst durch seine drei hauptsächlichen Zentren (Kopf-, Herz-, Kehlzentrum) funktionieren und es den drei niederen Zentren (am unteren Ende der Wirbelsäule, Sakral- und Sonnengeflechtszentrum) überlassen, ihre normale Funktion auszuüben, den Körper automatisch mit Energie zu versorgen, so dass der Verdauungsapparat und das Fortpflanzungssystem und gewisse Aspekte des Nervenmechanismus ihre Arbeit durchführen können. Nach dieser Theorie lebt die Mehrzahl der Menschen «unterhalb des Zwerchfells», und die Lebenskraft ist im rein animalischen und Empfindungsleben konzentriert. Das Geschlechts- und das Gefühlsleben sind vorherrschend, und die ganze Kraft, die in das sakrale Zentrum hinein und durch dasselbe und durch das Sonnengeflechtszentrum fliesst, wird für die Stimulierung gewisser physiologischer und niederer psychischer Prozesse verwandt. Wenn ein Mensch sich jedoch entwickelt, ändert sich die Richtung der Kraft. Wir haben gesehen, dass die Kraft zweifach ist, dass sie nämlich teils Lebenskraft und teils Seelenkraft ist und dass sich die eine durch das Blut und die andere durch das Nervensystem ausdrückt. Der Aspekt der Lebenskraft führt [140] seine Funktion, alle Organe und Körperstrukturen zu beleben und mit Kraft zu versorgen, weiterhin aus, die Seelenkraft jedoch, die bisher verhältnismässig ruhig war, fängt an, sich nach oben zu wenden. Die Seelenkraft im Zentrum am unteren Ende der Wirbelsäule wird über den Rückenmarkskanal zum Kopf geführt, wobei sie der Reihe nach durch jedes Zentrum hindurchfliesst und an jedem Punkt zunehmende Seelenenergie sammelt.

Die psychologischen Wirkungen dieser Bewusstseinsübertragung sind interessant. Wenn die Seele im Kopf «auf den Thron gesetzt wird» (wie die wissenschaftlichen orientalischen Bücher es ausdrücken), zieht sie durch die Macht ihres Magnetismus die Kraft zu sich herauf, die latent am Ende der Wirbelsäule ruht. Auf diese Weise wird die vollständige Verschmelzung von spiritueller Energie mit der Kraft in der Materie selbst durch die anziehende Energie der Seele hervorgerufen. Dies ist gemeint, wenn von der Erweckung der Kundalinikraft gesprochen wird, und es sollte durch den Magnetismus der beherrschenden Seele und nicht durch Meditation über irgendein bestimmtes Zentrum oder durch bewusste Einwirkung auf die Kraft der Materie geschehen.

Die Seelenenergie des sakralen Zentrums muss zum höchsten schöpferischen Zentrum, dem Kehlzentrum, geführt werden. Dann wird die Betonung auf schöpferischer Arbeit, die um der Gruppe willen ausgeführt wird, und nicht auf das aktive Geschlechtsleben des betreffenden Menschen gelegt werden.

Die Energie des Sonnengeflechtszentrums muss ebenfalls übertragen und zum Herzzentrum geführt werden und dann ist das Bewusstsein nicht mehr rein selbstsüchtig, sondern der Mensch nimmt den Menschen und dem Leben gegenüber eine gruppenbewusste und einbeziehende Haltung an. Er ist nicht mehr antagonistisch und exklusiv. Er weiss und versteht. Er hat Erbarmen, liebt und dient. Wenn diese Beziehung zwischen den Zentren und [141] zwischen den Zentren und Drüsen erst einmal begriffen worden ist, eröffnet sich ein weites Forschungsgebiet; sowohl die physiologischen als auch die psychischen Wirkungen werden ein genaues Studium rechtfertigen.

