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II. Die sieben Gesetze des Seelen- oder Gruppenlebens - Teil 1

Wir kommen nun zu einem Abschnitt unserer Studien über die Seele und ihr Leben, der für alle jene von wirklicher Bedeutung ist, die als bewusste Seelen leben (oder zu leben beginnen), da sie ihre Körper in Harmonie bringen und mit der Seele eins werden. Doch dürfte dieser Abschnitt für diejenigen, deren Leben noch in ihrer Persönlichkeit verankert ist, ziemlich schwer verständlich sein. Während aller Zeitepochen haben sich die Heiligen Schriften der Welt und ihre Ausleger bemüht, der Menschheit ein Verständnis für jene Eigenschaften und Merkmale beizubringen, die alle Rechtgläubigen, wahren Aspiranten und aufrichtigen Jünger kennzeichnen sollten, ob sie nun dem christlichen oder einem anderen Glauben angehören. Die Lehren legten stets Gewicht auf gute Lebensführung und rechtes Handeln, berücksichtigten daher die Wirkungen und Ergebnisse, die aus inneren Ursachen stammen, die aber nicht immer besonders erwähnt wurden. Im Grunde genommen sind alle solche Tugenden, gute Neigungen und erstrebte gediegene Qualitäten, die in der äusseren Welt in Erscheinung treten, die Manifestation gewisser Energien und Tendenzen, die der Seele selbst innewohnen. Diese Energien und Tendenzen unterliegen ihrerseits der Kontrolle von Energien und Gesetzen, die ihrem Wesen nach völlig verschieden sind von jenen, welche die Persönlichkeit der Menschen beherrschen.

Es ist wichtig, dies zu betonen und sich vor Augen zu halten, dass die Kräfte der Seele, wie sie heute in Erscheinung treten, in ihrer Auswirkung eine Fülle von Phänomenen darstellen, die vor einigen Jahrhunderten noch als magisch, unmöglich und übermenschlich gegolten hätten. Die Entdeckungen der Wissenschaft, die Anpassung an die Gesetze, welche der Materie zugrunde liegen, die Nutzniessung der materiellen Energie im Dienst der Menschheit (deren Bedürfnisse stets zunehmen), der feinstoffliche und zartgebaute menschliche Körper mit seiner zunehmenden Verfeinerung [86] als Registrier-Instrument, - all das hat in der Welt ein Bewusstsein und eine Zivilisation hervorgerufen, die - trotz ihrer offenkundigen Mängel, die alle auf den separatistischen und selbstischen Tendenzen der Persönlichkeit beruhen, deren sich die Seele noch für ihr Erziehungswerk bedienen muss - eine Gewähr für die eingeborene Göttlichkeit des Menschen sind, mit allem, was dieses Wort umfassen mag und folgern lässt.

Was bisher noch nicht erfasst wurde, ist die Tatsache, dass diese «gottähnlichen» Eigenschaften, diese wohltätigen Merkmale und die allmählich hervortretenden Tugenden in der Menschheit nur Anzeichen verborgener innerer Werdemöglichkeiten sind, welche wissenschaftlich noch nicht erforscht sind. Die Eigenschaften brüderlicher Liebe und des Gefühls für den Mitmenschen sind so benannt, weil sie im Wesen die Energien sind, welche die Gruppenbeziehungen regeln; die Kräfte, die man übermenschlich nennt, sind im Grunde Kräfte, die Gruppentätigkeit zum Ausdruck bringen, und die Tugenden sind nur Auswirkungen eines richtig gehandhabten Gruppenlebens, die sich auf der physischen Ebene zeigen. Die aufblühende Wissenschaft von den sozialen Beziehungen und von der sozialen Verantwortung (d. i. vom zweckmässig geordneten Gemeinschaftsleben), die Volkswirtschaftslehre, die Wissenschaft von den menschlichen Wechselbeziehungen, das ständig wachsende Verständnis für internationale Zusammenarbeit und für religiöse Einheit, die zunehmende Einsicht, dass alle Menschen wirtschaftlich aufeinander angewiesen sind - all dies sind Anzeichen von Energien, die aus dem Leben der Seele stammen und sich auf der physischen Ebene innerhalb der menschlichen Familie auswirken. Hieraus entsteht der Widerstreit der Ideale in der heutigen Welt; daher treten so geballte Gegensätze zutage, die so viel Verwirrung hervorrufen; daher die Kompromisse und daher die ungeeinten Widersprüche. Hier liegt die Ursache für all die verschiedenartigen Ideale einer zivilisierten Welt und für den Widerstreit so stark voneinander abweichender Beweggründe, die Menschen mit guten Motiven und Absichten und edlen Grundsätzen zu Widerstand und Opposition treiben.

Zwei Gruppen von Prinzipien sind die treibenden Faktoren im Menschenleben - Selbstsucht und Selbstlosigkeit, das Wohl des einzelnen und das der Gruppe, äussere und innere Ziele, materieller Antrieb und spiritueller Impuls, nationaler Patriotismus [87] und Weltideal, getrennte Glaubensrichtungen und ein Verband aller Religionen und all die vielen gehäuften Zwiespältigkeiten, die einfach typisch sind entweder für integrierte und separatistische Persönlichkeiten oder für harmonische und gruppenbewusste Seelen. Das sind die wesentlichen Gegensätzlichkeiten in der heutigen Welt; es überwiegt weitaus der Geist des Separatismus - da dies die Richtung des geringsten Widerstandes ist - sowie die Sucht, kritische Unterschiede zu machen. Ein Ausgleich dieser Gegensätze wird nur allmählich zustandekommen. Dann wird sich das Gewicht und die Geltung des Welt-Idealismus allmählich zu jenen Gefilden hin verschieben, in denen eine Vereinigung mit der Seele stattfinden kann. Schliesslich (das wird jedoch noch eine geraume Weile dauern) wird der Schwerpunkt des Denkens in der Welt endgültig und für immer «auf Seiten der Engel» sein. Man beachte, dass dieser wohlbekannte Ausdruck eine okkulte Wahrheit in sich birgt. Daher können wir erwarten, dass die neuen Gesetze, welche das Leben der Seele, also das Gruppenleben beherrschen, beginnen werden, ihre Wirkung auszuüben und sich fühlbar zu machen. Anfangs wird dies die Schwierigkeiten in der Welt vergrössern; deshalb ist es notwendig, die Bedeutung dieser Gesetze klarzumachen, ihre Ziele in vereinfachter Darstellung aufzuzeigen und ihre Wirkungskraft verständlich zu machen.

1. Das Gesetz des Opfers.

Dieser Abschnitt unserer Studien, den wir nun beginnen, wird schwierig und anfechtbar sein. Der Faden, der uns aus dem verwirrenden Labyrinth unserer Gedanken, das wir notgedrungen betreten müssen, wieder herausleitet, ist der goldene Faden der Gruppen-Liebe, des Gruppen-Einvernehmens, der Gruppen-Beziehungen und des Gruppen-Verhaltens.

             Exoterischer Name                Esoterischer Name                 Symbol                                               Strahlenenergie

Nr. 1. Das Gesetz des Opfers.          Das Gesetz derer,                    Ein rosen-farbiges Kreuz                 Ausströmender vierter
                                                              die den Tod wählen.                mit einem goldenen Vogel.             Strahl, harmonisierende Energie.