Es ist auch interessant, einer weiteren Behauptung, die von Schülern der Alten Weisheit aufgestellt wird, Beachtung zu schenken. Wenn der Mensch ein ziemlich hohes Entwicklungsstadium erreicht hat, funktioniert das Kehlzentrum, und er fängt an, seinen Platz in der Weltarbeit einzunehmen; er leistet etwas Definitives auf irgendeinem Gebiet der Welttätigkeit. Seine Persönlichkeit darf dann als organisiert angesehen werden, und man kann glauben, dass er seine Reife erlangt hat. Die Psychologen sagen uns, dass die Hypophyse der Sitz der emotionellen und mentalen charakteristischen Eigenschaften ist. In dem einen Lappen hat der logische Denkaspekt seinen Sitz, während der andere für die emotionellen Fähigkeiten der Einbildungskraft und diejenige der bildlichen Vorstellung verantwortlich ist. Im Menschen mit schöpferischer Fähigkeit und daher mit einer entwickelten Persönlichkeit entsprechen die beiden Lappen der Hypophyse den Anforderungen, und man kann dadurch auf den Status des materiellen Aspekts schliessen, des Mechanismus, durch den die Seele wirkt und sich ausdrückt. Diese Drüse befasst sich mit dem Zentrum zwischen den Augenbrauen. Dieses Zentrum ist negativ zum Kopfzentrum, das auf Seelenenergie reagiert. Wenn die Seele durch Ausübung der umrissenen Technik die Kontrolle übernimmt, das Kopfzentrum mit Energie erfüllt und die Zirbeldrüse von einem Zustand der Atrophie in einen funktionierenden, den Kindheitstagen entsprechenden Zustand bringt, fängt der positive Aspekt an, seine Rolle zu spielen. Eine Beziehung zwischen dem negativen Zentrum und [142] seinem Gegenstück, der Hypophyse, und dem positiven Zentrum und seinem Gegenstück, der Zirbeldrüse, wird in die Wege geleitet. Es wird behauptet, dass mit der Zeit ein magnetisches Feld aufgebaut wird, dass Seele und Körper einander begegnen, der Vater und die Mutter eine Beziehung herstellen und die Seele im Bewusstsein des Menschen geboren wird. Dies ist die Geburt Christi im Haus Gottes und somit kommt der wahre Mensch ins Dasein. Die Geschlechtsorgane und ihre Fortpflanzungstätigkeit auf der physischen Ebene sind das äussere konkrete Symbol hiervon. Perversionen der Geschlechtsmagie, die so weit verbreitet sind, sind eine Entstellung dieser wahren spirituellen Vereinigung oder Verschmelzung zwischen den beiden Energiezentren im Kopf, die ihrerseits eine bildliche Darstellung der Beziehung zwischen Seele und Körper ist. Sexualmagie verlegt den Prozess zum Zentrum unterhalb des Zwerchfells und zu einer Beziehung zwischen zwei Menschen auf der physischen Ebene. Der wahre Prozess wird innerhalb des eigenen Bereiches eines Menschen durchgeführt, der im Kopf konzentriert ist, so dass die Beziehung zwischen der Seele und dem Körper entsteht anstatt zwischen Mann und Frau.

Es wird ferner behauptet, dass diese Beziehung zwischen den beiden Kopfzentren und ihren entsprechenden Drüsen noch eine weitere Wirkung hat, nämlich dass das Wechselspiel zwischen den beiden das Aufleuchten eines Lichtes hervorruft. In dieser Hinsicht finden wir in den Heiligen Schriften der Welt viele bestätigende Zeugnisse, einschliesslich des Befehls Christi an seine Jünger, dass sie «ihr Licht leuchten lassen» sollten. Auch in den Leben der [143] Mystiker, die in ihren Schriften immer wieder bezeugten, dass sie ein Licht gesehen hatten, finden wir zahlreiche Beweise. Ich habe einen Brief an eine Gruppe von Schülern (die mehrere Jahre lang Meditation studiert hatten) gesandt, in dem ich fragte, ob sie sich irgendwelcher Phänomene von Interesse als Resultat ihrer Arbeit bewusst seien. Der Brief ist nicht an Neurotiker und visionäre Typen ausgesandt worden, sondern an Männer und Frauen, die im Geschäftsleben und auf künstlerischen und literarischen Gebieten hoch angesehen werden und Gutes geleistet haben. 75% bezeugten, dass sie ein Licht im Kopf sehen. Litten sie an Halluzinationen? Waren sie Opfer ihrer Einbildungen? Was haben sie gesehen, und was sehen sie beständig?