Dieses Gesetz des Opfers, das erste der Gesetze, die von der menschlichen Intelligenz begriffen werden sollen, ist am leichtesten verständlich, weil der Mensch sich von diesem Gesetz bereits leiten lässt und er sich daher dessen bewusst ist; es kam während des [88] langsam schwindenden gegenwärtigen Zeitalters, des Fische-Zeitalters, zur ersten Auswirkung. Es war stets wirksam und aktiv in der Welt, denn es ist eines der ersten innerlichen, seelischen Gesetze, das sich deutlich und als lebendiges Ideal im menschlichen Leben geltend macht. Das Thema aller Weltreligionen war seit jeher eine Opfertat göttlicher Art, entweder das Opfer der kosmischen Gottheit durch die Erschaffung eines Universums oder der Tod und die Opfertat der Welterlöser, um die Menschen zu erretten und ihnen schliesslich die Erlösung und Befreiung zu bringen. So gross ist die Blindheit und so stark der vergiftende Einfluss separatistischen Denkens im niederen Menschen, dass dieses Gesetz des Opfers in egoistischer Denkweise so ausgelegt wird, als ob es dem einzelnen Menschen persönlich die Erlösung bringen müsste. Aber die entstellte Wahrheit bleibt unverfälscht das, was sie auf ihrem eigenen Niveau ist, ein beherrschendes Weltgesetz, das die Erschaffung und Zerstörung von Universen und Sonnensystemen, das Kommen und Gehen von Rassen und Nationen, von Weltführern und Weltherrschern von Menschen, die sich wiederverkörpern und von Gottessöhnen, die Offenbarungen bringen, lenkt und leitet.

Wir wollen versuchen, ob wir die wahre Bedeutung dieses Gesetzes erklären und definieren können, das in Wirklichkeit der Ausdruck eines göttlichen Impulses ist, der eine klar bestimmte Tätigkeit und folglich Ergebnisse und Wirkungen hervorruft. Dieser Aspekt des Opfers war es, der zur Erschaffung der Welten und zum Offenbarwerden des göttlichen Schöpfers geführt hat.

Es könnte dem Leser helfen, ein besseres Verständnis für das Gesetz des Opfers zu gewinnen, wenn wir es durch synonyme Begriffe und sinnverwandte Ausdrücke zu erklären versuchten.

a) Die Bedeutung des Gesetzes des Opfers.

«Der Impuls zu geben», das ist die ureigenste Bedeutung. In diesem einfachen Satz liegt das ganze Geheimnis der Lehren von der «Vergebung der Sünden» und vom «Einswerden». Es ist die Grundlage der christlichen Lehre von der Liebe und Opferfreudigkeit. Daher wurde im Zeitalter der Fische durch den Einfluss des Christentums [89] gerade auf diese beiden Faktoren - Sündenvergebung und Einswerden mit Gott - so besonderes Gewicht gelegt. Es ist nur zu wahr, dass der Mensch wie gewöhnlich die Lehre und Wahrheit verzerrt und falsch ausgelegt hat, und dass sie - wie vieles andere in unseren Tagen - der Verblendung und Illusion der Astralebene sowie dem Einfluss des Fische-Zeitalters zum Opfer fiel. Der Mensch stellte sich mit seinen Gedanken über das Ideal und entstellte es; er machte eine solch verdammenswerte Lehre daraus, als ob es Auserwählte Gottes oder Erwählte des Ewigen oder nur eine einzige Menschengruppe gäbe, denen aus dem Opfer und Tod des grossen Gottessohnes ein Nutzen erwächst und die infolge der Verdienste dieses stellvertretenden Opfertodes in einen Zustand himmlischer Seligkeit gelangen, - einfach, weil sie es gefühlsmässig so wollen; dabei wird völlig ausser acht gelassen, dass Millionen von Menschen weder eine solche Wahl getroffen haben noch eine Möglichkeit dazu hatten. Das symbolische Wirken des grossen Lehrers von Nazareth wird nur dann richtig verstanden und die Bedeutung seines Wirkens entsprechend gewürdigt werden, wenn man Gruppenmotive sorgfältiger studiert und die Folgerungen daraus zieht. Dann wird der Sinn des Opfers und Todes einen richtigen Platz im menschlichen Bewusstsein erhalten und man wird das Gesetz des Gebens mit all seinen Folgerungen genau verstehen und richtig in die Praxis umsetzen. Diejenigen Wesen, welche ein derartiges Opfer bringen, sind:

Die Sonnen-Gottheit, die ihr Leben dem Universum, dem Sonnensystem und dem Planeten gab, als dessen Folge die manifestierten Welten in Erscheinung traten. Die kosmische Gottheit hat in gleicher Weise dasselbe Opfer gebracht. Doch, was besagt uns das? Gar nichts, es ist nur ein Symbol. Es war der Impuls des Sonnengottes, sein Wille, sein Verlangen, sein Antrieb, seine Idee und sein Ziel, sichtbar in Erscheinung zu treten. Hierauf fand ein schöpferischer Akt statt und so begann der Manifestationsprozess mit den zyklischen Phänomenen der Evolution. Der kosmische Christus wurde an das Kreuz der Materie geschlagen und durch dieses grosse Opfer wurde allen ins Dasein kommenden Lebewesen aller Naturreiche und aller geschaffenen Welten eine günstige Gelegenheit geboten. Auf diese Weise konnten sie sich fortschreitend entwickeln. So nahm das Schöpfungswerk in Raum und Zeit seinen Anfang und so begann der ungeheure Marsch der Lebewesen einem derzeit [90] unerkannten Ziel entgegen. Wir können keinen Grund dafür angeben, warum die Gottheit sich entschloss, so zu handeln. Wir kennen der Gottheit letzte Ziele und Pläne nicht; nur Aspekte der Ausführungsmethoden werden dem erleuchteten Denker erkennbar. Jene Wesen, die so viel mehr wissen als wir, da sie längere Lebenszyklen und grössere Erfahrungen hinter sich haben, deuteten an, dass im Bewusstsein derer, die einige der höheren Einweihungen durchgemacht haben, ein erster Schimmer jener ewigen und kosmischen Zielsetzung zu dämmern beginnt. Welcher Art diese Wesen sind, muss begreiflicherweise für die Menschheit unverständlich bleiben. Was ein intelligenter Mensch erfassen kann, wenn er die Geschichte dieses Planeten an sich vorüberziehen lässt, soweit ihm dies die moderne Geschichtsforschung ermöglicht, ist folgendes:

1. Der Mensch hat in seiner Bewusstseinskraft Fortschritte gemacht.

2. Die Lebensformen in den verschiedenen Naturreichen haben sich zunehmend und im gleichen Schritt mit der Evolution verfeinert.

3. Durch Entwicklung eines raschen Lebenstempos hat sich die bewusste Aktivität des Menschen gesteigert, und er zeigt dauernd die Neigung, über die Zeit (was wir so nennen) hinauszuwachsen.

4. Es wird immer klarer, dass wir von einer Dimension zur anderen vorrücken, und heute sprechen wir bereits von einem vierdimensionalen Bewusstseinszustand. Es ist nicht schwer sich auszudenken, dass eine fünfte oder sechste Dimension im Bereich der Möglichkeit liegt.

5. Die Wissenschaft bekommt immer mehr die Elemente, in denen wir leben und die Naturkräfte in ihre Gewalt. Wir sprechen heute von der Beherrschung der Luft in derselben Weise, wie unsere Vorfahren vor fünfhundert Jahren (als eine Beherrschung der Luft eine Unmöglichkeit schien) von der Meisterung der Meere sprachen. Wir sind nun dabei, die Anziehungskraft der Erde aufzuheben und können «ins Angesicht der Sonne fliegen.»

6. Vom reinen Instinktleben mit dem Sinnesbewusstsein der materiellen Formen sind wir zum Intellektleben selbstbewusster [91] Menschen aufgestiegen, ja sogar bis zu den intuitiven Erkenntnissen bei solchen fortgeschrittenen Menschen gekommen, die begonnen haben, als Übermenschen zu leben.

All dies kam durch die entschlossene und qualifizierte Aktivität eines grossen Lebewesens zustande, das aus freien Stücken dieses grosse Opfer auf sich nahm und sich an das Fundamentalkreuz der Himmel kreuzigen liess, um hierdurch eine kosmische Einweihung zu erlangen. Heute ist dieses grosse Wesen, gesehen von unserem unbedeutenden und unwissenden Standpunkt, an das feststehende Kreuz im Himmel geheftet, führt aber dennoch mit Hilfe des wandelbaren Kreuzes Veränderungen im Evolutionszyklus durch, um das Bewusstsein höher zu entwickeln, die Formen weiter zu verfeinern und alle Lebensäusserungen, die seine Schöpfung kennzeichnen, zu steigern und zu erhöhen.

Eine Betrachtung der angedeuteten Ziele

1. das Bewusstsein zu entwickeln,

2. Formen zu verfeinern und

3. die Erkenntnis über das Leben zu vertiefen, wird dem ernsthaften Leser nur ein dürftiges Verständnis für den untersten Aspekt der göttlichen Absichten vermitteln. Das Wunder der Totalidee übersteigt des Menschen Vorstellungskraft und macht ihn taumeln. Wenn das so ist und wenn die genannten Ideen noch viel tiefere und grossartigere kosmischen Ziele vermuten lassen, - mag da nicht das wirkliche Endziel menschliche Berechnung weit übersteigen, da ja schon des Zieles unterste Stufe höchstes intuitives Erfassen und abstraktes Begreifen verlangt, dessen ein Mensch mit höchstmöglichem Bewusstsein fähig ist? Ich empfehle, diesen Gedanken intensiv durchzudenken.

Es wird uns daher klar werden, warum die Energie des vierten Strahls zu dem Gesetz des Opfers in Beziehung steht und warum man in dieser vierten Planetenkette und auf unserem vierten Globus (dem Erden-Globus) so grosses Gewicht auf dieses Gesetz des Opfers legt, «das Gesetz derer, die den Tod gewählt haben.» Der vierte [92] Strahl des Konflikts (ein Konflikt mit dem Endziel der Harmonie) ist zurzeit nicht in Manifestation, doch ist dieser Strahl - vom grösseren Zyklus aus gesehen - der bestimmende Hauptfaktor unserer Erdevolution und der Evolution unseres Sonnensystems, das eines der vierten Ordnung ist. Dieser Tatbestand macht es verständlich, warum unser kleiner Planet, die Erde, eine so augenscheinlich wichtige Rolle in dem Sonnensystem einnimmt. Das ist nicht deshalb so, weil es uns lieber ist, das anzunehmen und auf diese Weise die eigene Überheblichkeit zu nähren, sondern weil der vierte Strahl des Konflikts und das erste Gesetz des Opfers für das vierte Naturreich, das des Menschen, in Zeit und Raum massgebliche Faktoren sind. Unser Planet ist der vierte in der Reihe göttlicher Formoffenbarungen, in die wir hineingestellt sind. Er hat eine ganz besondere Beziehung zu dem Rang und der Position, die unser Sonnensystem in der Reihenfolge der übrigen Sonnensysteme innehat, die in ihrer Gesamtheit den Ausdruckskörper des Einen darstellen, über den nichts gesagt werden Kann.

Man darf niemals vergessen, dass die richtig angewandten und verstandenen Energien des vierten Strahls des Konfliktes Harmonie und Einssein zustandebringen. Das Ergebnis dieser Harmonie-bewirkenden Tätigkeit ist Schönheit, aber es ist eine Schönheit, die durch Kampf und Mühen erworben wird. Harte Prüfungen erwirken durch Tod seelisches Leben, schaffen durch Streit und Hader Eintracht und rufen durch gegensätzliche und widerwärtige Situationen Einheit unter den Menschen hervor.

Die Opfertat der Sonnenengel liess das vierte Naturreich erstehen. Die «zurückkehrenden Nirvanis» (wie sie in der esoterischen Literatur genannt werden) nahmen mit Überlegung und in vollstem Verstehen menschliche Körper an, um die niederen Lebensformen schneller an ihr Ziel zu bringen. Diese Nirvanis waren und sind wir selbst. Die «Herren des Wissens und des Mitleids und der nimmer endenden Hingabe» (die wir selbst sind) wählten den Tod, damit die geringer entwickelten Lebenseinheiten leben können. Dieses Opfer macht es möglich, dass das schlummernde Bewusstsein Gottes, das allen Formen eingepflanzt ist, sich entwickeln konnte. Dieses potentielle Bewusstsein, das sich durch die untermenschlichen Naturreiche hindurchgearbeitet hatte, bedurfte der Mithilfe der [93] Sonnenengel, um einen weiteren Fortschritt möglich zu machen. In diesem Geschehen liegt

a) unser Dienst Gott gegenüber, durch Opfer und Tod;

b) unser Dienst anderen Seelen gegenüber, durch freiwillige Selbstopfer für bestimmte Zwecke und Ziele;

c) unser Dienst an anderen Lebensformen in anderen Naturreichen.

Alles dies schliesst den Tod und das Opfer eines Sohnes Gottes, eines Sonnenengels, in sich. Vom Standpunkt der Gottheit aus gesehen, sind das Herabsteigen in Materie, die Manifestierung durch eine Form, das Annehmen eines Körpers, die Bewusstseinserweiterung durch den Inkarnationsprozess, Vorgänge, die im okkulten Sinn ein Todeszustand sind. Dennoch wählten die Engel «den Tod, und durch ihr Sterben lebten sie.» Durch ihr Opfer wird die Materie in den Himmel gehoben. Mit diesem Thema beschäftigt sich die Geheimlehre und - in erweiterter Form - Eine Abhandlung über Kosmisches Feuer. Das Opfer der Engel, der Tod der Gottessöhne, die Selbstaufopferung des mystischen Christus, die Kreuzigung in Zeit und Raum aller lebenden Wesen, Seelen genannt - darüber berichten diese beiden Bücher. Dies ist das Mysterium, das in allen Heiligen Schriften angedeutet wird, und dies ist das Jahrtausende alte Geheimnis, das von der Seele des Menschen nur dann entdeckt wird, wenn der einzelne Mensch zu seiner eigenen Seele eine bewusste Beziehung aufnimmt und entdeckt, welches Opfer er freudigen Herzens in der Vergangenheit gebracht hat. So wird er sich dieser vorsätzlichen, erhabenen Opfertat am Anfang der Zeiten bewusst. Und zu einem bestimmten Zeitpunkt in seiner Laufbahn als eine auf Erden lebende Seele wiederholt er bewusst und symbolisch dieses Opfer, um anderen Seelen zu helfen und deren Fortschritt zu beschleunigen. Hierauf kommt eine Zeit, in der er in irgend einer Art und Weise, in seinem Innern und vor dem Forum der Welt, dieses grosse symbolische Drama darstellt und vollbringt, das wir «Die Opfertat eines Welterlösers» nennen. Das ist der historische [94] Hintergrund aller jener Gottessöhne, die - zu allen Zeiten - die Stufe erreicht hatten, auf der sie die Bedeutung der göttlichen Absicht des «Wortes», das in Form eines Planeten «Fleisch wurde» und jener Sonnenengel verstehen, die selbst das «Wort» sind, das sich durch eine menschliche Gestalt «verkörperte». Ob sie nun selbst in diesem Drama eine persönliche Rolle spielen, wie Christus es tat, um den Menschen die symbolische Bedeutung von Tod und Opfer vorzuführen oder ob sie dieses Drama so gestalten, wie Buddha es tat, der den Menschen vorlebte, wie man persönliches Verlangen opfern und abtöten soll (um nur zwei dieser manifestierten Gottessöhne anzuführen), das Thema bleibt das gleiche: - das «Niedere» muss sterben, damit das «Höhere» freigesetzt wird; oder - in grösserem Massstab: - das, was in der Rang- und Daseinsstufe das Höhere ist, muss sterben, um das Niedrigere freizumachen.