Auch hier liegt ein interessantes Forschungsgebiet, und die Resultate mögen eine Grundlage in der Tatsache haben, die heute von Wissenschaftlern erkannt wird, dass Licht Materie und Materie Licht ist. Wenn die Seele funktioniert und der Mensch eine bewusste Vereinigung mit jener Seele erreicht hat, dann mag er sich durch die besondere Anregung, welche dies mit sich bringt, des Lichtes des Ätherkörpers an seinem Hauptverbindungspunkt mit dem physischen Körper im wichtigsten Zentrum des Körpers, dem Kopfzentrum, bewusst werden. Bazzoni sagt:

«Wir haben gesehen, dass alle Formen der Materie auf der Erde aus 92 verschiedenen Arten von Atomen bestehen, die zu Molekülen vereinigt sind, und die alle Körper, um uns herum, und sogar unseren eigenen Körper bilden, wenn sie in unzähligen Millionen vereinigt werden. Nun können alle diese 92 Arten von Atomen, wenn sie auf gewisse Weise angeregt werden, die der Wissenschaft gut bekannt ist, dazu gebracht werden, Licht auszustrahlen - im allgemeinen farbiges Licht - und die Natur dieses Lichtes ist für [144] jedes der 92 Atome speziell und charakteristisch.» (Bazzoni, C. B.: Kernels of the Universe (Das Innerste des Universums), S. 31)

Wirft dies Licht auf unser Problem, vorausgesetzt, dass die Hypothese eines Ätherkörpers zugegeben wird? Ist der Heiligenschein um den Kopf der Heiligen und der Gottheit in allen alten Bildern beider Hemisphären ein Anzeichen dafür, dass die Künstler wussten, Menschen zu malen, die sowohl im physischen als auch im spirituellen Sinn erleuchtet waren? Diese Dinge sollten erforscht und als richtig oder falsch erwiesen werden.

Die Möglichkeit, die beiden grossen Gedankenrichtungen zu vereinigen, wodurch die Einheit Mensch vom Standpunkt westlicher Ergebnisse und östlicher Philosophie, die auf einer Technik der Seelenkontrolle beruht, erklärt werden soll, befindet sich im Stadium eines Experimentes. Wenn die Bereitschaft besteht, das anzunehmen, was der westliche Student als hypothetisch ansieht, und wenn ein unvoreingenommenes Denken vorhanden ist, was von spezifischer und praktischer Bedeutung getan werden kann, um die Argumente, die in diesem Buch vorgelegt worden sind, als wahr zu beweisen oder als falsch zu verwerfen.

Maeterlinck zitiert Herbert Spencer folgendermassen:

«Beständig Ideen zu konstruieren, welche die äusserste Anspannung unserer Fähigkeiten erfordern, und beständig zu finden, dass solche Ideen als zwecklose Vorstellungen aufgegeben werden müssen, mag uns mehr als irgendetwas anderes dazu verhelfen, die Grösse dessen, was wir uns vergeblich zu begreifen bemühen, zu erkennen. ... Dadurch, dass wir uns beständig zu erkennen bemühen und immer wieder mit einer vertieften Überzeugung von der Unmöglichkeit der Erkenntnis zurückgestossen werden, mögen wir das [145] Bewusstsein wach erhalten, dass es sowohl unsere höchste Weisheit als auch unsere höchste Pflicht ist, dasjenige, durch das alle Dinge existieren, als das Unerkennbare zu betrachten. (Maeterlinck, M.: The Light Beyond (Das jenseitige Licht), S. 95)

Könnte es jedoch nicht möglich sein, unsere Vision etwas zu klären und «unsere Überzeugung zu vertiefen», um zu einem besseren Verständnis der Formen und Aspekte zu gelangen, die jene unbekannte WESENTLICHE REALITÄT verschleiern, in deren KÖRPER wir leben, uns bewegen und unser Dasein haben? Zugegeben, dass es sich um die phänomenale Welt handelt, ob wir nun die menschliche Familie betrachten oder die Formen, die wir im Reich der Seele erschauen und wahrnehmen, es mag sich schliesslich als wahr erweisen, dass die Formen (wenn sie die Stufenleiter des Seins emporsteigen) uns immer neue Wahrheiten für das WESENTLICHE LEBEN offenbaren. Wie der Mechanismus, können sich auch unsere Begriffe von Göttlichkeit entwickeln und vervollkommnen.»