Doch die Lektion muss gelernt werden (und der Mensch ist jetzt dabei es zu tun), dass Tod, wie das menschliche Bewusstsein ihn versteht, Schmerz und Sorge, Verlust und Unglück, Freude und Kummer nur als solche existieren, weil der Mensch sich noch immer mit dem Formleben und nicht mit dem Leben und Bewusstsein der Seele, des Sonnenengels, identifiziert, dessen Bewusstsein, der Anlage nach, die der planetarischen Gottheit ist. Die planetarische Gottheit hat ihrerseits wieder einen grösseren Bewusstseinsbereich, der dem potentiellen Bewusstsein der Solaren Gottheit entspricht. Wenn der Mensch anstatt mit seiner Form sich mit seiner Seele identifiziert, dann versteht er sofort die Bedeutung des Opfergesetzes; er kommt unwillkürlich unter dessen Herrschaft; und er wird zu denen gehören, die mit wohlerwogener Absicht den Tod wählen. Doch ist damit kein Schmerz, keine Sorge und kein wirklicher Tod verknüpft.

Das ist das Geheimnis der Illusion und Verblendung. Alle Welterlöser sind von diesen freiheitberaubenden Faktoren frei. Sie lassen sich durch diese nicht irreführen. Es mag gut sein, nebenbei zu erwähnen, dass wir im Neuen Zeitalter unsere Auffassung über den Ausdruck Weltheiland erweitern werden. Gegenwärtig bringen wir diesen Begriff hauptsächlich mit jenen Seelen in Verbindung, die unter dem Lehr-Strahl auf Erden erscheinen, dem zweiten oder Christus-Strahl. Sie lassen [95] vor unseren Augen das Drama der Erlösung abrollen. Doch ist dies in Wirklichkeit nicht so; es ist ein Irrtum, welcher der überwältigenden Gemütsverblendung des Fische-Zeitalters zuzuschreiben ist. Dieser astrale Einfluss hat seine Wurzeln in der vergangenen atlantischen Zivilisation, die der unsrigen voranging. Damals wurde dem Astralkörper alle Aufmerksamkeit gewidmet. Viele heutige und eventuelle künftige Geschehnisse haben in diesem Energie-Aspekt ihre Wurzeln. Samen, die damals gesät wurden, kommen heute zur Blüte. Das ist an sich gut und notwendig, wenn auch unerfreuliche Erfahrungen damit verknüpft sind.

Welterlöser erscheinen indes (und das ist zu beachten), um der Menschheit zu dienen, und dieser Dienst ist mit vielerlei und verschiedenartigen Opfern verbunden. Sie mögen grosse Herrscher sein oder Diktatoren, Politiker, Staatsmänner, Wissenschaftler und Künstler. Ihre Aufgabe besteht darin, zu retten, wiederherzustellen oder zu erneuern und etwas kundzutun; sie opfern sich selbst auf und dadurch vollbringen sie das Werk. Man muss sie als das ansehen, was sie sind. Heute werden sie falsch verstanden, irrig ausgelegt und mehr nach ihren Fehlern als nach ihren Zielen beurteilt. Aber sie sind Seelen, die sich dem Wohl anderer weihen. Sie erretten andere; sie richten sie auf; sie vereinen, was getrennt ist; sie bringen Licht und Erleuchtung; und spätere Geschichte wird das Endresultat ihres Wirkens ein gutes nennen.

Dieses Opfergesetz und der Gebedrang kann auch durch alle Naturreiche hindurch verfolgt werden. Ein typisches Beispiel sind die fundamentalen Opfer, welche die verschiedenen Naturreiche einander bringen. Die wesentlichen Qualitäten der Minerale und Chemikalien dieser Erde beweisen dies. Andere Lebensformen bedürfen dieser Substanzen, der Mensch erhält sie über das Pflanzenreich und das Trinkwasser. So gilt dieser Gebeprozess selbst in dem ersten und dichtesten Naturreich (dessen Bewusstsein von dem unsrigen so weit entfernt ist). Wir wollen jedoch dieses Gesetz des Opfers in [96] den untermenschlichen Reichen nicht weiter verfolgen, sondern werden uns auf den Menschen, sein Leben und sein Bewusstsein beschränken.

b) Das Werk der Rettung oder Erlösung

Das Gesetz des Opfers bedeutet auch Errettung und aufopferndes Wirken; es liegt allem Entwicklungsgeschehen zugrunde. Besonders deutlich zeigt sich dies in der menschlichen Familie. Der Trieb nach Verbesserung, der Drang, körperliche, emotionelle und geistige Fortschritte zu machen, die Bemühungen, die Lebensbedingungen zu verbessern, die Neigungen zu philanthropischem Tun, das sich so rasch in der Welt bahnbricht, Verantwortungsgefühl, das den Menschen die Augen öffnet, dass sie in der Tat die «Hüter ihrer Brüder» sind, - alles dies sind Äusserungen dieses angeborenen Opfersinnes. Dieser innere Antrieb zur Opferbereitschaft ist, obwohl die moderne Psychologie darüber im Bild ist, von weit grösserer Bedeutung, als man bisher annahm. Es ist diese instinktgeleitete Neigung, die als treibende Kraft hinter dem Gesetz der Wiedergeburt steht. Dieser Opfer-Instinkt ist Ausdruck eines noch grösseren Faktors im Schöpfungsprozess; er ist der bestimmende Urimpuls, der Gottes Seele antrieb, den Weg ins Formleben zu gehen. Durch diesen Impuls wird der Lebensfunke gezwungen, auf dem Weg der Involution in die Materie hinabzusteigen und so die Ursache der Immanenz (des Innewohnens) Gottes zu werden. Es ist auch der Drang, der die Menschheit in einen wilden Kampf um ihren materiellen Wohlstand hineintreibt. Und eben dieselbe Kraft wird auch den Menschen einmal dazu bringen, «der Welt, dem Fleisch und dem Teufel» (wie es im Neuen Testament heisst) den Rücken zu kehren und sich geistigen Dingen zuzuwenden. Der verlorene Sohn gab sein Vaterhaus auf, als er sich entschloss, in die weite Welt zu wandern. Er vergeudete und verprasste seine Barschaft im Strudel der Lebenserfahrungen, die er auf Erden machte, bis seine Mittel erschöpft waren. Schliesslich blieb ihm keine andere Wahl, als all das aufzugeben, was ihm einstens so teuer war, das er aber als unbefriedigend erkannt hatte. Für diese Dinge geringeren Wertes hatte er die höheren Werte geopfert und nun musste er dorthin zurückkehren, von wannen er gekommen war. Das ist die Lebensgeschichte eines jeden Gottessohnes, der [97] in die Inkarnation kam und so stellt es die Bibel in bildhafter Sprache dar. Das Thema ist in allen Welt-Bibeln das gleiche.

Der Drang Opfer zu bringen, das eine aufzugeben, um das andere zu gewinnen, eine bestimmte Lebensrichtung oder Verhaltensweise zu wählen und dafür einen anderen Kurs aufzugeben, Verluste zu tragen, um schliesslich einen Gewinn zu buchen, - das ist der Hergang, welcher der Evolution zugrunde liegt. Dafür muss man psychologisches Verständnis haben. Es ist ein leitendes Prinzip des Lebens selbst, das sich wie ein goldenes Schönheitsvorbild durch den dunklen Baugrund zieht, auf dem sich die Geschichte der Menschheit aufbaut. Wenn dieser Drang, Opfer auf sich zu nehmen, um das zu gewinnen, zu erreichen oder zu erretten, was für wünschenswert erachtet wird, richtig verstanden wird, dann wird das ganze Rätsel der Entwicklung des Menschen enthüllt sein. Diese Tendenz oder dieser Drang ist etwas anderes als Wunschtriebe, wie man sie heute akademisch versteht und erforscht. Dieser Opferdrang bedeutet in Wirklichkeit den Durchbruch dessen, was als höchster Gottesfunke im Menschen glüht. Es handelt sich wohl um einen Wunsch-Aspekt, aber es ist dessen dynamische, aktive Seite und nicht die des sinnlichen Gefühls. Es ist das oberste Hauptmerkmal der Gottheit.

Für Studierende esoterischer Lehren ist die Bemerkung von Interesse, dass dieser Drang zu erretten und Opfer zu bringen - um der Erlösung willen - in den einzelnen planetarischen Evolutionen sich in verschiedener Weise auswirkt. Jeder Strahlenherr eines Evolutions-Systems, der sich durch einen Planeten manifestiert, bringt diesen Drang auf verschiedene Weise zum Ausdruck; und jede Ausdrucksweise ist so verschiedenartig, dass es einem Menschen kaum möglich ist, mehr als die Methode zu erahnen, die auf unserem eigenen Planeten in Geltung ist. Eingeweihte wissen, dass die verschiedenartigen psychologischen Merkmale der einzelnen Strahlwesen in ganz besonderer Weise die Methode bestimmen, die während eines Manifestations-Zyklus ihre spezifische Opferleistung kennzeichnet. Der grosse Strom lebendiger Energie, der sich in dem Evolutions-System unseres Erdplaneten manifestiert, erhält sein Gepräge durch ein Temperament, eine Geisteshaltung und Einstellung eines Wesens, das ein «Göttlicher Rebell» ist. Eben diese [98] Auflehnung bringt Schmerz und Sorge hervor, aber diese Empörung ist der Gottheit unseres Planeten, dem «Einen in dem wir leben, weben und sind», eigen und eingeboren. Diese Tendenz ist daher grösser als die eines Einzelmenschen. Man kann diese höchst erstaunliche Wahrheit über den planetarischen Logos nur unter einem Schleier symbolischer Andeutung und in der Sprache menschlichen Denkens zum Ausdruck bringen. Dabei besteht immer ein Risiko, denn der Mensch legt sich alles, was er liest und hört und erlebt, von seinem eigenen Standpunkt aus zurecht.

Der Alte Kommentar sagt:

«Er trat ins Leben und wusste, dass es Tod war.»

«Er nahm einen Körper an und war betrübt, weil er ihn dunkel fand.»

«Es trieb ihn aus der geheimen Stätte, und er strebte zur Lichtstätte, und das Licht enthüllte ihm alles, was er am wenigsten begehrte.»

«Er bat dringend um die Erlaubnis zurückzukehren.»

Er suchte nach dem höchsten Thron und nach Ihm, der darauf sass. Er sagte: «Das war es nicht, wonach es mich verlangte. Ich hielt Ausschau nach Frieden, nach Licht, nach einem Wirkungsfeld, um Dienste zu tun, meine Liebe zu beweisen und meine Machtfülle zu zeigen. Da ist keine Spur von Licht. Kein Friede findet sich dort. Lass mich zurückkehren.»

«Doch er, der auf dem Thron sass, wandte seinen Kopf nicht zu ihm. Er schien nicht einmal aufzumerken oder zuzuhören. Doch aus der niederen Sphäre der Dunkelheit und Schmerzen wurde eine Stimme laut, die rief: «Wir leiden hier Qualen. Wir suchen das Licht. Wir bedürfen der Herrlichkeit eines Gottes, der zu uns kommt. (Ich kann keine besseren Worte finden, um das uralte Symbol, das ich in Sprache umsetze, auszudrücken), hebe uns auf zum Himmel. Komm, oh Herr, in das Grab. Erhebe uns ins Licht und bringe das Opfer. Zerbrich für uns die Mauern des Gefängnisses und teile unser Leid.»

«Der Herr des Lebens kehrte zurück. Er war nicht damit einverstanden und daher gibt es Leid und Schmerz.»

Dieselben Zustände, die das Gesetz des Opfers mit Schmerz, Leid und Schwierigkeiten verbinden, finden sich auch auf den Planeten Mars und Saturn. Sie existieren nicht auf anderen Planeten. Wer die Geheimlehre und die Abhandlung über Kosmisches Feuer mit Verständnis gelesen hat, weiss, dass unsere Erde kein heiliger Planet ist. Saturn, Mars und unsere Erde bilden jedoch in einer [99] merkwürdigen Art und Weise die Persönlichkeit eines allgewaltigen Strahlenwesens, dessen Energie die des dritten Strahls ist. Wie im 1. Band von «Sieben Strahlen», erwähnt, gibt es sieben heilige Planeten, aber zehn planetarische Grund-Systeme oder «Ketten». In drei Fällen (welche die drei Hauptstrahlen betreffen) bilden drei Planeten die Persönlichkeit des betreffenden Strahlen-Lebens. Einige Esoteriker glauben, dass man mit zwölf Planeten in unserem Sonnensystem zu rechnen habe und diese Schlussfolgerung ist nicht unbegründet. Die Persönlichkeit des genannten Lebensträgers des dritten Strahls betätigt sich durch die folgenden Planeten:

1. Sein Mentalkörper bekundet sich durch den Planeten Saturn.

2. Sein Astralkörper durch den Planeten Mars.

3. Sein physischer Körper durch den Planeten Erde.

Die Machtfülle dieses Wesens ist so gross, dass es für seine Wesensäusserung drei volle Evolutions-Systeme benötigt, die alle drei eng miteinander verknüpft und voneinander abhängig sind. Uranus, Jupiter und Venus sind in ähnlicher Weise zusammengruppiert, um einem grossen Wesen als Ausdrucksformen zu dienen.

Obwohl diese Tatsachen ein tiefgründiges Geheimnis sind, so kann doch die Wahrheit nicht in Abrede gestellt werden, dass Venus eine besondere und enge Beziehung zur Erde hat. Was hiermit betont werden soll, ist schwer zu erklären; aber dieser Punkt ist von grosser Bedeutung. Ich will mich daher genauer fassen und folgendes feststellen:

1. Nur drei Planetensysteme wissen um Schmerz und Leid, in dem Sinne, wie wir diese Worte verstehen; niemand weiss das so genau und fühlt es so stark wie der Logos unseres Planeten.

2. Schmerz und Leid sind die Folgen von Empörung und von göttlicher Unzufriedenheit. Der Trieb zur Verbesserung, der aus der Unzufriedenheit erwächst, brachte notwendigerweise jene Anlage und Geisteshaltung auf unserem Planeten mit sich, welche die Dualitäten sieht und erkennt.

3. Im Bewusstsein des Menschen ist eine Stufe zu erreichen, auf [100] der das, was hinter den Zweiheiten liegt - das Stadium wesensgemässen Eins-Seins - erkannt werden kann und wird.

4. Wenn dieses Stadium erreicht ist, wird das Bewusstsein unserer Menschheit mit jenem kosmischen Bewusstsein verschmelzen, das weder Schmerz noch Leid kennt, da es ja aus der Anschauung oder Erkenntnis, von der das Bewusstsein der drei grossen Wesen unseres Sonnensystems in der Hauptsache beherrscht wird, herausgeglitten ist.

5. Diese dunkel geahnte Wahrheit ist es, die hinter den hochwertigsten metaphysischen Gedanken liegt, die z.B. das Gerüst der «Christlichen Wissenschaft» (Christian-Science), der «Einheitsbewegung» (Unity), der «Göttlichen Wissenschaft» (Divine Science) bilden und die hinter der Lehre des Christentums und der esoterischen Schulen lebt, die das Einswerden, die Vereinigung mit Gott betonen.

Dieser instinktive Trieb, Verbesserungen durch ein Opfer zu bewirken, hat mannigfache Äusserungen.