Carpenter drückt diese Idee in folgenden Worten aus:

«Frazer verabschiedet sich am Ende seines grossen Werkes, The Golden Bough (Der goldene Zweig), mit folgenden Worten von seinen Lesern: "Die Naturgesetze sind nur Hypothesen, die ersonnen worden sind, um jene sich beständig verändernde Reihe von Trugbildern des Denkens zu erklären, die wir mit dem hochtrabenden Namen Welt und Universum würdigen. Letzten Endes sind Magie, Religion und Wissenschaft nichts als Theorien (des Denkens); und ebenso wie die Wissenschaft ihre Vorgänger verdrängt hat, mag sie später selbst durch eine vollkommenere Hypothese verdrängt werden, vielleicht durch eine gänzlich andere Art und Weise, Phänomene zu betrachten, die Schatten auf [146] der Filmleinwand zu registrieren - von der wir uns in dieser Generation keine Vorstellung machen können." Ich denke mir, dass Frazer recht hat und dass sich eines Tages "eine andere Art und Weise, Phänomene zu betrachten", die sich von der Art der Wissenschaft unterscheidet, durchsetzen mag. Aber ich denke, dass dieser Wechsel nicht so sehr durch das Wachstum der Wissenschaft selbst oder durch die Erweiterung ihrer «Hypothesen» kommen wird, sondern durch ein Wachstum und eine Erweiterung des menschlichen Herzens und eine Veränderung seiner Psychologie und Wahrnehmungsfähigkeit.» (Carpenter, E.: Pagan and Christian Creeds; Their Origin and Meaning (Heidnische und christliche Glaubensbekenntnisse, ihr Ursprung und ihre Bedeutung), S. 278)

Maeterlinck fasst dies sehr kurz und bündig zusammen, wenn er sagt: «Es ziemt sich deshalb für uns, Begriffe wegzulassen, die nur von unserem Körper stammen, und die unseren Blick verhüllen wie der Nebel aus dem Tiefland das Tageslicht. Pascal hat ein für allemal gesagt: "Die engen Grenzen unseres Seins verbergen die Unendlichkeit vor unserem Blick." (Maeterlinck, M.: The Light Beyond, S. 73)

Praktische Vorschläge müssen gemacht werden in dem Versuch, das Übernatürliche (wenn man es so nennen darf) zu widerlegen und zu beweisen, dass die subjektiven Zustände, für welche der Mystiker und Seher Zeugnis ablegen, nur Zeichen natürlicher Kräfte und Fähigkeiten sind. Bis jetzt hat der Mensch diese Fähigkeiten noch nicht erkennen oder kontrollieren können, ebenso wie es ihm vor Jahrhunderten nicht gelungen ist, jene Kräfte zu erkennen, die er heute wenigstens bis zu einem gewissen Grad zu verstehen und zu gebrauchen fähig ist und welche die Herrlichkeit unserer gegenwärtigen Zivilisation sind. Wenn wir beweisen, dass nur eine dieser Seelenkräfte eine Tatsache in der Natur ist, werden sich die Pforten einer neuen Welt vor der Menschheit auftun. Leary weiss dies zu würdigen, wenn er sagt:

[147]

«Man fühlt irgendwie, dass wenigstens in einigen Persönlichkeiten einige Eigenschaften, einige Charakterzüge vorhanden sind, die nicht im Sinn der Tätigkeit irgendeiner physischen Struktur erklärt werden können. Noch ist dies ein bedeutungsloser Punkt, der als blosser Aberglaube kurz und bündig abgewiesen werden kann; er ist zu weit verbreitet, zu hoch mit Emotion geladen, er ist eine Ansicht, die selbst einige Psychologen teilen, und er kann nicht unbeachtet bleiben. Es lohnt sich, nochmals zu erwähnen, dass das Zugeständnis des Vorhandenseins selbst des kleinsten und scheinbar unbedeutendsten irgendwelcher derartiger Charakterzüge, ob sie nun spirituell sein mögen oder sonst etwas, die ihrer Definition oder Voraussetzung nach nicht auf der Struktur begründet sind, das ganze Gebiet der Wissenschaft unvermeidlicherweise und vollständig widerlegen werden, denn Determinismus muss umfassend sein, um als wahrer Determinismus zu gelten.» (Leary, D.h.: Modern Psychology, Normal and Abnormal, S. 191, 192)