In erster Linie ist der Instinkt zu nennen, der nach persönlicher Besserstellung trachtet. Dieser führt zu Selbstsucht, Habsucht und einem Streben der materiell eingestellten Menschen nach irdischem Besitz.

Dann ist zweitens der Instinkt zu nennen, der eine Verbesserung der Lebensumstände anderer Menschen zum Ziel hat. Dies mag zuerst den selbstsüchtigen Beweggrund haben, die Not und das Unglück anderer nicht ansehen zu müssen; dann kommt es zu einem reinen, selbstlosen Dienst an der Menschheit, der eine Eigenschaft der Seele ist.

Schliesslich kommt es durch die Kraft, «im spirituellen Sein zu verharren», zu einer werktätigen Hingabe und völligen Aufopferung des niederen Selbstes; das bedeutet natürlich, dass der Betreffende einen Bewusstseinszustand erreicht hat, der über den Grad hinausgeht, den man symbolisch den Bewusstseinszustand der «Erde, des Saturn und Mars» nennen könnte.

Man darf jedoch nicht vergessen, dass dieser Beitrag für die drei [101] grossen planetarischen Lebewesen, die in hervorragender Weise das Gesetz des Opfers - mittels Schmerz und Empörung - verkörpern, ein ganz wesentlicher ist, welcher der gesamten Evolution dient und in hohem Mass das ganze kosmische Leben bereichert. Die Monaden göttlichen Lebens und die Atome elektrischer Energie, die durch diese Planetenevolutionen hindurchgehen, werden diesem Entwicklungsablauf unterworfen, um jene psychische Feinfühligkeit zu entwickeln, die auf anderem Wege unmöglich zu erlangen wäre. Nur jene Monaden, die hauptsächlich vom dritten Strahl ihre Prägung erhalten, gehen für längere Zeit durch diese drei Systeme hindurch. Hier ist ein Hinweis dafür zu finden, dass die Monaden des dritten Strahls unter den Menschensöhnen am meisten verbreitet sind. Die Mehrzahl menschlicher Monaden befindet sich, besonders jetzt, vor allem auf dem Strahl aktiver Intelligenz, der sich durch die sieben Strahltypen manifestiert. Wir finden daher die folgenden psychologischen Typen, die dem grösserem Teil unserer Menschheit das Gepräge geben, als Wesensäusserungen des Strahls aktiver Intelligenz, die sich zeigen als

1. Wille, der Gottes Absicht wachruft.

2. Liebe, welche die Wesensart Gottes zum Ausdruck bringt.

3. Intellekt, der die Intuition widerspiegelt.

4. Konflikt, der Harmonie erzeugt.

5. Wissen oder Wissenschaft, die zu Energiestrahlung führen.

6. Idealismus, der das göttliche Vorbild verwirklicht.

7. Ritus oder Organisation, welche die Gottheit offenbar machen.

Wenn einmal ein grösseres Wissen über die Energien besteht, die den Typus eines Menschen bestimmen, kann man psychologische Formeln anwenden. Zum Beispiel: ein Mensch, dessen Monade vermutlich zum dritten Strahl gehört, dessen Ego am vierten Strahl und dessen Persönlichkeit am siebten Strahl verankert ist, kann durch die Formel Drei, IV, 7 gekennzeichnet werden. Diese einfache Formel kann durch Beifügung der weniger wichtigen Sonderungen erweitert werden. Als Beispiel diene eine Persönlichkeit, die am siebten Strahl verankert ist und die einen Mentalkörper des ersten Strahls, einen Astralkörper des fünften Strahls und einen physischen [102] Körper des dritten Strahls haben mag. Die volle Formulierung würde demnach lauten:

 

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1

Drei, IV. 7.  

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5

 

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3

In Worte umgesetzt besagt diese Formel:

Monade                          dritter Strahl
Ego                                  vierter Strahl
Persönlichkeit               siebter Strahl
Mentalkörper                erster Strahl
Astralkörper                  fünfter Strahl
Physischer Körper        dritter Strahl

Für Studierende könnte es von Nutzen sein, sich und andere nach obigem Muster zu erforschen und ihre persönliche Formel aufzustellen. Dies sollte zusammen mit dem Studium des Horoskops geschehen. In dem nachfolgenden Band über Esoterische Astrologie soll dies ausführlich besprochen werden, wenn wir die astrologischen Zusammenhänge der Strahlen genauer betrachtet haben.

Das Gesetz des Opfers kann, soweit Leid und Schmerz im menschlichen und untermenschlichen Bereich damit zu tun haben, niemals aus unserer Erd-Evolution verschwinden und ebensowenig können solche Reaktionen auf dem Saturn- und Marsplaneten ausgemerzt werden. In den Evolutions-Systemen anderer Sterne ist das Opfergesetz so gut wie unbekannt. «Gottseligkeit» und «Opferbringen» sind für den Sonnen-Logos, wie auch für die Mehrzahl der Planeten-Logoi sinnverwandte, synonyme Worte. Daran sollte man denken. Einen Anflug dieses Freiseins von den Fesseln des Schmerzes und Leides findet man unter den höher fortgeschrittenen Menschen hier auf Erden, welche die Ekstase des Mystikers, die hohe Begeisterung des Eingeweihten und den heftigen inneren Kampf einer Opfertat erfahren haben oder die Pein solcher Gefühle kennen, die bis zur Sublimierung, bis zum Erreichen der Vergeistigung gebracht wurden. Wenn dieser Höhepunkt erlangt wurde, dann ist der Mechanismus für Schmerzempfindung und die Fähigkeit sinnlicher Schmerzwahrnehmung überholt und überwunden, und der Mensch zieht sich augenblicklich auf jene Ebene zurück, wo Einssein und Harmonie [103] herrschen. Hier gibt es keinen Schmerz, keinen Kummer, keine Empörung und kein Leid. Wenn die Antahkarana, die lebendige, vibrierende Brücke, erbaut ist, wird dieser «Weg des Entkommens» zum normalen Lebensweg. Schmerzausschaltung wird dann zu einem automatischen Vorgang, denn der Brennpunkt des Bewusstseins liegt ganz wo anders. In den oben erwähnten Fällen und überall da, wo die Antahkarana noch keine vollendete, fertige Tatsache ist, schiesst der winzige Faden eines halbwegs erbauten «Weges des Entkommens», unter enormen Druck und Antrieb, wie ein zitternder Lichtstrahl hervor und kommt für einen Augenblick mit jenem Licht in Berührung, welches das Selbst ist. Das ist der Moment, in dem sich ein hohes, erhabenes Gefühl, eine Verzückung bemerkbar macht. Aber es hält nicht an und es kann bewusst erst nach der dritten Einweihung wiedergewonnen werden. Nach diesem Zeitpunkt wird der «Weg des Entkommens» zum «Weg des täglichen seelischen Lebens» (eine unzulängliche Übertragung der okkulten alten Redewendung). Dann ist der Jünger für immer aus dem Schmerzbereich heraus, und die Paare der Gegensätze - Freude und Schmerz - haben keine Macht mehr über ihn.

Alles das gehört zum Thema esoterischer Psychologie. Wenn es richtig verstanden wird, gibt es die Erklärung für

1. den Saturn-Einfluss;

2. das Aufhören von Empörungstendenzen oder die Beendigung des Mars-Einflusses;

3. den Ausbau der Antahkarana, die den Menschen von der Herrschaft seiner Persönlichkeit befreit;

4. die Erweckung des Gruppenbewusstseins;

5. die darauf folgende Unwirksamkeit von Schmerz und Leid;

6. den Eintritt ins Nirvana und den Beginn des wirklichen Weges.

Das Gesetz des Opfers bedeutet ferner

c) Die Verzichtleistung auf Vorteil und Gewinn.

Dies ist das grundlegende Thema der Bhagavad Gita. In diesem Epos über die Seele und ihre Entfaltung wird uns gelehrt «zu handeln, ohne an etwas verhaftet zu sein», um dadurch die Grundlage [104] für spätere Verzichtleistungen zu legen, die wir ohne Schmerz und ohne ein Gefühl des Verlustes vollbringen können, weil wir die in uns ruhende Fähigkeit und Kraft erworben haben, uns von erlangtem Besitz innerlich frei zu machen.

Dieses Gesetz wirkt sich auf vielerlei Art aus. Es können daher nur einige Andeutungen gemacht und jene Punkte von allgemeiner Bedeutung erwähnt werden, die für jeden Jünger die Hauptlektionen enthalten.

Erstens muss die Seele die Persönlichkeit aufgeben. Lange Zeiten hindurch hat sie sich mit dem niederen Selbst der Person identifiziert, hat durch dieses niedere Selbst Erfahrungen gesammelt und sich reiche Kenntnisse erworben. Die Zeit muss einmal kommen, da der Seele dieses Instrument «nicht länger lieb und wert ist», sondern das beiderseitige Verhältnis sich umkehrt. Die Seele fühlt sich dann nicht mehr mit der Persönlichkeit identisch, sondern die Persönlichkeit empfindet sich als Teil der Seele und gibt ihre eigenwillige Natur und ihr Sondersein auf. All das, was durch einen ungeheuer langen mühevollen Kampf und Streit, durch Leid und Freude, durch Unglück und befriedigtes Verlangen erworben wurde und all das, was das nimmer ruhende Rad des Lebens der Seele als Besitz vermachte - all das muss aufgegeben werden. Eine Reihe von Loslösungsprozessen kennzeichnet dann das Leben eines Jüngers, bis er die Lektion gelernt hat und weiss, was Entsagung ist.

In der Reihenfolge kommt zuerst leidenschaftslose Unvoreingenommenheit, dann scharfsinniges Unterscheidungsvermögen und schliesslich Losgelöstheit oder inneres Freisein. Über diese drei Eigenschaften müssen alle Jünger meditieren, wenn sie jemals die Früchte des Opferns ernten wollen.

«Nachdem Ich das ganze Universum mit einem Bruchteil meiner selbst durchdrungen habe, verbleibe Ich.» Das ist das Thema, das dem Mühen und Streben der Seele zugrunde liegt und das ist die geistige Einstellung, die für jegliche schöpferische Arbeit erforderlich ist. Dieser Gedanke enthält den Schlüssel für das Symbol des Opfergesetzes - ein Rosenkreuz und darüber ein Vogel im Fluge. Das ist das vielgeliebte Kreuz (rosenrot ist die Farbe zärtlicher Hingabe) mit dem Vogel (dem Symbol der Seele), der frei und ungehindert durch Zeit und Raum fliegt.

Zweitens hat die Seele nicht nur die Bindung an das persönliche Selbst und die damit verknüpften Vorteile, sondern ganz entschieden [105] auch jene Bindungen aufzugeben, die zum persönlichen Selbst anderer Menschen bestehen. Sie muss lernen, andere Menschen nur von der seelischen Ebene her zu kennen, zu verstehen und sich dort zu begegnen. Das ist für manche Jünger eine harte Lektion. Sie mögen bereits wenig an sich selbst denken und schon gelernt haben, sich von ihrer Persönlichkeit loszulösen; sie mögen wenig unternehmen, um den Kontakt mit dem niederen persönlichen Selbst weiter zu pflegen. Sie sind dabei, über all das hinauszukommen und vielleicht haben sie es bis zu einem gewissen Grad schon erreicht; aber ihre Liebe zu ihren Kindern und der Familie, zu ihren Freunden und Vertrauten steht ihnen obenan und diese Liebe hält sie weiter in den niederen Bereichen gefangen. Sie wurden noch nicht inne, dass ihre Liebe in erster Linie den menschlichen Persönlichkeiten gilt und erst in zweiter Instanz den Seelen. Viele Jünger zerschellen an diesem Felsen während vieler Inkarnationen, bis ihre Liebe durch schmerzliche und böse Erfahrungen und durch dauernde Verluste all dessen, was sie so sehr ins Herz geschlossen hatten, auf eine neue, höhere und wahrere Stufe kommt. Sie erheben sich nun über die rein persönlichen Beziehungen und finden, nachdem sie die Bitterkeit des Verlierens und Erleidens empfunden haben, eines Tages wieder jene, die sie jetzt als Seelen lieben. Dann begreifen sie, dass sie nichts verloren, sondern etwas gewonnen haben, und dass nur das verschwand, was illusorisch, vergänglich und unwirklich war. Der Mensch in seiner wahren Gestalt - das ist der Gewinn, der niemals verloren gehen kann.

Dies ist sehr häufig das Problem von Eltern, die auf dem Pfad der Jüngerschaft sind und gerade durch ihre Kinder lernen sie die Lektion, die sie für eine Einweihung reif macht. Sie fesseln ihre Kinder an sich und das wirkt sich, da es gegen das Naturgesetz verstösst, unheilvoll aus. Es ist Selbstsucht in höchstem Grade. Wüssten sie es nur und sähen sie es recht, dann würden sie erkennen, dass man sich lossagen muss, um zu besitzen und dass man freigeben muss, um zu behalten. So verlangt es das Gesetz.

Die Seele muss drittens lernen, auf die Früchte oder Gewinne von Dienstleistungen zu verzichten und muss lernen, Dienste zu tun, ohne an Resultaten, Einkünften, Personen oder Lob zu hängen. Darüber will ich später mehr sagen.

Viertens muss die Seele das Verantwortungsgefühl für das Tun [106] und Lassen anderer Jünger einstellen. So viele ernst zu nehmende Diensttätige halten ihre Mitarbeiter fest und lassen sie nicht los und geben sie für ihr Werk auf Erden nicht frei. Das ist ein schwer erkennbarer Irrtum. Hinter der Empfindung, rechtes Verantwortungsgefühl zu besitzen, verbirgt und maskiert sich ein Anklammern an Prinzipien, so gut oder schlecht sie der einzelne sieht und an die gesammelten Erfahrungen eines Jüngers, die natürlich unvollständig sind. Die Beziehung, die Jünger untereinander haben, soll über den Seelengrund und nicht über die Persönlichkeit gehen. Die Seele soll das verbindende Band sein, nicht der Verstand. Als Persönlichkeit muss jeder seinen eigenen Weg gehen, seine eigene Verantwortung tragen, sein eigenes Dharma ausarbeiten und sein eigenes Karma erfüllen und so muss er sich vor seinem eigenen Herrn und Meister, seiner Seele, verantworten. Und diese Verpflichtung kommt ganz bestimmt. Klingt dies dem Ohr wie Isolierung und Einsamkeit? Gewiss und ja, soweit es sich um Tätigkeit in der Aussenwelt handelt. Aber ein gemeinsames Werk kann nur dann durchgeführt und vorangebracht werden, wenn die Diensttätigen in innerer, seelischer Verbundenheit zusammenarbeiten.