Zunächst sollte es möglich sein, ein Laboratorium zu finden, wo die Behauptungen der Schüler der orientalischen Philosophie hinsichtlich der belebenden Seele als richtig bestätigt oder als falsch bewiesen werden können. Die Phänomene des Todes können vom Gesichtspunkt der sich zurückziehenden Seele studiert werden. Den Ausstrahlungen des menschlichen Körpers ist natürlich Aufmerksamkeit gewidmet worden, aber spezifische Erforschung der Wirbelsäule und ihrer Beziehung zu den Zentren ist bis jetzt ein neues Forschungsgebiet, obwohl Baraduc, Paris, vor fünfundvierzig Jahren eine interessante Arbeit in diesem Zusammenhang durchführte. Sein Buch, L'Ame Vitale (Die lebendige Seele), gibt Andeutungen, obwohl es sich um Mutmassungen handelt, und seine Behauptungen müssen bewiesen werden.

Der ganze Gegenstand des vitalen Körpers und seiner Wirkungen auf das Nervensystem und die Drüsen eröffnet ein ungeheures Studiengebiet. Auch die Beziehung des Ätherkörpers des Menschen [148] nicht nur zu seinem Nervenapparat, sondern auch zum planetarischen Ätherkörper oder dem Äther, in dem er als Organismus seinen Platz hat, ist bis jetzt ein unberührtes Gebiet.

Zweitens sollte es möglich sein, Zeugenaussagen hinsichtlich der Tatsache und Natur des Lichtes im Kopf zu sammeln, das so viele bezeugen.

Die neuesten augenfälligen Experimente hinsichtlich der Natur der Telepathie bewegen sich in der rechten Richtung, aber diese Technik der Telepathie ist bis jetzt erst in ihren Anfängen; vieles wird offenbart werden, wenn ein Unterschied zwischen Mitteilungen von Denkaspekt zu Denkaspekt, was mentale Telepathie ist, zu jener viel selteneren Form der Verbindung zwischen Seele und Seele und zwischen Seele und Gehirn gemacht wird. Diese letztere Form ist Inspiration genannt worden, und sie hat die Heiligen Schriften und die sogenannten «inspirierten» Schriften der Welt ins Dasein gerufen und die mentalen Prozesse der grossen Erfinder und Wissenschaftler, Dichter und Künstler gelenkt.

Telepathie und Inspiration hängen vom individuellen menschlichen Ätherkörper und seiner Beziehung zum universalen Äther ebenso ab, wie Licht oder Rundfunk. Sie legen Zeugnis von dieser subtileren Welt des Geistes und der Seele ab.

Pupin sagt im Epilog zu «The New Reformation» (Die neue Reformation):

«Die schöpferische Fähigkeit der Seele ist der einzige Führer in unseren Versuchen, die Bedeutung dieser ultramateriellen Substanz zu entziffern. Sie versieht uns mit dem zuverlässigsten Massstab, die Seele eines Menschen mit der Seele eines anderen Menschen und mit derjenigen der niederen Tiere zu vergleichen. Dieser Vergleich, [149] der in gewissem Grad den wissenschaftlichen Methoden der quantitativen Messungen ähnelt, ist gemacht worden, seit die Zivilisation ihren Anfang nahm. Das Verfahren dieser Untersuchung ist in vieler Hinsicht ebenso wie die wissenschaftliche Methode der Untersuchung durch Beobachtung, Experiment und Berechnung, und was ihr an Genauigkeit fehlt, ersetzt sie durch ihre ungeheure Anzahl von regula falsi, die sich über viele Jahrhunderte erstrecken, in denen qualitative Messungen durch sorgfältigen Vergleich vorgenommen wurden. Es ergab sich das allgemeine Urteil, dass die Seele des Menschen der Tierseele nicht nur weit überlegen ist, sondern dass dieser Unterschied auch unermesslich grösser ist als der Unterschied in ihrer körperlichen Struktur. Der Vergleich offenbarte auch ein Element in diesem Unterschied, das alle anderen unterschiedlichen Elemente übertrifft, es handelt sich um das spirituelle Element. Die schöpferische Kraft der menschlichen Seele hat eine neue Welt im menschlichen Bewusstsein erschaffen; es ist die spirituelle Welt.» (Pupin, M.: The New Reformation, S. 264, 265)

Unter anderen möglichen Wegen der Forschung finden wir die Arbeit, die Kilner mit der menschlichen Aura durchgeführt hat, der er in dem Buch «The Human Atmosphere» (Die menschliche Atmosphäre) konkrete Form gegeben hat. Noch weitere Untersuchungsziele hinsichtlich der übernormalen Fähigkeiten sind für uns in einer kürzlichen Erklärung einer australischen Zeitschrift, die «The Federal Independent» (Die Föderative Unabhängige) heisst, gut zusammengefasst worden; von der hier zwei Abschnitte zitiert werden:

«Neues Licht auf das Wandeln Christi auf dem Wasser wurde kürzlich von einem Wissenschaftler geworfen, der ein spezielles Studium von Einsteins neuester Relativitätstheorie durchgeführt hat. Als Resultat seiner Forschungen sagt H. H. Sheldon, dass er es für möglich finde, zu verteidigen, dass die biblische Schilderung, die Skeptiker solange verspottet haben, eine Tatsache ist, die durch wissenschaftliche Gesetze erklärbar ist. "Das Wunder kann von  [150] den skeptischsten Denkern angenommen werden, sobald sie die Tatsache erkennen, dass die grundlegenden Gesetze der Relativitätsmechanik und der Elektrizität zu einer Formel reduziert werden können, und dass die Macht des Elektromagnetismus die Gravitation beeinflussen und gänzlich beherrschen kann", sagte Sheldon. Nach Einsteins neuester mathematischen Theorie gibt es nur eine Substanz und ein universales Gesetz, das elektrische und Gravitationsbestandteile enthält, die beide zu einer einzigen Formel vereint worden sind und die einander beeinflussen. Sheldon glaubt jetzt, dass als Resultat dieser Entdeckung solche Dinge wie Flugzeuge ohne Maschinen oder materielle Unterstützung in der Luft zu halten, und das Hinaustreten aus einem Fenster in die Luft, ohne Furcht zu fallen, Untersuchungsgebiete sind, die mit Leichtigkeit vorgeschlagen werden können. "Wenn diese Theorie sich als ein Beweis behauptet, dass Elektrizität und Gravitation ihrem Wesen nach ein und dasselbe sind, können wir uns tatsächlich von der Gravitation isolieren", erklärte er. Als tatsächlichen Beweis dieser anscheinend unglaubhaften Möglichkeiten zeigte Sheldon, wie eine Stange einer Legierung, die gewöhnlich für Magnetismus empfänglich ist, scheinbar nur durch Luft schwebend erhalten wird, wenn ein Magnet darunter gelegt wird.

Im Licht der neuen Theorie Einsteins mag es deshalb möglich sein, dass das Freisein des Christus von den angenommenen Gravitationsgesetzen, die ihn zu sinken gezwungen haben würden, sobald seine Füsse die Oberfläche des Sees berührten, auf einer ungeheuren Menge von Elektromagnetismus in seinem eigenen Körper beruhte und aus einer Kraft stammte, die der Stärke seiner Persönlichkeit und Vitalität entsprang. In allen Gemälden des Christus wird er mit einem Heiligenschein um den Kopf gezeigt. Früher wurde dieser Heiligenschein als Erzeugnis der überreizten Einbildungen seiner Jünger betrachtet. Aber während der letzten paar Jahre hat die Wissenschaft, gemeinsam mit vielen Forschern psychischer Phänomene, vermittels tatsächlicher Experimente [151] gezeigt, dass jeder Mensch eine Aura hat, die jener Strahlung, die von einem mächtigen elektrischen Apparat ausgeht, stark ähnelt.

Eine solche Erklärung ist ein weiterer Beweis, dass die Wissenschaft die Grenzlinie, die materielle und spirituelle Dinge voneinander trennt, rasch überschreitet. Wenn wir uns erst einmal darüber klar sind, dass die Kenntnis höherer Gesetze den Widerstand niederer Gesetze überwinden kann, werden wir in unser wahres spirituelles Erbe eintreten.» (Pupin, M.: The New Reformation, S. 272)

Wir sehen dem Heraufdämmern jenes Tages erwartungsvoll entgegen, wenn Religion auf wissenschaftlicher Grundlage stehen wird, und die Wahrheiten, für welche die Jahrhunderte Zeugnis ablegen, bestätigt und bewiesen sein werden, denn wie Pupin uns weiter sagt:

«Ja, die spirituellen Realitäten Gottes sind unsichtbar, aber sie werden als physische Realitäten, in Form von physischen Dingen, offenbart, illustriert und verständlich gemacht. Dieser Auslegung der Worte des Apostels gemäss ergänzen die physischen und spirituellen Realitäten einander. Sie sind die beiden Endpunkte derselben Realitäten. Der eine Endpunkt wohnt in der menschlichen Seele und der andere in den Dingen der äusseren Welt. Hier finden wir einen der fundamentalen Gründe, warum Wissenschaft und Religion einander ergänzen. Sie sind die beiden Säulen des Portals, durch welches die menschliche Seele die Welt, wo die Göttlichkeit wohnt, betritt.» (Pupin, M.: a. a. O., S. 272)

Dann wird eine neue Rasse in Erscheinung treten, mit neuen Fähigkeiten, neuen Idealen, neuen Auffassungen über Gott und Materie, über Leben und Geist. Durch jene Rasse und durch die Menschheit der Zukunft wird nicht nur ein Mechanismus und eine Struktur sichtbar sein, sondern eine Seele, eine Wesenheit, die ihr [152] eigenes Wesen wie Liebe, Weisheit und Intelligenz offenbart, während sie ihren Mechanismus gebraucht.

Die Wissenschaft hat diese schliessliche Möglichkeit stets erkannt und bemerkt, dass der Evolutionsprozess einen Trend zu einer vollkommeneren Anpassung zwischen der Form und dem Leben zeigt. Überall in der ganzen Schöpfung wirkt sich eine Zielsetzung aus, manifestiert sich ein Wille zur Vervollkommnung. Diese Zielsetzung und dieser Wille werden von Liebe und Weisheit beherrscht, und jene beiden Energietypen - die Zielsetzung des Geistes und die Anziehungskraft der Seele - werden auf intelligente Weise auf die Vervollkommnung des materiellen Aspektes angewandt. Geist, Seele und Körper - eine göttliche Dreiheit - manifestieren sich in der Welt und werden alles einer Vollendung entgegenführen, die für uns in den Heiligen Schriften der Welt in einem Reichtum von Vorstellungen, von Farbe und von Form geschildert worden ist. Brownings Vision dieser Wahrheit und deren Ausdruck wird die Ergebnisse unseres Studiums für uns zusammenfassen und einen geeigneten Schluss für diese Abhandlung bilden.

«Und GOTT

Stellt sein altes Verzücken wieder her.

So wohnt er allem inne,

Von den kleinsten Anfängen des Lebens

Bis schliesslich zum Menschen -

Der Vollendung dieses Planes des Seins,

Der Beendigung dieser Sphäre des Lebens;

Seine Eigenschaften waren bereits früher

Über die sichtbare Welt zerstreut gewesen,

Voller Verlangen, verbunden zu werden,

Schwache Fragmente waren dazu bestimmt,

Zu einem wunderbaren Ganzen vereint zu werden.

Unvollkommene Eigenschaften, überall in der Schöpfung verstreut,

Deuteten an, dass noch ein Geschöpf erschaffen werden sollte;

Sie wiesen auf einen Punkt hin,

An dem alle diese zerstreuten Strahlen einander begegnen,

[153]

In den Fähigkeiten des Menschen zusammenlaufen würden. ...

Einen Punkt, wo die ganze Rasse gleichsam als Mensch vervollkommnet ist,

Alles war auf die Menschheit gerichtet.

Und als der Mensch hervorgebracht war,

Fand alles sein zeitweiliges Ende.

Doch im vollendeten Menschen beginnt erneut eine Neigung zu Gott.

Voraussagungen sprachen von der bevorstehenden Annäherung des Menschen.

Dem Ich des Menschen entspringen erhabene Ahnungen,

Symbole, Typen einer verschwommen erkannten Herrlichkeit,

Die in jenem ewigen Kreis, den das Leben verfolgt,

Stets vor ihm liegt.

Denn die Menschen beginnen, die Grenzen ihrer Natur zu überschreiten,

Sie finden neue Hoffnungen und Anliegen,

Die ihre ihnen eigenen Freuden und Leiden schnell verdrängen.

Sie werden zu gross für enge Glaubensbekenntnisse über Recht und Unrecht,

Die vor ihrem unermesslichen Verlangen nach dem Guten

Auf ewig dahinschwinden,

Während sie einen immer stärkeren Frieden spüren.

Selbst heute sind solche Menschen auf der Erde,

Erhaben inmitten der halb entwickelten Geschöpfe um sie herum.» (Browning, R.: Paracelsus)

[154]