In unserer historischen Zeit, in der periodisch Rettungsversuche gemacht werden, um Zustände zu beseitigen, welche die derzeitige Zivilisation zerstören, sollte ein jeder Aspirant sich die Tatsache vor Augen halten, dass der Rettungsprozess sich im Sinn des Opfergesetzes vollziehen muss, und dass in der jetzigen Zeit nur eine relative äussere Einigkeit und Eintracht erreicht werden kann. Die vielen Dienstbeflissenen haben noch keinen genügend klaren Weitblick, um ihre Arbeit in voller Einmütigkeit hinsichtlich der Absichten und erstrebten Ziele, der Arbeitsweisen und Methoden durchzuführen oder um in völligem Einvernehmen und Verstehen vorzugehen. Eine solche vollkommene Zusammenarbeit, die sich harmonisch einordnet und anpasst, liegt noch in weiter Ferne. Es ist aber durchaus möglich, dass ein innerer Kontakt und eine innere Verbundenheit zustande kommt, die auf der Erkenntnis der gleichen Absicht und seelischen Liebe beruht und für dieses Ideal müssen alle Jünger kämpfen und sich mühen. Im äusseren Leben ist in diesem Zeitalter wegen der auseinandergehenden Meinungen eine vollständige [107] Übereinstimmung in Einzelheiten, Methoden und Auslegungen von Prinzipien nicht möglich. Die innere Verbundenheit und Zusammenarbeit muss jedoch um jeden Preis zustande kommen und trotz äusserer Meinungsverschiedenheiten entwickelt werden. Wenn die innere Verbundenheit in Liebe beibehalten wird, wenn die Jünger ihr gegenseitiges Autoritätsgefühl aufgeben und sich nicht mehr für die Arbeit der anderen verantwortlich fühlen, wenn sie statt dessen in dem Einen Werk Schulter an Schulter stehen, dann werden die Differenzen und Meinungsverschiedenheiten von selbst verschwinden. Drei Regeln sind derzeit für Jünger von Wichtigkeit.

Erstens. Jünger sollen darauf achten, in ihren inneren Beziehungen zueinander keine Spaltungen aufkommen zu lassen. Das innere Band, das die Dienenden zusammenhält, muss unversehrt erhalten bleiben.

Zweitens. Jeder erfülle seine eigenen Pflichten und Aufgaben, nehme seine eigene Verantwortung auf sich und räume seinen Freunden das Recht ein, ein Gleiches zu tun, ohne sie in Gedanken oder mit Kritik zu beeinflussen. Der Wege und Meinungen sind viele; jede Persönlichkeit hat andere Gesichtspunkte. Das Arbeitsprinzip lautet: Liebe zu allen Menschen und bereitwilliger Dienst an der Menschheit; dabei soll sich die innere Liebe zu denen vertiefen, mit denen man schicksalsmässig zusammenarbeiten muss. Jede Seele bahnt sich den Weg zum Licht durch geleistete Dienste, durch gesammelte Erfahrungen, durch gemachte Fehler und durch gelernte Lektionen. Das ist natürlich eine persönliche Angelegenheit. Aber das Werk als solches ist eins und ungeteilt. Der Weg ist ein und derselbe. Eine einzige grosse Liebe steht dahinter. Und das Ziel ist das gleiche. Das sind die Gesichtspunkte, auf die es ankommt.

Drittens. Ein jeder bewahre bei seiner Arbeit die Geisteshaltung, die aus der Befolgung der beiden vorgenannten Regeln resultiert. Die Gesichtspunkte und Bewusstseinsstufen sind ganz individuell und sind daher für den betreffenden recht und richtig. Doch wird nicht alles das, was für ihn sonnenklar und von vitaler Bedeutung zu sein scheint, für seine Brüder von gleichem Wert oder Interesse sein. Was jemand als sein wesentliches Prinzip erkennt, mag von einem klügeren Kopf und einem weiter fortgeschrittenen Jünger [108] als Aspekt eines grösseren Prinzips angesehen werden; es mag eine Interpretation eines Prinzips sein, die zu einem gewissen Zeitpunkt vollkommen richtig ist, aber zu einer anderen Zeit und von einem anderen Denker auch anders angewandt werden könnte. Gemäss dem Gesetz des Opfers könnten diese drei Regeln folgendermassen kommentiert werden:

1. Gebt auf und opfert die jahrhundertealte Gewohnheit, die Arbeit anderer zu kritisieren und zu korrigieren; erhaltet so unversehrt die innere Einheit der Gruppe. Durch Bekrittelung und Tadelsucht sind mehr Pläne für Dienstleistungen zunichte gemacht und mehr Arbeitswillige gehindert worden, als durch irgend welche andere Faktoren.

2. Gebt auf und opfert das Gefühl, für die Handlungen anderer Leute, im besonderen von Jüngern, verantwortlich zu sein. Sehet zu, dass euer Tun mit dem ihrigen Schritt hält. Die Freude, gemeinsam zu kämpfen und brauchbare Dienste zu tun, wird die Unterschiede ausgleichen und so wird für die Allgemeinheit das beste geleistet werden.

3. Gebt auf und opfert euren Verstandesdünkel, der nur die eigene Art und Weise, nur die eigenen Deutungen und Auffassungen für wahr und richtig findet, aber die Ideen anderer Leute für falsch und irrig hält. Ein solcher Dünkel führt zu Absonderung und Trennung. Haltet euch an die Methode der Seele, alles zu vereinheitlichen und zusammenzuschliessen, und folgt nicht den Abwegen der Gedankenwelt.

Das sind harte Forderungen. Aber es sind die Regeln, die den Lehrern der inneren Welten als Leitmotiv für ihr eigenes Denken und Handeln dienen, und die ihre Zusammenarbeit untereinander und mit ihren Jüngern bestimmen. Die innere Integrität oder Geeintheit ist für sie eine natürliche und erwiesene Tatsache. Für Jünger trifft dies noch nicht zu. Den Lehrern der inneren Welten sind äussere Differenzen ein Greuel. Sie überlassen es einander, wie sie dem Plan am besten dienen. Sie lehren ihre Jünger (ohne Unterschied des Grades), dem Plan in völliger Freiheit zu dienen. Nur wo Freiheit und Freude waltet und wo die innere Liebe und harmonische Zusammenarbeit stark ist, kann gute Arbeit geleistet werden. Aufrichtigkeit und Ehrlichkeit erhoffen die Lehrer. Die [109] Bereitwilligkeit, das Geringere zu opfern, sobald das Höherwertige erahnt oder erkannt wird, das ist es, wonach sie Ausschau halten. Sie geben spontan und von selbst ein lang gehegtes Ideal auf, wenn sich ein grösseres und umfassenderes zeigt. Das Aufgeben des Stolzes und das Opfern der Persönlichkeitsgefühle in Erkenntnis der riesigen Arbeit und der dringenden Not, - das bestimmt ihre Zusammenarbeit. Es ist wichtig, dass Jünger lernen, das Unwesentliche aufzugeben und zu opfern, damit das Werk vorwärts gehe. Man mag es nicht einsehen, aber es ist so: die vielen Durchführungsarten, Arbeitsmethoden und Verfahrensweisen kommen erst in zweiter Linie in Betracht. Der Notstand in der Welt hat den Vorrang. Es gibt ungezählte Arbeitswege und mannigfache Ansichten, viele Experimente und grosse Anstrengungen - seien sie verfrüht oder erfolgreich -, sie alle kommen und gehen. Aber die Menschheit überlebt sie alle. Alle diese Methoden beweisen eine Vielfalt des Denkens und der Erfahrungen, aber das Ziel bleibt. Verschiedenheit kommt immer nur vom Persönlichen her. Sobald dieses Gesetz des Opfers das Denken beherrscht, wird es alle Jünger unweigerlich dazu bringen, das Persönliche zu Gunsten des Universalen und der Seele aufzugeben, die keine Absonderung und keine Unterschiede kennt. Dann wird es weder Stolz noch kurzsichtige Perspektiven, weder die Vorliebe, sich in alles einzumischen (was viele Menschen so gerne tun) noch missverstandene Motive geben, welche die Zusammenarbeit der Jünger und ihre Dienstleistungen für die Welt behindern.

2. Das Gesetz des magnetischen Impulses

   Exoterischer Name                                             Esoterischer Name                 Symbol                                   Strahlenenergie

Nr. 2. Das Gesetz des magnetischen                  Das Gesetz der                        Zwei feurige Kugeln             Ausstrahlende Energie.           
           Impulses.                                                      Vereinigung der Pole.             und ein Dreieck.                   Manifestation der Energie
                                                                                                                                                                                      des zweiten Strahls.